Oberstufen-Chemiebuch Kontextorientiert/Wie ist das alles um uns herum entstanden?/Berechnungen zur Umwandlung von Masse in Energie
Geschichtliche Einordnung
Ab 1897 hatten Henri Becquerel, Marie und Pierre Curie und Ernest Rutherford die ionisierenden Strahlen, also die Radioaktivität, erforscht. Die dabei freiwerdenden Energie war für sie damals unerklärlich hoch, obwohl sie schon genau wussten, was bei Kernreaktionen passierte.
Als Energiequelle wurde von Rutherford und Frederick Soddy (1903) ein in den Körpern vorhandebes Reservoir an "latenter Energie" vermutet, das auch in normaler Materie vorhanden sein müsse. Da lagen Sie ja im Prinzip richtig, nur konnten sie sich nicht vorstellen, dass es die Materie an sich ist, die die Energie liefert.
Rutherford (1904) spekulierte, dass man vielleicht eines Tages den Zerfall radioaktiver Elemente kontrollieren und aus einer geringen Menge Materie eine enorme Energiemenge freisetzen könnte. Damit hatte er also das das Potential dieser Energie erkannt, die Kernkraft-Werken genutzt wird, ohne aber zu wissen, was tatsächlich dahinter steht.
Die Leistung von Einstein war es, die zwei Erhaltungssätzen der Naturwissenschaften zu vereinen.
- Massenerhaltungssatz: Bei chemischen Reaktionen bleiben die Massen der Edukte und der Produkte gleich. Durch eine Umordnung der Atome kann aber Energie frei werden, die dadurch frei wird, dass die Bindungen zwischen den Atomen unterschiedliche stark sind.
- Energieerhaltungssatz: Energiearten können ineinander umgewandelt werden. Es geht (rein theoretisch) keine Energie verloren oder wird neu erzeugt.
Der Durchbruch kam schließlich mit einem Experiment, bei dem man 1904 festgestellt hat, dass Elektronen in bewegtem Zustand eine höhere Masse besitzen als in Ruhe. Warum, war unklar. Schließlich kam man darauf, dass es etwas wie eine Äquivalenz zwischen Energie und Masse geben könnte, denn eine schnellere Bewegung bedeutet auch mehr (kinetische) Energie. Albert Einstein erkannte das und am 27. September 1905 veröffentlichte er einen Artikel mit dem Titel „Ist die Trägheit eines Körpers von seinem Energieinhalt abhängig?“. Dort verwendete zum ersten Mal die Formel E=mc².
Die Gleichung von Einstein bestätigte sich in den folgenden Jahren, als man bei Kernreaktionen die freiwerdende Energie anhand der Kernmassen vorhersagen konnte. Das war in den 1930er Jahren tatsächlich möglich gewesen.
Die Erhaltungssätze wurden damit vereint werden auf die Aussage, dass Masse und Energie zueinander Äquivalent sind. Genauer: Die Masse m und die Ruheenergie E eines Objekts sind zueinander proportional.
Dass der Zusammenhang von Masse und Energie erst einmal unbemerkt blieb, lässt sich aus der Größe des Faktors c² verstehen. Bei einer Lichtgeschwindigkeit von ist dann . Das entsprechen dann auch 89.875.517.873.681.764 J pro kg Masse.
Nimmt man Energieumsätze, wie sie bei chemischen Reaktionen wie einer Verbrennung üblich, dann entsprechen diese übertragen auf die Massenänderung nur einer extrem kleine Änderungen, die auch mit Waagen heute kaum messbar sind.
Beispiele für die Umwandlung von Materie in Energie
Hier einige typische Vorgänge, die mit einer Massenänderung verbunden sind:
- Vernichtungsstrahlung: Ein Teilchenpaar Elektron–Positron, das zusammen eine Masse von ca. besitzt, kann sich in Strahlung, also reine Energie auflösen. Dabei entsteht Gammastrahlung und zwar zwei masselose Gammaquanten von je 511 keV Energie.
- Kernspaltung: Ein Atomkern des Elements Uran kann in mehrere Bruchstücke zerplatzen, deren Massen zusammen ca. 0,1 % kleiner sind als der ursprüngliche Urankern. Die dabei freigesetzte Energie entspricht der Abnahme der Masse und kann (bei Spaltung einer entsprechend großen Stoffmenge) u. a. als Explosion (Atombombe) oder Wärmequelle (Kernkraftwerk) in Erscheinung treten.
- Kernfusion: Bei der Bildung von Helium aus Wasserstoff verschwindet ca. 0,8 % der Masse, was die hauptsächliche Energiequelle vieler Sterne darstellt. Die Sonne verliert allein durch das von ihr abgestrahlte Licht in jeder Sekunde rund 4 Millionen Tonnen Masse. Verglichen mit der gesamten Masse der Sonne ist dieser Menge jedoch vernachlässigbar. Auch nach mehreren Milliarden Jahren hat die Sonne auf diese Weise weit weniger als ein Promille ihrer Masse verloren.
Um diese Energiemengen einmal mit chemischen Reaktionen zu vergleichen das folgende Beispiel: Nimmt man zum Beispiel 1 kg eines beliebigen Stoffes, also zum Beispiel 1 l Wasser. Könnte man diese Masse komplett in Energie umwandeln, so entspräche die freiwerdende Energie derjenigen, die bei der Verbrennung von 3 Millionen Tonnen Braunkohle frei werden würde. Vom Volumen her entspräche das in etwa der Cheopspyramide.
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Aufgaben
Fehler beim Parsen (⧼math_empty_tex⧽): {\displaystyle } Bei diesen Aufgaben und den Lösungen vereinfachen wir die Wert für die Licht-Geschwindigkeit und nehmen einen Wert von
Die Masse eines Heliumkern könnte man aus den einzelnen Kernbestandteilen berechnen, also zwei Protonen und zwei Neutronen. Die tatsächliche Masse des Heliumkerns entspricht aber nicht dieser Summe und daraus ergibt sich die Kernbindungsenergie im Helium-Kern. Gehe dazu folgendermaßen vor:
- Suche dir die möglichst genaue Werte für die Massen von Protonen und Neutronen heraus und berechne die Masse in u.
- Bestimme den Unterschied im Vergleich zu dem Heliumkern, dessen Masse ist. Rechne diesen Unterschied in kg um. Nutze dazu den Umrechnungsfaktor zwischen g und u:
- Berechne mit Hilfe der Formel E=mc² welche Kernbindungsenergie in einem Helium-Kern steckt.
Die Sonne setzt pro Sekunde eine Energie von frei.
- Welche Masse verliert die Sonne pro Sekunde und pro Jahr?
- Wie lange dauert es, bis die Sonne so 1% ihrer Masse "verloren" hat?
Damit dieser Begriff hier einmal geklärt ist:
- mit Nukleon bezeichnet man allgemein die Bestandteile eines Atomkern, also die Neutronen und Protonen
Die bisherigen Rechnungen haben gezeigt, dass beim Zusammensetzen von Kernen aus ihren Bestandteilen immer Energie frei wird, da Masse verloren geht.
Das folgende Bild ist etwas schwer zu verstehen, denn es gibt an, wieviel Energie je Nukleon im Kern enthalten ist. Oder anders gesagt, wieviel Masse je Nukleon bei den einzelnen Atomkernen verloren geht. Und es wird gezeigt, dass für bestimmte Kerne eine Kernfusion möglich und dabei Energie liefert, ebenso so einer Kernspaltung.
- Verstehst du, warum durch die Zerlegung von einigen Atomensorten auch Energie frei werden kann? Nutze bei deinen Überlegungen auch die Einstein-Formel.