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{{Dieser Artikel|befasst sich mit dem literarischen Begriff Parabel. Für den gleichen Begriff in der Mathematik siehe [[Quadratische Funktion]].}}
==Basiswissen==
'parabole' - (griech. Gleichnis) ein lehrhaftes literarisches Werk oder Teil eines Werkes, das durch ein Gleichnis Erkenntnis zu vermitteln sucht. Der Leser oder Zuhörer muss von dem in der Parabel gestalteten Besonderen auf das Allgemeine schließen.
'parabole' - (griech. Gleichnis) ein lehrhaftes literarisches Werk oder Teil eines Werkes, das durch ein Gleichnis Erkenntnis zu vermitteln sucht. Der Leser oder Zuhörer muss von dem in der Parabel gestalteten Besonderen auf das Allgemeine schließen.


{{Zitat|
{{Box|Parabel|
Erzählung, die explizit oder implizit auf eine vom Wortlaut des Textes unterschiedene Bedeutung verweist. Im Unterschied zur [[Fabel]] arbeitet die P. ohne Anthropomorphisierungen (z. B. sprechende Tiere oder Bäume). Die [[Rhetorik]] rechnet die P. zu den erdichteten Beispielerzählungen, die in die Rede eingefügt werden, um die [[Argumentation]] publikumswirksam zu verstärken.  
:Erzählung, die explizit oder implizit auf eine vom Wortlaut des Textes unterschiedene Bedeutung verweist. Im Unterschied zur [[Fabeln|Fabel]] arbeitet die P. ohne Anthropomorphisierungen (z. B. sprechende Tiere oder Bäume). Die [[Rhetorik]] rechnet die P. zu den erdichteten Beispielerzählungen, die in die Rede eingefügt werden, um die Argumentation publikumswirksam zu verstärken.  
:Beispiele für diese rhetorische Verwendung sind u. a. die Geschichte des Menenius Agrippa vom Magen und den Gliedern (Livius), Fiescos Erzählung vom Tierreich (Schiller, Fiesco, II, 8), Nathans Ringparabel (Lessing, Nathan der Weise, III, 7). Neben der Rhetorik bietet die Bibel im AT und NT den zweiten wichtigen Ausgangspunkt für die Parabeldichtung (z. B. ›Gleichnis vom verlorenen Sohn‹, Lukas 15,11 ff.).
:Volker Meid Sachwörterbuch zur Deutschen Literatur, Reclam|Zitat}}


Beispiele für diese rhetorische Verwendung sind u. a. die Geschichte des Menenius Agrippa vom Magen und den Gliedern (Livius), Fiescos Erzählung vom Tierreich ([[Schiller]], Fiesco, II, 8), Nathans Ringparabel ([[Lessing]], Nathan der Weise, III, 7). Neben der Rhetorik bietet die Bibel im AT und NT den zweiten wichtigen Ausgangspunkt für die Parabeldichtung (z. B. ›Gleichnis vom verlorenen Sohn‹, Lukas 15,11 ff.).
==Bekannte Parabeln==
|Volker Meid Sachwörterbuch zur Deutschen Literatur, Reclam}}
{{Box|Die Stachelschweine|
:Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich, an einem kalten Wintertage, recht nahe zusammen, um, durch die gegenseitige Wärme, sich vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln; welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das Bedürfniß der Erwärmung sie wieder näher zusammen brachte, wiederholte sich jenes zweite Uebel; so daß sie zwischen beiden Leiden hin und hergeworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung von einander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten. - So treibt das Bedürfniß der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder von einander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden und bei welcher ein Beisammensein bestehn kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu:"Keep your distance!"
:Arthur Schopenhauer: 'Parerga und Paralipomena' §396, Sämtliche Werke Stuttgart und Frankfurt 1968, Bd. V S.765|Zitat}}


