Bodenhistorie/Der Boden aus der Sicht des Menschen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus ZUM-Unterrichten
Main>Cereale
Keine Bearbeitungszusammenfassung
K (Box)
Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung
 
(40 dazwischenliegende Versionen von 4 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
__NOTOC__
==Bodenmythen und Erdriten==
{{Bodenhistorie|Sinn und Zweck der Bodenhistorie|Der Umgang mit dem Boden im Altertum}}
<!--{| class="prettytable"
|style="background-color:#EEE9BF ;"|
<h3>Bodenhistorie</h3>
|[[Bild:Bauer1.jpg|100px|center]]
|style="background-color:#EEE9BF ;"|
'''Vorhergehende Seite:''' '''[[Sinn und Zweck der Bodenhistorie]] ''' <br> '''Zur nächsten Seite:'''  '''[[Der Umgang mit dem Boden im Altertum]]'''


|}
Mythen und Riten sind die ältesten Zeugnisse der Verbundenheit des Menschen mit dem Erdboden. Wir kennen nur selten ihren Ursprung und ihre Deutung ist oft nur unter Vorbehalt möglich.
[[Kategorie:Bodenhistorie]]-->


==Der Boden aus der Sicht des Menschen==
===Die Erde ist weiblich===
 
{|with="100%"
|-
| style="vertical-align:top" |
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#336699; font-size:1px; height:8px; border-bottom: 1px groove #aaaaaa;"></div>
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#EEE9BF; align:center; padding:7px;">
<span style="font-family:palatino,serif; font-size:12pt;color:#000099;font-style:italic;">'''Bodenmythen und Erdriten'''</span></div>
 
|-
 
|Mythen und Riten sind die ältesten Zeugnisse der Verbundenheit des Menschen mit dem Erdboden. Wir kennen nur selten ihren Ursprung und ihre Deutung ist oft nur unter Vorbehalt möglich.
 
'''Die Erde ist weiblich'''


Fast in allen Sprachen wird die Erde als weiblich und im Gegensatz zu dem sie umfassenden Himmel als die Gebärende und die Fruchtbringende auf gefasst. Gegenüber den männlichen Gottheiten blieb sie eher im geheimnisvollen Dunkel. Einige Beispiele sollen die Bedeutung der Mutter Erde in der Mythologie aufzeigen.
Fast in allen Sprachen wird die Erde als weiblich und im Gegensatz zu dem sie umfassenden Himmel als die Gebärende und die Fruchtbringende auf gefasst. Gegenüber den männlichen Gottheiten blieb sie eher im geheimnisvollen Dunkel. Einige Beispiele sollen die Bedeutung der Mutter Erde in der Mythologie aufzeigen.
Zeile 32: Zeile 11:
Zahlreiche Kulturvölker verehrten (und verehren) Gottheiten des fruchtbaren Bodens, darunter die Inder, die auch heute noch auf dem Lande die Mutter Erde verehren oder die Inkas, die ihrer Pacha—Mama, der Erdmutter, huldigen.
Zahlreiche Kulturvölker verehrten (und verehren) Gottheiten des fruchtbaren Bodens, darunter die Inder, die auch heute noch auf dem Lande die Mutter Erde verehren oder die Inkas, die ihrer Pacha—Mama, der Erdmutter, huldigen.


'''Erde und Geburt'''
===Erde und Geburt===


In Skandinavien ist es Sitte gewesen, ein neugeborenes Kind auf die Erde zu legen. In Schlesien soll im 19. Jahrhundert die gleiche Sitte üblich gewesen sein. In der Schweiz (einige Ortschaften) beschmierte man das neugeborene Kind an Händen und Füssen  mit Blut und legte es bis zur Entfernung der Nachgeburt auf die Erde unter den Tisch. In Griechenland wurde das Neugeborene um den Herd oder den Ofen getragen und dann unter den Tisch auf die Erde gelegt.
In Skandinavien ist es Sitte gewesen, ein neugeborenes Kind auf die Erde zu legen. In Schlesien soll im 19. Jahrhundert die gleiche Sitte üblich gewesen sein. In der Schweiz (einige Ortschaften) beschmierte man das neugeborene Kind an Händen und Füssen  mit Blut und legte es bis zur Entfernung der Nachgeburt auf die Erde unter den Tisch. In Griechenland wurde das Neugeborene um den Herd oder den Ofen getragen und dann unter den Tisch auf die Erde gelegt.
Zeile 40: Zeile 19:
In Deutschland soll es üblich gewesen sein, Neugeborenen, die krank und schwächlich waren, einen Erdnamen zu geben. Beispiele für diese Sitte sind die Vornamen "Erdmann", "Erdwin" und "Erdmut".
In Deutschland soll es üblich gewesen sein, Neugeborenen, die krank und schwächlich waren, einen Erdnamen zu geben. Beispiele für diese Sitte sind die Vornamen "Erdmann", "Erdwin" und "Erdmut".


'''Leben und Tod'''
===Leben und Tod===


Von den Huronen-Indianern wird berichtet, dass sie gestorbene Kinder, die noch nicht zwei Jahre alt waren, nicht auf dem gemeinsamen Friedhof, sondern am Wegesrand begruben. Sie glaubten, dass es zwei Arten von Seelen gibt: Die eine geht gleich nach dem Tod des Menschen zum Totenland gen Westen, während die andere beim Körper bleibt, bis eine Frau des Weges kommt, welche die kleine Seele in sich aufnimmt und der Mensch wiedergeboren wird.
Von den Huronen-Indianern wird berichtet, dass sie gestorbene Kinder, die noch nicht zwei Jahre alt waren, nicht auf dem gemeinsamen Friedhof, sondern am Wegesrand begruben. Sie glaubten, dass es zwei Arten von Seelen gibt: Die eine geht gleich nach dem Tod des Menschen zum Totenland gen Westen, während die andere beim Körper bleibt, bis eine Frau des Weges kommt, welche die kleine Seele in sich aufnimmt und der Mensch wiedergeboren wird.
Zeile 48: Zeile 27:
In Thüringen wurde auf den Sterbenden eine Handvoll Erde gelegt. Dem liegt wohl die Auffassung von einem Aufenthalt der Toten unter der Erde zugrunde. Damit die menschliche Seele ohne Verzögerung in das Totenreich unter der Erde eingehen kann, muss der Mensch auf dem Erdboden sterben, oder er wird symbolisch mit Erde in Verbindung gebracht.
In Thüringen wurde auf den Sterbenden eine Handvoll Erde gelegt. Dem liegt wohl die Auffassung von einem Aufenthalt der Toten unter der Erde zugrunde. Damit die menschliche Seele ohne Verzögerung in das Totenreich unter der Erde eingehen kann, muss der Mensch auf dem Erdboden sterben, oder er wird symbolisch mit Erde in Verbindung gebracht.


