Deutschland schafft sich ab
Deutschland schafft sich ab ist der Titel eines Sachbuches von Thilo Sarrazin, das am 30. August 2010 erschien. Die darin vertretenen Meinungen sowie Aussagen des Autors in Interviews führten zu einer heftigen öffentlichen Debatte über die Haltung des Autors einerseits und über Integration und Integrationsprobleme andererseits.
Unterricht
Unter dem Aspekt
bietet es sich an, den Schülerinnen und Schülern zunächst einen kurzen Einblick in die Publikation des Historikers John Darwin zu gewähren, der aufzeigt, dass es bis vor rund 200 Jahren (bis 1800) keinen großen Kontrast, sondern (im Gegenteil) „überraschende Ähnlichkeiten“ zwischen den den Kulturen gab. Vgl. hierzu:
Es bietet sich an, im Anschluss daran zu untersuchen, zu welchen Folgen eine Kosten-Nutzen-Analyse (Stichwort: "Ökonomisierung des Lebens") führen kann:
[...] Wer die sozialen Nach- und die ökonomischen Vorteile [...] <von Menschen>
heute im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse gegeneinander aufrechnet, [...]
hat mit der Fundamentalnorm unserer Verfassung („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) gebrochen,
und genau das ist der Kern eines jeden Rassismus. [...]Prof. Dr. Christoph Butterwegge (FR vom 29.08.2010): Rechtspopulismus pur
In diesem Kontext lässt sich im Unterricht - beispielsweise - erörtern, ob und gegebenenfalls welche Unterschiede es gibt zwischen den im Buch "Deutschland schafft sich ab" vorgestellten Thesen und dem nachstehend verlinkten Zitat aus der Zeit der Nazi-Diktatur:
Als weiterer Aspekt sollte mit Blick auf das in der vorliegenden Debatte verwendete Vokabular ("Kopftuchmädchen"; etc.) - im Detail - auf die Bedeutung der Sprache als politisches Instrument eingegangen werden; vgl.:
- Sprache#Unterricht
- Wird eine sachliche Auseinandersetzung angestrebt, die getragen ist vom Gedanken der Aussöhnung und der Erziehung zum friedlichen Miteinander im gegenseitigen Respekt?
- Basieren die im Buch (bzgl. der dort behandelten "Themen") dargelegten "Politikempfehlungen" auf einem universalen (vgl. Menschenrechte) oder partikularen Wertesystem (vgl.hierzu: Moral#Buch zu Nazi-Moral)?
- ...
Ferner ist mit Blick auf die Weltbevölkerung (Stichwort: Bevölkerungsexplosion) zu diskutieren, wie die Nettoreproduktionsrate - idealerweise - ausgestaltet sein sollte, damit es in Zukunft (zwischen den nachfolgenden Generationen) nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen um Nahrung, Wasser, Energie-Ressourcen etc. kommt.
- Im Verlauf dieser Diskussion können folgende Aspekte besprochen werden:
- Wie äußern sich die Vertreter der diveren Religionsgemeinschaften (vgl. hierzu auch: Weltreligionen) zu den Themen Familienplanung und Empfängnisverhütung?
- ...
Humor / Satire
Volker Pispers mit Stücken zur Integration. | |
---|---|
Denkanstöße
Das finanzielle Trostpflaster für den freiwilligen Rücktritt
- Thomas Pany11.09.2010): Vom Stamme Nimm, aber nicht vom Stammtisch
- Sarrazin hat ein offenbar erkleckliches finanzielles Trostpflaster ausgehandelt. [...] Um 1000 Euro monatlich wurde seine Pension[1] aufgestockt [...]
Vorlage:Siehe → sächliche Existenzminima pro Jahr (vgl. Tabelle; pro Kind und Monat = 235 Euro)
Cem Gülay: Reden wir mal über deine Zukunft
Zur Sache und Person
Vor knapp einem Jahr erschien ein Buch in Deutschland, in dem zur Immigrationsdebatte sehr klare und fundierte Thesen vertreten wurden. Im Gegensatz zur jetzigen Debatte, die von Thilo Sarrazin und seinem Buch angestossen wurde, interessierte sich aber damals kein Mensch für Thema und Buch. Dabei hatte der Autor deutlich mehr Erfahrung und Einblick in die Vorgänge, er konnte sie in beredter Sprache zu Papier bringen und sie in deutlichen Thesen zuspitzen.
Woran lag das? Lag es daran, dass der Autor Türke war, dass er zum kriminellen Milieu gehört hatte, dass er die Geschichte der Immigration so ungeschminkt, deutlich und deprimierend erzählt hatte, wie sie ist?
Cem Gülay heißt der Autor, „Türken-Sam. Eine deutsche Gangsterkarriere“ sein Buch, erschienen ist es im Deutschen Taschenbuch Verlag. Wir dokumentieren hier zwei leicht gekürzte Auszüge.
- FR vom 14.09.2010: Info-Box (Seitenmitte)
- Cem Gülay (FR vom 14.09.2010): Debatte über Einwanderung • Reden wir mal über deine Zukunft
- [...] <Cem Gülay> spricht von gleich sechs Generationen der türkischen Immigranten in Deutschland; und er selbst reiht sich unter die Generation der Kinder der Facharbeiter ein - er nennt sie "Generation Chance", die eine Erfolgsgeschichte vorweisen könnten - aber das gelte nicht für alle.
