Machtergreifung/Gleichschaltung

Aus ZUM-Unterrichten
Wahlplakat Deutschland 1936

Die so genannte „Gleichschaltung“ folgte bald nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten. Der Begriff entstammt der nationalsozialistischen Terminologie und entstand 1933, als der Prozess der Vereinheitlichung des gesamten gesellschaftlichen und politischen Lebens in der Machteroberungsphase in Deutschland eingeleitet wurde.

Ziel war es, bis 1934 den als Zerrissenheit verstandenen Pluralismus in Staat und Gesellschaft aufzuheben und eine Diktatur mit nur einem Machtzentrum zu errichten. Mit der Gleichschaltung strebte man an, alle Bereiche von Politik, Gesellschaft und Kultur gemäß den nationalsozialistischen Vorstellungen zu reorganisieren. Dies hatte oftmals die Eingliederung bestehender Organisationen in die NS-Verbände zur Folge.

Für Organisationen und Institutionen, deren Existenz nicht infrage gestellt wurde, „bedeutete Gleichschaltung im Wesentlichen dreierlei:

  • Beseitigung demokratischer Strukturen zugunsten des ‚Führerprinzips‘,
  • Implementierung antisemitischer Grundsätze, indem Juden aus leitenden Positionen entfernt oder gänzlich aus der Organisation verstoßen wurden,
  • sowie ein vollständiger oder partieller Führungswechsel zugunsten von Anhängern des neuen Regimes.“[1]




Aus- oder eintreten?

An den Ortsverein Hannover gerichtete Austrittserklärungen aus der SPD

M1:

3. März 1933


Erkläre hiermit meinen Austritt aus der Partei und sende gleichzeitig das Mitgliedsbuch zurück. Irgendwelche Anfragen nach dem Grunde sind zwecklos, da dieselben nicht beantwortet werden können.

H. M.

M2:

6. März 1933


Äußere Gründe zwingen mich, meinen Austritt aus der Partei zu erklären. Ich bitte daher, mich in den Mitgliederlisten zu streichen.

H. K.



Aufgabe
  1. Erkläre, worum es in den Briefen geht.
  2. Überlege, …
    • welche Gründe es geben kann.
    • warum diese nicht genannt werden.
  3. Lies M3 und M4 und entscheide, ob die dort genannten Gründe mit deinen Überlegungen übereinstimmen.

M3: 21. März 1933

Die Entwicklung der politischen Verhältnisse im Deutschen Reiche verlangt von mir als Beamten, dass ich mich entscheide, ob ich meine Mitgliedschaft bei der SPD aufrechterhalten und demgemäß aus dem Staatsdienst scheiden oder ob ich weiterhin Beamter bleiben und meine Beziehungen zu Ihrer Partei lösen soll.

Nach gewissenhafter Überlegung habe ich mich ent­schlossen, diesen zweiten Weg zu gehen. Bestimmend war dabei für mich der Gedanke, dass der Dienst am Volke höher steht, als die Gefolgschaftstreue zu einer Partei.

Ich erkläre daher hiermit meinen Austritt aus Ihrer Partei und bitte Sie, mich in Ihren Mitgliedslisten —unter Nr. 4442 20 — zu streichen.

O.

M4: 9. März 1933

Gemäß § 9 des Organisationsstatuts erkläre ich hier­mit meinen sowie auch meiner Frau Austritt mit sofortiger Wirkung . . .

Als Behördenangestellter stehe ich vor einem Scheide­wege. Einerseits sehe ich, wie sich mit Sicherheit bei meinem Arbeitgeber, dem Reich, die Tendenz durchsetzt, diejenigen Arbeitskräfte, die regierungsfeindlichen Vereinigungen angehören, nicht mehr zu dulden. Auf der anderen Seite steht die Treue zur Partei. Leider sehe ich keine andere Möglichkeit als meinen Austritt. Steht doch die Existenz meiner Familie auf dem Spiele. Sollte dennoch das Los der Arbeitslosigkeit nicht abzuwenden sein, das aus eigener Anschauung sehr, sehr hart sein kann, so brauche ich mir nicht vorzuwerfen, nicht alles getan zu haben im Interesse meiner Frau und meines Kindes.

Hans J.



Sport

»Wertes Mitglied, wir beehren uns, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass der Verwaltungs-Ausschuss (…) folgenden Beschluss gefasst hat: Der erste Fußball-Club Nürnberg streicht die ihm angehörenden jüdischen Mitglieder mit Wirkung vom 1. Mai 1933 aus seiner Mitgliederliste. Jüdische Mitglieder, die an der Front gekämpft haben oder die einen Sohn oder Vater im Weltkrieg verloren haben, können auch weiterhin Angehörige des Vereins bleiben. Wir geben Ihnen hiermit davon Kenntnis und teilen Ihnen mit, dass wir Sie (…) aus unserer Mitgliederliste gestrichen haben.«
Brief des 1. FC Nürnberg an sein Mitglied Franz Anton Salomon


Führerprinzip

Führer, befiehl, wir folgen Dir!






Weblinks



  1. Michael Grüttner, Brandstifter und Biedermänner. Deutschland 1933–1939, Stuttgart 2015, S. 40. Die politische Willensbildung erfolgte schließlich allein durch den Führer Adolf Hitler, dessen Wille nach nationalsozialistischer Ansicht allein den wahren Volkswillen verkörperte.
  2. Die Fußballklubs, die um Hitlers Gunst buhlten (spektrum.de)
    Die Vereine der Fußballbundesliga waren einst willige Handlanger der NS-Ideologie. Lange haben die Klubs ihre Vergangenheit ignoriert. Das hat sich inzwischen geändert.