Das Klima-Buch
Das Klima-Buch[1] von Greta Thunberg stellt eine Gemeinschaftsleistung von vielen Wissenschaftlern und Wissenschaftsjournalisten dar, die durch eine übergreifende Gliederung in fünf Teile und Einleitungen von Thunberg zu jedem größeren Abschnitt zusammengehalten werden.
Wie das Klima funktioniert
1.1 "Um dieses Problem zu lösen, müssen wir es zunächst verstehen", 2
Thunberg: "[...] Ich bin fest überzeugt, dass wir die schlimmsten Folgen dieser aufkommenden Existenzkrise nur abwenden können, wenn wir eine kritische Masse von Menschen zusammenbringen, die die notwendigen Veränderungen fordern. Damit das geschieht, müssen wir schnell Bewusstsein schaffen, denn noch immer fehlt es in der breiten Öffentlichkeit an grundlegendem Wissen, das notwendig ist um die Notlage zu begreifen, in der wir uns befinden. [...Dies] Buch enthüllt das Handeln der Verantwortlichen und das Versagen derer, die den Bürgerinnen und Bürgern der Welt diese Informationen schon längst hätten vermitteln müssen. [...]" (S.2/3)
"Selbstverständlich gibt es Fortschritte, hören wir. Manche Länder und Regionen melden eine recht erstaunliche Reduzierung der CO2-Emissionen – zumindest in den Jahren, seit die Welt erstmals die Rahmenwerke zur Handhabung unserer Statistiken ausgehandelt hat. Aber wie steht es um all diese Reduzierungen, wenn wir statt der sorgfältig manipulierten Landesstatistiken unsere Gesamtemissionen einbeziehen? Also all die Emissionen, die wir so erfolgreich aus diesen Zahlen herausgerechnet haben. Zum Beispiel durch die Verlagerung von Fabriken in ferne Erdteile und das Auslassen der Emissionen von internationalen Flug- und Schiffsverkehr in unseren Statistiken [...]" (S.4)
1.2 Die umfassende Geschichte des Kohlendioxids, 6
Peter Brannen: "Wegen seiner erstaunlichen Bedeutung für alle Teile des Erdsystems ist Kohlendioxid nicht bloß einer von vielen abträglichen industriellen Schadstoffen wie Fluorkohlenwasserstoff oder Blei. Vielmehr ist es [...] 'der wichtigste Stoff in der Biosphäre'. (S. 6/7)
"Angesichts der zentralen Bedeutung des Kohlendioxids für die Biosphäre sollten wir vielleicht nicht überrascht sein, dass es derart zuverlässig zu Verwüstungen planetaren Ausmaßes führen kann, wenn dieses System so sehr aus dem Gleichgewicht gebracht wird." (S. 8)
1.3 Unser Einfluss auf die Evolution, 9
Beth Shapiro: "Als Menschen vor mehr als 50.000 Jahren aus Afrika auszogen und sich über die ganze Erde verstreuten, begannen ihre Gemeinschaften sich zu verändern. Tierarten, vor allem solche der Megafauna wie Riesenwombats, Wollnashörner und Riesenfaultiere, begannen auszusterben. [...] Zeitliche Koinzidenz ist jedoch noch kein Beweis für einen kausalen Zusammenhang. [...] Das Aussterben der Tierarten in Australien und in jüngerer Zeit auf einigen Inseln fiel nicht in Zeiten eines größeren klimatischen Umbruchs, und auch für noch frühere klimatische Ereignisse sind Fälle eines solchen Aussterbens nicht bekannt. [...] Vor 15.000 Jahren trat unsere Interaktion mit anderen Arten in eine neue Phase ein. Aus Wölfen [...] wurden Haushunde [...]
Vor etwa 10.000 Jahren begannen die Menschen Jagdstrategien einzusetzen, die eine Erhaltung ihrer Beutetiere ermöglichte, statt sie auszurotten. [...] Später begannen sie, Beutetiere einzupferchen und sie in der Nähe ihrer Siedlungen zu halten. [...] Sie säten auch Pflanzensamen aus und vermehrten jene Sorten, die mehr Nahrung pro Pflanze produzierten [...]
Um die wende zum 20. Jahrhundert wurden die Erfolge unserer Vorfahren als Viehzüchter und Bauern zu einer Gefahr für die Stabilität der dadurch geschaffenen Gesellschaften. Durch die ständige Nutzung hatte sich die Qualität der in Acker- und Weideland umgewandelten Flächen verschlechtert. Die Ausrottungsraten stiegen wieder. [...] Als einstmals weit verbreitete Arten seltener wurden, entstand ein Bedürfnis, die verbliebenen wildlebenden Arten und Räume zu schützen. Wieder einmal traten unsere Vorfahren in eine neue Phase der Interaktion mit anderen Arten ein. Sie wurden zu Beschützern [...]" (S.9/10)
1.4 Zivilisation und Aussterben, 11
Peter Brannen: "Eine kürzlich in der Zeitschrift Current Biology veröffentlichte Studie schätzte, dass eine Evolution von 50 Millionen Jahren notwendig wäre, um Neuseelands Vogelvielfalt wieder auf das Niveau vor der Besiedlung durch Menschen zu bringen. [...]
All diese Schäden entstanden durch relativ einfache Mittel – Keulen, Segelboote, Musketen – und nur wenige eingeführte und äußerst vermehrungsfreudige Arten. Dann kam das mechanisierte Töten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelang es Jägern mit Entenkanonen, die etwa annähernd ein Pfund Vogelschrot auf einmal abfeuern konnten, die Wandertaube auszurotten, die es früher in Nordamerika zu Milliarden gegeben hatte. [...] Über die Entwicklung Der Agrarflächen im 20. Jahrhundert: Zu Beginn des Jahrhunderts wurden weltweit etwa 8 Millionen Quadratkilometer Land landwirtschaftlich genutzt. [...] Gegen Ende des Jahrhunderts wurden 15 Millionen Quadratkilometer landwirtschaftlich genutzt, das heißt, dass Menschen in nur zehn Jahrzehnten so viel Land urbar machten, wie sie in den vorhergegangenen zehn Jahrtausenden". (S. 13/14)
1.5 "Die Wissenschaft ist so zuverlässig wie sie nur sein kann", 18
Thunberg: "Die bemerkenswerte klimatische Stabilität des Holozäns ermöglichte es unserer Spezies – dem Homo sapiens –, von der Lebensweise der Jäger und Sammler zu der von Bauern überzugehen, die Land kultivierten. [...] Würden wir die Weltgeschichte in die Zeitspanne von einem Jahr übersetzen, hätte die Industrielle Revolution am Silvesterabend etwa eineinhalb Sekunden vor Mitternacht stattgefunden. Seit der Entstehung der menschlichen Zivilisation haben wir die Hälfte der Bäume auf der Erde gefällt, mehr als zwei Drittel der Wildtiere und Wildpflanzen ausgerottet, die Meere mit Plastik gefüllt und ein potentielles massenhaftes Artensterben und eine Klimakatastrophe in Gang gesetzt. Wir haben angefangen, die Systeme zu destabilisieren, auf denen das Leben basiert und auf die wir alle angewiesen sind. Mit anderen Worten: wir sägen den Ast ab, auf dem wir leben.
