Benutzerin:Sabine Häcker/Weihnachtswissen/Traditionen/Weihnachtsbaum
Wofür steht der Weihnachtsbaum? (für Jhg. 7/8)
Den Weihnachtsbaum definiert, dass er ein immergrüner Nadelbaum ist, der mit Kerzen und anderem Schmuck dekoriert wurde. Er entstand Ende des 18. Jahrhunderts, zur Zeit der Französischen Revolution, und wurde im 19. Jahrhundert in allen Gesellschaftsschichten beliebt. Seitdem ist er ein fester Bestandteil des Weihnachtsfestes. Weihnachtsbäume sind heute im Dezember überall zu finden: In den Kaufhäusern, in den Fußgängerzonen, in den Kirchen, in den Schulen, in den Rathäusern, in den Privathäusern und an vielen Orten mehr. Aber: In welchem Kontext, d. h. in welchem dieser Räume ist die Weihnachtsbaumtradition entstanden?
(Zeit: 45 min)
Untersuchungsfrage
Ist die Weihnachtsbaumtradition im kirchlichen oder im privaten Raum entstanden?
Dazu können folgende Quellen untersucht werden:
Untersuchungsquellen
Goethe: Die Leiden des jungen Werther
Eine der allerersten literarischen Beschreibungen eines "aufgeputzten Baumes" mit Kerzen, Zuckerwerk und Äpfeln findet sich in "Die Leiden des jungen Werthers" von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), und zwar in dem Brief vom 20. Dezember 1772. Der Briefroman handelt von einem jungen Mann namens Werther, der unglücklich in eine junge Frau namens Lotte verliebt ist, denn die ist bereits verheiratet. Der Text aus dem Jahr 1774 mit seiner altertümlichen Sprache ist nicht leicht zu lesen, doch du kannst trotzdem herauszufinden, ob der Weihnachtsbaum mit den Wachslichtern (= Kerzen) in Goethes Roman in einer Kirche steht oder im privaten Wohnraum!
Text: https://www.projekt-gutenberg.org/goethe/werther/chap02.html
- Ergebnis: Der im "Die Leiden des jungen Werthers" 1774 beschriebene Weihnachtsbaum steht ________ .
Friedrich Schillers Bitte an seine Verlobte
Friedrich Schiller (1759-1805) schrieb am 21. Dezember 1789 einen Brief an seine Verlobte. Schiller fordert Lotte auf, einen "grünen Baum" für ihn aufzurichten. Schiller möchte gern Weihnachten nach der neuen Mode feiern. Wo soll der Baum stehen? Im friedrich-schiller-archiv.de kannst du seinen Brief nachlesen. https://www.friedrich-schiller-archiv.de/briefe-schillers/an-charlotte-v-lengefeld/schiller-an-lotte-v-lengefeld-und-caroline-v-beulwitz-21-dezember-1789/
- Ergebnis: Schiller bittet seine Verlobte, einen Weihnachtsbaum in ________ aufzustellen.
Der erste Weihnachtsbaum in Wien
Wann und wo stand der erste Weihnachtsbaum in Wien? Das kannst du in diesem kleinen Podcast (5 Minuten) auf Spotify herausfinden: Der Weihnachtsbaum von Fanny von Arnstein #69 Im Museum; von Hannah Landsmann aus dem Jüdischen Museum in Wien. (Tipp: Der Teil von Minute 1:50 bis 2:54 kann übersprungen werden.)
- Ergebnis: Der erste Weihnachtsbaum in Wien stand im Jahr ________ bei _______ . Das ist sehr genau dokumentiert, weil ________ . Familie von Arnstein war nicht christlich, sondern ________.
Lied: O Tannenbaum
Als die neue Mode des Weihnachtsbaums sich Anfang des 19. Jahrhunderts ausbreitete, schrieb Ernst Arnschütz 1824 in Leipzig ein Lied auf den immergrünen Baum. Das Lied "O Tannenbaum" ist heute auf der ganzen Welt bekannt. Suche den Liedtext im Internet und überlege, ob es sich um einen religiösen oder einen weltlichen Text handelt. Wurde das Lied für die Kirche oder für den privaten Raum geschrieben?
- Ergebnis: Das Weihnachtslied "O Tannenbaum" von 1824 wird in _______ gesungen.