===Tod und Teufel===
 
 
'''Tod und Teufel'''


Es gibt in der Historie Hinweise auf grausame Rituale. In einer spät mittelalterlichen Chronik wird von einem Mann berichtet, dessen Tochter angeblich die Hexenkunst erlernt hatte. Der Mann wünschte seine Tochter zu heilen und fragte den Pfarrer um Rat. Dieser riet dem Mann, "dass er ein Grab graben solle, in dem das Mädchen niedergesetzt werden sollte, und dann sollte Erde darauf geworfen werden. Außerdem sollte man über sie pflügen, säen und eggen, und wenn sie wieder aufgenommen würde, sollte es ihr geholfen haben". Durch das Martyrium sollte der Mensch in den Schoß der Erde zurückkehren, indem er begraben und über ihm gesät wurde.
Es gibt in der Historie Hinweise auf grausame Rituale. In einer spät mittelalterlichen Chronik wird von einem Mann berichtet, dessen Tochter angeblich die Hexenkunst erlernt hatte. Der Mann wünschte seine Tochter zu heilen und fragte den Pfarrer um Rat. Dieser riet dem Mann, "dass er ein Grab graben solle, in dem das Mädchen niedergesetzt werden sollte, und dann sollte Erde darauf geworfen werden. Außerdem sollte man über sie pflügen, säen und eggen, und wenn sie wieder aufgenommen würde, sollte es ihr geholfen haben". Durch das Martyrium sollte der Mensch in den Schoß der Erde zurückkehren, indem er begraben und über ihm gesät wurde.
Zeile 58: Zeile 33:
Im Orient soll es geschehen sein, dass in Notzeiten neugeborene Mädchen lebendig begraben wurden, weil die Bewohner zu verhungern drohten und Nahrung gespart werden sollte, vor allem aber, um die Erde, die nicht genug Nahrung lieferte, durch ein Menschenopfer zu besänftigen. Dafür, dass dieses tatsächlich so geschehen ist, sprechen andere Überlieferungen. In der Literatur wird häufiger berichtet, dass im historischen China neugeborene Mädchen geopfert wurden, während Jungen am Leben blieben, weil sie als Altersfürsorge für die Eltern angesehen wurden und in weiten Teilen der Dritten Welt heute auch noch angesehen werden.
Im Orient soll es geschehen sein, dass in Notzeiten neugeborene Mädchen lebendig begraben wurden, weil die Bewohner zu verhungern drohten und Nahrung gespart werden sollte, vor allem aber, um die Erde, die nicht genug Nahrung lieferte, durch ein Menschenopfer zu besänftigen. Dafür, dass dieses tatsächlich so geschehen ist, sprechen andere Überlieferungen. In der Literatur wird häufiger berichtet, dass im historischen China neugeborene Mädchen geopfert wurden, während Jungen am Leben blieben, weil sie als Altersfürsorge für die Eltern angesehen wurden und in weiten Teilen der Dritten Welt heute auch noch angesehen werden.


----
==Der Boden aus der Sicht der Wissenschaft==
 
 
<h3>Weblinks</h3>
[http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/01.htm '''Das Lied der Erde''']
 
[http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/02.htm '''Mutter Erde in der Altsteinzeit''']
 
[http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/05.htm '''Agrikultura in der römischen Antike''']
 
[http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/06.htm '''Mutter Erde in der Indianerkultur und -religion Nordamerikas''']
 
[http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/07.htm '''Pachamama in der Indianerkultur und -religion Südamerikas''']
 
----
<h3>Weiterführende Literatur:</h3>
 
DIETRICH, A. (1925): Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion. 3. Auflage. Leipzig: B.G. Teubner.
 
EHMER, M.K. (1994): Göttin Erde. Kult und Mythos der Mutter Erde. Berlin: Zerling.
 
MARQUARDT-MAU, B. (1988): Mutter Erde. In: Schächter, M. (Hrsg.): Mittendrin – die Erde hat kein dickes Fell. Berlin: Mann-Verlag, S.85- 95.
 
|}
 
 
 
 
 
 
 
 
 
|}
 
{|with="100%"
|-
| style="vertical-align:top" |
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#336699; font-size:1px; height:8px; border-bottom: 1px groove #aaaaaa;"></div>
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#EEE9BF; align:center; padding:7px;">
<span style="font-family:palatino,serif; font-size:12pt;color:#000099;font-style:italic;">'''Der Boden aus der Sicht der Wissenschaft'''</span></div>
 
|-
 
 
|'''Definitionen'''
 
1.)[http://www.pgil-eirdata.org/html/pgil_datasets/authors/k/Kirwan,R/life.htm '''R.Kirwan''']  1794: "Land als Basis der Vegetation wird Boden genannt."


