Fabeln der Aufklärung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus ZUM-Unterrichten
(- references)
Markierung: 2017-Quelltext-Bearbeitung
 
(34 dazwischenliegende Versionen von 3 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
== Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809) ==
== Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809) ==
===Der Affe und der Löwe - Der Affe am  Hofe===
<div class="grid" style="font-family: times, serif; font-size:1.2em: line-height:1.2em;">
<div class="width-1-2“>
'''Der Affe und der Löwe''' <ref>Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer.  Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 68</ref>
<pre>  Der Löwe brach ein Bein. Man rief
  Den Doktor Fuchs ihn zu kurieren,
  Doch alles drehen, schindeln, schmieren
  Half nichts; das Bein blieb lahm und schief.
5  Um dem Monarchen zu hofieren,
  Erschien sein erster Hofpoet,
  Ein Affe, der gar schlau sich dünkte,
  Einst in der Residenz, und hinkte
  So arg als seine Majestät.


=== Der Affe und der Löwe<ref>Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer.  Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 68</ref> ===
10 Wie? Sprach der Fürst ergrimmt zum Gecken
  Ich glaube gar, du willst mich necken.
  Ich? Lallte Matz, behüt uns Gott!
  Mich treibt die schönste meiner Pflichten,
  Als treuer Knecht, als Patriot,
15 Nach deinem Vorbild mich zu richten.
  Geh, Schelm, fiel ihm der König ein,
  Statt meinen Fehler nachzuahmen,
  So hink in deinem eignen Namen.
  Er sprachs, und brach ihm knacks ein Bein.


<poem>  
20 Die Lehre könnte sanfter sein,
Der Löwe brach ein Bein. Man rief
  Doch wäre sie den Herrn mit Orden
Den Doktor Fuchs ihn zu kurieren,
  Und Schlüsseln heilsam, wie mich dünkt.
Doch alles drehen, schindeln, schmieren
  Wer heut mit seinem Fürsten hinkt,
Half nichts; das Bein blieb lahm und schief.
  Wird morgen ihm zu Ehren morden.</pre>
Um dem Monarchen zu hofieren,
<br>
Erschien sein erster Hofpoet,
</div>
Ein Affe, der gar schlau sich dünkte,
<div class="width-1-2">
Einst in der Residenz, und hinkte
'''Der Affe am Hofe''' <ref>Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer.  Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 83 f</ref>
So arg als seine Majestät.
<pre>  Ein Affe machte so viel Streiche
Wie? Sprach der Fürst ergrimmt zum Gecken
  So manche feine Schelmerei;
Ich glaube gar, du willst mich necken.
  Daß in dem ganzen Königreiche
Ich? Lallte Matz, behüt uns Gott!
  Sein Ruhm erscholl und selbst der Leu,
Mich treib die schönste meiner Pflichten,
5  Ein Freund der Künste, zween Emiren
Als treuer Knecht, als Patriot,
  Befahl, ihn auf die Burg zu führen.
Nach deinem Vorbild mich zu richten.
 
Geh, Schelm, fiel ihm der König ein,
  Der Großherr wollte fast zerplatzen,
Statt meinen Fehler nachzuahmen,
  Als unser Gaukler vor ihn trat;
So hink in deinem eignen Namen.
  Durch tausend Schwänke, tausend Fratzen
Er sprachs, und brach ihm knacks ein Bein.
10 Erhielt er gleich den Rang als Rat;
Die Lehre könnte sanfter sein,
  Und bald hernach durch Brief und Siegel
Doch wäre sie den Herrn mit Orden
  Den Titel: Ritter Eulenspiegel.
Und Schlüsseln heilsam, wie mich dünkt.
 
Wer heut mit seinem Fürsten hinkt,
  Im Anfang trafen seine Possen
Wird morgen ihm zu Ehren morden.</poem>
  Den Schöps, den Esel und das Rind,
15 Ein Kleeblatt, dem des Spötters Glossen
  Von Alters her gewidmet sind.
  Allein sie schwiegen, oder machten
  Gar Choro mit, wenn andre lachten.
 