Der erste bekannte Weihnachtsbaum in London
Mit diesem Link kommst du auf ein Bild von 1848, das die britische Queen Victoria und ihre Familie mit einem Weihnachtsbaum zeigt. Es wurde in einer Zeitung namens The Illustrated London news veröffentlicht. Ob es der erste Baum in London war, ist nicht sicher - aber es war der erste, der es in die Zeitung schaffte. Und weil die wohlhabende Oberschicht sich an ihrer Queen orientierte und ihren Lebensstil nachahmen wollte, sorgte dieses Bild dafür, dass der Weihnachtsbaum in Großbritannien bekannt und beliebt wurde. https://lccn.loc.gov/96522234 Stand der geschmückte Baum in der Schlosskirche, im Schlosspark oder in den privaten Räumen der Queen?
- Ergebnis: Queen Victorias Weihnachtsbaum 1848 stand in ________ .
Ein Weihnachtsbaumgedicht von 1848
Im Jahr 1848 erschien in einer Soester Zeitung namens Westfälischer Bürger- und Bauernfreund ein Gedicht von C. Selz. Was wird als die Funktion des Weihnachtbaums geschildert? Und wird die Baumtradition aus der Religion oder aus der Natur, der Wintersonnenwende, abgeleitet?
Der Christbaum prangt im schönsten Schmuck mit seinen vielen Kerzen,
Behangen reich mit Allerlei, so werth den Kinderherzen.
Die frohe Schar springt hin und her, klatscht jubelnd in die Hände;
Ach, wenn doch diesen Frühlingshauch auch jeder mitempfände!- Ergebnis: Das Gedicht von 1848 verortet den Weihnachtsbaum nicht im ________ Raum.
Ein hängender Weihnachtsbaum
Eine interessante historische Abbildung aus dem Jahr 1890 ist die folgende, denn sie zeigt einen hängenden Weihnachtsbaum. Das war früher in manchen Gegenden üblich. Der Link führt zu einem Bild aus einer Zeitschrift namens Die Gartenlaube. Es stellt dar, wie der älteste Sohn zu Weihnachten vom Militärdienst zurückkehrt. Wo ist der Weihnachtsbaum aufgehängt? https://de.wikisource.org/wiki/Die_Gartenlaube_(1890)#/media/Datei:Die_Gartenlaube_(1890)_b_808.jpg
- Ergebnis: Hängende Weihnachtsbäume wurden in ________ wie ein Kronleuchter über dem Tisch aufgehängt.
Ein hängender Baum war übrigens gar nicht so selten. Hugo Elm beschrieb 1878 in „Das goldene Weihnachtsbuch“ (S. 61), wie der Stumpf des hängenden Baumes mit Papierstreifen oder einem Drahtkörbchen, in das Tannenzweige, Moos und getrocknete Blumen gesteckt werden, verziert werden kann.
Der erste Weihnachtsbaum im Vatikan
Finde durch eine Internetsuche heraus, in welchem Jahr der erste Weihnachtsbaum im Vatikan beim Papst, dem Oberhaupt der katholischen Kirche, stand!
- Ergebnis: Im Vatikan stand zum ersten Mal ein Weihnachtsbaum im Jahr ________ .
Hierzu muss jedoch angemerkt werden, dass es bzgl. der Weihnachtsbaumtradition einen großen Unterschied zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche gab. In den evangelischen Kirchen standen schon sehr viel früher Weihnachtsbäume als in der katholischen Kirche, schon im 19. Jahrhundert.
Auswertung und kulturgeschichtliche Einordnung
Die Entstehung der Weihnachtsbaumtradition war ein Prozess, der komplexer und vielschichtiger war, als es sich hier darstellen lässt. Aufgrund der betrachteten Quellen lässt sich jedoch durchaus bestimmen, ob der Weihnachtsbaum im kirchlichen oder im privaten Raum entstanden ist und also einen religiösen Hintergrund hat oder nicht.
Habt ihr es gewusst?
Kulturgeschichtliche Einordnung der Weihnachtsbaumtradition:
Die Tradition, sich im Winter etwas Grünes ins Haus zu holen, gab es schon lange vor dem Christentum. Diese Bräuche waren sowohl ein Frühlingssymbol als auch ein Mittel zur Geisterabwehr in der dunkelsten und bedrohlichsten Zeit des Jahres. Im 16. Jahrhundert begann man, grüne Zweige oder Bäume mit Leckereien zu versehen, die die Kinder „abernten“ durften. Auch zu anderen Gelegenheiten holte man sich Bäume und Zweige ins Haus, damit sie Schutz gegen böse Geister boten und auch für festliche Stimmung sorgten.