Aber die meisten von uns sind sich immer noch nicht darüber im Klaren, was vorgeht, und viele kümmert es offenbar auch gar nicht. Das liegt an diversen Faktoren, von denen dieses Buch viele behandelt. Einer dieser Faktoren, das so genannte 'Shifting-Baseline-Syndrom' oder die Generationenamnesie, bezeichnet den Umstand, dass wir uns an Neues gewöhnen und anfangen, die Welt aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Für meine Urgroßeltern wäre ein achtspuriges Autobahnkreuz vermutlich unvorstellbar gewesen, aber für meine Generation ist es etwas völlig Normales. Manchen von uns erscheint es sogar als etwas Natürliches, Sicheres und Beruhigendes, je nach den Umständen." (S.18/19)
"Die schnell eskalierende Klima- und Ökologiekrise ist eine globale Krise: Sie betrifft alle Pflanzen und Lebewesen. Zu behaupten, die gesamte Menschheit sei dafür verantwortlich, ist jedoch sehr weit von der Wahrheit entfernt. Die meisten Menschen leben gegenwärtig durchaus innerhalb der von der Erde gesetzten Grenzen. Lediglich eine Minderheit von uns hat diese Krise verursacht und treibt sie weiter voran. Aus diesem Grunde ist die gängige Behauptung: 'Es gibt zu viele Menschen', äußerst irreführend. Die Weltbevölkerung spielt zwar eine Rolle, aber nicht alle Menschen verursachen Emissionen und verbrauchen die Ressourcen der Erde, sondern nur manche Menschen – es sind die Gewohnheiten und das Verhalten mancher Menschen in Verbindung mit unseren Wirtschaftsstrukturen, die diese Katastrophe verursachen.
Die Industrielle Revolution, angetrieben von Sklaverei und Kolonialisierung, brachte dem globalen Norden unvorstellbaren Reichtum, besonders einer kleinen Minderheit der dort lebenden Menschen. Diese extreme Ungerechtigkeit ist die Grundlage, auf der unsere modernen Gesellschaften aufgebaut sind. Das ist der Kern des Problems: das Leiden vieler, die zum Nutzen weniger bezahlen. Der Reichtum dieser wenigen hatte einen Preis: Unterdrückung, Völkermord, ökologische Zerstörung und klimatische Instabilität. Die Rechnung für all diese Zerstörung ist noch nicht beglichen. Tatsächlich ist sie noch nicht einmal zusammengerechnet worden und wartet noch darauf, gestellt zu werden.
[...] Warum sollten wir in einer solchen Notlage nicht Vergangenes vergangen sein lassen und lieber nach Lösungen für unsere gegenwärtigen Probleme suchen? [...] Die Antwort lautet, dass diese Krise nicht nur hier und jetzt stattfindet. Vielmehr hat sich die Klima- und Ökologiekrise kumulativ entwickelt und reicht letztlich zurück bis in die Kolonialisierung und noch darüber hinaus. Es ist eine Krise, die auf der Vorstellung beruht, manche seien mehr wert als andere und hätten daher das Recht, anderen Menschen Land, Ressourcen, zukünftige Lebensbedingungen und sogar das Leben zu nehmen. Und das geschieht weiterhin. [...] Es gibt eindeutige Belege, dass große Erdölkonzerne wie Shell und ExxonMobil seit mindestens vier Jahrzehnten über die Folgen ihres Handelns Bescheid wussten. Das gilt auch für die Nationen der Welt [...] Die Welt wusste Bescheid. Es läuft auf die Schwarz-Weiß-Fragen hinaus. [...] Es gibt viele Sachverhalte, die sind schwarz oder weiß. Entweder man stürzt von einer Klippe oder nicht. [...] Entweder alle Bürger dürfen wählen oder nicht." (S.19-21)
"Das Problem ist, das sich die derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse nach sämtlichen Belegen auf einem Kollisionskurs zu unserem gegenwärtigen Wirtschaftssystem und der Lebensweise befinden, auf die viele Menschen im globalen Norden einen Anspruch zu haben glauben. [...]
Was bleibt, ist weitgehend Taktik. Wie soll man die Informationen verpacken, formulieren und vermitteln? Wie störend wagen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aufzutreten? [...] Eine zutiefst spaltende Frage ist heutzutage, ob man Gleichheit und historische Emissionen in die Diskussionen über die erforderlichen Maßnahmen gegen die Umweltkrise einbeziehen sollte. Da solche Zahlen aus unseren internationalen Rahmenwerken herausverhandelt wurden, ist es sicher verlockend, sie zu ignorieren, weil sie eine düstere Botschaft noch trostloser erscheinen lassen. Allerdings lässt es diejenigen, die einen ganzheitlichen Ansatz vertreten und sie einzubeziehen versuchen, nach alarmistischer erscheinen als ihre Kolleginnen und Kollegen, und das ist ein großes Problem." (Seite 21/22)
"Eine amerikanische Wissenschaftlerin, die ein breites heimisches Publikum ansprechen will, dürfte aber kein sonderliches Interesse daran haben, die ganze Netto-Null-Idee bis 2050 als völlig unzureichend abzutun. In der Debatte in den USA gilt die Vorstellung, innerhalb von drei Jahrzehnten auf Netto-Null- Emissionen zu kommen, schon als extrem radikal. Und diese Taktik ergibt durchaus einen Sinn. Das Problem ist jedoch, dass wir Gleichheit und historische Emissionen einbeziehen müssen, wenn das Pariser Abkommen in globalem Maßstab funktionieren soll. Daran geht kein Weg vorbei. [...]
Wir haben es seit unserem Jäger und Sammler-Vorfahren weit gebracht. Aber unsere Instinkte hatten nicht genügend Zeit, Schritt zu halten. Sie funktionieren immer noch weitgehend so wie vor fünfzigtausend Jahren, in einer anderen Welt, lange bevor wir Landwirtschaft, Häuser, Netflix und Supermärkte entwickelt haben. Wir sind für eine völlig andere Wirklichkeit gemacht, und unserem Gehirn fällt es schwer, auf Bedrohungen zu reagieren, die für viele von uns nicht unmittelbar und plötzlich auftauchen, Gefahren wie die Klima– und Ökologiekrise. Gefahren, die wir nicht klar erkennen, weil sie zu komplex, zu langsam und zu weit entfernt sind.
[...] Sind wir imstande, unser Können, unser Wissen und unsere Technologie für einen Kulturwandel einzusetzen, der uns dazu bewegt, uns rechtzeitig zu verändern, um eine Klima- und Umweltkatastrophe abzuwenden? Dazu sind wir eindeutig in der Lage. Ob wir es auch tun, liegt ganz an uns." (S.22)
1.6 Die Entdeckung des Klimawandels, 23
Michael Oppenheimer(English): "Am Anfang stand eher wissenschaftliche Neugier als ein konkretes Problem. Der schwedische Chemiker Svante Arrhenius erregte keine Besorgnis, als er 1896 seine inzwischen berühmte Voraussage veröffentlichte, mit der Freisetzung von Kohlendioxid in die Atmosphäre durch die Verbrennung von Kohle werde die Menschheit die Erde schrittweise um mehrere Grad erwärmen. Seine Entdeckung wurde fast überall ignoriert, bis in die 1950er Jahre hinein, als eine Handvoll Wissenschaftler darlegte, dass diese Erwärmung katastrophale Folgen haben könne. [...] In den späten 1970er Jahren bestand bereits ein wissenschaftlicher Konsens über die Frage, wie stark die Erde erwärmt würde, wenn der Kohlendioxidgehalt in der Atmosphäre sich verdoppelte." (S.23) "Der Treibhauseffekt der Erdatmosphäre hält die Temperatur unseres Planeten in einem Bereich, der dem Leben zuträglich ist und den Menschen wie auch anderen Spezies die Möglichkeit bietet, sich zu entwickeln. Dieser Prozess blieb Über Jahrtausende stabil, bis zum Beginn der umfangreichen Industrialisierung im 19. Jahrhundert. [...] Auch Landwirtschaft und Viehhaltung führen zu steigenden Emissionen von Methan und Stickoxid – Treibhausgase, die pro Molekül sogar noch eine stärkere Erwärmung verursachen als Kohlendioxid. Bei Erdgasbohrungen und dem Transport von Erdgas gelangt aufgrund von Lecks noch mehr Methan in die Luft.