  Der Beifall, der ihn warnen sollte,
20 Des Königs Gunst, berauschten ihn,
  Indem er mehr noch glänzen wollte
  Vergaß sich unser Harlekin,
  Und übte seine Neckereien
  Am Tiger, Wolf und andern Beien.


=== Der Affe am Hofe<ref>Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer.  Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 83 f</ref> ===
25 Nach einer Zeit von sieben Tagen
  War Meister Affe so beherzt,
  Sich and den Leuen selbst zu wagen,
  Und nun war seine Gunst verscherzt.
  Die Majestät, anstatt zu lachen,
30 befahl ihm den Prozeß zu machen.


<poem>Ein Affe machte so viel Streiche
  Bei Niedern, die dem Spotte weichen,
So manche feine Schelmerei;
  Ist er verblümte Tyrannei:
Daß in dem ganzen Königreiche
  Bei denen, die an Stand sich gleichen,
Sein Ruhm erscholl und selbst der Leu,
  Ist er ein Quell der Zänkerei:
Ein Freund der Künste, zween Emiren
35 Bei Großen ist er ein Verbrechen,
Befahl, ihn auf die Burg zu führen.
  Das sie mit ihren Blitzen rächen.</pre>
Der Großherr wollte fast zerplatzen,
</div>
Als unser Gaukler vor ihn trat;
</div>
Durch tausend Schwänke, tausend Fratzen
Erhielt er gleich den Rang als Rat;
Und bald hernach durch Brief und Siegel
Den Titel: Ritter Eulenspiegel.
Im Anfang trafen seine Possen
Den Schöps, den Esel und das Rind,
Ein Kleeblatt, dem des Spötters Glossen
Von Alters her gewidmet sind.
Allein sie schwiegen, oder machten
Gar Choro mit, wenn andre lachten.
Der Beifall, der ihn warnen sollte,
Des Königs Gunst, berauschten ihn,
Indem er mehr noch glänzen wollte
Vergaß sich unser Harlekin,
Und übte seine Neckereien
Am Tiger, Wolf und andern Beien.
Nach einer Zeit von sieben Tagen
War Meister Affe so beherzt,
Sich and den Leuen selbst zu wagen,
Und nun war seine Gunst verscherzt.
Die Majestät, anstatt zu lachen,
befahl ihm den Prozeß zu machen.
Bei Niedern, die dem Spotte weichen,
Ist er verblümte Tyrannei:
Bei denen, die an Stand sich gleichen,
Ist er ein Quell der Zänkerei:
Bei Großen ist er ein Verbrechen,
Das sie mit ihren Blitzen rächen.</poem>


=== Der Prinz und sein Hofmeister<ref>Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer.  Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 69</ref> ===
=== Der Prinz und sein Hofmeister<ref>Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer.  Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 69</ref> ===
<div class="grid">
<div class="width-1-2">
<pre> 
  Im kühlen Park saß Prinz Porphyr
  Mit seinem Mentor einst nach Tische
  Und gähnte recht nach Standsgebühr;
  Als aus dem duftenden Gebüsche
5  Das Lied der Nachtigall erscholl.
  Itzt wacht er auf. Entzückungsvoll
  beschleichet er die dunklen Hecken,
  Um hinterrücks das arme Tier
  Zu haschen und es einzustecken.
10 Es ist sultanische Manier
  Mit andrer Freiheit so zu spaßen,
  Doch diesmal mußte sich Porphyr
  Den Appetit vergehen lassen.</pre>
</div><div class="width-1-2">
<pre>  Sein erster Schritt verriet ihn schon
15 Und der geschreckte Vogel machte
  Mit schnellen Schwingen sich davon.
  Die Hoheit stampft und wandert sachte
  Dem Mentor zu. Der Mentor lachte;
  Beschämt fragt ihn der Königssohn,
20 Der wohl des Tags auch einmal dachte:
  Wie kömmt's, daß man in unserm Schloß
  Nicht eine Philomele findet;
  Indes ein ungeheurer Troß
  Von Spatzen uns die Ohren schindet?
25 Mein Prinz! Dies ist der Höfe Lauf,
  Versetzt der Mann; wie Fliegenschwärme
  Drängt sich das Heer der Toren auf:
  Doch das Verdienst lebt fern vom Lärme.
  Verscheucht und gleichsam auf der Flucht,
30 Nur der entdeckt es, der es sucht.</pre>
</div></div>


