Die Theorie von Thünen 1826: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Theorie von Thünen 1826
[[Datei:Thuenen 1.gif|rechts|verweis=#Das Modell]]
Annahmen:
==Annahmen==
 
*Der Staat hat eine kreisrunde Form.
*Er ist von der übrigen Welt angeschlossen.
*Die Naturfaktoren sind überall gleich (gleiche Bodenart, gleiches Klima, eine große Ebene, keinerlei schiffbare Gewässer).
*Der Staat liegt in der gemäßigten Zone.
*Der Absatzmarkt ist eine Stadt im Zentrum des Staates.
*Die Landwirtschaft wird nach mitteleuropäischer Art betrieben, sämtliche Landgüter sind gleich groß.
*Alleiniges Transportmittel ist der Wagen, wobei die Straßen gerade auf das Zentrum zuführen.
*Alle Landwirte haben den gleichen hohen Bildungsstand.
*Die Landwirte wirtschaften nach dem ökonomischen Prinzip. Das Ziel ist ein möglichst hoher Reinertrag.
 
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==Folgerungen==
 
*Für den in der Stadt erzielten Gewinn sind die Transportkosten entscheidend.
*Da die Transportkosten mit der Entfernung zum Absatzmarkt steigen, müssen am Rand des Staates solche Produkte erzeugt werden, die im Verhältnis zu ihrem Wert geringe Transportkosten verursachen und die nicht leicht verderben.
*Im Zentrum hingegen müssen Produkte erzeugt werden, die leicht verderblich sind bzw. frisch auf den Markt gelangen sollen, und solche, auf die hohe Transportkosten entfallen.
 
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==Das Modell==


der Staat hat eine kreisrunde Form
er ist von der übrigen Welt angeschlossen
die Naturfaktoren sind überall gleich (gleiche Bodenart, gleiches Klima, eine große Ebene, keinerlei schiffbare Gewässer
der Staat liegt in der gemäßigten Zone
der Absatzmarkt ist eine Stadt im Zentrum des Staates
die Landwirtschaft wird nach mitteleuropäischer Art betrieben, sämtliche Landgüter sind gleich groß
alleiniges Transportmittel ist der Wagen, wobei die Straßen gerade auf das Zentrum zuführen
alle Landwirte haben den gleichen hohen Bildungsstand
die Landwirte wirtschaften nach dem ökonomischen Prinzip. Das Ziel ist ein möglichst hoher Reinertrag
Folgerungen:
für den in der Stadt erzielten Gewinn sind die Transportkosten entscheidend
da die Transportkosten mit der Entfernung zum Absatzmarkt steigen, müssen am Rand des Staates solche Produkte erzeugt werden, die im Verhältnis zu ihrem Wert geringe Transportkosten verursachen und die nicht leicht verderben
im Zentrum hingegen müssen Produkte erzeugt werden, die leicht verderblich sind bzw. frisch auf den markt gelangen sollen und solche, auf die hohe Transportkosten entfallen
Das Modell:
Um den Absatzmarkt ergeben sich konzentrische Ringe mit nach außen abnehmender landwirtschaftlicher Intensität
Um den Absatzmarkt ergeben sich konzentrische Ringe mit nach außen abnehmender landwirtschaftlicher Intensität
1 Freie Wirtschaft: Es werden Produkte erzeugt, die keinen weiten Transportweg vertragen, z. B. Gemüse, Blumen, Milch. Da Dünger in beliebiger Menge zur Verfügung steht, kann sehr intensiv gewirtschaftet werden. Erwerbsgartenbau.
2 Forstwirtschaft, da der Transport des Nutzholzes teuer ist.


3 Fruchtwechselwirtschaft. Wechsel von Halmenfrüchten (Getreide) und Blattfrüchten (Futterpflanzen)
[[Datei:Thuenen 1.gif|links]]
'''1 Freie Wirtschaft''': Es werden Produkte erzeugt, die keinen weiten Transportweg vertragen, z. B. Gemüse, Blumen, Milch. Da Dünger in beliebiger Menge zur Verfügung steht, kann sehr intensiv gewirtschaftet werden. Erwerbsgartenbau.