Das waren zwar Vorgänger des Weihnachtsbaums, sie gehörten aber zu einer anderen Tradition. Das kulturelle Symbol des Weihnachtsbaums, wie wir ihn heute kennen, entstand Ende des 18. Jahrhunderts völlig neu, und zwar in Verbindung mit Kerzen und Zuckerwerk. Zur Zeit der Französischen Revolution war ein ganz neues Fest entstanden, nämlich Weihnachten im privaten Rahmen als Familienfest zu feiern. Und der Weihnachtsbaum wurde schnell ein unverzichtbarer Bestandteil dieses häuslichen Festes und ein Symbol dafür.
Die Tradition entstand im wohlhabenden städtischen Bildungsbürgertum sowie Adel und breitete sich im Laufe des 19. Jahrhunderts auch in ländliche, ärmere Regionen und Schichten aus. Sie war zuerst eine häusliche Festtagsdekoration, die später von den Kirchen übernommen wurde. Sie war schon früh bei den Protestanten beliebt, wurde von den Katholiken aber nur zögerlich erst im 20. Jahrhundert übernommen. Die Katholiken haben den Baum lange abgelehnt, weil er ihnen zu "heidnisch" war. In Deutschland gibt es seit dem Zweiten Weltkrieg Weihnachtsbäume in katholischen Kirchen; im Vatikan hielt sie erst 1982 mit dem polnischen Papst Einzug.
Um das Traditionsknäuel Weihnachten zu verstehen ist es wichtig zu wissen, dass christliche Feiertage ursprünglich meist an jahreszeitliche Feste gekoppelt wurden, deshalb sind diese Feste vielschichtig und haben ganz unterschiedliche Ebenen. Bei anderen Religionen, z. B. im Islam, ist das anders.
Literatur
- Elm, Hugo: Das goldene Weihnachtsbuch. Beschreibung und Darstellung des Ursprungs, der Feier, der Sitten, der Gebräuche, Sagen und des Aberglaubens der Weihnachtszeit und gleichzeitig Anleitung zur sinnigen Schmückung des Christbaums, der Pyramide, sowie zur Anlegung der Krippen und Weihnachtsgärten. Halle 1878. Digitalisiert durch: https://kulturerbe.niedersachsen.de/fullscreen/isil_DE-84_digibib_00000332/2/
- Häcker, Sabine: Woher kommt Weihnachten und wem gehört das Fest? Eine kulturgeschichtliche Ermittlung. 2025.
- Perry, Joe: Christmas in Germany. A Cultural History. North Carolina USA 2010.
- Stadtmuseum Berlin: https://www.stadtmuseum.de/artikel/weihnachten-im-biedermeier
- Weber-Kellermann, Ingeborg: Das Weihnachtsfest. Eine Kultur- und Sozialgeschichte der Weihnachtszeit. München und Luzern 1987.
Hinweise für Lehrer/innen
Die Rechercheergebnisse sind:
- Der im "Die Leiden des jungen Werthers" 1774 beschriebene Weihnachtsbaum steht zu Hause.
- Schiller bittet seine Verlobte, einen Weihnachtsbaum im Zimmer aufzustellen.
- Der erste Weihnachtsbaum in Wien stand im Jahr 1814 bei der Jüdin Fanny von Arnstein im Salon. Das ist sehr genau dokumentiert, weil Metternichs Geheimpolizei dort gespitzelt hat und das schriftlich in den Akten festgehalten wurde.
- Das Weihnachtslied "O Tannenbaum" von 1824 wird im häuslichen Umfeld gesungen. (Es ist kein Kirchenlied.)
- Queen Victorias Weihnachtsbaum 1848 stand in ihrem Wohnbereich.
- Das Gedicht von 1848 verortet den Weihnachtsbaum nicht im kirchlichen Raum.
- Hängende Weihnachtsbäume wurden im Haus wie ein Kronleuchter über dem Tisch aufgehängt.
- Im Vatikan stand zum ersten Mal ein Weihnachtsbaum im Jahr 1982.