<poem>Im kühlen Park saß Prinz Porphyr
== Drei Fabeln zum Motiv „Tanzbär" ==
Mit seinem Mentor einst nach Tische
<div class="grid" style="font-family: times, serif; font-size:1.2em: line-height:1.2em;">
Und gähnte recht nach Standsgebühr;
<div class="width-1-2">
Als aus dem duftenden Gebüsche
'''Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769): Der Tanzbär'''<ref>Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 23 f</ref>
Das Lied der Nachtigall erscholl.
<pre>Ein Bär, der lange Zeit sein Brot ertanzen müssen,
Itzt wacht er auf. Entzückungsvoll
beschleichet er die dunklen Hecken,
Um hinterrücks das arme Tier
Zu haschen und es einzustecken.
Es ist sultanische Manier
Mit andrer Freiheit so zu spaßen,
Doch diesmal mußte sich Porphyr
Den Appetit vergehen lassen.
Sein erster Schritt veriet ihn schon
Und der geschreckte Vogel machte
Mit schnellen Schwingen sich davon.
Die Hoheit stampft und wandert sachte
Dem Mentor zu. Der Mentor lachte;
Beschämt fragt ihn der Königssohn,
Der wohl des Tags auch einmal dachte:
Wie kömmt's, daß man in unserm Schloß
Nicht eine Philomele findet;
Indes ein ungeheurer Troß
Von Spatzen uns die Ohren schindet?
Mein Prinz! Dies ist der Höfe Lauf,
Versetzt der Mann; wie Fliegenschwärme
Drängt sich das Heer der Toren auf:
Doch das Verdienst lebt fern vom Lärme.
Verscheucht und gleichsam auf der Flucht,
Nur der entdeckt es, der es sucht.
</poem>
 
== Drei Fabeln zum Motiv "Tanzbär" ==
 
=== Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769): Der Tanzbär<ref>Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 23 f</ref> ===
 
<poem>Ein Bär, der lange Zeit sein Brot ertanzen müssen,
Entrann und wählte sich den ersten Aufenthalt.
Entrann und wählte sich den ersten Aufenthalt.
Die Bären grüßten ihn mit brüderlichen Küssen
Die Bären grüßten ihn mit brüderlichen Küssen
Zeile 137: Zeile 150:
Doch traue nicht, bald folgt der Neid
Doch traue nicht, bald folgt der Neid
Und macht aus der Geschicklichkeit
Und macht aus der Geschicklichkeit
Ein unvergebliches Verbrechen.</poem>
Ein unvergebliches Verbrechen.</pre>
<br>
</div>
<div class="width-1-2">


=== Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781): Der Tanzbär<ref>Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 28</ref> ===
'''Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781): Der Tanzbär'''<ref>Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 28</ref>  


<poem>Ein Tanzbär war der Kett' entrissen,
<pre>
Ein Tanzbär war der Kett' entrissen,
Kam wieder in den Wald zurück,
Kam wieder in den Wald zurück,
Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück
Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück
Auf den gewohnten Hinterfüßen.
Auf den gewohnten Hinterfüßen.
"Seht", schrie er, "das ist Kunst; das lernt man in der Welt.
 