4 Koppelwirtschaft. Eine Art Feldgraswirtschaft, bei der das Land abwechselnd bebaut und beweidet wird.  
'''2 Forstwirtschaft''', da der Transport des Nutzholzes teuer ist.  


5 Dreifelderwirtschaft mit Brache
'''3 Fruchtwechselwirtschaft'''. Wechsel von Halmenfrüchten (Getreide) und Blattfrüchten (Futterpflanzen)


6 Viehzucht als Weidewirtschaft. Vieh wird vor dem Verbrauch im innersten Ring gemästet.
'''4 Koppelwirtschaft'''. Eine Art Feldgraswirtschaft, bei der das Land abwechselnd bebaut und beweidet wird.  


'''5 [[Dreifelderwirtschaft]]''' mit Brache


Vergleich Modell - Wirklichkeit
'''6 Viehzucht als Weidewirtschaft'''. Vieh wird vor dem Verbrauch im innersten Ring gemästet.
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Gartenbauzonen in der Nähe großer Städte (Erwerbsgartenbau)
==Vergleich Modell - Wirklichkeit==
 
;Gartenbauzonen in der Nähe großer Städte (Erwerbsgartenbau)
 
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Knoblauchsland bei Nürnberg, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart  
Knoblauchsland bei Nürnberg, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart  
Die Intensität des Erwerbsgartenbaus:  
Die Intensität des Erwerbsgartenbaus:  


hohe Arbeitsintensität auf der Beetflur mit viel Handarbeit, häufig kleine Betriebe (2 - 3 ha sind viel), der Direktabsatz spielt eine gewisse Rolle  
*hohe Arbeitsintensität auf der Beetflur mit viel Handarbeit, häufig kleine Betriebe (2 - 3 ha sind viel), der Direktabsatz spielt eine gewisse Rolle
hohe Flächenintensität (während einer Vegetationsperiode mehrere Anbauprodukte auf einem Feld)  
*hohe Flächenintensität (während einer Vegetationsperiode mehrere Anbauprodukte auf einem Feld)
hohe Kapitalintensität (Gewächshäuser, Berieselungs- und Beregnungsanlagen, Spezialtraktoren usw.)
*hohe Kapitalintensität (Gewächshäuser, Berieselungs- und Beregnungsanlagen, Spezialtraktoren usw.)
Die Abbildung stammt aus dem Programm "Das Thünensche Modell" der Didaktik der Geographie, Nürnberg
Dairy Belt und Truck in den USA


Die Anbauzonen Argentiniens
Die Abbildung stammt aus dem Programm "'''Das Thünensche Modell'''" der Didaktik der Geographie, Nürnberg


Die mittelalterlichen Stadtwälder (Nürnberger Reichswald)
;Dairy Belt und Truck in den USA


Kritik am ursprünglichen Ansatz:
;Die Anbauzonen Argentiniens
 
;Die mittelalterlichen Stadtwälder (Nürnberger Reichswald)
 
 
==Kritik am ursprünglichen Ansatz==
 
*Es gibt kein Land mit überall gleichen Naturvoraussetzungen.
*Es gibt keine große Stadt, die nicht an einem Fluß liegt.
*Es gibt keinen Staat mit nur einer Stadt.
 
