Goodbye Deutschland/Auswanderung nach 1848: Unterschied zwischen den Versionen
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Durch Unterzeichneten von der Regierung angestellten und beeidigten Schiffsexpedienten werden Auswanderer nach Amerika zu dem billigen Preise von 80 fl einschließlich vollständiger Bekoestigeung befoerdert. | Durch Unterzeichneten von der Regierung angestellten und beeidigten Schiffsexpedienten werden Auswanderer nach Amerika zu dem billigen Preise von 80 fl einschließlich vollständiger Bekoestigeung befoerdert. | ||
<span style="font-size:2em;text-align:center;display:block;">H. August Heineken in Bremen</span> | <span style="font-size:2em;text-align:center;display:block;">H. August Heineken in Bremen</span> |
Version vom 24. April 2022, 08:05 Uhr
"Die deutsche und bayerische Auswanderung nach Amerika ist daher immer als Teil einer vielfältigen Migrationsgeschichte zu verstehen.
Erwähnt seien nur drei weitere große Fernwanderungen der letzten Jahrhunderte: Vom späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert zog es zahlreiche Deutsche nach Ost- und Südosteuropa. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert wanderten Hunderttausende meist polnischsprachiger Menschen aus dem östlichen Preußen in die Industriegebiete des deutschen Westens.
Und die Süd-Nord-Wanderung aus dem mediterranen Raum hat die Bundesrepublik seit den 1960er-Jahren de facto zu einem Einwanderungsland gemacht"
(Thomas Raithel, "Kommt bald nach ..." - Auswanderung nach Amerika 1683 - 2003)[2]
Ursachen
Raithel gibt in seinem Aufsatz eine Darstellung nach Adams (1993) wider, nach der die deutsche Einwanderung seit dem 19. Jahrhundert in mehreren Wellen stattfand, wobei deren Ursachen in den Vorgängen in den Quellländern als auch im Zielland liegen.
Für die Auswanderung im 19. Jahrhundert nach den USA spielen zeitweise oder auch gleichzeitig:
- religiöse Motive (protestantische Sekten, v. a. Mennoniten)
- die wirtschaftliche Situation (das in fränkischen Gebieten übliche Realteilungsrecht führt zur Hofteilung und zur Bevölkerungszunahme, die Höfe werden dadurch aber immer unrentabler)
- Unzufriedenheit mit wirtschafts- oder sozialpolitischen Gegebenheiten
- sich selbst verstärkende Migrationsprozesse (Sogwirkung)
eine Rolle.
Ein weiterer Grund mag in der Ertragssituation gewesen sein, die auf die zwischen 1830 und 1840 herrschenden klimatischen und sonstigen Verhältnisse zurückzuführen ist. So beschreibt Lorenz Hübner im Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 1841/1842 für den Ort Beilngries.[3]
"1832. Ungemein trocknes Jahr. Allen Brunnen der Stadt mangelte Wasser, und die Bergleute mußten es drei viertel Jahre lang im Thale aus den Flüssen holen.
1833. Auf ein naßkaltes Frühjahr folgte vom 1. bis 20. Mai eine anhaltend große Hitze von 20 - 26.
1834. Anhaltende Hitze und Trockenheit erzeugten einen so empfindlichen Futter- und Strohmangel, daß der Preis eines Schobers Kornstrohes auf 25 fl. gestiegen ist.
1835 . Auch in diesem Jahre anhaltende Hitze und Trockenheit, und dabei eine Unzahl von Heuschrecken, welche die Altmühlwiesen, und die nächstgelegenen Getraidfelder ganz bedeckten, und jedes Gräslein auffraßen.
1836. Trockenheit und Heuschreckenfraß wie im vorigen Jahr. An Grummet, Gerste, Haber und Erdbirn hatte Beilngries ein Mißjahr. Doch sind die Preise nieder geblieben, und das schwere Getraid war fast in Unwerth. Im Sommer und Herbste dieses Jahrs tödtete eine bisher nie gekannte Seuche hier und in der Umgegend viel Hundert Schweine."