„Seht", schrie er, „das ist Kunst; das lernt man in der Welt.
Tut es mir nach, wenn's euch gefällt,
Tut es mir nach, wenn's euch gefällt,
Und wenn ihr könnt!" - "Geh", brummt ein alter Bär,
Und wenn ihr könnt!" - „Geh", brummt ein alter Bär,
"Dergleichen Kunst, sie sei so schwer,
„Dergleichen Kunst, sie sei so schwer,
Sie sei so rar sie sei,
Sie sei so rar sie sei,
Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei."
Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei."
Ein großer Hofmann sein,
Ein großer Hofmann sein,
Ein Mann, dem Schmeichelei und List
Ein Mann, dem Schmeichelei und List
Zeile 157: Zeile 176:
Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt,
Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt,
Ein solcher Mann, ein großer Hofmann sein,
Ein solcher Mann, ein großer Hofmann sein,
Schließt das Lob oder Tadel ein?
Schließt das Lob oder Tadel ein?</pre>
</poem>
</div></div>
 
<div class="grid" style="font-family: times, serif; font-size:1.2em: line-height:1.2em;">
=== Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809): Der Tanzbär<ref>Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 32 f</ref> ====
<div class="width-1-2">
 
'''Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809): Der Tanzbär'''<ref>Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 32 f</ref>
<poem>Ein Gauner an dem Weichselstrand,
<pre>
Ein Gauner an dem Weichselstrand,
Wo man nichts kennet als Despoten
Wo man nichts kennet als Despoten
Mit ehrnen Zeptern und Heloten
Mit ehrnen Zeptern und Heloten
Zeile 176: Zeile 196:
Da half kein Heulen, keine Träne.
Da half kein Heulen, keine Träne.
Noch mehr: er zwang den armen Wicht,
Noch mehr: er zwang den armen Wicht,
Mit aufgrecktem Kopf und Ranzen,
Mit aufgerecktem Kopf und Ranzen,
Er mochte wollen oder nicht,
Er mochte wollen oder nicht,
Nach seinem Dudelsack zu tanzen
Nach seinem Dudelsack zu tanzen
Zeile 189: Zeile 209:
bereits das dritte Jahr vorbei,
bereits das dritte Jahr vorbei,
Als einst, im Sturm der Schwelgerei,
Als einst, im Sturm der Schwelgerei,
Sein Herr vergaß, ihn anzuschließen.
Sein Herr vergaß, ihn anzuschließen.</pre>
</div>
<div class="width-1-2">
<pre>
Die Freiheit winkt; mit schnellen Füßen
Die Freiheit winkt; mit schnellen Füßen
verläßt er seine faule Streu
Verläßt er seine faule Streu
Und fliehet, vor den Finsternissen
Und fliehet, vor den Finsternissen
Der Nacht bedeckt, durch Busch und Moor
Der Nacht bedeckt, durch Busch und Moor
Zeile 200: Zeile 223:
An Hals und Schnauze sich befrein.
An Hals und Schnauze sich befrein.
Der Hetmann eilet voll Entzücken,
Der Hetmann eilet voll Entzücken,
Den Gast mit Eichelaub zu schmücken,
Den Gast mit Eichenlaub zu schmücken,
Und weihet ihn zum Bürger ein.
Und weihet ihn zum Bürger ein.
Kaum konnte Petz sein Glück ermessen,
Kaum konnte Petz sein Glück ermessen,
Zeile 219: Zeile 242:
Zerbrechen wird, und dann vermag
Zerbrechen wird, und dann vermag
Euch nichts vor seiner Wut zu retten.
Euch nichts vor seiner Wut zu retten.
</poem>
</pre></div></div>


== Quellen ==
{{Box|Zum Download|
<references/>
Diese drei Tanzbär-Fabeln auf einer Seite können [https://unterrichten.zum.de/images/5/55/Drei_Fabeln_Tanzbär.pdf '''HIER als PDF'''] heruntergeladen werden.
|Download}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
 
