Weltwirtschaftskrise: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 6. Juli 2010, 08:21 Uhr
Als Weltwirtschaftskrise bezeichnet man gemeinhin die allgemeine Wirtschaftskrise, die 1929 mit dem "schwarzen Freitag" in den USA begann.
In den USA und in Europa setzte sich zunehmend nationaler Protektionismus durch, das Welthandelsvolumen fiel von 1929 bis zum Tiefpunkt der Rezession 1932 um 25 Prozent. Der deutsche Warenexport sank in demselben Zeitraum von 13,5 auf 5,7 Milliarden Reichsmark, da der Außenhandel ebenso rapide zurück ging wie die Industrieproduktion des Deutschen Reichs, die um ca. 40 Prozent fiel.
Seiten des Deutschen Historischen Museums zur Weltwirtschaftskrise ab 1929
Weitere bedeutende Wirtschaftskrisen
Seit 1929 hat es wiederholt weltwirtschaftliche Einbrüche gegeben. 1972 wegen des Zusammenbruchs des Bretton-Woods-Systems, 1973 wegen der ersten Vorlage:Wpd, 1979 wegen der zweiten Ölkrise, 1987 wegen der Sparkassenkrise in den USA. Auch die europäische Währungskrise 1993, die Asienkrise von 1997 und die Dotcom-Krise von 2000 führten zu wirtschaftlichen Einbrüchen. Doch während der weltwirtschaftliche Rückgang in diesen Krisen selten über 2 Prozent betrug, ergaben sich infolge der Finanzkrise ab 2007 deutlich stärkere Einbrüche, so dass es angemessen erscheint, von einer neuen Weltwirtschaftskrise zu sprechen.
Seit der zweiten Jahreshälfte 2008 befinden sich die Konjukturindikatoren aller führenden Wirtschaftsnationen im freien Fall. In den USA und Großbritannien lag die Industrieproduktion im Februar 2009 um mehr als zehn Prozent unterhalb der Werte des Vormonats. In Deutschland liegt der Rückgang bei 25 Prozent, in Japan nahe an 40 Prozent.
Albert Ritschl in: Krise der Weltwirtschaft, Aus Politik und Zeitgeschichte 20/2009, S.27
Vorlage:Wpd argumentiert, man hätte schon aus der Vorlage:Wpd in Mexiko 1994/95 und mehr noch aus der Vorlage:Wpd von 1997/98 lernen sollen, dass die vorhandenen Instrumente nicht reichten, große Finanzkrisen zu beherrschen.
Vor allem aber haben wir wohl nicht begriffen, wie sehr Mexiko und Washington einfach nur Glück hatten. Es handelte sich nämlich keineswegs um einen wohl überlegten Rettungsplan, der die Krise an der Wurzel packte. Es war vielmehr eine Finanzspritze für eine in die Klemme geratene Regierung, die ihren Part wiederum voll übernahm und schmerzhafte Maßnahmen durchführte - weniger deshalb, um den wirtschaftlichen Problemen grundsätzlich zu Leibe zu rücken, sondern weil man hoffte, durch eine entschlossene Haltung das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen. Das gelang auch, wiewohl zu einem hohen Preis. Doch es gab keinerlei Grund zu glauben, dass eine solche Strategie das nächste Mal wieder funktionieren würde.
Krugman: Die neue Weltwirtschaftskrise, S.69
Als Grund für die Finanzkrise ab 2007 sieht Krugman schon vor der Immobilienkrise als Hauptfehler, dass das "Schattenbanksystem", das durch die Vorlage:Wpd entstand, nicht so reguliert und abgesichert war, wie es das Banksystem seit der Weltwirtschaftskrise von 1929 Schritt für Schritt geworden ist.
Zur Überwindung der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise fordert Krugman:
[...] der Staat wird schließlich entschlossener die Kontrolle übernehmen müssen - praktisch wird es auf eine vollständige befristete Verstaatlichung eines beträchtlichen Teils des Finanzsystems hinauslaufen. Um nicht missverstanden zu werden: Das ist kein langfristiges Ziel, es geht nicht darum, die Kommandostände der Wirtschaft an sich zu reißen; sobald man es mit ruhigem Gewissen tun kann, sollte man die Finanzwirtschaft wieder privatisieren, so wie Schweden nach seiner großen Rettungsaktion Anfang der neunziger Jahre das Bankwesen wieder in den Privatsektor überführt hat. Zurzeit muss man aber alle verfügbaren Mittel dafür einsetzen, dass wieder Kredite fließen, und zwar ganz ohne ideologische Scheuklappen. Nichts könnte schlimmer sein, als das Notwendige zu unterlassen, nur weil man fürchtet, Aktionen zur Rettung des Finanzsystems könnten irgendwie »sozialistisch« sein.