Ablauf
Die Auswanderung erfolgte über französische, niederländische Häfen oder Häfen an der Nordseeküste, Bremen und Hamburg. Um überhaupt auswandern zu können, mussten die Auswanderungswilligen beispielsweise für die Niederlande
- einen Erlaubnisschein für die Auswanderung (aus dem Königreich Bayern),
- eine Erklärung über die Daten der Auswandernden zur Finanzierung des Aufenthaltes in den Niederlanden und der Überfahrt
- eine notarielle bestätigte Erklärung des niederländischen Schiffsreeders mit Daten über das Schiff mit dem die Auswandernden transportiert werden
vorlegen (Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis, 1828).
Auch die Kosten waren nicht unerheblich. Allein 50 fl (Gulden) mussten die Reisenden für den ersten Hafen in der Neuen Welt zurücklegen, die Überfahrt kostete 40 - 60 fl (ohne Lebensmittel). Von Schwierigkeiten mit den Schiffsreedereien bzw. deren Kapitänen warnt das Königlich Bayerische Intelligenzblatt für Mittelfranken im Jahr 1846[4]. Allenthalben erscheinen nun auch Ratgeber für Auswanderungswillige. 1862 erscheint in der Stahelschen Buchhandlung das Handbuch "Die Lehre von der Aus- und Einwanderung im Königreiche Bayern"[5]
Auch Mittelfranken bzw. das Gebiet der Frankenhöhe ist davon betroffen. Im Königreich Bayern wird für die Jahre bis 1870 jeder Auswanderungswillige im Königlich Bayerischen Intelligenzblatt für Mittelfranken (Sammlung Bavarica) veröffentlicht, um Gläubigern Gelegenheit zu geben vorher seine Forderungen einzutreiben.[6]
Einige Auswanderer nach Amerika von der Frankenhöhe sollen hier angeführt werden:
Jahr | Gemeinde | Name | Stand | Mitauswandernde Familienmitglieder |
---|---|---|---|---|
1837 | Leutershausen | Johann Georg Heindel | Taglöhner | 3 |
1837 | Mittelramstadt | Konrad Prechtel | Taglöhner | 4 |
1837 | Weissenkirchberg | Georg Michael Unger | Schuhmacher | 1 |
1837 | Leutershausen | Moritz Heß | Metzgermeister | 2 |
1837 | Sachsbach/Herrieden | Eva Maria Krug | 1 | |
1837 | Reichenau/Herrieden | Simon Eberlein | Hausbesitzer | 2 |
1837 | Winkel/Herrieden | Anna Barbara Reiter | led. Hirtentochter | |
1837 | Kaudorf/Herrieden | Georg Michael Knörr | ||
1837 | Lettenmühle/Reichenau | Helena Berbara Rohringer | ||
1837 | Zumberg/Feuchtwangen | Maria Marg. Kunder | Bauernwitwe | 3 |
1837 | Wildenholz/Feuchtwangen | Joh. Georg Illig | Drechslermeister | 1 |
1837 | Dentlein/Feuchtwangen | Marg. Glasbrenner | ledige Taglöhnerin | 1 |
1837 | Aichenzell/Feuchtwangen | Wilh. Grüb | lediger Dienstknecht | |
1837 | Kleinohrenbronn/Feuchtwangen | Mich. Georg Windsheimer | Gutsbesitzer | 6 |
1837 | Feuchtwangen | Maria Barb. Baier | ledigen Standes | |
1837 | Erlmühle | Joh. Georg Kunder | Taglöhner | 2 |
1837 | Feuchtw. | Peter Eichner | Witwer u. Drechslermeister | 2 |
1837 | Sommerau/Feuchtw. | Carl Zur | Bäckermeister u. Brandweinbr. | 6 |
1837 | Erlmühle | Joh. Gg. Windsheimer | Leinwandhdlr. | |
1837 | Feuchtwangen | Eva Marg. Brunner | ledigen Standes | |
1837 | Kaudorf/Herrieden | Mar. Barb. Mack | ledige Gütlerstochter | 1 |
1839 | Rothenburg | Johann Adam Schuh | ehem. Besitzer der Limbachsmühle | 2 |
1840 | Leutershausen | Georg Simon Reutelshöfer | Braumeister | 6 |