==Bedeutungsverlust der Theorie==


Es gibt kein Land mit überall gleichen Naturvoraussetzungen
Es gibt keine große Stadt, die nicht an einem Fluß liegt
Es gibt keinen Staat mit nur einer Stadt
Bedeutungsverlust der Theorie:
Der Distanzfaktor spielt heute keine entscheidende Rolle mehr:
Der Distanzfaktor spielt heute keine entscheidende Rolle mehr:


Durch den Fortschritt im Transportwesen wurde der Zeit- und Kostenaufwand stark reduziert. Verderbliche Güter können auch in großer Marktferne produziert werden.
*Durch den Fortschritt im Transportwesen wurde der Zeit- und Kostenaufwand stark reduziert. Verderbliche Güter können auch in großer Marktferne produziert werden.
Durch Kühlwagen und Konservierungsmöglichkeiten werden Transport, Umschlag und Lagerung stark erleichtert. Entscheidend für die Produktion sind heute die Ausstattung mit Naturfaktoren und der sich u. U. daraus ergebende Saisonvorteil (Tomaten aus Spanien und Israel).
*Durch Kühlwagen und Konservierungsmöglichkeiten werden Transport, Umschlag und Lagerung stark erleichtert. Entscheidend für die Produktion sind heute die Ausstattung mit Naturfaktoren und der sich u. U. daraus ergebende Saisonvorteil (Tomaten aus Spanien und Israel).
Die Abgeschlossenheit wird durch die zunehmende Öffnung des Agrarmarktes aufgehoben (siehe EU), der Direktabsatz spielt heute eine geringe Rolle.
*Die Abgeschlossenheit wird durch die zunehmende Öffnung des Agrarmarktes aufgehoben (siehe EU), der Direktabsatz spielt heute eine geringe Rolle.
Der direkte Absatzmarkt sind die Nahrungsmittelindustrie, der Groß- und Einzelhandel.
*Der direkte Absatzmarkt sind die Nahrungsmittelindustrie, der Groß- und Einzelhandel.
Es gibt keinen punkthaften städtischen Markt, da die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung heute flächenhaft überwiegt.
*Es gibt keinen punkthaften städtischen Markt, da die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung heute flächenhaft überwiegt.
 
==Linkliste==
 
*[https://www.klett.de/alias/1010953 Infoblatt Theorie der Landnutzung (Thünen'sche Ringe)] (Klett.de)
*{{wpde|Thünensche Ringe}}
 
==Quelle==
 
Dieser Text wurde von Jürgen Becker unter der Adresse https://www.zum.de/Faecher/Ek/BAY/mek/mek/lk12_1/agricul/standort/thuenen.htm erstellt (Erstellungsdatum oder Datum der letzten Bearbeitung dort: 04.07.2001).
 
[[Kategorie:Geographie|Thünen]]
[[Kategorie:Wirtschaft|Theorie]]
[[Kategorie:Anthropogeographie]]

Aktuelle Version vom 23. April 2022, 16:27 Uhr

Thuenen 1.gif

Annahmen

  • Der Staat hat eine kreisrunde Form.
  • Er ist von der übrigen Welt angeschlossen.
  • Die Naturfaktoren sind überall gleich (gleiche Bodenart, gleiches Klima, eine große Ebene, keinerlei schiffbare Gewässer).
  • Der Staat liegt in der gemäßigten Zone.
  • Der Absatzmarkt ist eine Stadt im Zentrum des Staates.
  • Die Landwirtschaft wird nach mitteleuropäischer Art betrieben, sämtliche Landgüter sind gleich groß.
  • Alleiniges Transportmittel ist der Wagen, wobei die Straßen gerade auf das Zentrum zuführen.
  • Alle Landwirte haben den gleichen hohen Bildungsstand.
  • Die Landwirte wirtschaften nach dem ökonomischen Prinzip. Das Ziel ist ein möglichst hoher Reinertrag.


Folgerungen

  • Für den in der Stadt erzielten Gewinn sind die Transportkosten entscheidend.
  • Da die Transportkosten mit der Entfernung zum Absatzmarkt steigen, müssen am Rand des Staates solche Produkte erzeugt werden, die im Verhältnis zu ihrem Wert geringe Transportkosten verursachen und die nicht leicht verderben.
  • Im Zentrum hingegen müssen Produkte erzeugt werden, die leicht verderblich sind bzw. frisch auf den Markt gelangen sollen, und solche, auf die hohe Transportkosten entfallen.