Krugman: Die neue Weltwirtschaftskrise, S.216/17
Aktuelles
- Hans-Dieter Hey (NRhZ-Online vom 12.05.2010): Radikale Alternativen zum Marktradikalismus • Sozial-ökologische Regulierung gefordert
- Die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ hat - von 1.000 Wissenschaftlern und Gewerkschaftern unterstützt - in ihrem neuen Jahresgutachten 2010 die Abkehr von der gegenwärtigen neoliberalen Politik gefordert. Die größte Wirtschafts- und Finanzkrise seit 1930 habe die Ökonomen mit marktradikalen Glaubenssätzen längst widerlegt. Die gegenwärtige Krise zeige noch einmal deutlich „die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Wende in der Wirtschafts- und Finanzpolitik.“ Zur Vermeidung zukünftiger schwerer Wirtschaftskrisen dürfe nicht mehr an Symptomen herum gedoktort werden, sondern die Krisenursachen müssten beseitigt werden. - Eine Zusammenfassung wichtiger Thesen.
Bundes-Haushalt in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise
- Birgit Sagemann (tagesschau vom 16.03.2010): Bundestag berät Haushalt 2010 • Debatte im Schatten des Schuldenberges
- Es wird eine Marathondebatte werden - wie jedes Jahr. Aber anders als in den Jahren zuvor verhandeln die Parlamentarier seit heute die mit Abstand höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik: Ein Loch von 80,2 Milliarden Euro.
Denkanstöße
- Vorlage:Wpd: Ratlose Zauberlehrlinge in: DIE ZEIT 50/1999
- Artur P. Schmidt (tp vom 18.06.2010): Krisen und Kondratjew-Zyklen
- Nach der Riesenwelle kommt der ökonomische Winter, in dem wir uns gerade befinden. • Bereits vor über hundert Jahren im Jahr 1926 erkannte der russische Ökonom Vorlage:Wpd, dass die Wirtschaft in langen Wellen verläuft. Er gilt deshalb als einer der ersten Vertreter der zyklischen Konjunkturtheorie. Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte er als "Lange Wellen in der Konjunktur". In diesem Beitrag beschrieb er, dass die Wirtschaft nicht nur durch kurze und mittlere Konjunkturschwankungen, sondern auch durch lange Wellen geprägt ist, welche die jeweilige Entwicklung einer Epoche kennzeichnen.
Unterricht
Medien / Ausstellungen
- Tagesschau (boerse): Wenn die Weltwirtschaft wankt - die größten Krisen und Crashs der Wirtschaftsgeschichte
Literatur
Krise ab 1929
- Fritz Blaich: Der Schwarze Freitag. Inflation und Wirtschaftskrise. dtv, München 1990, ISBN 3-423-04515-9.
- Harold James: Deutschland in der Weltwirtschaftskrise. 1924–1936. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1988, ISBN 3-421-06476-8
- Rainer Meister: Die große Depression. Zwangslagen und Handlungsspielräume der Wirtschafts- und Finanzpolitik in Deutschland 1929–1932. Transfer-Verlag, Regensburg 1991, ISBN 3-924956-74-X.
- Albrecht Ritschl: Deutschlands Krise und Konjunktur 1924–1934. Binnenkonjunktur, Auslandsverschuldung und Reparationsproblem zwischen Dawes-Plan und Transfersperre. Akademie-Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003650-8
Krise ab 2007
- Krise der Weltwirtschaft, Aus Politik und Zeitgeschichte 20/2009 vom 11.5.2009
- Paul R. Krugmann: Die neue Weltwirtschaftskrise, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2009 ISBN 9783593389332 (Rezensionen, Leseprobe)
Weblinks
Krise ab 1929
- Vorlage:Wpd
- Seiten des Deutschen Historischen Museums zur Weltwirtschaftskrise ab 1929
- Michael Ruck: Wirtschaft und Arbeitsgesellschaft im Zeichen der Großen Krise (Online-Publikation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit: Die Weimarer Republik Band III - Kapitel 4)
Krise ab 2007
- Bilder zur Weltwirtschaftskrise 2008
- Blogbeitrag von Jürgen Martinschledde
- Blogbeitrag von Dave Keating
- Joachim Jahnke: Grafiken (Vergleich Deutschland 2008 vs. Weltwirtschaftskrise 1929): Weltaktienkurse, Welthandel etc.
- Tagesschau (01.12.2009): DAX-Konzerne streichen Jobs • Alle fünf Minuten muss einer gehen
- Armin Müller (tp/blogs vom 23.02.2010): Wer ist Schuld an der Finanzkrise?
- Greenspan, Friedmann und Summers wurden zu den Hauptverantwortlichen der Weltfinanzkrise gewählt.
Humor (Satire)
- Bruno Jonas: "Leerverkäufe" (Video)