Bodenhistorie/Organische Düngung in Ostasien und Europa

Aus ZUM-Unterrichten
Reisanbau

Über Jahrhunderte haben Chinesen und Japaner eine besonders intensive Form der Bodenbewirtschaftung betrieben. Den Ackerbauern standen dabei nur kleine und kleinste Flächen zur Verfügung, die sie mit sprichwörtlich asiatischem Fleiß von Hand kultivierten. Größere Gerätschaften gab es kaum und Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel waren bis weit in das 20. Jahrhundert hinein unbekannt. Der ehemalige Profesor der Universität von Wisconsin (USA) und damalige Leiter der Abteilung für Bodenbearbeitung des US—Landwirtschaftsministeriums Franklin Hiram KingWikipedia-logo.png machte im Jahre 1909 eine Studienreise in den fernen Osten; was er niederschrieb, dokumentierte anschaulich den Gegensatz zwischen der Wirtschaftsweise der amerikanischen Farmer und die der chinesischen Bauern am Anfang des 20. Jahrhunderts.

Alle Kraft wurde darauf verwandt, den Boden fruchtbar zu halten. Durch ein ausgeklügeltes System der organischen Düngung reichte ein Mu fruchtbarer Boden (1/15 Hektar) als Ernährungsgrundlage für eine Person. Ein Erlebnisbericht von King:

Vorlage:Zitat float

Ploughing a rice Pad


Wenn wir einen historischen Vergleich ziehen, dann sind die chinesischen und japanischen Bauern sicher nicht die alleinigen Erfinder der Kotdüngung, aber das Verfahren wurde dort konsequenter angewandt. In der "alten Welt" waren die asiatischen Wirtschaftsweisen auch nicht unbekannt. Albrecht Thaer berichtete darüber und der Agrarchemiker Justus von Liebig[1] schrieb:

Grundlage des japanischen und chinesischen Betriebes ist der Einsatz aller dem Boden in den geernteten Früchten entzogenen Pflanzennährstoffe ...
Justus von Liebig: Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie/ 7. Auflage 1862 Seite 111

und an anderer Stelle:

Es ist ganz unmöglich, sich bei uns eine Vorstellung von all der Sorgfalt zu machen, welche der Chinese anwendet, um den Menschenkoth zu sammeln. Ihm ist er der Nabrungssaft der Erde und verdankt ihre Thätigkeit und Fruchtbarkeit hauptsächlich diesem energischen Agens ...
Justus von Liebig: Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie/ 7. Auflage 1862 Seite 259

Es soll in China nicht unüblich oder anrüchig gewesen sein, Gäste vor dem Verlassen des Gasthauses um ihre Notdurft zu bitten.

Ein unappetitliche Thema: Fäkaliendüngung

Fäkalien wurden überall gesammelt, wo sie anfielen. Das galt auch für die menschlichen Exkremente. Zur Sammlung der Fäkalien dienten in China häufig Steingutgefäße oder hartgebrannte Terracotta - Urnen. Über den Wert der Fäkalien gab es hier wie dort kaum unterschiedliche Ansichten. Liebig stellte Berechnungen an über den Stickstoffabfluss durch die Themse, verursacht durch die Ausscheidungen der Londoner Bevölkerung. Ein anderer Wissenschaftler stellte während seines Aufenthalts in Japan folgende Rechnung auf:

"100 kg gemischte Ausscheidungen des Menschen ergeben im Durchschnitt 6,35 kg Stickstoff, 2 kg Kalium und 0,85 kg Phosphor. Nimmt man ferner an, dass ein Erwachsener im Durchschnitt täglich 1135 g Ausscheidungen abgibt, so enthalten die Abgänge einer Million Menschen im Jahr: 2608 t Stickstoff, 821 t Kalium und 350 t Phosphor."

Ein chinesischer Unternehmer zahlte 1908 an die internationale Konzession von Shanghai 310 000 Dollar für das Recht, 70750 t menschlicher Exkremente abzufahren, die dann mit kleinen Booten über Kanäle zu den Bauern gebracht wurden.[2]

Vorlage:Meinung

Franklin Hiram King, Whitewater, Wisconsin


Der Landwirtschaftsexperte Franklin Hiram King (1848-1911)Wikipedia-logo.png hat posthum über die Jahrzehnte eine beachtliche Schar von Anhängern gefunden. Sein Buch 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan wurde in vielen Sprachen übersetzt und genießt einen "Kultstatus". Im Zeitalter des Internets werden weltweit seine Thesen in Foren und Blogs diskutiert.[3] Es geht dabei nicht nur um "Biolandwirtschaft", sondern um einen speziellen Zweig einer ethisch und philosophisch eingebundenen Landwirtschaft.Unter dem Stichwort "Permakultur"Wikipedia-logo.png orientieren sich Landbewirtschafter an bestimmte Prinzipien.[4]


Permakultur ist ein Oberbegriff für die Entwicklung und Anwendung von ethisch basierten Leitsätzen und Prinzipien zur Planung, Gestaltung und Erhaltung zukunftsfähiger Lebensräume. Schwerpunkte bilden dabei Nahrungsproduktion, Energieversorgung, Landschaftsplanung und die Gestaltung sozialer (Infra-)Strukturen. Grundgedanke ist ein Wirtschaften mit erneuerbaren Energien und naturnahen Stoffkreisläufen im Sinne einer ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Nutzung aller Ressourcen

Wikipedia-logo.png Permakultur, Wikipedia – Die freie Enzyklopädie, 20.5.2009 - Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Siehe die Nutzungsbedingungen für Einzelheiten. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.



