Goodbye Deutschland/Auswanderung nach 1848

Aus ZUM-Unterrichten
Deutsche Auswanderer auf dem Weg in die USA über Rotterdam und Le Havre auf dem Schiff "Samuel Hop" im April 1849[1]
Deutsche Auswanderer gehen in Hamburg an Bord


"Die deutsche und bayerische Auswanderung nach Amerika ist daher immer als Teil einer vielfältigen Migrationsgeschichte zu verstehen.

Erwähnt seien nur drei weitere große Fernwanderungen der letzten Jahrhunderte: Vom späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert zog es zahlreiche Deutsche nach Ost- und Südosteuropa. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wanderten Hunderttausende meist polnischsprachiger Menschen aus dem östlichen Preußen in die Industriegebiete des deutschen Westens.

Und die Süd-Nord-Wanderung aus dem mediterranen Raum hat die Bundesrepublik seit den 1960er-Jahren de facto zu einem Einwanderungsland gemacht"
(Thomas Raithel, "Kommt bald nach ..." - Auswanderung nach Amerika 1683 - 2003)[2]

Ursachen

Raithel gibt in seinem Aufsatz eine Darstellung nach Adams (1993) wider, nach der die deutsche Einwanderung seit dem 19. Jahrhundert in mehreren Wellen stattfand, wobei deren Ursachen in den Vorgängen in den Quellländern als auch im Zielland liegen.

Für die Auswanderung im 19. Jahrhundert nach den USA spielen zeitweise oder auch gleichzeitig:

  • religiöse Motive (protestantische Sekten,  v. a. Mennoniten)
  • die wirtschaftliche Situation (das in fränkischen Gebieten übliche Realteilungsrecht führt zur Hofteilung und  zur Bevölkerungszunahme, die Höfe werden dadurch aber immer unrentabler)
  • Unzufriedenheit mit wirtschafts- oder sozialpolitischen Gegebenheiten
  • sich selbst verstärkende Migrationsprozesse (Sogwirkung)

eine Rolle.

Ein weiterer Grund mag in der Ertragssituation gewesen sein, die auf die zwischen 1830 und 1840 herrschenden klimatischen und sonstigen Verhältnisse zurückzuführen ist. So beschreibt Lorenz Hübner im Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 1841/1842  für den Ort Beilngries.[3]

"1832. Ungemein trocknes Jahr. Allen Brunnen der Stadt mangelte Wasser, und die Bergleute mußten es drei viertel Jahre lang im Thale aus den Flüssen holen.

1833. Auf ein naßkaltes Frühjahr folgte vom 1. bis 20. Mai eine anhaltend große Hitze von 20 - 26.

1834. Anhaltende Hitze und Trockenheit erzeugten einen so empfindlichen Futter- und Strohmangel, daß der Preis eines Schobers Kornstrohes auf 25 fl. gestiegen ist.

1835 . Auch in diesem Jahre anhaltende Hitze und Trockenheit, und dabei eine Unzahl von Heuschrecken, welche die Altmühlwiesen, und die nächstgelegenen Getraidfelder ganz bedeckten, und jedes Gräslein auffraßen.

1836. Trockenheit und Heuschreckenfraß wie im vorigen Jahr. An Grummet, Gerste, Haber und Erdbirn hatte Beilngries ein Mißjahr. Doch sind die Preise nieder geblieben, und das schwere Getraid war fast in Unwerth. Im Sommer und Herbste dieses Jahrs tödtete eine bisher nie gekannte Seuche hier und in der Umgegend viel Hundert Schweine."

Ablauf

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Die Auswanderung erfolgte über französische, niederländische Häfen oder Häfen an der Nordseeküste,  Bremen und Hamburg. Um überhaupt auswandern zu können, mussten die Auswanderungswilligen  beispielsweise für die Niederlande

  • einen Erlaubnisschein für die Auswanderung (aus dem Königreich Bayern),
  • eine Erklärung über die Daten der Auswandernden zur Finanzierung des Aufenthaltes in den Niederlanden und der Überfahrt
  • eine notarielle bestätigte  Erklärung des niederländischen Schiffsreeders mit Daten über das Schiff mit dem die Auswandernden transportiert werden

vorlegen (Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis, 1828).

Auch die Kosten waren nicht unerheblich. Allein 50 fl (GuldenWikipedia-logo.png) mussten die Reisenden für den ersten Hafen in der Neuen Welt zurücklegen, die Überfahrt kostete 40 - 60 fl  (ohne Lebensmittel). Von Schwierigkeiten mit den Schiffsreedereien bzw. deren Kapitänen warnt das Königlich Bayerische Intelligenzblatt für Mittelfranken im Jahr 1846[4]. Allenthalben erscheinen nun auch Ratgeber für Auswanderungswillige. 1862 erscheint in der Stahelschen Buchhandlung das Handbuch "Die Lehre von der Aus- und Einwanderung im Königreiche Bayern"[5]

Auswanderer in den Jahren 1845/46 bis 1856/57 nach Amerika(nach Beiträgen zur Statistik des Königreichs Bayern (1854 S.223 und 1859 S241) zit. bei Thomas Raithel

Auch Mittelfranken bzw.  das Gebiet der Frankenhöhe ist davon betroffen. Im Königreich Bayern wird für die Jahre bis 1870 jeder Auswanderungswillige  im Königlich Bayerischen Intelligenzblatt für Mittelfranken (Sammlung Bavarica)  veröffentlicht, um Gläubigern Gelegenheit zu geben vorher seine Forderungen einzutreiben.[6]