- Seine Aufforderung: "Macht Schluss mit den Migrantenschulen. Verteilt Ausländerkinder nach Quoten auf eure Schulen. Erlasst knallharte Gesetze gegen Diskriminierung, so wie in den USA. Sonst werdet ihr bald ein Heer von Millionen weiterer Verbrecher und Gewalttäter haben, und die haben immer euch Deutsche zum Feindbild." (Cem Gülay laut Sternbericht vom 30.10.2009)
Vorlage:Siehe → WDR-Doku: "Hart und herzlich • Eine türkische Lehrerin gibt nicht auf." Vorlage:Siehe
Sarrazin gab den Sparkommissar
- Nachdenkseiten (14.09.2010): Bildung in Berlin – Sarrazin gab den Sparkommissar
- Als Thilo Sarrazin Berliner Finanzsenator war, sanken die Gehälter von Erzieherinnen und Lehrern, die Vorklassen wurden abgeschafft. Das schadete gerade Einwandererkindern. Fast scheint es, als habe er seine Prophezeiungen selbst eingeleitet.
Abstürzende Mittelschichten
→ Angst vor dem sozialen Abstieg; Verteilungskonflikte; Polemik gegen die Sozialstaatlichkeit
- Rudolf Stumberger (tp vom 16.09.2010): Abstürzende Mittelschichten
- Frank Hertels "Knochenarbeit" als Psychogramm einer orientierungslosen Generation. [...] Mehr als drei Jahrzehnte später geht Frank Hertel den umgekehrten Weg. Der 38-jährige Akademiker (Studium der Soziologie) beschreibt in dem autobiographischen Bericht "Knochenarbeit" seinen sozialen Abstieg aus der Mittelschicht in die Niederungen der Billiglohnwelt – als angelernter Arbeiter in einer Backfabrik. Wer nun glaubt, dass ein Studium der Soziologie vor Ressentiments schützt, der irrt. Das Buch verbreitet vielmehr eine schwer erträgliche Mischung aus plattesten Sozialdarwinismus ("Die Welt ist ein Dschungel und der Stärkste setzt sich durch"), dumpfen Vorurteilen vom Stammtisch nebenan ("Sozialhilfeempfänger genießen Herrenstatus. Man muss nicht arbeiten um zu leben. Das hat man nicht nötig") und einer denkbar schlichten Untertanenlogik ("Wenn oben alles in Ordnung ist, stimmt auch der Rest"). [...]
Weblinks
Gegenargumente
- Die Mär von der vererbten Dummheit - Von Jörg Blech (Spiegel online, 30.08.2010)
Meinungen
Im Fernsehen
- Thilo Sarrazin (Bundesbank-Vorstandsmitglied, SPD) (beckmann, Sendung vom Montag, 30.08.2010)
- Rechthaber oder Rechtsausleger - Deutschland streitet über Sarrazin (hart aber fair, Sendung vom 01.09.2010)
In der Presse
Vorlage:Siehe Vorlage:Siehe Vorlage:Siehe
- Reinhard Jellen (tp vom 08.09.2010): Sarrazin und Sloterdijk
- Interview mit Michael Wendl über die Renaissance von Elite-Ideologien in der deutschen Gesellschaft.
- Frau Akyün, lohnt sich Sarrazins Buch? - Hatice Akyün im Stern-Interview, 07.09.2010
- Wolfgang Lieb (Nachdenkseiten vom 06.09.2010): Jeder Fünfte würde Sarrazin wählen
- So oder so ähnlich lauten heute hunderte von Zeitungsüberschriften. [...] Und die meisten Medien fallen auf diesen billigen Trick rechtskonservativer politischer Meinungsmache herein. [...] Die Schuld wird auf diejenigen verlagert, die in den Problemen stecken [...] Ursachen für das Anwachsen der Ausländerfeindlichkeit [...] Prekarität und Fremdenfeindlichkeit [...]
- Sheila Mysorekar (taz vom 03.09.2010; Kolumne): Der Fall Sarrazin • Redefreiheit ohne Qualitätskontrolle
- Redefreiheit ist was Schönes. Für Thilo Sarrazin und für mich auch. Er nennt das "Klartext", ich nenne das Polemik. Aber wir meinen dasselbe. Mein Klartext heute: Thilo Sarrazin hat einen äußerst geringen volkswirtschaftlichen Mehrwert. Er sitzt (noch) im Vorstand der Bundesbank, er lebt also von unseren Steuergeldern, redet aber das Ansehen des Landes in Grund und Boden. [...]
- Manfred Schneider (Fr vom 01.09.2010): Wer an Europadämmerung glaubt
- Die sarrazynischen Untergangsbilder sind ein Import US-amerikanischer Paranoia. 2009 erschienen gleich drei amerikanische Untergangsbücher.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. hierzu: Tagesschau (17.09.2010): Bundespräsident entlässt Manager • Sarrazin nicht mehr im Bundesbankvorstand
[...] Die Bundesbank hatte zunächst bei Wulff die Entlassung Sarrazins aus dem Vorstand beantragt. Wegen der Einmaligkeit des Vorgangs hatte das Bundespräsidialamt anschließend eine vertrauliche Vermittlung gestartet. Danach war Sarrazin bereit, beim Bundespräsidenten seine Entlassung zu beantragen. Die Bundesbank ließ ihrerseits den Vorwurf fallen, Sarrazin habe mit seinen Thesen das Ansehen der Bundesbank beschädigt. Mit dem Ausscheiden aus dem Amt erhält Sarrazin eine monatliche Pension von 10.000 Euro.