* [[Fabeln der Aufklärung: G.E. Lessing]]
* [[Aufklärung]]
* [[Aufklärung]]
* [[Fabeln]]
* [[Fabeln]]
[[Kategorie:Aufklärung]]
[[Kategorie:Aufklärung]]
[[Kategorie:Deutsch]]
[[Kategorie:Fabeln]]
[[Kategorie:Fabeln]]

Aktuelle Version vom 26. März 2023, 16:38 Uhr

Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809)

Der Affe und der Löwe - Der Affe am Hofe

Der Affe und der Löwe [1]

   Der Löwe brach ein Bein. Man rief
   Den Doktor Fuchs ihn zu kurieren,
   Doch alles drehen, schindeln, schmieren
   Half nichts; das Bein blieb lahm und schief.
5  Um dem Monarchen zu hofieren,
   Erschien sein erster Hofpoet,
   Ein Affe, der gar schlau sich dünkte,
   Einst in der Residenz, und hinkte
   So arg als seine Majestät.

10 Wie? Sprach der Fürst ergrimmt zum Gecken
   Ich glaube gar, du willst mich necken.
   Ich? Lallte Matz, behüt uns Gott!
   Mich treibt die schönste meiner Pflichten,
   Als treuer Knecht, als Patriot,
15 Nach deinem Vorbild mich zu richten.
   Geh, Schelm, fiel ihm der König ein,
   Statt meinen Fehler nachzuahmen,
   So hink in deinem eignen Namen.
   Er sprachs, und brach ihm knacks ein Bein.

20 Die Lehre könnte sanfter sein,
   Doch wäre sie den Herrn mit Orden
   Und Schlüsseln heilsam, wie mich dünkt.
   Wer heut mit seinem Fürsten hinkt,
   Wird morgen ihm zu Ehren morden.


Der Affe am Hofe [2]

   Ein Affe machte so viel Streiche
   So manche feine Schelmerei;
   Daß in dem ganzen Königreiche
   Sein Ruhm erscholl und selbst der Leu,
5  Ein Freund der Künste, zween Emiren
   Befahl, ihn auf die Burg zu führen.
  
   Der Großherr wollte fast zerplatzen,
   Als unser Gaukler vor ihn trat;
   Durch tausend Schwänke, tausend Fratzen
10 Erhielt er gleich den Rang als Rat;
   Und bald hernach durch Brief und Siegel
   Den Titel: Ritter Eulenspiegel.
  
   Im Anfang trafen seine Possen
   Den Schöps, den Esel und das Rind,
15 Ein Kleeblatt, dem des Spötters Glossen
   Von Alters her gewidmet sind.
   Allein sie schwiegen, oder machten
   Gar Choro mit, wenn andre lachten.
   
   Der Beifall, der ihn warnen sollte,
20 Des Königs Gunst, berauschten ihn,
   Indem er mehr noch glänzen wollte
   Vergaß sich unser Harlekin,
   Und übte seine Neckereien
   Am Tiger, Wolf und andern Beien.

25 Nach einer Zeit von sieben Tagen
   War Meister Affe so beherzt,
   Sich and den Leuen selbst zu wagen,
   Und nun war seine Gunst verscherzt.
   Die Majestät, anstatt zu lachen,
30 befahl ihm den Prozeß zu machen.

   Bei Niedern, die dem Spotte weichen,
   Ist er verblümte Tyrannei:
   Bei denen, die an Stand sich gleichen,
   Ist er ein Quell der Zänkerei:
35 Bei Großen ist er ein Verbrechen,
   Das sie mit ihren Blitzen rächen.