==Bekannte Parabeln==
* G.E.Lessing: [http://gutenberg.spiegel.de/lessing/nathan/nathan37.htm Die ''Ringparabel''] aus 'Nathan der Weise' (III,7)
* G.E.Lessing: [http://gutenberg.spiegel.de/lessing/nathan/nathan37.htm Die ''Ringparabel''] aus 'Nathan der Weise' (III,7)
* Friedrich Schiller: [http://gutenberg.spiegel.de/schiller/fiesco/fiesc205.htm ''Das Reich der Tiere''] in 'Die Verschwörung des Fiesco zu Genua' (II,8)
* Friedrich Schiller: [http://gutenberg.spiegel.de/schiller/fiesco/fiesc205.htm ''Das Reich der Tiere''] in 'Die Verschwörung des Fiesco zu Genua' (II,8)
* Arthur Schopenhauer:
{{Zitat|
:Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich, an einem kalten Wintertage, recht nahe zusammen, um, durch die gegenseitige Wärme, sich vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln; welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das Bedürfniß der Erwärmung sie wieder näher zusammen brachte, wiederholte sich jenes zweite Uebel; so daß sie zwischen beiden Leiden hin und hergeworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung von einander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten. - So treibt das Bedürfniß der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder von einander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden und bei welcher ein Beisammensein bestehn kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu:"Keep your distance!"
|'Parerga und Paralipomena' §396, Sämtliche Werke Stuttgart und Frankfurt 1968, Bd. V S.765}}
* Franz Kafka: [http://gutenberg.spiegel.de/kafka/erzaehlg/gleichns.htm ''Von den Gleichnissen''], aus: Ungedruckte Prosa und Erzählungen aus dem Nachlass (Quartheft 1922)
* Franz Kafka: [http://gutenberg.spiegel.de/kafka/erzaehlg/gleichns.htm ''Von den Gleichnissen''], aus: Ungedruckte Prosa und Erzählungen aus dem Nachlass (Quartheft 1922)
== Siehe auch ==
* [[Fabel]]


==Fachliteratur==
==Fachliteratur==
* Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen, UB Reclam 2002, S. 174 - 190, ISBN 3150181879
* Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen, UB Reclam 2002, S. 174 - 190, ISBN 3150181879


== Linkliste ==
== Weblinks ==
* {{DSB-Wiki}} [[:dsb:Deutsch/Erschließung poetischer Texte am Beispiel von Kafkas Parabel Heimkehr|Erschließung poetischer Texte am Beispiel von Kafkas Parabel Heimkehr]]
 
* {{wpde|Parabel (Sprache)}}
* {{wpde|Parabel (Sprache)}}
== Siehe auch ==
* [[Fabeln]]
* [[Märchen]]
* [[Sagen]]




[[Kategorie:Deutsch]][[Kategorie:Textsorten]]
[[Kategorie:Deutsch]][[Kategorie:Textsorten]]

Aktuelle Version vom 7. Mai 2022, 06:13 Uhr

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Basiswissen

'parabole' - (griech. Gleichnis) ein lehrhaftes literarisches Werk oder Teil eines Werkes, das durch ein Gleichnis Erkenntnis zu vermitteln sucht. Der Leser oder Zuhörer muss von dem in der Parabel gestalteten Besonderen auf das Allgemeine schließen.

Parabel
Erzählung, die explizit oder implizit auf eine vom Wortlaut des Textes unterschiedene Bedeutung verweist. Im Unterschied zur Fabel arbeitet die P. ohne Anthropomorphisierungen (z. B. sprechende Tiere oder Bäume). Die Rhetorik rechnet die P. zu den erdichteten Beispielerzählungen, die in die Rede eingefügt werden, um die Argumentation publikumswirksam zu verstärken.
Beispiele für diese rhetorische Verwendung sind u. a. die Geschichte des Menenius Agrippa vom Magen und den Gliedern (Livius), Fiescos Erzählung vom Tierreich (Schiller, Fiesco, II, 8), Nathans Ringparabel (Lessing, Nathan der Weise, III, 7). Neben der Rhetorik bietet die Bibel im AT und NT den zweiten wichtigen Ausgangspunkt für die Parabeldichtung (z. B. ›Gleichnis vom verlorenen Sohn‹, Lukas 15,11 ff.).
Volker Meid Sachwörterbuch zur Deutschen Literatur, Reclam

Bekannte Parabeln

Die Stachelschweine
Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich, an einem kalten Wintertage, recht nahe zusammen, um, durch die gegenseitige Wärme, sich vor dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen Stacheln; welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das Bedürfniß der Erwärmung sie wieder näher zusammen brachte, wiederholte sich jenes zweite Uebel; so daß sie zwischen beiden Leiden hin und hergeworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung von einander herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten. - So treibt das Bedürfniß der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen sie wieder von einander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden und bei welcher ein Beisammensein bestehn kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu:"Keep your distance!"
Arthur Schopenhauer: 'Parerga und Paralipomena' §396, Sämtliche Werke Stuttgart und Frankfurt 1968, Bd. V S.765

Fachliteratur

  • Kleine literarische Formen in Einzeldarstellungen, UB Reclam 2002, S. 174 - 190, ISBN 3150181879

Weblinks

Siehe auch