=== Definitionen ===


2.) '''A. Baumgart, 1876:''' "Boden ist nichts anderes als zerstörtes altes Gestein auf der Wanderung begriffen zur Bildung neuen Gesteins."
1.
{{Zitat|Land als Basis der Vegetation wird Boden genannt.|[http://www.pgil-eirdata.org/html/pgil_datasets/authors/k/Kirwan,R/life.htm '''R.Kirwan''']  1794}}


[[Bild:dokucajev.jpg]]
2.
{{Zitat|Boden ist nichts anderes als zerstörtes altes Gestein auf der Wanderung begriffen zur Bildung neuen Gesteins.|'''A. Baumgart, 1876'''}}


3.)[http://www.masslaboratory.org/linked/lec4_acca_iss_soil%20classification.pdf Dokucajev, 1881 ] "Böden sind oberflächlich liegende mineralisch organische Bildungen, die immer mehr oder weniger deutlich vom Humus gefärbt sind; diese Körper haben immer ihre eigene Entstehung. Sie erscheinen immer und überall als Resultat der gemeinsamen Tätigkeit des Naturrgesteins, lebender und abgestorbener Organismen ...
[[Datei:Dokuchaev.jpg|thumb|left|Wassili Wassiljewitsch Dokutschajew (Undatierte Portraitaufnahme)]]
<!--[[Bild:dokucajev.jpg|thumb|200 px |left]]-->
3.
{{Zitat|Böden sind oberflächlich liegende mineralisch organische Bildungen, die immer mehr oder weniger deutlich vom Humus gefärbt sind; diese Körper haben immer ihre eigene Entstehung. Sie erscheinen immer und überall als Resultat der gemeinsamen Tätigkeit des Naturrgesteins, lebender und abgestorbener Organismen ...|[http://www.masslaboratory.org/linked/lec4_acca_iss_soil%20classification.pdf '''Dokucajev, 1881''']}}


4.
{{Zitat|Der Boden ist wie jeder andere Organismus ein völlig selbständiger naturhistorischer Körper, der seine eigene Herkunft (Genese), seine eigenen Eigenschaften und seine streng bestimmte geographische Lage hat....|'''Dokucajev, 1899'''}}


4.) '''Dokucajev, 1899 :''' "Der Boden ist wie jeder andere Organismus ein völlig selbständiger naturhistorischer Körper, der seine eigene Herkunft (Genese), seine eigenen Eigenschaften und seine streng bestimmte geographische Lage hat...."
5.
{{Zitat|Der Boden ist die oberste Verwitterungsschicht der obersten Erdrinde.|2=[http://www4.fao.org/cgi-bin/faobib.exe?vq_query=A%3DRamann,%20E.&database=faobib&search_type=view_query_search&table=mona&page_header=ephmon&lang=engE. '''Ramann, 1905''']}}


[[Datei:Fotothek df roe-neg 0006016 007 Eilhard Alfred Mitscherlich auf der Demonstrationstribüne.jpg|200 px|thumb|Eilhard Alfred Mitscherlich (1950)]]


5.) [http://www4.fao.org/cgi-bin/faobib.exe?vq_query=A%3DRamann,%20E.&database=faobib&search_type=view_query_search&table=mona&page_header=ephmon&lang=engE. Ramann, 1905 ] "Der Boden ist die oberste Verwitterungsschicht der obersten Erdrinde."
6.  
{{Zitat|Boden ist ein Gemenge von mehr oder minder kleinen festen Teilchen, Wasser und Luft, welche, versehen mit den erforderlichen Pflanzennährstoffen, als Träger einer Vegetation dienen kann.|[http://de.wikipedia.org/wiki/Eilhard_Alfred_Mitscherlich Mitscherlich, 1905]}}


[[Bild:Fotothek df roe-neg 0006016 007 Eilhard Alfred Mitscherlich auf der Demonstrationstribüne.jpg| 200 px]]
7.
'''Mitscherlich'''
{{Zitat|Der Boden ist ein grob- und koloiddisperses System.|'''G. Wiegner, 1918'''}}


8.
{{Zitat|Der Boden ist das klimabedingte pedo- und biogene Umwandlungsprodukt der äußersten festen Erdrinde.|''' H. Pallmann, 1942'''}}


6.)[http://de.wikipedia.org/wiki/Eilhard_Alfred_Mitscherlich Mitscherlich, 1905] : "Boden ist ein Gemenge von mehr oder minder kleinen festen Teilchen, Wasser und Luft, welche, versehen mit den erforderlichen Pflanzennährstoffen, als Träger einer Vegetation dienen kann."
9.
{{Zitat|Die Bodenfruchtbarkeit (B) ist eine Funktion (f) folgender Faktoren:
:a) Humus
:c) Grad der Basensättigung
:d) Unterbodenzugänglichkeit
|[http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_K%C3%B6hnlein '''Johannes Köhnlein, 1955''']}}


10.
 
{{Zitat|Der Boden: Er ist Wurzelraum und Nährstoffreservoir für alle unsere Nutz- und Wildpflanzen. Von seiner Substanz lebt jede land- und forstwirtschaftliche Produktion. Er stellt Schutzschicht und natürlichen Filter für unser Trink- und Grundwasser dar. Vor allem aber bildet er Lebensraum für eine unglaubliche Vielzahl kleiner und kleinster Organismen, die für den Stoffkreislauf auf unserer Erde unentbehrlich sind ...|'''U: Haider, 1980'''}}
7.) '''G. Wiegner, 1918:''' "Der Boden ist ein grob- und koloiddisperses System."
 
8.) H. Pallmann, 1942: "Der Boden ist das klimabedingte pedo- und biogene Umwandl ungsprodukt der äußersten festen Erdrinde."
 
 
9.) [http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_K%C3%B6hnlein Johannes Köhnlein, 1955]: "Die Bodenfruchtbarkeit (B) ist eine Funktion (f) folgender Faktoren:
|-
|*'''a) Humus'''
|-
|*'''c) Grad der Basensättigung'''
|-
|*'''d) Unterbodenzugänglichkeit'''
 
 
 
10.) '''U: Haider, 1980 :''' "Der Boden: Er ist Wurzelraum und Nährstoffreservoir für alle unsere Nutz- und Wildpflanzen. Von seiner Substanz lebt jede land - und forstwirtschaftliche Produktion. Er stellt Schutzschicht und natürlichen Filter für unser Trink- und Grundwasser dar. Vor allem aber bildet er Lebensraum für eine unglaubliche Vielzahl kleiner und kleinster Organismen, die für den Stoffkreislauf auf unserer Erde unentbehrlich sind..."
<gallery perrow="3"|center>
Image:Albrecht Daniel Thaer, Stich.JPG| [[Albrecht Thaer]]
 