Eine weitere große Quelle für Kohlendioxid und andere Treibhausgase sind die ungezügelte Rodung von Wäldern und andere Veränderungen in der Landnutzung. Aufgrund all dieser menschlichen Einflüsse liegt der Kohlendioxidgehalt der Luft heute um 50 Prozent höher als vor der Industrialisierung.
Die vielen 100 Milliarden Tonnen Treibhausgase, die bereits zusätzlich in die Atmosphäre gelangt sind, hätten dennoch nur einen vergleichsweise moderaten Effekt auf die Erdtemperatur gehabt, wenn es da keine Rückkopplungsschleifen gäbe, die für eine noch stärkere Erwärmung sorgten. Durch die Erwärmung erhöht sich die Verdunstung von der Meeresoberfläche, so dass eine größere Menge des Treibhausgases Wasserdampf in die Luft gerät, was wiederum zu einer beschleunigten Aufheizung führt. Das arktische Meereis geht zurück, so dass mehr Sonnenlicht an der Meeresoberfläche absorbiert wird [...] und auch das verstärkt die Erwärmung. [...] Zusammen sorgen diese Rückkopplungen dafür, dass die Erde sich bis zu dreimal schneller erwärmt, als es sonst der Fall wäre.
Besonders besorgniserregend am erhöhten Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre ist die Tatsache, dass dieser Überschuss sich nur in einem [...] Jahrhunderte langen Prozess wieder aus der Atmosphäre entfernen lässt. [...]
Wie die physikalischen Grundlagen, so waren auch der Umfang und der für die Bekämpfung der Erwärmung erforderlichen Anstrengungen und die Notwendigkeit raschen Handelns schon vor dreißig Jahren klar erkennbar. Warum dann haben wir über Jahrzehnte fast gar nichts getan? Der Kern des Problems: Die wissenschaftliche Gemeinschaft erkannte zwar immer deutlicher, was sich da anbahnte, aber es war äußerst schwierig, bei den Politikern ein Bewusstsein für die Bedrohlichkeit unserer Situation zu schaffen. [...]" (S.24-25) [Ab 1981 arbeitete Oppenheimer auf diesem Gebiet und wendete sich 1986 an den US-Senat.] Im Blick auf die Beständigkeit des Kohlendioxids merkte ich an, [...] dass wir es uns nicht leisten könnten, uns zurückzulehnen und die Folgen abzuwarten, bevor wir Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen ergriffen, denn dann sei es bereits zu spät, um schwerwiegende Auswirkungen zu verhindern. [... Zwei Jahre später, während einer Hitzewelle im Osten der USA, sprach er wieder zu dem Problem:] Zu den starken Befunden [...] gehörte auch die Erkenntnis, dass es [...] für eine Stabilisierung der Atmosphäre unerlässlich sei, die von der Verbrennung fossiler Brennstoff für ausgehenden Emissionen 'um 60 % der aktuellen Menge zu reduzieren und auch die Emission anderer Treibhausgase in ähnlichen Maße zu verringern. Angesichts der für business-as–usual-Szenarien projizierten Verdopplung der Missionen in den nächsten 40 Jahren' so erklärte ich, liege da 'eine beängstigende Aufgabe vor uns'. [...]
Im selben Jahr 1988 gründeten die Vereinten Nationen den Weltklimarat (IPCC), [...] Auf dem Klimagipfel in Rio de Janeiro wurde 1992 das Rahmenabkommen der Vereinten Nationen über den Klimawandel unterzeichnet. Das Abkommen setzte das Ziel, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2000 auf das Niveau von 1990 zu senken. [...] Als der neue Präsident jedoch als erste Maßnahme zur Beschränkung der Emissionen eine Energiesteuer einzuführen versuchte, stieß er im Kongress auf starken Widerstand und zog seinen Gesetzentwurf zurück. [...] Die USA ratifizierten das Kyoto-Protokoll niemals, und 2001 zog der neu gewählte US-Präsident George W. Bush die ursprüngliche Unterschrift unter das Dokument zurück. Die Wissenschaft verlor den Kampf wegen des politischen Einflusses der Unternehmen, die fossile Brennstoffe produzieren, wie auch der Unternehmen, die sie in großen Mengen verbrauchen. Viele dieser Firmen [...] starteten wirkungsvolle des Informationskampagnen unter Einbeziehung sogenannter 'Thinktanks', während einige Politiker aus Regionen, die fossile Brennstoffe produzierten, Verzerrungen und regelrechte Lügen über die Wissenschaft verbreiteten. [...] China und die USA taten sich 2014 zusammen und boten nationale Emissionsziele an, die den Weg zum Pariser Klimaschutzabkommen im folgenden Jahr bereiteten. Diese Übereinkunft war in gewisser Weise ein Meilenstein, zeigte jedoch nur eine bescheidene Wirkung, da die Emissionen in China – und in jüngerer Zeit in Indien – stark anstiegen [...]
Während die Erwärmung sich beschleunigt, stehen wir nun am Beginn eines [...] Wettlaufs, bei dem es um die Abmilderung der Klimakrise und die Erhaltung eines bewohnbaren Planeten geht. Wenn wir diesen Wettlauf gewinnen wollen, müssen die führenden Politiker:innen dieser und der nächsten Zeit den Interessen der auf fossilen Brennstoffe basierenden Branchen und der Kurzsichtigkeit der Öffentlichkeit in einer Weise entgegentreten, wie meine Generation dies nie getan hat." (S.24-28)
1.7 Warum haben sie nicht gehandelt? 30
Naomi Oreskes: "[...] Von 2000 bis 2016 gaben Interessengruppen der auf fossile Energie spezialisierten Brachen allein in den USA schätzungsweise 2 Milliarden Dollar für die Verhinderung von Maßnahmen gegen die Klimakrise aus." (S.31)
1.8 Kipppunkte und Rückkopplungsschleifen, 33
Johan Rockström: "Es ist inzwischen wissenschaftlich gut belegt, dass eine neue geologische Epoche, das Anthropozän – die Epoche der Menschen – begonnen hat. Unsere globalisierte Welt stellt darin die größte Triebkraft für Veränderungen auf der Erde da. Die Menge des bislang durch die Verbrennung fossiler Brennstoff für ausgestoßenem Kohlendioxid entspricht etwa 500 Milliarden t Kohlenstoff und die von uns Volk Menschen vor Ursachen der Umweltzerstörung reichen aus und die Zukunft unseres Planeten in den nächsten 500.000 Jahren zu beeinflussen. Zwischenraum Vor etwa 70 Jahren lösten wir das Anthropozän aus, als unsere auf fossilen Brennstoffe basierende industrialisierte Weltherrschaft tatsächlich globale Ausmaße erreichte und die Kurven etliche Menschen gemacht der Einfluss Faktoren nach langer Stabilität wie Hockey Schläger steil nach oben zu steigen gegangen.
Die große Beschleunigung ist eine Tatsache. Sie zeigt sich in einem raschen Anstieg der Emissionen von Treibhausgasen, des Einsatzes von Düngemitteln, des Wasserverbrauchs und der Fangmengen in der Seefischerei wie auch in der zunehmenden Schädigung der Biosphäre an Land, um nur einige Bereiche zu nennen [...]