1840 | Leutershausen | Georf Adam Stumpf | Schneidermeister | 3 |
1840 | Leutershausen | Gg. Barhelmäs Gehring | Taglöhner | 5 |
1840 | Leutershausen | Eva Barbara Hornung | Dienstmagd | |
1840 | Oberdachstetten | Johann Leonhard Mosmeyer | Schreinermeister | 6 |
1840 | Unterbreitenau | Joh. Leonh. Ilgenfritz | lediger Bauernsohn | |
1846 | Sachsen (Leutershausen) | Maria Barbara Sperr | Schuhmacherswitwe | 2 |
1846 | Leutershausen | Maria Marg. Mainzinger | ledige Hafnerstochter | |
1846 | Lauterbach | Joh. Jakob Schwarz | Dienstknecht | |
1846 | Lauterbach | Jakob Schwarz | Dienstknecht | |
1847 | Leutershausen | Joh. Christ. Mainzinger | Hafnermeister | 6 |
1847 | Leutershausen | Joh. Leonh. Wägmann | Bäckermeister | 3 |
1847 | Jochsberg | Joh. Mich. Fluhrer | Schmiedmeister | 3 |
1847 | Klonsbach | Joh. Georg Thürauf | Wirth | 6 |
1847 | Klonsbach | Joh. Bernhard Billenstein | Bauer | 3 |
1847 | Cadolzhofen | Georg Marr Carl | Köbler | 4 |
1847 | Gastenfelden | Friedrich Stibor | Schreinermeister | 2 |
1847 | Frommetsfelden | Johann Georg Krug | Taglöhner | 1 |
1847 | Wassertrüdingen | Moses Levi Hecht | Landkramhändler | 3 |
1847 | Leutershausen | Georg Peter Friedlein | vormaliger Wirth | 3 |
1847 | Oberdachstetten | Anna Maria Weiß | ledig | 3 |
1847 | Steinach/Rothenburg | Anna Margaretha Baumgärtner | ledige Chirurgentochter | |
1847 | Bettenfeld | Magdalena Barbara Kurz | Tochter des Bauern Joh. Leonhard Kurz | |
1847 | Lehrberg | Joseph Oettinger | Seifensieder | 3 |
1847 | Schillingsfürst | Willibald Hämmerlein | Maurergeselle | 1 |
Durch Unterzeichneten von der Regierung angestellten und beeidigten Schiffsexpedienten werden Auswanderer nach Amerika zu dem billigen Preise von 80 fl einschließlich vollständiger Bekoestigeung befoerdert. H. August Heineken in Bremen
Herr Kaufmann C. Pullich in Nördlingen wird die Güte haben, auf gefällige Anfragen nähere Auskunft zu ertheilen.Die Auswandernden gehörten sehr unterschiedlichen Gesellschaftsschichten an. Aus einigen Angaben, wie z. B. den ledigen mit Kind oder den Dienstknechten mag man einen Auswanderungsgrund erschließen.
In den 1830 - 1840-er Jahren inserierten Reedereien bzw. in Bayern akkredidierte Agenten aus Nordamerika und warben um die Auswanderer. Rechts nur ein Beispiel aus dem "Wochenblatt der Stadt Nördlingen" von 1848
Nicht alle Auswanderungswilligen erreichten ihr Ziel. So ist ausgerechnet für die Gemeinde Geslau unter dem Ankunftsdatum bei der Auswandererdatei Castlegarden in den USA notiert:
Quellen
- ↑ Wikimedia Commons (Zeichnung von Leo von Elliot aus: Leipziger Illustrirte Zeitung, 10. November 1849, S.292).- Passagiere auf dem Passagierdeck u.a. beim Kartenspiel, Musizieren
- ↑ Thomas Raithel, "Kommt bald nach ..." - Auswanderung nach Amerika 1683 - 2003
- ↑ Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken 1841/1842
- ↑ Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für Mittelfranken (Bavarikon.de)
- ↑ "Die Lehre von der Aus- und Einwanderung im Königreiche Bayern" (bavarikon.de)
- ↑ [https://books.google.de/books?id=MTBNAAAAcAAJ&dq=Sommer+1816+Ernte+Ansbach&hl=de&pg=PA579&output=embed Ansbacher Morgenblatt 1847 (books.google.de)