Image:Justus von Liebig 2.jpg|[[Justus von Liebig)]]
 
Image:Rudolf Virchow.jpg|[[ Rudolf Virchow]]


<gallery perrow="4"|center>
Image:Albrecht Daniel Thaer, Stich.JPG| Albrecht Thaer
Image:Justus von Liebig 2.jpg|Justus von Liebig
Image:Rudolf Virchow.jpg|Rudolf Virchow
Image:Jan Ingenhousz.jpg|Jan Ingenhouz


</gallery>
</gallery>


|}
=== Bodendefinitionen am Ende des 20. Jahrhunderts===
{|with="100%"
|-
| style="vertical-align:top" |
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#336699; font-size:1px; height:8px; border-bottom: 1px groove #aaaaaa;"></div>
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#EEE9BF; align:center; padding:7px;">
<span style="font-family:palatino,serif; font-size:12pt;color:#000099;font-style:italic;">'''Der Boden aus der Sicht der Wissenschaft: Bodendefinitionen am Ende des 20. Jahrhunderts'''</span></div>
 
|-
 
 
|'''Zitate aus Projekt Hypersoil (Universiät Münster)'''
 
----
 
{{Schrift_grün|"Boden ist das mit Wasser, Luft und Lebewesen durchsetzte, unter dem Einfluss der Umweltfaktoren an der Erdoberfläche entstandene und im Ablauf der Zeit sich weiterentwickelnde Umwand-lungsprodukt mineralischer und organischer Substanzen mit eigener morphologischer Organisation, das in der Lage ist, höheren Pflanzen als Standort zu dienen und die Lebensgrundlage für Tiere und Menschen bildet. Als Raum-Zeit-Struktur ist der Boden ein vierdimensionales System." }}
(D. Schroeder: Bodenkunde in Stichworten, 1992, S.9)


----
{{Zitat|1=Boden ist das mit Wasser, Luft und Lebewesen durchsetzte, unter dem Einfluss der Umweltfaktoren an der Erdoberfläche entstandene und im Ablauf der Zeit sich weiterentwickelnde Umwand-lungsprodukt mineralischer und organischer Substanzen mit eigener morphologischer Organisation, das in der Lage ist, höheren Pflanzen als Standort zu dienen und die Lebensgrundlage für Tiere und Menschen bildet. Als Raum-Zeit-Struktur ist der Boden ein vierdimensionales System."
|2='''D. Schroeder: Bodenkunde in Stichworten, 1992, S.9'''}}


    
    
{{Schrift_grün|"Böden sind die belebte oberste Erdkruste des Festlandes."}}
{{Zitat|Böden sind die belebte oberste Erdkruste des Festlandes.|'''Scheffer/ Schachtschabel''': Lehrbuch der Bodenkunde - 15.Auflage, 2002, S. 1}}
(Scheffer/ Schachtschabel: Lehrbuch der Bodenkunde - 15.Auflage, 2002, S. 1)
 
----


    
    
{{Schrift_grün|"Böden sind komplexe, physikalische, chemische und biologische Systeme, die unter dem Einfluss von Witterung, Bodenorganismen und Vegetation, vor allem aber unter der Hand des wirtschaftenden Menschen ständigen Veränderungen unterworfen sind. Temperatur und Niederschläge als zentrale Klimafaktoren und die Eigenschaften der Böden stehen in Wechselbeziehung zueinander (Regelungsfunktion der Böden) und bestimmen gemeinsam die Vegetation und damit die land- und forstwirtschaftliche Tragfähigkeit der Böden (Nutzungsfunktion) und die Vielfalt der Biosphäre (Lebensraumfinktion)."}}
{{Zitat|Böden sind komplexe, physikalische, chemische und biologische Systeme, die unter dem Einfluss von Witterung, Bodenorganismen und Vegetation, vor allem aber unter der Hand des wirtschaftenden Menschen ständigen Veränderungen unterworfen sind. Temperatur und Niederschläge als zentrale Klimafaktoren und die Eigenschaften der Böden stehen in Wechselbeziehung zueinander (Regelungsfunktion der Böden) und bestimmen gemeinsam die Vegetation und damit die land- und forstwirtschaftliche Tragfähigkeit der Böden (Nutzungsfunktion) und die Vielfalt der Biosphäre (Lebensraumfunktion).|'''Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen''':  
Welt im Wandel: die Gefährdung der Böden. 1994, S. 41}}
(Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen:  
Welt im Wandel: die Gefährdung der Böden. 1994, S. 41)
 
----


    
    
{{Schrift_grün|"Boden ist Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen und kann in vielerlei Hinsicht als Grundlage individuellen wie kollektiven menschlichen Handelns sowie sozialer und gesellschaftlicher Organisation angesehen werden. Da praktisch jede menschliche Tätigkeit Boden beansprucht, ist jeder Mensch in irgendeiner Weise auch "Bodenakteur". Aus der Sicht des Individuums kommen dem Boden grundlegende Funktionen zu. Er ist unverzichtbare Grundlage der Ernährung, Grundlage für die Einrichtung von Wohn-, Arbeits- und Freizeitstätten, Grundlage für Bedürfnisse nach Kontrolle über Raum und Besitz." }}
{{Zitat|Boden ist Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen und kann in vielerlei Hinsicht als Grundlage individuellen wie kollektiven menschlichen Handelns sowie sozialer und gesellschaftlicher Organisation angesehen werden. Da praktisch jede menschliche Tätigkeit Boden beansprucht, ist jeder Mensch in irgendeiner Weise auch „Bodenakteur“. Aus der Sicht des Individuums kommen dem Boden grundlegende Funktionen zu. Er ist unverzichtbare Grundlage der Ernährung, Grundlage für die Einrichtung von Wohn-, Arbeits- und Freizeitstätten, Grundlage für Bedürfnisse nach Kontrolle über Raum und Besitz.|Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen:  
Welt im Wandel: die Gefährdung der Böden. 1994, S. 7}}
(Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen:  
Welt im Wandel: die Gefährdung der Böden. 1994, S. 7)
 
----


    
    