Die Lage ist indessen weitaus dramatischer, als diese bereits schwindelerregenden Erkenntnisse vermuten lassen. Wir haben nicht nur vor Kurzem ein gänzlich neues geologisches Zeitalter herbeigeführt. Wir befinden uns vielmehr schon tief im Anthropozän und unser Planet zeigt erste Anzeichen, dass er weiteren menschlichen Missbrauch nicht zu ertragen vermag. Nur 70 Jahre nach dem Beginn des Anthropozäns sind wir zu der Erkenntnis gezwungen, dass die Widerstandskraft der des Erdsystems an ihre Grenzen stößt und die Erde ihre biophysikalische Fähigkeit verliert, den Druck – die Belastung und die Verschmutzung, denen wir sie aussetzen – abzupuffern und zu dämpfen.
Die wissenschaftliche Gemeinschaft hat heute zu klären, ob wir Gefahr laufen, das gesamte Erdsystem zu destabilisieren. Das heißt, biophysikalische Systeme und Prozesse – wie Eisflächen, Wälder und die Wärmezirkulation in den Weltmeeren – über Kipppunkte zu treiben. An diesen Punkten gehen Rückkopplungsschleifen von einer Funktion von Abkühlung und Dämpfung zu einer Funktion von Erwärmung und Selbstverstärkung über. Das wiederum könnte dazu führen, dass der gesamte Planet sich irreversibel von dem stabilen interglazialen Zustand der Holozäns entfernt, von dem wir seit der Entstehung menschlicher Zivilisationen vor etwa 10.000 Jahren profitieren und auf den wir weiterhin vollständig angewiesen sind. [...]
Auch wenn es besorgniserregenden Hinweise auf eine Destabilisierung des Erdsystems gibt, bleibt das Gesamtsystem doch weiterhin in einem interglazialen, dem Holozän entsprechenden Zustand. Das mag seltsam erscheinen, gibt aber zugleich auch Anlass zur Hoffnung. Das Holozän ist ein Zustand des Planeten (eine Zwischeneiszeit mit zwei Eiskappen in Arktis und Antarktis), das Anthropozän ist dagegen nur ein Entwicklungstrend – eine Bewegung weg vom Holozän, aber noch kein neuer Zustand.
Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Hoffnung trügerisch ist. [...] Wir haben die Obergrenze des komfortablen interglazialen Zustandes erreicht, in dem die Temperaturen niemals den 'Korridor des Lebens' von plus oder minus 1 °C verließen. Unsere große Herausforderung besteht darin, die gegenwärtige Entwicklung zu stoppen und zu verhindern, dass aus dem Anthropozän eine neue, sich selbst verstärken der Warmzeit wird. Die einzige Möglichkeit für einen Erfolg dieser menschlichen Bemühungen liegt in dem Versuch, die Überschreitung jener Kipppunkte innerhalb des Erdsystems zu vermeiden, die den Zustand des Klimas und der lebenden Biosphäre regulieren. Dazu ist es wiederum erforderlich, dass wir die globalen Gemeingüter – alle für die Regulierung des Gesamtzustandes der Erde bedeutsamen biophysikalischen Systeme – auf globaler Ebene innerhalb von Grenzen halten, die einen wissenschaftlich definierten sicheren Lebensraum auf der Erde gewährleisten.
Unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft und unsere Zivilisation basieren auf zwei Annahmen hinsichtlich der natürlichen Welt: erstens, dass Veränderungen linear und jeweils nur in kleinen Schritten erfolgen [...]. Und zweitens, dass die Biosphäre in nahezu unbegrenzten Ausmaß in der Lage ist, menschliche Einflussnahme zu absorbieren [...] und mit unserer Ressourcenentnahme [...] zurecht zu kommen.
Die Wissenschaft der Resilienz und der komplexen Systeme widerlegt beide Annahmen. Die biophysikalischen Systeme der Erde[...] bestimmen letztlich, wie bewohnbar unser Planet ist. Sie tun das nicht nur, indem sie uns Menschen ganz direkte Dienste erweisen [...], sondern auch aufgrund einer eingebauten Resilienz [...] die Temperatur der Erde in einem engen Bereich zu halten. Das geht jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt. Jenseits dieser Schwelle kippt das System – ein Korallenriff, eine Permafrosttundra oder ein Wald in einer gemäßigten Zone – und wechselt unmittelbar von einem Zustand zu einem qualitativ andersartigen.
Kipppunkte werden erreicht, wenn eine kleine Veränderung [...] eine große irreversible Veränderung auslöst – zum Beispiel, dass aus einem Regenwald eine trockene Savanne wird. Diese Veränderung wird durch sich selbst verstärkende 'Rückkopplungsschleifen' vorangetrieben – so kann die Veränderung auch dann noch weitergehen, wenn der ursprüngliche Druck (die globale Erwärmung) bereits nachgelassen hat. [...] Wenn wir heute oder innerhalb der nächsten Jahrzehnte Kipppunkte überschreiten, zeigen die vollen und nicht mehr zu stoppenden Auswirkungen sich möglicherweise erst nach Hunderten oder gar Tausenden Jahren. Ein Beispiel dafür ist der Anstieg des Meeresspiegels aufgrund des Abschmelzens von Inlandeis. Dieses Abschmelzen wird Jahrhunderte oder Jahrtausende anhalten und der Meeresspiegel wird auch danach noch Tausende Jahre auf hohem Niveau bleiben. Schon durch eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur um 1,5 °C verdammen wir, wie der IPCC gezeigt hat, zukünftige Generationen zu einem um mindestens 2 Meter höheren Meeresspiegel, auch wenn dieses Niveau erst in 2000 Jahren erreicht werden dürfte. [...] (S.33-37)
Auf den Seiten 38 bis 41 wird anhand von Schaubildern verdeutlicht, dass alle biophysikalischen untereinander verbunden sind und dass deshalb die Gefahr, dass Entwicklung in einem Bereich Kipppunkte in einem anderen Bereich auslösen könnte extrem hoch ist. Der bisherige Erkenntnisgewinn hat stets dazu geführt, dass der IPCC-Bericht 'das Risiko irreversibler Veränderungen mit beträchtlichen Auswirkungen' (S.41), das im vorigen Bericht erst bei höheren Temperaturen erwartet wurde, schon bei deutlich niedrigeren Temperaturen gesehen wird. Was 2001 erst bei einer Erhöhung zwischen 5 und 6°C gesehen wurde, sah der sechste Bericht von 2021/2022 schon bei 1,1°C, der Erhöhung, die bereits 2021 erreicht wurde.
Diese komplexe Dynamik und ihre genaue Funktionsweise sind zwar wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt, doch sie geben Anlass zur Besorgnis und bieten sogar noch stärkere wissenschaftliche Argumente für rasche präventive Maßnahmen zur Lösung der Klimakrise. [...] Je mehr wir über die Funktionsweise des Klimasystems in Erfahrung bringen, desto größer ist der Anlass zur Besorgnis. [...]"