Das Modell

Um den Absatzmarkt ergeben sich konzentrische Ringe mit nach außen abnehmender landwirtschaftlicher Intensität

Thuenen 1.gif

1 Freie Wirtschaft: Es werden Produkte erzeugt, die keinen weiten Transportweg vertragen, z. B. Gemüse, Blumen, Milch. Da Dünger in beliebiger Menge zur Verfügung steht, kann sehr intensiv gewirtschaftet werden. Erwerbsgartenbau.

2 Forstwirtschaft, da der Transport des Nutzholzes teuer ist.

3 Fruchtwechselwirtschaft. Wechsel von Halmenfrüchten (Getreide) und Blattfrüchten (Futterpflanzen)

4 Koppelwirtschaft. Eine Art Feldgraswirtschaft, bei der das Land abwechselnd bebaut und beweidet wird.

5 Dreifelderwirtschaft mit Brache

6 Viehzucht als Weidewirtschaft. Vieh wird vor dem Verbrauch im innersten Ring gemästet.

Die Thünenschen Ringe aus einer Darstellung in der WikipediaWikipedia-logo.png

Vergleich Modell - Wirklichkeit

Gartenbauzonen in der Nähe großer Städte (Erwerbsgartenbau)
Thuenen 2.gif

Knoblauchsland bei Nürnberg, Hamburg, Frankfurt, Stuttgart

Die Intensität des Erwerbsgartenbaus:

  • hohe Arbeitsintensität auf der Beetflur mit viel Handarbeit, häufig kleine Betriebe (2 - 3 ha sind viel), der Direktabsatz spielt eine gewisse Rolle
  • hohe Flächenintensität (während einer Vegetationsperiode mehrere Anbauprodukte auf einem Feld)
  • hohe Kapitalintensität (Gewächshäuser, Berieselungs- und Beregnungsanlagen, Spezialtraktoren usw.)

Die Abbildung stammt aus dem Programm "Das Thünensche Modell" der Didaktik der Geographie, Nürnberg

Dairy Belt und Truck in den USA
Die Anbauzonen Argentiniens
Die mittelalterlichen Stadtwälder (Nürnberger Reichswald)


Kritik am ursprünglichen Ansatz

  • Es gibt kein Land mit überall gleichen Naturvoraussetzungen.
  • Es gibt keine große Stadt, die nicht an einem Fluß liegt.
  • Es gibt keinen Staat mit nur einer Stadt.

Bedeutungsverlust der Theorie

Der Distanzfaktor spielt heute keine entscheidende Rolle mehr:

  • Durch den Fortschritt im Transportwesen wurde der Zeit- und Kostenaufwand stark reduziert. Verderbliche Güter können auch in großer Marktferne produziert werden.
  • Durch Kühlwagen und Konservierungsmöglichkeiten werden Transport, Umschlag und Lagerung stark erleichtert. Entscheidend für die Produktion sind heute die Ausstattung mit Naturfaktoren und der sich u. U. daraus ergebende Saisonvorteil (Tomaten aus Spanien und Israel).
  • Die Abgeschlossenheit wird durch die zunehmende Öffnung des Agrarmarktes aufgehoben (siehe EU), der Direktabsatz spielt heute eine geringe Rolle.
  • Der direkte Absatzmarkt sind die Nahrungsmittelindustrie, der Groß- und Einzelhandel.
  • Es gibt keinen punkthaften städtischen Markt, da die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung heute flächenhaft überwiegt.

Linkliste

Quelle

Dieser Text wurde von Jürgen Becker unter der Adresse https://www.zum.de/Faecher/Ek/BAY/mek/mek/lk12_1/agricul/standort/thuenen.htm erstellt (Erstellungsdatum oder Datum der letzten Bearbeitung dort: 04.07.2001).