{{Schrift_grün|"Boden (Pedosphäre) ist der von pflanzlichem und tierischem Leben erfüllte obere Teil der Erdkruste, der auf dem Ausgangsgestein der Erdkruste (Lithosphäre) liegt. Die Grenze zwischen Boden und Gestein ist meist unscharf." }}
{{Zitat|Boden (Pedosphäre) ist der von pflanzlichem und tierischem Leben erfüllte obere Teil der Erdkruste, der auf dem Ausgangsgestein der Erdkruste (Lithosphäre) liegt. Die Grenze zwischen Boden und Gestein ist meist unscharf.|P. Busch/ D. Marquardt: Grundriss Allgemeine Geographie, Teil II:  
Geologische und bodenkundliche Grundlagen, 1984, S. 22}}
(P. Busch/ D. Marquardt: Grundriss Allgemeine Geographie, Teil II:  
Geologische und bodenkundliche Grundlagen, 1984, S. 22)


----
===  Kommentar ===


 
{{Box|Meinung|
 
Sind die aufgelisteten wissenschaftlichen Bodendefinitionen ausreichend? Dazu einige Anmerkungen. Schauen wir knapp zwei Jahrhunderte zurück. Der schon zu seiner Zeit berühmte Agrarwissenschaftler [http://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_Daniel_Thaer Albrecht Thaer] sah den Boden schwerpunktmäßig aus chemischer und wirtschaftlicher Sicht, im Sinne der aufstrebenden Wissenschaften seiner Zeit. Verstärkt wurde diese Tendenz durch die bahnbrechenden Forschungsergebnisse des Chemikers [http://de.wikipedia.org/wiki/Justus_von_Liebig Justus von Liebig], dem Erfinder der modernen Mineralstoffdüngung. Das Bodenleben im engeren Sinne, die Vielzahl und Bedeutung der Bakterien im Boden, waren überhaupt noch nicht entdeckt. Erst die Bakterienforscher [http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Virchow Virchow] Pasteur; Robert Koch etc. lenkten Ende des vergangenen Jahrhunderts den Blick auch auf das Bodenleben, welches mit zeitlicher Verzögerung starken Einfluss auf die Einschätzung des Bodens durch die sog. "biologisch" wirtschaftenden Landwirte gewann.
|}
 
 
 
{|with="100%"
|-
| style="vertical-align:top" |
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#336699; font-size:1px; height:8px; border-bottom: 1px groove #aaaaaa;"></div>
<div style="border: 1px groove #aaaaaa; background-color:#EEE9BF; align:center; padding:7px;">
<span style="font-family:palatino,serif; font-size:12pt;color:#000099;font-style:italic;">'''Der Boden aus der Sicht des Wissenschaft: Kommentar'''</span></div>
 
|-
 
 
|Sind die aufgelisteten wissenschaftlichen Bodendefinitionen ausreichend? Dazu einige Anmerkungen. Schauen wir knapp zwei Jahrhunderte zurück. Der schon zu seiner Zeit berühmte Agrarwissenschaftler [http://de.wikipedia.org/wiki/Albrecht_Daniel_Thaer Albrecht Thaer] sah den Boden schwerpunktmäßig aus chemischer und wirtschaftlicher Sicht, im Sinne der aufstrebenden Wissenschaften seiner Zeit. Verstärkt wurde diese Tendenz durch die bahnbrechenden Forschungsergebnisse des Chemikers [http://de.wikipedia.org/wiki/Justus_von_Liebig Justus von Liebig], dem Erfinder der modernen Mineralstoffdüngung. Das Bodenleben im engeren Sinne, die Vielzahl und Bedeutung der Bakterien im Boden, waren überhaupt noch nicht entdeckt. Erst die Bakterienforscher [http://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Virchow Virchow] Pasteur; Robert Koch etc. lenkten Ende des vergangenen Jahrhunderts den Blick auch auf das Bodenleben, welches mit zeitlicher Verzögerung starken Einfluss auf die Einschätzung des Bodens durch die sog. "biologisch" wirtschaftenden Landwirte gewann.
Eine anders geartete Einschätzung des Bodens als Wissenschaftsobjekt bringt das Aufkommen der Ökologiebewegung am Ende des 20. Jahrhunderts. Nicht mehr der silikatische Stoff, angereichert mit Humus und Bodenorganismen, erklärt den Boden. Es erschließt sich dem Betrachter der Boden als eigenständiger Organismus in seiner Vielfalt  und in seinen Abhängigkeiten. Eine einseitige fachwissenschaftliche Bodendefinition aus chemischer, biologischer oder bodenkundlicher Sicht reicht für Unterrichtzwecke nicht mehr aus. Mittelpunkt unserer Bodenbetrachtungen steht zunehmend der Boden in seiner Funktionalität und in der Gefährdung dieser Funktionalität. Mensch und Boden bedingen einander, der Mensch  darf ihn um seiner selbst willen den Boden nicht zerstören.
Eine anders geartete Einschätzung des Bodens als Wissenschaftsobjekt bringt das Aufkommen der Ökologiebewegung am Ende des 20. Jahrhunderts. Nicht mehr der silikatische Stoff, angereichert mit Humus und Bodenorganismen, erklärt den Boden. Es erschließt sich dem Betrachter der Boden als eigenständiger Organismus in seiner Vielfalt  und in seinen Abhängigkeiten. Eine einseitige fachwissenschaftliche Bodendefinition aus chemischer, biologischer oder bodenkundlicher Sicht reicht für Unterrichtzwecke nicht mehr aus. Mittelpunkt unserer Bodenbetrachtungen steht zunehmend der Boden in seiner Funktionalität und in der Gefährdung dieser Funktionalität. Mensch und Boden bedingen einander, der Mensch  darf ihn um seiner selbst willen den Boden nicht zerstören.
Dieser Ansatz hat hat seit den 80iger Jahren des 20. Jahrhunderts zu umfangreichen Bildungsbemühungen der Bundesländer und des Bundes in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Diese Bildungsbemühungen in Sachen Bodenpädagogik erfolgen europaweit und weltweit. In der [http://de.wikipedia.org/wiki/Agenda_21 '''Agenda 21'''] nimmt der "Boden" eine hervorragende Stellung ein. In der Bodenpädagogik ist der ursprüngliche handlungsorientierte Ansatz durch den Ansatz der "nachhaltigen Entwicklung" weiterentwickelt worden .Die Lehrer in allen Schulbereichen  verfügen heute über eine große Vielfalt an Unterrichtmaterialien, Kooperationsangeboten, Fortbildungsmöglichkeiten etc..
Dieser Ansatz hat hat seit den 80iger Jahren des 20. Jahrhunderts zu umfangreichen Bildungsbemühungen der Bundesländer und des Bundes in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Diese Bildungsbemühungen in Sachen Bodenpädagogik erfolgen europaweit und weltweit. In der [http://de.wikipedia.org/wiki/Agenda_21 '''Agenda 21'''] nimmt der "Boden" eine hervorragende Stellung ein. In der Bodenpädagogik ist der ursprüngliche handlungsorientierte Ansatz durch den Ansatz der "nachhaltigen Entwicklung" weiterentwickelt worden .Die Lehrer in allen Schulbereichen  verfügen heute über eine große Vielfalt an Unterrichtmaterialien, Kooperationsangeboten, Fortbildungsmöglichkeiten etc. - [[Benutzer:Cereale|Jens Myrau]]|Meinung}}
 