1.9 "Dies ist die größte Geschichte der Welt", 42
"Unsere Ursprünge lassen sich wie die aller anderen Lebewesen durch die Tiefen der Zeit bis zu den Quellen des Lebens zurückverfolgen, und daher sind wir untrennbar mit der Natur verbunden, soweit wir uns auch von ihr entfernen mögen. [...] Wer ist dafür verantwortlich, diese umfassende, ganzheitliche Geschichte zusammenzufügen? [...] Die Antwort ist: niemand – oder vielmehr wir alle. [...] Der Wandel, den wir brauchen, um diese sichere Zukunft zu gewährleisten, wird nicht aus dem Nichts kommen. Er wird aus einem Wandel der öffentlichen Meinung erwachsen, und dieser Wandel muss von uns mit allen effektiven Mitteln herbeigeführt werden, die wir aufbieten können. Er wird davon getrieben, wie wir entscheiden, diese Geschichte zu vermitteln. Es gibt keine Einheitsbotschaft, die für alle funktioniert. Es sind Tausende – sogar Millionen – unterschiedliche Herangehensweisen notwendig, aber im Augenblick sind unsere Ressourcen, gelinde gesagt, beschränkt. Wir müssen koka soppa pa en spik, wie wir in Schweden sagen, 'aus einem Nagel eine Suppe kochen', also mit dem auskommen, was wir haben. Und was wir haben ist Moral, Empathie, wissenschaftliche Erkenntnisse, Medien und – in einigen glücklichen Teilen der Welt – Demokratie. Das sind einige der besten Instrumente, über die wir gegenwärtig verfügen, und wir alle müssen anfangen, sie zu nutzen." (S.42/43)
Wie unser Planet verändert wird
2.1 "Das Wetter scheint auf Steroiden zu sein", 50
Thunberg: "'Das ist die neue Normalität', hören wir häufig wenn es um rapide Veränderungen unserer alltäglichen Wetterverhältnisse geht – Wald – und Buschbrände, Hurrikans, Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürme, Dürren und sofort. [...] Aber das ist keineswegs die 'neue Normalität'. Was wir derzeit erleben, ist lediglich der Anfang eines Klimawandels [...] (S. 50)
2.2 Wärme, 52
Katharine Hayhoe: "In unserem Alltag nehmen die meisten von uns weniger eine globale Erwärmung war, als vielmehr ein Verrücktspielen unseres Wetters. (S.54)
"Extrem hohe Temperaturen sind heute schon weit verbreitet, und je mehr Treibhausgase wir in die Atmosphäre pumpen, desto schlimmer wird es werden. Wer 1960 geboren ist, dürfte in seinem ganzen Leben nur vier große Hitzewellen erleben. Eins 2020 geborenes Kind wird dagegen, selbst wenn wir das in Paris vereinbarte Ziel einer Beschränkung der Temperaturerhöhung auf 1,5 °C erreichen, insgesamt 18 Ereignisse dieser Art erleben. Und diese Zahl verdoppelt sich noch für jedes halbe Grad zusätzlichen Temperaturanstiegs." (S.53)
2.3 Methan und kurzlebige Treiber des Klimawandels, 55
Zeke Hausfather: "Das Ausmaß, in dem wir uns auf die Verringerung der CO2- und Methanemissionen konzentrieren sollten, hängt davon ab, ob wir kurz- oder langfristigen Zielen den Vorrang geben. Falls wir glauben, dass wir kurz vor dramatischen Kipppunkten stehen, bietet die Reduzierung der Methanemissionen eine Möglichkeit, die Erwärmung rasch zu verringern. Wenn es uns eher um die Temperaturen in den Jahren 2050 oder 2070 geht, kommt der heutigen Reduzierung der CO2-Emissionen größere Bedeutung zu. Wenn möglich, sollten wir allerdings versuchen, beide Emissionen zu verringern." (S.56)
2.4 Luftverschmutzung und Aerosole, 59
Björn H. Samset: "Wir Menschen beeinflussen das Klima in vielfältiger und komplexer Weise. Die globale Erwärmung aufgrund der Emission von Treibhausgasen ist einer dieser Wege, aber in vielen Teilen der Erde sind Aerosole ebenso bedeutsam. Bislang haben sie die Erderwärmung teilweise in Grenzen gehalten. Dieser Einfluss wird sich wahrscheinlich jedoch dramatisch verringern, wenn wir zu einer klimaneutralen Gesellschaft übergehen." (S.61)
2.5 Wolken, 62
Paulo Ceppi: "Wir wissen zwar schon seit langem, dass die Konzentration von Treibhausgasen zu einer Erwärmung der Erde führt, doch das genaue Ausmaß der Erwärmung hängt weitgehend von den Wolken ab. [...] So gilt etwa: je höher die Wolke, desto größer die Wirkung nach Art einer isolierenden Decke. Im globalen Durchschnitt jedoch und unter Berücksichtigung sämtlicher Wolkenarten ist der kühlende Sonnenschirmeffekt etwa doppelt so groß wie die Wirkung nach Art einer isolierenden Decke. Unser Planet wäre erheblich wärmer, wenn es keine Wolken gäbe.
Wenn es gar keine Wolken gäbe, wäre die Wirkung auf das Klima etwa fünf mal so groß wie die einer Verdopplung der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre. Daraus folgt, dass selbst geringfügige Veränderungen in der Wolkenbedeckung die zukünftige globale Erwärmung beträchtlich vergrößern oder verkleinern könnten. [...] Das Wolkenfeedback war lange Zeit ein großer Unsicherheitsfaktor bei der Prognose des Klimawandels. [...] Neuere wissenschaftliche Fortschritte veranlassen indessen Klimawissenschaftler zu dem Schluss, dass Wolken die globale Erwärmung insgesamt verstärken. Beobachtungen und Modelle zeigen, dass dies auf zweierlei Weise geschieht. Ein Anstieg der Anzahl niedriger Wolken über den Weltmeeren im Bereich der Tropen verringert den Sonnenschirmeffekt und vergrößert entsprechend die Absorption von Sonnenlicht an der Meeresoberfläche. Ein weltweiter Anstieg in der Höhe der Wolken verstärkt zugleich deren Wirkung als isolierende Decke." (S.62/63)
2.6 Die rasche Erwärmung der Arktis und der Jetstream, 64
Jennifer Francis:
2.7 Gefährliches Wetter, 69
Friederike Otto:
2.8 "Der Schneeball ist ins Rollen gebracht", 74
Thunberg: Vielleicht ist die Bezeichnung das Problem. Klimawandel. Das klingt nicht sonderlich schlimm. [...] Menschen, die in einem der zahlreichen Länder des globalen Nordens mit hohen Emissionen leben, könnten die Vorstellung eines Klimawandels durchaus für alles andere als beunruhigend und gefährlich halten. Eine sich ändernde Welt. Ein wärmer werdender Planet. Was sollte man daran nicht mögen?
[...] Aber das Klima verändert sich nicht einfach nur, es destabilisiert sich. Es bricht zusammen. (S. 74)
2.9 Dürren und Überschwemmungen, 76
Kate Marvel: "Die Erde stellt ihr Wasser in der Regel nicht selbst her. Sie braucht es nicht. Viel davon kam bei der Entstehung des Planeten aus dem All, und seither ist diese Menge weitgehend dieselbe geblieben. [...] Wenn der Planet zuweilen auf seiner Umlaufbahn um die Sonne ein wenig ins Taumeln gerät, bleibt das Eis für ein oder zwei Weltzeitalter in Gletschern gefangen. Ist die Eiszeit zu Ende, entkommt es diesen Gefängnis in einer frischen Sturzflut und strömt in die wachsenden Ozeane. In kürzeren Zeitspannen – Tagen, Monaten oder der menschlichen Lebenszeit – zirkuliert es zwischen Meer oder Land und dem Himmel, wird weder erzeugt noch zerstört, aber ändetr doch ständig seine Gestalt.
Der Gestaltwechsel ist eine anstrengende Arbeit. Für die Verdunstung einer Flüssigkeit ist Energie vonnöten, weshalb denn auch unser Körper an heißen Tagen nass und klebrig wird. Die Verdunstung zieht Energie von der Oberfläche ab und befördert sie in den Himmel. Die Verdunstung heizt die obere Atmosphäre auf, Die wiederum Wärme an den kalten Weltraum abgibt. Wasser ist in Dampfform unsichtbar, doch der Himmel ist erkennbar mit weißen und grauen Wolken bemalt – Ansammlungen winzige Wassertröpfchen und Eiskristalle. [...]
