Goodbye Deutschland/Der amerikanische Traum

Aus ZUM-Unterrichten

Aufgabe
  1. Betrachte die Karikaturen.
    1. Beschreibe, welches Schicksal die Auswanderer in Amerika (laut der Bilder) erwartet.
    2. Überlege, ob das zutrifft.
  2. Lies das untenstehende Gedicht.
    1. Erkläre, was der Dichter den Auswanderern prophezeit.
Schicksal Deutscher Auswanderer in Amerika



"Handel mit Weißen, Karikatur von 1848"

O sprecht! warum zogt ihr von dannen?

Das Neckartal hat Wein und Korn;

Der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen,

Im Spessart klingt des Älplers Horn.

Wie wird es in den fremden Wäldern

Euch nach der Heimatberge Grün,

Nach Deutschlands gelben Weizenfeldern,

Nach seinen Rebenhügeln ziehn!
Ferdinand Freiligrath, Die Auswanderer[1]


Briefe in die Heimat

Aufgabe
Erkläre, wie die Auswanderer ihre Erfahrungen schildern.

M1 Erfahrungen aus dem „Old Country" zählen nichts

„Was glaubst du wohl, wie klug einer ist, wenn er rüberkommt? So dumm as en Daglöhner­farken [Ferkel], einer wie der andere. Wenn Dummheit weh täte, dann wär am Hafen von New York vom Morgen bis an den Abend nichts zu hören als Heulen und Wehklagen.

Aber das verlernt sich bald. Einer wird hier auch ganz anders rumgestoßen als drüben, und wenn man erst ein paarmal ordentlich angeekt ist mit seinem dicken Kopf, dann lernt man bald Vorsicht und fest auf den Bei­nen stehen und fest zufassen.

Wer das nicht kann, soll das Reisegeld sparen... Dor ist de Minsch noch den leiwen Gott sin Dummer­jahn. Hier gilt das nicht so recht. Hier sitzt den meisten ihr lieber Gott im Geldkasten."
Jürnjakob Swehn der Amerikafahrer, von Johannes Gillhoff, digitalisierte Ausgabe von Michael Palmer (2017)[2]


M2: Aus dem Brief der ehemaligen Heuerlings­tochter[3]Margarethe Winkel­meier an ihre Familie im Mindener Land am 14. Dezember 1869:

„Meine arbeit ist wie gewönlich da sein in der vermielge [Familie]
Mann und Frau ein Kind Kindermacht und Küchgemacht das bin Ich das machen zusammen 5we,
Da solte man gar meinen da könte man die Hände im schos legen
das würde wol gehen wen die wasge [Wäsche] so grost nicht wäre in der Woche...

Des Nachts bin öfters bei euch und tue or­denlich mit euch sprechen
wen ich dan des Morgens aufwachen tuh dann bin Ich orden­tlich fro,
mein lieben Freunde

es ist ein schro­fer unterschied mit den Knechten und Mäch­ten
den die haben viel mer recht hir den bei euch
wen ich meine arbeit fertich habe dan geht man woman lust hat,

dann dürffen sie (Dienstherr/Dienstherrin) auch nicht mal ein wort sagen."
W Helbich u. a (Hrsg), Briefe aus Amerika, Deutsche Auswanderer schreiben aus der Neuen Welt 1830-1930. München 1988,  S.551


M3 Johann Peter Morckel aus dem Odenwald über die Vorzüge von Amerika

„Hier sieht man weder Steuererheber noch Steuerboten und überhaupt keine solche Menschen, die andere ums Geld plagen,
kurz, hier ist Gerechtigkeit und ein aufrichtiges Leben.

Es hat uns noch nicht gereut, daß wir euch verlassen haben. Wir sind alle herzlich froh, daß wir in diesem Land sind, und ich wünsche, daß alle diejenigen, welchen es bei euch nicht gut geht, auch in diesem Lande wären.

Aber wer nicht gern arbeitet, der bleibe zu Haus, denn solche Menschen gelten in diesem Lande nichts; denn hier wird sehr stark gearbeitet, hier ist Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit.

Die Mannspersonen tragen sich hier wie bei euch, die Weibspersonen tragen alle, reich und arm, wie die Leute die man bei euch vornehm nennt, und verrichten keine schwere Arbeit. Am Sonntag reiten die Weibspersonen in die Kirche; auch wenn sie über Feld wollen, reiten sie. Hier lebt man in einem Paradies gegen euch."
Seidenfaden, S. 63[4]

M4 Viel Freiheit, aber auch viel Arbeit

„Was euch hier noch schwer fallen wird, ist die englische Sprache, was aber das Leben erleichtert, ist die Freiheit.

Ich wohne hier nun 3 Monate, und hat mich noch niemand gefragt wie ich mit Namen heiße und habe auch noch keinen Beamten, keine Polizeidiener, Gendarm, Bürgermeister, Biemickel und kein Jäger gesehen, und doch lassen die Einwohner die Wäsche über Nacht im Freien, und salzen oft 12-15 Schwein und 1 Ochs ein, wo keine Riegel an der Thür ist, und wird doch nicht entwendet, ..."
(Helbich 1985, S. 117)

Onkel hat ein sehr schönes Haus, hint und vorne ist ein sehr schöner Garten und auf beiden Seiten auch. […]


In Amerika gibt es durchgehends weiße Betten, und ich habe auch ein solches. Ein Kopfkissen mit weißen Spitzen, ich traue mich garnicht hinlegen.


Und zu Essen gibt es, das ist großartig, wie die Leute in Amerika leben. Bei jedem, Essen, Torte, Pasteten, Hühner, Tauben, Enten u- und was gut ist. Zehnerlei Speisen. Wir können gerade auf die Erie-See hinaussehen, umgeben von Wiesen, Bäumen und Dampfschiffe gibt es genug. Die Söhne haben Gewehr- u. Jagdhund, denn da darf man schießen u. fischen soviel man will. Wasser-Enten und Gänse, Schnepfen, Möwen, alles mögliche.
Sprung ins Ungewisse – Die Auswanderung des Laufers Christian Bruckner nach Amerika 1887[5]


McKinley Prosperity.jpg


Quellen

  1. Die Auswanderer, Ferdinand Freiligrath
  2. Jürnjakob Swehn der Amerikafahrer von Johannes Gillhoff, digitalisierte Ausgabe von Michael Palmer (2017)
  3. Heuerlingstochter: landwirtschaftliche Arbeiterin mit kleiner Eigenwirtschaft
  4. Wir ziehen nach Amerika - Briefe Odenwälder Auswanderer aus den Jahren 1830-1833, Seidenfaden, Marie L, Museum Schloß Lichtenberg, Taschenbuch
  5. Sprung ins Ungewisse – Die Auswanderung des Laufers Christian Bruckner nach Amerika 1887 von Sabrina Grünewald (stadtarchiv-lauf.de, Ausgabe 51. Jg. Heft 1 (2018))
    sehr interessanter, ausführlicher Brief an die daheimgebliebenen Verwandten.