 
----
<h3>Weblinks</h3>
[http://wiki.zum.de/Wir_erforschen_den_Boden '''Dipl.Ing.agr. Jens Myrau "Wir erforschen den Boden=''']
 
[http://www.ipn.uni-kiel.de/blk21-sh/umweltbildung.pdf '''Prof. Dr. Jürgen Rost Leibnitz Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften Kiel  "Bildung für eine nachhaltige Entwicklung"''']
 
 
<H3>Hypersoil, Universität Münster</H3>
{{Schrift_grün|Hinsichtlich der Anforderung, die "Bildung für nachhaltige Entwicklung" in die Schulbildung zu integrieren, sollte der Unterrichtsinhalt eine Relevanz für die Vermittlung des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung haben. Im Orientierungsrahmen zum Forschungsvorhaben "Erschließung von Unterrichtsinhalten und -methoden zum Thema "Nachhaltige Entwicklung" in der schulischen Bildung" werden folgende allgemeinen Kriterien identifiziert (HARENBERG 1998, S. 110 f.):
 
  • Ökologische Relevanz
(s. u.a. Agenda 21, "Gefährdung der Böden" und Ökologische Grundbildung ).
  • Curriculare Relevanz
(s. Richtlinien Sachunterricht - Grundschule)
  • Auseinandersetzung mit Schlüsselproblemen der modernen Welt
(s. Epochaltypische Schlüsselprobleme)
  • Situationsorientierung hinsichtlich der Relevanz des Themas für die konkrete Erfahrungswelt und Lebenssituation der Schüler (s. Didaktische Relevanz)
 
Der Themenkomplex "Boden" erfüllt diese allgemeinen Orientierungskriterien in besonderer Weise und qualifiziert sich damit als inhaltlicher Schwerpunkt für das Programm "Bildung für nachhaltige Entwicklung" in den allgemeinbildenden Schulen.}}


==Weiterführende Literatur==


[http://hypersoil.uni-muenster.de/2/02/02.htm '''Bildung für nachhaltige Entwicklung:
*'''DIETRICH, A. (1925)''': Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion. 3. Auflage. Leipzig: B.G. Teubner.
Thema Boden''']
[http://hypersoil.uni-muenster.de/2/02.htm '''Didaktische Relevanz des Themenfeldes "Boden"''']


*'''EHMER, M.K. (1994)''': Göttin Erde. Kult und Mythos der Mutter Erde. Berlin: Zerling.


----
*'''MARQUARDT-MAU, B. '''(1988): Mutter Erde. In: Schächter, M. (Hrsg.): Mittendrin – die Erde hat kein dickes Fell. Berlin: Mann-Verlag, S.85- 95.


==Weblinks==


* [http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/01.htm Das Lied der Erde]
* [http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/02.htm Mutter Erde in der Altsteinzeit]
* [http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/05.htm Agrikultura in der römischen Antike]
* [http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/06.htm Mutter Erde in der Indianerkultur und -religion Nordamerikas]
* [http://hypersoil.uni-muenster.de/0/02/01/06/07.htm Pachamama in der Indianerkultur und -religion Südamerikas]


== Siehe auch ==


* [[Wir erforschen den Boden|Dipl.Ing.agr. Jens Myrau „Wir erforschen den Boden“]]


|}
{{Bodenhistorie}}

Aktuelle Version vom 28. November 2021, 14:11 Uhr

Bodenmythen und Erdriten

Mythen und Riten sind die ältesten Zeugnisse der Verbundenheit des Menschen mit dem Erdboden. Wir kennen nur selten ihren Ursprung und ihre Deutung ist oft nur unter Vorbehalt möglich.

Die Erde ist weiblich

Fast in allen Sprachen wird die Erde als weiblich und im Gegensatz zu dem sie umfassenden Himmel als die Gebärende und die Fruchtbringende auf gefasst. Gegenüber den männlichen Gottheiten blieb sie eher im geheimnisvollen Dunkel. Einige Beispiele sollen die Bedeutung der Mutter Erde in der Mythologie aufzeigen.

Bei den Comantschen—Indianern ist die Erde ihre eigene Mutter, der Große Geist ihr Vater. General Harrison rief einst den Häuptling der Shawnees, Tecumseh, zu einer Unterredung: "Komm her, Tecumseh, und setze Dich zu Deinem Vater! Daraufhin der Häuptling: "Bist Du mein Vater? Nein, die Sonne dort (nach ihr hinweisend) ist mein Vater und die Erde ist meine Mutter; ich will an ihrem Busen ruhen."

Zahlreiche Kulturvölker verehrten (und verehren) Gottheiten des fruchtbaren Bodens, darunter die Inder, die auch heute noch auf dem Lande die Mutter Erde verehren oder die Inkas, die ihrer Pacha—Mama, der Erdmutter, huldigen.