Bei steigenden Temperaturen schwitzt die Erde noch stärker. Die Luft verlangt von der Erdoberfläche Wasser, und überlässt die Feuchtigkeit den durstigen Himmel. Die Ozeane können die gesteigerte Nachfrage problemlos bewältigen. An Land jedoch ist das Wasser im Boden gespeichert, wie in einem Schwamm. Selbst in Jahren mit durchschnittlichen Niederschlägen kann die gierige Luft das Lebensblut aus dem Boden saugen und ihn ausgedörrt und tot zurücklassen. Der Südwesten Nordamerikas erlebt die schlimmste Megadürre der Geschichte, und die Trockenheit dürfte noch zunehmen. [...]
Bei der Verdunstung verwandelt sich die Flüssigkeit in Dampf: farblos, geruchlos, aber durchaus nicht ohne Gewicht. In der Atmosphäre befinden sich 10 Millionen Milliarden Kilogramm Wasserdampf, bewegen sich auf und ab und seitwärts und üben allenthalben Druck aus. Am Ende wird der Druck unerträglich, und ein Teil des Wasserdampf verschwindet aus der Luft, indem er sich wieder in flüssiges Wasser verwandelt. Der Schwellenwert, bei dem das geschieht, steigt rasch mit der Temperatur: Heisere Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen. [...] Wenn es auf einem heißeren Planeten regnet, gießt es in Strömen. Eine wärmere Welt wird unter der Dürre leiden, doch aufgrund der grausamen Logik des Wasserkreislaufs wird es auch Überschwemmungen geben.
Die verschärften Dürren und katastrophalen Überschwemmungen sind charakteristische Fingerabdrücke menschlicher Eingriffe, [...] Satellitenbeobachtungen zeigen langfristige Veränderungen der Niederschlagsmuster [...] Das Wasser im Süd- und Nordpolarmeer hat wegen der verstärkten Niederschläge dort an Salzgehalt verloren, während der Salzgehalt des Mittelmeers und der subtropischen Meeresregionen wegen der trockenen Luft gestiegen ist. Auf dem Land bieten alte Bäume die Möglichkeit, weit zurückreichende Zusammenhänge für die Gegenwart zu erschließen. Ihre inneren Wachstumsringe erzählen eine Geschichte von feuchten und trockenen Jahren, von wechselnden Feuchtigkeitsbedingungen in den Böden, aus denen sie ihre Nahrung bezogen. [...] Zu Dürren käme es auch in einer Welt ohne Menschen. Ungewöhnlich ist jedoch, dass all diese Gebiete zur selben Zeit austrocknen. Das kann die Natur nicht. Aber wir können es.
Wir leben heute in einer Welt, die wir weitgehend selbst geschaffen haben. [...] Wir werden unseren Umgang mit der Welt überdenken. Wir werden unsere Energie von der Sonne und dem Wind beziehen, die den Tanz des Wassers von der Oberfläche in die Atmosphäre und zurück antreiben. Wir werden fortbestehen und uns wandeln wie das Wasser, auf das wir angewiesen sind. Wir müssen es." (S.76-78)
2.10 Eisschilde, Schelfeis und Gletscher, 79
Ricarda Winkelmann: "Die Polargebiete sind effektive Frühwarnsysteme für das Voranschreiten des Klimawandels – und diese Frühwarnsysteme schlagen nun Alarm."
2.11 Die Erwärmung der Meere und der Anstieg des Meeresspiegels, 82
Stefan Rahmstorf:
2.12 Versauerung der Ozeane und Meeresökosysteme, 88
Hans-Otto Pörtner: "Selbst wenn die gegenwärtigen Bemühungen, CO2–Emissionen zu reduzieren und letztlich ganz zu vermeiden, ein voller Erfolg sein sollten, wird die Versauerung der Meere samt der daraus erwachsenen Gefahren für marine Organismen und Ökosysteme noch lange erhalten bleiben.
2.13 Mikroplastik, 91
Karin Kvale: "Die Aufnahme von Mikroplastik stellt eine Belastung für am Meeresboden lebende Tiere dar und beeinträchtigt deren Fortpflanzung, so dass die Funktionsweise des gesamten Ökosystems Schaden nehmen kann."
2.14 Süßwasser, 94
Peter H. Gleick:
2.15 "Es ist viel näher als wir glauben", 96
Thunberg: "So schmilzt der Permafrostboden nicht nur an den Küsten des arktischen Ozeans. Er schmilzt auch in Italien, Österreich und anderen alpinen Bergregionen. In der Schweiz machte 2017 ein gewaltiger Erdrutsch, teils ausgelöst durch schmelzende Permafrostböden in großer Höhe, das Dorf Bondo dem Erdboden gleich." (S.97)
2.16 Waldbrände, 102
Joëlle Gergis: "[...] Bei großen Waldbränden werden durch die Verbrennung der Vegetation riesige Mengen Kohlenstoff in die Atmosphäre entlassen. [...] Neben ihren Auswirkungen auf die Emissionen produzieren Waldbrände auch große Rauchwolken, die eine für die menschliche Gesundheit schädliche Luftverschmutzung darstellen; sie kontaminieren das Wasser in den niedergebrannten Wassereinzugsgebieten und vernichten Habitate und wildlebende Tiere, die zur Aufrechterhaltung der globalen Bio Diversität erforderlich sind. Ein Beispiel für die komplexen Wechselwirkungen ist das Amazonasgebiet in Südamerika, eine riesige kohlenstoffsenke, die wegen des Klimawandels heute austrocknet, und zugleich werden die Wälder niedergebrannt oder gefällt, um Platz für eine industrialisierte Landwirtschaft zu schaffen. Das stellt nicht nur eine Gefahr für den globalen Kohlenstoffkreislauf da, sondern droht auch einen der verbliebenen Biodiversitätshotspots der Welt zu zerstören. [...] Die Rekordwaldbrände in Australien vernichteten in einer einzigen Waldbrandsaison phänomenale 24 Millionen Hektar und setzten über 715 Millionen Tonnen Kohlendioxid frei – das ist mehr als die gesamten Emissionen des Landes innerhalb eines ganzen Jahres. Und durch das gewaltige Ausmaß der Zerstörung von Lebensräumen wurden unvorstellbare 3 Milliarden Tiere getötet oder vertrieben. [...] Weiter nördlich setzten Hitze und Dürre beispiellosen Ausmaßes die arktischen Wälder und Torflandschaften Sibiriens und Ostrusslands in Brand, wobei die Rauchfahnen erstmals in der aufgezeichneten Geschichte den Nordpol erreichten." (S.102-104)
2.17 Das Amazonasgebiet, S.106
Carlos Nobre/Julia Arieira/Natália Nascimento: "[...] 95 % der Entwaldung erfolgt innerhalb eines Streifens von 5,5 km beiderseits der Straßen." (S.107)
2.18 Boreale und gemäßigte Wälder, 109
Berverly E. Law: "[...] Besorgniserregend ist indessen, dass in kohlenstoffreichen Wäldern in aller Welt bereits Kipppunkte überschritten wurden, an denen sie sich aus Senken in Quellen verwandelten. So geschah es 2002 in Wäldern in British Columbia, [...]" (S.112)
2.19 Terrestrische Biodiversität
Adriana de Palma / Andy Purvis:: [...] Die erste menschengemachte Veränderung liegt weit zurück in der Vorgeschichte, als wir erstmals mit zahlreichen Arten in aller Welt in Berührung kamen. Unsere Jagd trug zur Ausrottung vieler große Säugetiere – und Vogelarten (das 'Aussterben der Megafauna') bei, während Ratten und Katzen, für deren Ausbreitung wie auf vielen isolierten Inseln sorgten, diverse Vogelarten vernichteten, die inzwischen flugunfähig waren, weil sie sich in einer von räuberfreien Umwelt entwickelt hatten.
