Landleben im Mittelalter/Siedlungs- und Flurtypen

Aus ZUM-Unterrichten

Zur Entstehung von Siedlungs- und Flurformen in Mitteleuropa

Aufgabe

Im Bayerischen Wald: Wie und wann entstand dieses Dorf?

Zur Entstehung der Dorfstruktur

Die Dorfstruktur entstand im Mittelalter durch die Landvergabe des Großherren an mehrere Bauern.

Die Bauern teilten das Land

  • in eine Allmende (Gemeinschaftsplatz, der allen gehört) und
  • in Privatbesitz. (Dieser wurden hinter den um die zentrale Allmende gebauten Höfen angeordnet.)

Nicht jeder Bauer bekam gleich gutes Land. Bald gab es deshalb reiche und ärmere Bauern, was an den unterschiedlich großen Höfen zu sehen ist.

zentrale Begriffe

Die Agrargesellschaft mit ihren sozialen und organisatorischen Abhängigkeiten bestimmt

  1. das Bodennutzungssystem
    die Art, wie der Boden bebaut, behandelt, genutzt und aufgeteilt wird.
    Grundsätze der Bodennutzung folgern aus Naturanpassung, Lebensgewohnheiten und Marktnähe.
    Typische Bodennutzungssysteme sind heute
    1. Weideflächenwechselsysteme
    2. Flächenwechselsysteme
    3. Dauernutzungssysteme
    4. Nutzungswechselsysteme
  2. die Flurform,
    meint die Anordnung der Äcker, richtet sich stark nach deren Beschaffenheit, denn die Formen der Bodenbewirtschaftung bestimmen auch die Flurformen:
    1. Individualwirtschaft z.B. der eigenverantwortliche Einzelbauer,
    2. Zelgenwirtschaft, z.B. Flurzwang in der mittelalterlichen Dreifelderwirtschaft oder Kollektivwirtschaft wie Kolchose ( ehem. SU), LPG (ehem. DDR) oder Kibbuz (Israel)
  3. die Siedlungsform,
    die die Art der Anordnung der Gebäude an und umeinander beschreibt.

z.B.: Dreifelderwirtschaft im Mittelalter

Bodennutzungssystem (Charakteristika: Zelgen mit Flurzwang in Gewannen)

Flur und Gemarkung, Flurtypen

Gemarkung ist die gesamte Wirtschaftsfläche einer Siedlungsgemeinschaft. Sie gliedert sich in …

  • Flur, das ist der individuell genutzte Raum, z.B. Garten, Acker, Wald
  • Allmende, das ist die gemeinschaftlich genutze Fläche, z.B. Wald, Weide, Waldweide, Dorfanger

Das Territorium einer ländlichen Siedlung

Die Ringe von außen nach innen:

  • Allmende, in Randlage (oft hängig oder moorig)
  • Flur
  • Gärten (privat)
  • Siedlung (z.T. mit einem Dorfanger als Allmendfläche)

Aus: Lienau, Ländl. Siedlungen, S. 70

Flurtypen

Die Art der Parzellierung einer Flur legt die Begriffe aus der Flurformenlehre fest:

  • Größe und Lage
  • Umrissgestalt
  • Nutzungsart
  • Besitzzugehörigkeit

Flurtypen (oder Flurformen) entstehen in Abhängigkeit

  • von der Besitznahme (Initiative, Rechte),
  • von sozialer Abhängigkeit der Bewirtschafter,
  • vom Erbrecht der Besitzer.