Erde und Geburt

In Skandinavien ist es Sitte gewesen, ein neugeborenes Kind auf die Erde zu legen. In Schlesien soll im 19. Jahrhundert die gleiche Sitte üblich gewesen sein. In der Schweiz (einige Ortschaften) beschmierte man das neugeborene Kind an Händen und Füssen mit Blut und legte es bis zur Entfernung der Nachgeburt auf die Erde unter den Tisch. In Griechenland wurde das Neugeborene um den Herd oder den Ofen getragen und dann unter den Tisch auf die Erde gelegt.

Eine Deutung besagt, dass durch diesen Ritus die Verbundenheit mit der göttlichen Erde symbolisiert werden sollte. über den Kontakt mit dem Erdboden erbaten die Eltern des Kindes den Schutz durch die innewohnende Gottheit.

In Deutschland soll es üblich gewesen sein, Neugeborenen, die krank und schwächlich waren, einen Erdnamen zu geben. Beispiele für diese Sitte sind die Vornamen "Erdmann", "Erdwin" und "Erdmut".

Leben und Tod

Von den Huronen-Indianern wird berichtet, dass sie gestorbene Kinder, die noch nicht zwei Jahre alt waren, nicht auf dem gemeinsamen Friedhof, sondern am Wegesrand begruben. Sie glaubten, dass es zwei Arten von Seelen gibt: Die eine geht gleich nach dem Tod des Menschen zum Totenland gen Westen, während die andere beim Körper bleibt, bis eine Frau des Weges kommt, welche die kleine Seele in sich aufnimmt und der Mensch wiedergeboren wird.

Viele Völker kennen die Sitte, Erwachsene zu verbrennen, wohingegen Kinder begraben werden, weil die Erde die Wiedergeburt ermöglicht.

In Thüringen wurde auf den Sterbenden eine Handvoll Erde gelegt. Dem liegt wohl die Auffassung von einem Aufenthalt der Toten unter der Erde zugrunde. Damit die menschliche Seele ohne Verzögerung in das Totenreich unter der Erde eingehen kann, muss der Mensch auf dem Erdboden sterben, oder er wird symbolisch mit Erde in Verbindung gebracht.

Tod und Teufel

Es gibt in der Historie Hinweise auf grausame Rituale. In einer spät mittelalterlichen Chronik wird von einem Mann berichtet, dessen Tochter angeblich die Hexenkunst erlernt hatte. Der Mann wünschte seine Tochter zu heilen und fragte den Pfarrer um Rat. Dieser riet dem Mann, "dass er ein Grab graben solle, in dem das Mädchen niedergesetzt werden sollte, und dann sollte Erde darauf geworfen werden. Außerdem sollte man über sie pflügen, säen und eggen, und wenn sie wieder aufgenommen würde, sollte es ihr geholfen haben". Durch das Martyrium sollte der Mensch in den Schoß der Erde zurückkehren, indem er begraben und über ihm gesät wurde.

Im Orient soll es geschehen sein, dass in Notzeiten neugeborene Mädchen lebendig begraben wurden, weil die Bewohner zu verhungern drohten und Nahrung gespart werden sollte, vor allem aber, um die Erde, die nicht genug Nahrung lieferte, durch ein Menschenopfer zu besänftigen. Dafür, dass dieses tatsächlich so geschehen ist, sprechen andere Überlieferungen. In der Literatur wird häufiger berichtet, dass im historischen China neugeborene Mädchen geopfert wurden, während Jungen am Leben blieben, weil sie als Altersfürsorge für die Eltern angesehen wurden und in weiten Teilen der Dritten Welt heute auch noch angesehen werden.

Der Boden aus der Sicht der Wissenschaft

Definitionen

1.

Land als Basis der Vegetation wird Boden genannt.
R.Kirwan 1794

2.

Boden ist nichts anderes als zerstörtes altes Gestein auf der Wanderung begriffen zur Bildung neuen Gesteins.
A. Baumgart, 1876

Wassili Wassiljewitsch Dokutschajew (Undatierte Portraitaufnahme)

3.

Böden sind oberflächlich liegende mineralisch organische Bildungen, die immer mehr oder weniger deutlich vom Humus gefärbt sind; diese Körper haben immer ihre eigene Entstehung. Sie erscheinen immer und überall als Resultat der gemeinsamen Tätigkeit des Naturrgesteins, lebender und abgestorbener Organismen ...
Dokucajev, 1881

4.

Der Boden ist wie jeder andere Organismus ein völlig selbständiger naturhistorischer Körper, der seine eigene Herkunft (Genese), seine eigenen Eigenschaften und seine streng bestimmte geographische Lage hat....
Dokucajev, 1899

5.

Der Boden ist die oberste Verwitterungsschicht der obersten Erdrinde.
Ramann, 1905

Eilhard Alfred Mitscherlich (1950)

6.

Boden ist ein Gemenge von mehr oder minder kleinen festen Teilchen, Wasser und Luft, welche, versehen mit den erforderlichen Pflanzennährstoffen, als Träger einer Vegetation dienen kann.
Mitscherlich, 1905

7.

Der Boden ist ein grob- und koloiddisperses System.
G. Wiegner, 1918

8.

Der Boden ist das klimabedingte pedo- und biogene Umwandlungsprodukt der äußersten festen Erdrinde.
H. Pallmann, 1942

9.

Die Bodenfruchtbarkeit (B) ist eine Funktion (f) folgender Faktoren:

a) Humus
c) Grad der Basensättigung
d) Unterbodenzugänglichkeit


Johannes Köhnlein, 1955

10.