Vor etwa 10.000 Jahren begann die sesshafte Landwirtschaft das Nomadendasein zu ersetzen und löste damit die zweite Veränderungswelle aus. [...]
Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts führten miteinander verbundene Revolutionen in Landwirtschaft und produzierenden Gewerbe zur dritten Welle. Aus der Bewirtschaftung der Ökosysteme wurde deren Beherrschung. Das daraus resultierende Bevölkerungswachstum erhöhte den Bedarf an Ackerland und Holz als Bau- und Brennstoff, was zu einer weiteren Entwaldung führte. Heute benutzen wir in fast allen Bereichen der Wirtschaft fossile Brennstoffe und produzieren CO2 weitaus schneller, als die Ökosysteme aufnehmen können. [...] In Regionen mit weit verbreiteter Subsistenzlandwirtschaft ähneln die Auswirkungen eher denen in der zweiten Welle. Dort kommt es lokal zu einem verstärkten Verlust an Biodiversität, wenn komplexe natürliche in weniger komplexe agrarische Ökosysteme umgewandelt werden, doch die so entstehenden Landschaften – ein komplizierter häufig wechselnder, aber von Agrochemie freigehaltener Flickenteppich - vermag die Biodiversität auf einem mittleren Niveau zu halten.
In Regionen, in denen die dritte Welle in vollem Gange ist, ist das Gewebe des Lebens inzwischen so dünn, dass es zerreißen kann. Intensiv bewirtschaftetes Ackerland ist derart einfach strukturiert, dass es dort nur wenig Vegetation für wildlebende Arten gibt. Da man dem Ökosystemen so viel Biomasse entnimmt, bleibt nur wenig zurück, das als Grundlage für komplexe Nahrungsnetzwerke dienen könnte. Die globale Vegetationsbiomasse und die Baumbedeckung sind heute nur etwa halb so groß, wie sie es unter natürlichen Bedingungen wären. Und der Viehbestand der Erde ist deutlich größer als der Gesamtbestand der mehr als 5000 Arten wildlebender Säugetiere. [...] Ironischerweise sind die an Schädlingsbekämpfungsmittel am besten angepassten Arten ausgerechnet die Schädlinge selbst, während oft Tausende von Arten, die zur natürlichen Schädlingsbekämpfung, zur Bestäubung und zur Bodenverbesserung hätten beitragen können, vernichtet werden. Dazu gehören zahlreiche Wespenarten, deren Larven Schädlinge [...] auffressen; außerdem Bienen, Fliegen, Käfer, Nachtfalter und Schmetterlinge, die von den meisten Nutzpflanzen für die Bestäubung benötigt werden; Und schließlich Regenwürmer und zahlreiche Insekten wie Springschwänze, die Nährstoffe aus toten Pflanzen recyceln und den Boden düngen. Die intensive Landwirtschaft hat die Agrarproduktion zwar beträchtlich gesteigert, doch fast alle übrigen Vorzüge der Natur für den Menschen sind in den letzten 50 Jahren weltweit zurückgegangen. Die jüngste Bedrohung für die Natur ist der von Menschen gemachte Klimawandel. [...] Der Klimawandel hat zwar bisher längst nicht zu solchen Biodiversitätsverlusten geführt wie die Landnutzung durch die Menschen, doch die Alarmglocken läuten. Eine große regionale Artenvielfalt entstand nur, wenn das Klima stabil war. [...] Wenn Ökosysteme an Biodiversität verlieren, speichern Sie auch [weniger] Kohlenstoff und können schlechter mit Extremwetterereignissen und anderen Aspekten des Klimawandels fertig werden. Eine nachhaltige Zukunft ist dennoch möglich, wenn wir der Natur mehr Raum geben und weniger von ihr verlangen. Wenn wir die Zahl der aussterbenden Arten in den kommenden Jahrzehnten möglichst gering halten und die schlimmsten Auswirkungen der Erwärmung vermeiden wollen, müssen wir uns um die Regionen mit einem reichen Bestand an einzigartigen Arten kümmern, indem wir Ökosysteme wiederherstellen und schützen. Die Wiederherstellung von Ökosystemen mit hoher Kohlenstoffeinlagerung und hoher Biodiversität ist eine wahrhaft auf der Natur basierende – und dringliche Lösung." (S.115/17)
2.20 Insekten
Dave Goulson: "Mein Leben lang haben Insekten mich fasziniert. Schon mit fünf oder sechs Jahren sammelte ich gelb-schwarz geringe lte Raupen in dem Unkrautstreifen [...] und fütterte sie, bis sie sich schließlich in [...] Nachtfalter verwandelten (die Sie möglicherweise als Jakobskrautbären erkannt hätten). [...] In den letzten 30 Jahren spezialisierte ich mich auf die Erforschung der Ökologie von Hummeln, den großen, pelzigen, geringelten Bienen, die während des ganzen Frühjahrs und Sommer schwerfällig zwischen den Blumen auf unseren Wiesen umhersummen. Ihre tollpatschige Erscheinung täuscht indessen, denn in der Insektenwelt sind sie intellektuelle Riesen mit einer erstaunlichen Navigations- und Lernfähigkeit und einem komplexen, zuweilen auch blutrünstigen sozialen Leben." (S.118)
"Insekten bilden den Löwenanteil des Lebens auf der Erde. Mehr als zwei Drittel der 1,5 Millionen bekannten Arten sind Insekten.[...]
Ohne Insekten würde unsere Welt zum Stillstand kommen. Sie kann ohne Insekten nicht funktionieren.
[...] In Großbritannien sind die Schmetterlingspopulationen seit 1976 um 50 Prozent geschrumpft. Die Biomasse der Fluginsekten verringerte sich in deutschen Naturschutzgebieten von 1989-2016 um alarmierende 76 Prozent. In den Niederlanden gegen die Population der Köcher fliegen zwischen 2006 und 2017 um 60 Prozent und die Biomasse der Nachtfalter zwischen 1997 und 2017 um 61 Prozent zurück [...] Versuche zur Berechnung eines durchschnittlichen Rückgangs lassen den Schluss zu, dass dieser Wert bei 1 bis 2 Prozent jährlich liegen dürfte. Das mag nicht viel erscheinen, könnte aber einer Apokalypse der Insekten innerhalb einer einzigen menschlichen Lebenszeit nahekommen. Leider werden wissen wir nicht, wann dieser Rückgang begann, da wir für die Zeit vor den 1970er Jahren keine Daten besitzen. Wahrscheinlich beobachten wir gegenwärtig die Schlussphase eines weitaus längeren Schrumpfungsprozesses. Wir wissen auch nicht, was mit den Insekten in den Tropen geschieht, dem großen Hotspot der Insektenbiodiversität. Es ist besorgniserregend, dass die Datenlage zum Zusammenbruch der Insektenpopulationen bisher nur Stückwerk ist, fast alle Langzeitstudien zu den Insektenpopulationen stammen aus Europa und Nordamerika.
[...] Drei Jahre vor meiner Geburt, nämlich 1962, warnte Rachel Carson in ihrem Buch Der stumme Frühling, wir fügten unserem Planeten fürchterlichen Schaden zu. [...] Die von Carson aufgezeigten Probleme mit Pestiziden und Düngemitteln haben sich noch deutlich verschärft. Jedes Jahr gelangen heute weltweit schätzungsweise 3 Millionen Tonnen Pestizide in die Umwelt [...] die weitaus giftiger für Insekten sind als alles, was es zu Carsons Zeit auf diesem Gebiet gab. So ist das zu den Neonikotinoiden gehörende Insektizid Imidacloprid heute das weltweit meist eingesetzte Insektizid, obwohl die EU es 2018 wegen seiner Bienenschädlichkeit verbot. Imidacloprid ist für Bienen 7000 Mal giftiger als das in den 1960er und 1970er Jahren weithin verwendete Insektizid DDT." (S.118/119)
"Der US-amerikanische Biologe Paul Ehrlich verglich den Artenverlust in einer ökologischen Gemeinschaft einmal mit Nieten, die sich zufällig aus den Flügeln eines Flugzeugs lösen. Verliert das Flugzeug eine oder zwei Nieten wird das wahrscheinlich keine Folgen haben. Verliert es da gegen zehn, zwanzig oder gar fünfzig Nieten, versagen irgendwann die Flügel in katastrophaler Weise und das Flugzeug stürzt ab.