Einige Auswanderer nach Amerika von der Frankenhöhe sollen hier angeführt werden:

Jahr Gemeinde Name Stand Mitauswandernde Familienmitglieder
1837 Leutershausen Johann Georg Heindel Taglöhner 3
1837 Mittelramstadt Konrad Prechtel Taglöhner 4
1837 Weissenkirchberg Georg Michael Unger Schuhmacher 1
1837 Leutershausen Moritz Heß Metzgermeister 2
1837 Sachsbach/Herrieden Eva Maria Krug 1
1837 Reichenau/Herrieden Simon Eberlein Hausbesitzer 2
1837 Winkel/Herrieden Anna Barbara Reiter led. Hirtentochter
1837 Kaudorf/Herrieden Georg Michael Knörr
1837 Lettenmühle/Reichenau Helena Berbara Rohringer
1837 Zumberg/Feuchtwangen Maria Marg. Kunder Bauernwitwe 3
1837 Wildenholz/Feuchtwangen Joh. Georg Illig Drechslermeister 1
1837 Dentlein/Feuchtwangen Marg. Glasbrenner ledige Taglöhnerin 1
1837 Aichenzell/Feuchtwangen Wilh. Grüb lediger Dienstknecht
1837 Kleinohrenbronn/Feuchtwangen Mich. Georg Windsheimer Gutsbesitzer 6
1837 Feuchtwangen Maria Barb. Baier ledigen Standes
1837 Erlmühle Joh. Georg Kunder Taglöhner 2
1837 Feuchtw. Peter Eichner Witwer u. Drechslermeister 2
1837 Sommerau/Feuchtw. Carl Zur Bäckermeister u. Brandweinbr. 6
1837 Erlmühle Joh. Gg. Windsheimer Leinwandhdlr.
1837 Feuchtwangen Eva Marg. Brunner ledigen Standes
1837 Kaudorf/Herrieden Mar. Barb. Mack ledige Gütlerstochter 1
1839 Rothenburg Johann Adam Schuh ehem. Besitzer der Limbachsmühle 2
1840 Leutershausen Georg Simon Reutelshöfer Braumeister 6
1840 Leutershausen Georf Adam Stumpf Schneidermeister 3
1840 Leutershausen Gg. Barhelmäs Gehring Taglöhner 5
1840 Leutershausen Eva Barbara Hornung Dienstmagd
1840 Oberdachstetten Johann Leonhard Mosmeyer Schreinermeister 6
1840 Unterbreitenau Joh. Leonh. Ilgenfritz lediger Bauernsohn
1846 Sachsen (Leutershausen) Maria Barbara Sperr Schuhmacherswitwe 2
1846 Leutershausen Maria Marg. Mainzinger ledige Hafnerstochter
1846 Lauterbach Joh. Jakob Schwarz Dienstknecht
1846 Lauterbach Jakob Schwarz Dienstknecht
1847 Leutershausen Joh. Christ. Mainzinger Hafnermeister 6
1847 Leutershausen Joh. Leonh. Wägmann Bäckermeister 3
1847 Jochsberg Joh. Mich. Fluhrer Schmiedmeister 3
1847 Klonsbach Joh. Georg Thürauf Wirth 6
1847 Klonsbach Joh. Bernhard Billenstein Bauer 3
1847 Cadolzhofen Georg Marr Carl Köbler 4
1847 Gastenfelden Friedrich Stibor Schreinermeister 2
1847 Frommetsfelden Johann Georg Krug Taglöhner 1
1847 Wassertrüdingen Moses Levi Hecht Landkramhändler 3
1847 Leutershausen Georg Peter Friedlein vormaliger Wirth 3
1847 Oberdachstetten Anna Maria Weiß ledig 3
1847 Steinach/Rothenburg Anna Margaretha Baumgärtner ledige Chirurgentochter
1847 Bettenfeld Magdalena Barbara Kurz Tochter des Bauern Joh. Leonhard Kurz
1847 Lehrberg Joseph Oettinger Seifensieder 3
1847 Schillingsfürst Willibald Hämmerlein Maurergeselle 1
Für Auswanderer nach Amerika

Durch Unterzeichneten von der Regierung angestellten und beeidigten Schiffsexpedienten werden Auswanderer nach Amerika zu dem billigen Preise von 80 fl einschließlich vollständiger Bekoestigeung befoerdert. H. August Heineken in Bremen

Herr Kaufmann C. Pullich in Nördlingen wird die Güte haben, auf gefällige Anfragen nähere Auskunft zu ertheilen.

Die Auswandernden gehörten sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten an. Aus einigen Angaben, wie z. B. den ledigen mit Kind oder den Dienstknechten mag man einen Auswanderungsgrund erschließen.

In den 1830 - 1840-er Jahren inserierten Reedereien bzw. in Bayern akkredidierte Agenten aus Nordamerika und warben um die Auswanderer. Rechts nur ein Beispiel aus dem "Wochenblatt der Stadt Nördlingen" von 1848

Misserfolg

Nicht alle Auswanderungswilligen erreichten ihr Ziel. So ist ausgerechnet für die Gemeinde Geslau unter dem Ankunftsdatum bei der Auswandererdatei Castlegarden in den USA notiert:



Quellen