Der Boden: Er ist Wurzelraum und Nährstoffreservoir für alle unsere Nutz- und Wildpflanzen. Von seiner Substanz lebt jede land- und forstwirtschaftliche Produktion. Er stellt Schutzschicht und natürlichen Filter für unser Trink- und Grundwasser dar. Vor allem aber bildet er Lebensraum für eine unglaubliche Vielzahl kleiner und kleinster Organismen, die für den Stoffkreislauf auf unserer Erde unentbehrlich sind ...
U: Haider, 1980

Bodendefinitionen am Ende des 20. Jahrhunderts

Boden ist das mit Wasser, Luft und Lebewesen durchsetzte, unter dem Einfluss der Umweltfaktoren an der Erdoberfläche entstandene und im Ablauf der Zeit sich weiterentwickelnde Umwand-lungsprodukt mineralischer und organischer Substanzen mit eigener morphologischer Organisation, das in der Lage ist, höheren Pflanzen als Standort zu dienen und die Lebensgrundlage für Tiere und Menschen bildet. Als Raum-Zeit-Struktur ist der Boden ein vierdimensionales System."
D. Schroeder: Bodenkunde in Stichworten, 1992, S.9


Böden sind die belebte oberste Erdkruste des Festlandes.
Scheffer/ Schachtschabel: Lehrbuch der Bodenkunde - 15.Auflage, 2002, S. 1


Böden sind komplexe, physikalische, chemische und biologische Systeme, die unter dem Einfluss von Witterung, Bodenorganismen und Vegetation, vor allem aber unter der Hand des wirtschaftenden Menschen ständigen Veränderungen unterworfen sind. Temperatur und Niederschläge als zentrale Klimafaktoren und die Eigenschaften der Böden stehen in Wechselbeziehung zueinander (Regelungsfunktion der Böden) und bestimmen gemeinsam die Vegetation und damit die land- und forstwirtschaftliche Tragfähigkeit der Böden (Nutzungsfunktion) und die Vielfalt der Biosphäre (Lebensraumfunktion).
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen: Welt im Wandel: die Gefährdung der Böden. 1994, S. 41


Boden ist Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen und kann in vielerlei Hinsicht als Grundlage individuellen wie kollektiven menschlichen Handelns sowie sozialer und gesellschaftlicher Organisation angesehen werden. Da praktisch jede menschliche Tätigkeit Boden beansprucht, ist jeder Mensch in irgendeiner Weise auch „Bodenakteur“. Aus der Sicht des Individuums kommen dem Boden grundlegende Funktionen zu. Er ist unverzichtbare Grundlage der Ernährung, Grundlage für die Einrichtung von Wohn-, Arbeits- und Freizeitstätten, Grundlage für Bedürfnisse nach Kontrolle über Raum und Besitz.
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen: Welt im Wandel: die Gefährdung der Böden. 1994, S. 7


Boden (Pedosphäre) ist der von pflanzlichem und tierischem Leben erfüllte obere Teil der Erdkruste, der auf dem Ausgangsgestein der Erdkruste (Lithosphäre) liegt. Die Grenze zwischen Boden und Gestein ist meist unscharf.
P. Busch/ D. Marquardt: Grundriss Allgemeine Geographie, Teil II: Geologische und bodenkundliche Grundlagen, 1984, S. 22

Kommentar

Meinung

Sind die aufgelisteten wissenschaftlichen Bodendefinitionen ausreichend? Dazu einige Anmerkungen. Schauen wir knapp zwei Jahrhunderte zurück. Der schon zu seiner Zeit berühmte Agrarwissenschaftler Albrecht Thaer sah den Boden schwerpunktmäßig aus chemischer und wirtschaftlicher Sicht, im Sinne der aufstrebenden Wissenschaften seiner Zeit. Verstärkt wurde diese Tendenz durch die bahnbrechenden Forschungsergebnisse des Chemikers Justus von Liebig, dem Erfinder der modernen Mineralstoffdüngung. Das Bodenleben im engeren Sinne, die Vielzahl und Bedeutung der Bakterien im Boden, waren überhaupt noch nicht entdeckt. Erst die Bakterienforscher Virchow Pasteur; Robert Koch etc. lenkten Ende des vergangenen Jahrhunderts den Blick auch auf das Bodenleben, welches mit zeitlicher Verzögerung starken Einfluss auf die Einschätzung des Bodens durch die sog. "biologisch" wirtschaftenden Landwirte gewann. Eine anders geartete Einschätzung des Bodens als Wissenschaftsobjekt bringt das Aufkommen der Ökologiebewegung am Ende des 20. Jahrhunderts. Nicht mehr der silikatische Stoff, angereichert mit Humus und Bodenorganismen, erklärt den Boden. Es erschließt sich dem Betrachter der Boden als eigenständiger Organismus in seiner Vielfalt und in seinen Abhängigkeiten. Eine einseitige fachwissenschaftliche Bodendefinition aus chemischer, biologischer oder bodenkundlicher Sicht reicht für Unterrichtzwecke nicht mehr aus. Mittelpunkt unserer Bodenbetrachtungen steht zunehmend der Boden in seiner Funktionalität und in der Gefährdung dieser Funktionalität. Mensch und Boden bedingen einander, der Mensch darf ihn um seiner selbst willen den Boden nicht zerstören.

Dieser Ansatz hat hat seit den 80iger Jahren des 20. Jahrhunderts zu umfangreichen Bildungsbemühungen der Bundesländer und des Bundes in der Bundesrepublik Deutschland geführt. Diese Bildungsbemühungen in Sachen Bodenpädagogik erfolgen europaweit und weltweit. In der Agenda 21 nimmt der "Boden" eine hervorragende Stellung ein. In der Bodenpädagogik ist der ursprüngliche handlungsorientierte Ansatz durch den Ansatz der "nachhaltigen Entwicklung" weiterentwickelt worden .Die Lehrer in allen Schulbereichen verfügen heute über eine große Vielfalt an Unterrichtmaterialien, Kooperationsangeboten, Fortbildungsmöglichkeiten etc. - Jens Myrau

Weiterführende Literatur

  • DIETRICH, A. (1925): Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion. 3. Auflage. Leipzig: B.G. Teubner.
  • EHMER, M.K. (1994): Göttin Erde. Kult und Mythos der Mutter Erde. Berlin: Zerling.
  • MARQUARDT-MAU, B. (1988): Mutter Erde. In: Schächter, M. (Hrsg.): Mittendrin – die Erde hat kein dickes Fell. Berlin: Mann-Verlag, S.85- 95.

Weblinks

Siehe auch