Flurformenbeispiele

  • Block- oder Streifenflur, hier ist die Form ausschlaggebend
  • Einödflur oder Gemengeflur, hier sind die Besitz- und Nutzungsrechte im Vordergrund der Überlegung
  • Hufen- oder Gewannflur weist auf die Art der Landvergabe hin

Blockflur

Kleinblockeinödflur

Einödflur

Kleinblockeinödflur

Streifenflur

Streifeneinödflur

Hufenflur

Maschhufenflur

Gemengflur

Kleinblockgemengflur

Gewannflur

Gewannflur

Aufgabe
Betrachte die Satellitenbilder und überlege, um welche Flurform es sich handelt.
Kalkriese, Osnabrücker Land
Ob hier in der Mitte die Varusschlacht wirklich stattgefunden hat? Kalkriese hat dazu ein eigenes Museum. Was sagt die Flurform über die Landschaft aus? RGB=(543) vom 20.10.1999 (Ackerflächen rot bis lila oder braun)
Rhön (Hessen)
Wo verläuft die ehemalige Grenze zwischen BRD und DDR? Unterschiedliche Bodennutzungssysteme zeigen sich in der Kulturlandschaft. RGB=(543) vom 11.09.1999 (Ackerflächen sind rot bis lila)
Donaumoos (Bayern)
Unterschiedliche Boden- und Grundwasserverhältnisse werden in diesem Bild der Donauniederung bei Ingolstadt sichtbar. RGB=(543) vom 13.09.1999 (Ackerflächen sind rot bis lila)



Exkurs: Eine Flurformen-Studie der NASA

Agricultural Land Use

Around the world, agricultural practices have developed as a function of topography, soil type, crop type, annual rainfall, and tradition. In this montage of six ASTER sub-images, the differences are graphically illustrated by the variation in field geometry and size.
Each ASTER sub-image covers an area of 10.5 x 12 km.
NASA/GSFC/METI/ERSDAC/JAROS, and U.S./Japan ASTER Science Team

In Minnesota reflektiert das regelmäßige Schachbrettmuster die Vermessung im 19. Jh.; die Mechanisierung bestimmt die Größe der Felder.
In der Nähe von Santa Cruz, Bolivia, das radiale Muster der Felder ist Teil der Besiedlung; im Mittelpunkt stehen kleine Dorfgemeinschaften.
In Kansas, center pivot irrigation is responsible for the field pattern.
Bangkok, Thailand: Reisfelder, die durch jahrhundertealte Kanäle mit Wasser versorgt werden, erscheinen als kleine rechteckige Felder.
Die kleinteiligen und unregelmäßig geformten Muster der Felder in Nordwest-Deutschland sind ein Überbleibsel des Mittelalters.
Cerrado, Brasilien, billiges Land und die ebene Landschaft ermöglichen große Felder

Siedlungstypen

Punktuelle Siedlungen:

  • Einzelsiedlung
  • Weiler

Größere Siedlungen:

  • Siedlungen mit flächigem Grundriß Drubbel, Haufendorf
  • Linearsiedlungen (planmäßig) Straßendorf, Reihendorf, Wald-, Moor-Hufendorf
  • Platzsiedlungen (planmäßig) Angerdorf, Fortadorf, Rundling

Mehr dazu ist zu finden über Google.de mit Stichwort "Dorf" und "Wiki"

Flächenbetonte Siedlungen: Drubbel

Lineare Siedlungsform: Straßendorf

Platzsiedlungen: Rundling

Fortadorf

Platzsiedlung: Angerdorf im Orthofoto

Ein Angerdorf bei Weißenburg Ein Orthofoto vom Bayernviewer des BLVA http://www.geodaten.bayern.de/bayernviewer/index2.html Heutige Siedlungsformen

Sonder-Signaturen für Rundlinge, Angerdörfer und Wurten!

Entstehung von Siedlungs- und Flurformen in Mitteleuropa
Legende zu den Siedlungsformen
1 Einzelhöfe
2 Weiler
3 Einzelhöfe+Weiler
4 Weiler+Haufendörfer
5 Hufensiedlungen
6 Platz- + Straßendörfer
7 Rundlinge (dominant)
8 Angerdörfer (domin.)
9 Fortadorf (dominant)
10 Straßendorf (domin.)
11 ungeklärt
12 temporär besiedelt
13 Reihensiedlung
14 Angerdörfer
15 Fortadörfer
16 Straßendörfer
17 Rundplatzdörfer
18 Wurtendörfer




Weblinks