Der Prinz und sein Hofmeister[3]

   
   Im kühlen Park saß Prinz Porphyr
   Mit seinem Mentor einst nach Tische
   Und gähnte recht nach Standsgebühr;
   Als aus dem duftenden Gebüsche
5  Das Lied der Nachtigall erscholl.
   Itzt wacht er auf. Entzückungsvoll
   beschleichet er die dunklen Hecken,
   Um hinterrücks das arme Tier
   Zu haschen und es einzustecken.
10 Es ist sultanische Manier
   Mit andrer Freiheit so zu spaßen,
   Doch diesmal mußte sich Porphyr
   Den Appetit vergehen lassen.
   Sein erster Schritt verriet ihn schon
15 Und der geschreckte Vogel machte
   Mit schnellen Schwingen sich davon.
   Die Hoheit stampft und wandert sachte
   Dem Mentor zu. Der Mentor lachte;
   Beschämt fragt ihn der Königssohn,
20 Der wohl des Tags auch einmal dachte:
   Wie kömmt's, daß man in unserm Schloß
   Nicht eine Philomele findet;
   Indes ein ungeheurer Troß
   Von Spatzen uns die Ohren schindet?
25 Mein Prinz! Dies ist der Höfe Lauf,
   Versetzt der Mann; wie Fliegenschwärme
   Drängt sich das Heer der Toren auf:
   Doch das Verdienst lebt fern vom Lärme.
   Verscheucht und gleichsam auf der Flucht,
30 Nur der entdeckt es, der es sucht.

Drei Fabeln zum Motiv „Tanzbär"

Christian Fürchtegott Gellert (1715-1769): Der Tanzbär[4]

Ein Bär, der lange Zeit sein Brot ertanzen müssen,
Entrann und wählte sich den ersten Aufenthalt.
Die Bären grüßten ihn mit brüderlichen Küssen
Und brummten freudig durch den Wald,
Und wo ein Bär den andern sah,
So hieß es: "Petz ist wieder da!"
Der Bär erzählte drauf, was er in fremden Landen
Für Abenteuer ausgestanden,
Was er gesehn, gehört, getan.
Und fing, da er vom Tanzen red'te.
Als ging er noch an seiner Kette,
Auf polnisch schön zu tanzen an.
Die Brüder, die ihn tanzen sahn,
bewunderten die Wendung seiner Glieder,
Und gleich versuchten es die Brüder;
Allein anstatt, wie er, zu gehn,
So konnten sie kaum aufrecht stehn,
Und mancher fiel die Länge lang darnieder.
Um desto mehr ließ sich der Tänzer sehn;
Doch seine Kunst verdroß den ganzen Haufen.
"Fort", schrien alle, "fort mit dir!
Du Narr willst klüger sein als wir?"
Man zwang den Petz, davonzulaufen.
Sei nicht geschickt, man wird dich wenig hassen,
Weil dir dann jeder ähnlich ist;
Doch je geschickter du vor vielen andern bist,
Je mehr nimm dich in acht, dich prahlend sehn zu lassen.
Wahr ist's, man wird auf kurze Zeit
Von deinen Künsten rühmlich sprechen;
Doch traue nicht, bald folgt der Neid
Und macht aus der Geschicklichkeit
Ein unvergebliches Verbrechen.


Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781): Der Tanzbär[5]

Ein Tanzbär war der Kett' entrissen,
Kam wieder in den Wald zurück,
Und tanzte seiner Schar ein Meisterstück
Auf den gewohnten Hinterfüßen.

„Seht", schrie er, „das ist Kunst; das lernt man in der Welt.
Tut es mir nach, wenn's euch gefällt,
Und wenn ihr könnt!" - „Geh", brummt ein alter Bär,
„Dergleichen Kunst, sie sei so schwer,
Sie sei so rar sie sei,
Zeigt deinen niedern Geist und deine Sklaverei."

