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Abraham/Ibrahim in Bibel und Koran: Unterschied zwischen den Versionen

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Boehm, Omri: Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität. Berlin 2022.
Boehm, Omri: Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität. Berlin 2022.


Häcker, Sabine: Die Entstehung des Islam und gemeinsame Erzählungen der Buchreligionen. München 2025.
Häcker, Sabine: Die Entstehung des Islam und gemeinsame Erzählungen der Buchreligionen. München 2025. https://www.grin.com/document/1563601


Schaik, Carel van und Michel, Kai: Das Tagebuch der Menschheit. Was die Bibel über unsere Evolution verrät. Hamburg 2016.
Schaik, Carel van und Michel, Kai: Das Tagebuch der Menschheit. Was die Bibel über unsere Evolution verrät. Hamburg 2016.

Version vom 2. August 2025, 14:57 Uhr

Wie Abraham fast seinen Sohn geopfert hätte - eine Erzählung in Bibel und Koran (Jhg. 5/6)

Abraham wird in der jüdischen, christlichen und muslimischen Religion verehrt. ("Abraham" heißt auf Arabisch "Ibrahim", die Schreibweise im Deutschen variiert je nach Übersetzung. In diesem Unterrichtsmaterial wird mit der Koranübersetzung von Max Henning gearbeitet, der "Abraham" im Deutschen verwendet, deshalb wird im Folgenden diese Namensvariante verwendet. Zudem wird dadurch klarer, dass es sich in dem biblischen und koranischen Text um die gleiche Erzählung handelt.)

Abraham gilt der Stammvater des Monotheismus. Die Juden und Christen sehen sich als Nachkommen seines Sohnes Isaak, die Muslime sehen sich als Nachfahren seines Sohnes Ismael (Sure 2, 127). Die Erzählung von Abraham finden wir in der Tora (Genesis), der Bibel (1. Buch Mose) und im Koran. Im Koran handeln – u. a. – folgende Suren von Abraham: In Sure 19, 42–49 wird dargestellt, dass es nur einen Gott gibt. Da Abrahams Vater diese Überzeugung nicht teilt, trennt Abraham sich von ihm (das beschreibt auch Sure 9, 114). In Sure 37, 100 wünscht Abraham sich einen Sohn. In der in Medina geoffenbarten Sure 14, 39 werden Ismael und Isaak als Söhne von Abraham vorgestellt, ebenso in Sure 3, 84.

Die bekannteste Geschichte ist die von Abrahams „Prüfung“, in der jüdischen Tradition wird von „Isaaks Bindung“ gesprochen (Genesis bzw. 1. Buch Mose 22, 1–19). Im Koran erzählt Sure 37, 101–113 davon, dass Abraham bereit war, seinen Sohn zu opfern, um Gott seine Treue zu beweisen. Der Widder, der Abraham als Ersatzopfer schickt wird (1. Buch Mose, Kap. 22, 13), ist das „herrliche Opfer“ (Sure 37, 107). Auf diesen Widder geht das muslimische Opferfest zurück.

Weiteres für Lehrerinnen und Lehrer

Ziele dieser kleinen Sequenz

Im Sinne einer interkulturellen Pädagogik und eines interreligiösen Dialogs sollten sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten von Religionen thematisiert werden. Vor diesem Hintergrund kann es interessant sein, dass viele Erzählungen sich in den jüdischen, den christlichen und muslimischen Schriften wiederfinden– um die Religionen im Unterricht nicht dualistisch einander gegenüber zu stellen, sondern um ihre Verbindungen aufzuzeigen. Im Islam gelten Abraham (arabisch: Ibrahim), Noah (arabisch: Nūḥ), Mose (arabisch: Musa), David (arabisch: Dawud)  oder Jesus (arabisch: Isa) als Propheten, um nur einige zu nennen (vgl. Sure 6, 83–86). Mohammed sah sich selbst als letzten Propheten. Sure 33, 40: Muhammed ist nicht der Vater eines eurer Männer, sondern Allahs Gesandter und das Siegel der Propheten; und Allah weiß alle Dinge. „Das Siegel der Propheten“ wird laut Anmerkung des Übersetzers Max Henning zu dieser Sure so verstanden, dass Mohammed „der letzte und die Wahrheit im Vollsinne bringende Prophet ist“.

Interpretationen

Zu der schockierenden Geschichte von einem Vater, der seinen eigenen Sohn opfern soll, gibt es eine Fülle von Interpretationen. Einen ersten Eindruck gibt die Wikipedia-Seite https://de.wikipedia.org/wiki/Bindung_Isaaks. Erwähnt werden sollen an dieser Stelle jedoch diese beiden Ansätze (vgl. Häcker, 2025, S. 24 f.):

Immanuel Kant kritisierte aus moralphilosophischer Sicht das Verhalten von Abraham. Er hätte sich widersetzen müssen, so Kant, denn der Maßstab sei das moralische Gesetz, welches Gott verteidigen und nicht zerstören solle. Kant schrieb: „Abraham hätte auf diese vermeinte göttliche Stimme antworten müssen: „Dass ich meinen guten Sohn nicht töten solle, ist ganz gewiss; dass aber du, der du mir erscheinst, Gott sei, davon bin ich ganz gewiss nicht gewiss und kann es auch nicht werden“, wenn sie auch vom (…) Himmel herabschallte.“ Auch ein Gebot von Gott kann, so Kant, nicht zur Aufhebung des ethisch Gebotenen führen (Kant 1798, in: Boehm, 2022, S. 145).

Omri Boehm hingegen liest in der Geschichte genau dieses, nämlich dass Abraham ungehorsam das ethisch Gebotene tat: Er gehorchte letztlich nicht dem göttlichen Opferbefehl, sondern folgte dem Einspruch eines Engels. Boehm sieht Abrahams Verhalten im Zusammenhang mit der Erzählung im 1. Mose 18, 22–27, als Gott die Menschen in Sodom kollektiv bestrafen wollte und Abraham ihm widersprach: Willst du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen? (…) Das sei ferne von dir! Nach Boehm steht die Geschichte für eine universelle, übergeordnete Gerechtigkeit. (Boehm, 2022. - Boehms fundierte und politisch interessante Interpretation im Sinne des Univeralismus kann hier nur angedeutet werden.)

Literatur und Quellenverzeichnis

Die Bibel (nach der Übersetzung Martin Luthers). Hrsg.: Deutsche Bibelstiftung Stuttgart. Revidierter Text 1975. Stuttgart 1978.

Der Koran (Übersetzung: Max Henning). Hrsg.: Philipp Reclam jun. Verlag. Stuttgart 1960.

Boehm, Omri: Radikaler Universalismus. Jenseits von Identität. Berlin 2022.

Häcker, Sabine: Die Entstehung des Islam und gemeinsame Erzählungen der Buchreligionen. München 2025. https://www.grin.com/document/1563601

Schaik, Carel van und Michel, Kai: Das Tagebuch der Menschheit. Was die Bibel über unsere Evolution verrät. Hamburg 2016.