Kooperative kleinräumige Nischenvielfalt
Bill Mollison (* 1928 in Tasmanien, Australien) gilt, gemeinsam mit David Holmgren, als "Vater der Permakultur". 1978 gründete er das Institut für Permakultur (Permaculture Institute), das sich der Verbreitung der Permakultur in Bildung, Forschung und durch konkrete Umsetzung widmet. 1981 wurde er Träger des alternativen Nobelpreises.

Wikipedia-logo.png Mollison Bill Mollison, Wikipedia – Die freie Enzyklopädie, 20.5.2009 - Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Siehe die Nutzungsbedingungen für Einzelheiten. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.



Reisanbau in Japan

Fukuoka Masanobu ([...] * 2. Februar 1913; † 16. August 2008) war zunächst Mikrobiologe und wurde dann Bauer. Seine Bücher sind Standardwerke zum Themenbereich der Permakultur. Die Art seiner Landwirtschaftsmethode bezeichnet er selbst als „Nichts-Tun-Landwirtschaft“ nach dem Daoistischen Wu Wei Prinzip[5]. [...] 1988 erhielt Fukuoka den Ramon Magsaysay Award[6].

Wikipedia-logo.png Masanobu Fukuoka Masanobu, Wikipedia – Die freie Enzyklopädie, 20.05.2009 - Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar; zusätzliche Bedingungen können anwendbar sein. Siehe die Nutzungsbedingungen für Einzelheiten. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.



Ist die Düngung mit menschlichen Exkrementen eine historische Wirtschaftweise, unappetitlich, längst überholt, nicht mehrt der Rede wert? Nicht ganz! Es gibt Projekte mit wissenschaftlichem Anspruch, die darauf abzielen, menschlichen Exkremente für die Düngung von Gemüse und anderen Feldfrüchten einzusetzen:

Das Projekt NovaquatisWikipedia-logo.png der Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag/Schweiz) befasst sich mit der Urinseparierung als neuem Element der Abwasserreinigung. Damit sollen der Gewässerschutz bezüglich Nährstoffen und Mikroverunreinigungen optimiert und Nährstoffkreisläufe geschlossen werden.

Durch die Einführung einer speziellen Toilette soll der Urin am Entstehungsort abgetrennt werden und dann zentral aufbereitet werden. Das soll Kläranlagen im Endeffekt längerfristig weitgehend überflüssig machen.

Novaquatis gibt sich hinsichtlich der Akzeptanz in der Bevölkerung sehr optimistisch:

Novaquatis zieht bereits zu einem frühen Zeitpunkt Bürgerinnen und Bürger mit ein, denn nur wenn diese die Technologie akzeptieren, kann die Urinseparierung Erfolg haben. Unter der Voraussetzung, dass die Technologie im Haushalt das heutige Niveau an Komfort und Kosten garantieren würde, hatten Bürgerinnen und Bürger der Urinseparierung gegenüber eine positive Einstellung. Erste Untersuchungen mit so genannten Fokusgruppen zeigten, dass die meisten Befragten in eine Wohnung mit einer No-Mix-Toilette einziehen und auch Nahrungsmittel kaufen würden, bei deren Herstellung Urin als Dünger verwendet wurde. Dabei waren Argumente für eine nachhaltige Entwicklung über längere Zeiträume wie geschlossene Nährstoffkreisläufe, weniger wichtig als eher kurzfristige Argumente, die sich auf die Auswirkungen von Mikroverunreinigungen auf die Gesundheit von Mensch und Ökosystem bezogen
Stand:2003

Vorlage:Meinung

Klärschlamm mit Rissen

Für schulische Zwecke bietet Novaquatis im Internet ein interaktives Lernspiel um Recycling, Wasser und ein neuartiges WC Lernspiel um Recycling, Wasser und ein neuartiges WC Stand: 20.5.2009


Anmerkungen

  1. Justus von Liebig: Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Psychologie/7. Auflage 1862
  2. 4000 Jahre Landbau in China, Korea und Japan (Gebundene Ausgabe) von F. H. King (Autor), Erich Reinau (Übersetzer), Georg E. Siebeneicher (Übersetzer)
  3. http://fhking.rso.wisc.edu/
  4. Gestaltungsprinzipien nach Mollison
    Aus der Beobachtung von Ökosystemen leitete Bill Mollison folgende Gestaltungsgrundsätze ab:

    • 1. Multiple Elements - Jede Funktion des Systems wird von mehreren Elementen erzeugt.
    • 2. Multiple Functions - Jedes Element des Systems hat mehrere Funktionen.
    • 3. Zones - Zonierung der einzelnen Systembereiche nach Nutzungsintensität.
    • 4. Natural Succession - Berücksichtigung der natürlichen Entwicklung eines Elementes bzw. des Systems.
    • 5. Optimize Edges - Optimierung der Randzonen als besonders aktive Bereiche des Systems.
    • 6. Relative Location - Der relative Aufenthaltsort (Nische) eines Elements innerhalb des Systems.
    • 7. Elevational Planning - Systementwicklung durch aufeinander aufbauende Elemente.
    • 8. Energy Recycling - Wiederverwendung von Energien und Stoffen innerhalb des Systems.
    • 9. Natural Ressources - Nutzung der natürlichen Ressourcen eines Systems.
    • 10. Sectors - Identifizierung und Nutzung der von außen auf das System wirkenden Einflüsse (Sektoren).
    • 11. Patterns - Verwendung von Entwurfsmustern zur Strukturierung des Systems.
    • 12. Diversity - Schaffung einer großen Vielfalt von Elementen innerhalb des Systems.
  5. Vorlage:Wpd
  6. Vorlage:Wpd (asiatischer Friedensnobelpreis)