Ein großer Hofmann sein,
Ein Mann, dem Schmeichelei und List
Statt Witz und Tugend ist;
Der durch Kabalen steigt, des Fürsten Gunst erstiehlt,
Mit Wort und Schwur als Komplimenten spielt,
Ein solcher Mann, ein großer Hofmann sein,
Schließt das Lob oder Tadel ein?

Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809): Der Tanzbär[6]

Ein Gauner an dem Weichselstrand,
Wo man nichts kennet als Despoten
Mit ehrnen Zeptern und Heloten
In Lumpen, zog mit kecker Hand
Ein Bärchen aus der Mutter Pfoten,
Die durch ihn fiel. Der Sieger hing
Flugs einen Korb dem armen Waisen
Ums rauhe Kinn; ein dichter Ring
Mit einem Gängelband aus Eisen
Würgt ihm den Hals, und überdies
Stumpft er, um sich vor seinem Biß
Zu schützen, ihm die jungen Zähne.
Da half kein Heulen, keine Träne.
Noch mehr: er zwang den armen Wicht,
Mit aufgerecktem Kopf und Ranzen,
Er mochte wollen oder nicht,
Nach seinem Dudelsack zu tanzen
Und seinen Affen Favorit,
Der, taub gleich ihm, bei Petzens Klagen,
Wenn dieser seufzte, Fratzen schnitt,
Als Reitpferd durch die Welt zu tragen.
Wenn ihn der Unmut überwand,
So büßten seinen Widerstand
Bald seine Knochen, bald sein Magen.
So strich ihm unter tausend Plagen
bereits das dritte Jahr vorbei,
Als einst, im Sturm der Schwelgerei,
Sein Herr vergaß, ihn anzuschließen.
Die Freiheit winkt; mit schnellen Füßen
Verläßt er seine faule Streu
Und fliehet, vor den Finsternissen
Der Nacht bedeckt, durch Busch und Moor
Ins nahe Holz. Mit frohen Küssen
Empfängt ihn seiner Brüder Chor.
Der eine reicht ihm leckre Speisen,
Der andre hilft ihm, vor dem Eisen
An Hals und Schnauze sich befrein.
Der Hetmann eilet voll Entzücken,
Den Gast mit Eichenlaub zu schmücken,
Und weihet ihn zum Bürger ein.
Kaum konnte Petz sein Glück ermessen,
Doch lernt er eher Honig fressen
Und nur sich selbst gehorsam sein
Als seines Henkers Wut vergessen.
Einst sah er ihn den dunklen Hain
Durchwandeln; gleich dem Höllendrachen
Stürzt er mit aufgesperrtem Rachen
Sich über ihn. "Ha, Wüterich!"
Brüllt er. "Nun kommt der Tanz an dich."
Jetzt packt er ihn mit seinen Tatzen
Und presset ihn mit wilder Lust
So fest an seine Felsenbrust,
Daß alle Rippen ihm zerplatzen.
Ihr Zwingherrn, bebt! Es kömmt ein Tag,
An dem der Sklave seine Ketten
Zerbrechen wird, und dann vermag
Euch nichts vor seiner Wut zu retten.

Zum Download

Diese drei Tanzbär-Fabeln auf einer Seite können HIER als PDF heruntergeladen werden.

Siehe auch

  1. Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer. Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 68
  2. Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer. Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 83 f
  3. Gottlieb Konrad Pfeffel, Biographie eines Pudels und andere Satiren. Auswahl, Anmerkungen und Nachwort von Walter Ernst Schäfer. Badische Buchreihe, herausgegeben von der Badischen Bibliotheksgesellschaft e.V. Karlsruhe, Band 2, 1987, Verlag Langewiesche-Brandt KG, ISBN 3-7846-0134-0, S. 69
  4. Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 23 f
  5. Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 28
  6. Fabeln. Für die Sekundarstufe herausgegeben von Therese Poser, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1975, Universal-Bibliothek Nr. 9519 (Reihe Arbeitstexte für den Unterricht), ISBN 978-3-15-009519-5, S. 32 f