Die Insekten sind gleichsam die Nieten, die das Funktionieren von Ökosystemen gewährleisten.
Wenn wir den Rückgang der Insekten umkehren wollen, müssen wir handeln, und zwar jetzt. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft den Wert der Insekten erkennt – den Wert dessen, was sie für uns tun, und den Wert, den sie an sich darstellen. Am besten beginnen wir damit natürlich bei unseren Kindern, indem wir ihr Umweltbewusstsein möglichst früh fördern. Wir müssen unsere Städte begründen. Stellen Sie sich vor, die Städte wären voller Bäume, Gemüsegärten, Teiche und wilder Blumen in jeder verfügbaren Ecke: in Hausgärten, Stadtparks, Kleingärten [...] - sie alle frei von Pestiziden und voller Leben. [...] Wir müssen mit der Natur arbeiten, Raubinsekten und Bestäuber aktiv fördern und aufhören, die Insekten zu bekämpfen und zu vernichten. Alternative Anbauformen wie organische und biodynamische Landwirtschaft, Permakultur und Agroforstwirtschaft haben hier viel zu bieten. Es gibt einen großen Hunger nach Veränderung. [...] Es ist noch nicht vollkommen zu spät. Die meisten Insektenarten sind noch nicht ausgestorben, aber viele Bestände haben nur einen Bruchteil ihrer früheren Größe und bewegen sich am Rande der Auslöschung. [...] Wenn wir uns an Paul Ehrlichs Vergleich mit den Nieten an einem Flugzeugflügel halten, könnte es durchaus sein, dass wir dem Punkte nahe sind, an dem die Flügel abfallen." (S.121/122)
2.21 Der Naturkalender
Keith W. Larson: "[...] Sowohl das Verbreitungsgebiet als auch die Phänologie sind unglaublich empfindliche Indikatoren des Klimawandels. Sie werden inzwischen intensiv erforscht, um früher Anzeichen des Wandels in den Ökosystemen der ganzen Welt zu erkennen. Wenn unser Planet wärmer wird, bleiben den Pflanzen und Tieren nur wenige Möglichkeiten. Sie können den für ihr Leben notwendigen Bedingungen folgen, das heißt in der Regel, in größerer Höhe oder höhere Breiten auszuweichen. Oder sie verändern das Timing ihre phänologischen Ereignisse, das heißt etwa für Pflanzen, dass sie im Frühling früher austreiben und blühen. Wenn sie nicht in der Lage sind, räumlich auszuweichen oder ihre phänoogische Uhr an rasche Veränderungen des Klimas oder der Umwelt anzupassen, besteht die Gefahr, dass sie lokal, regional oder weltweit aussterben. Entscheidend ist hier die Geschwindigkeit des Wandels. [...] Im gemäßigten Nordamerika hat mehr als die Hälfte aller Pflanzen- und Tierarten ihr Verbreitungsgebiet in die Höhe oder nordwärts verlagert. Besonders dramatisch ist die Lage in der Kryosphäre (den ganzjährig vom Winter beherrschten Gebieten), wo zahlreiche arktische und antarktische Spezialisten wie Eisbären und Pinguine leben. Diese Region schrumpft jährlich um 87.000 Quadratkilometer.
Faszinierend ist auch, dass manche Arten sich an eine wärmere Welt nicht durch eine geographische Verlagerung, sondern durch eine verringerte Körpergröße anpassen. [...]
Im gemäßigten borealen und arktischen Klima kann ein durch extrem warme Winter ausgelöster Scheinfrühling verheerende Folgen für Pflanzen und deren Bestäuber haben, denen warme Frühlingstemperaturen als auslösende Reiz dienen. [...] Nicht nur Arten verlagern ihr Verbreitungsgebiet, ganze Biome verschieben sich. Für das arktische Biom, die Tundra, ist es nicht möglich, nach Norden auszuweichen. (S. 123/124)
2.22 Boden, 125
Jennifer L. Soong: "Weltweit enthält der Boden 3000 Gigatonnen Kohlenstoff – etwa das Vierfache der Kohlenstoffmenge in der Atmosphäre und in allen Pflanzen der Welt zusammen genommen. Dieser riesige unterirdische Speicher reguliert den globalen Kohlenstoffkreislauf [...] Die organischen Kohlenstoffverbindungen im Boden entstehen, wenn Pflanzen durch Photosynthese CO2 aus der Luft aufnehmen und in ihr Gewebe einbauen, wobei sie dem Boden Nährstoffe als Energielieferanten entziehen. [...] Bei der Zersetzung des pflanzlichen Materials gelangen die Nährstoffe wieder in den Boden, wo sie für weiteres Pflanzenwachstum zur Verfügung stehen, während ein Großteil der Kohlenstoffverbindungen von Mikroorganismen nahezu vollständig zerlegt und als CO2 wieder in die Atmosphäre entlassen wird. Das gilt jedoch nicht für den gesamten Kohlenstoff im Boden. Ein Teil davon bleibt im Boden, vor der Zersetzung geschützt durch klebrige mineralische Oberflächen oder zusammengehalten in Klumpen so genannter Bodenaggregate. [...] Mit der Zeit wurde die von Pflanzen im Boden deponierte Kohlenstoffmenge größer als die durch Zersetzung freigesetzte. So entstand die gewaltige Masse im Boden eingelagerten Kohlenstoffs auf die wir angewiesen sind, um die globale Bilanz der Treibhausgase auszugleichen. Das Atmen der Landflächen bei den Pflanzen Kohlenstoff einsaugen und Pflanzen im Verein mit Mikroorganismen Kohlenstoff ausstoßen, wobei ein kleiner Teil dauerhaft im Boden zurückbleibt, sorgt auf natürlichem Wege für einen um das zehnfache größeren Kohlenstoffdioxidkreislauf zwischen Boden und Atmosphäre als alle anthropogenen Emissionen zusammen genommen. Der natürliche Austausch von Kohlenstoff zwischen Atmosphäre und Boden ist von entscheidender Bedeutung für die Regulierung des Klimas – schon eine kleine Veränderung könnte gewaltige Auswirkungen auf das Klima haben und den globalen Kohlenstoffkreislauf aus dem Gleichgewicht bringen
Mit steigenden Temperaturen beschleunigt sich die Aktivität der Mikroorganismen, und die Böden beginnen, mehr CO2 in die Atmosphäre zu entlassen. [...] Diese positive Rückkopplung könnte besonders verheerend für die Ökosysteme im Norden sein, wo die Erwärmung am schnellsten erfolgt und die kalten klimatischen Bedingungen die Ansammlung eines riesigen Kohlenstoffspools ermöglicht haben. [...] Wir sollten auch mehr Bäume und andere tiefwurzelnde Gewächse anpflanzen und sie schützen. Wir sollten natürliche Ökosysteme erhalten und zu nachhaltigen Formen der Landwirtschaft übergehen. Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um den Kohlenstoffpool im Boden zu vergrößern und das CO2 in der Atmosphäre zu verringern. Unsere Welt hängt davon ab." (S.125/126)
2.23 Permafrost
Örjan Gustavsson: "Nur wenige Prozesse in der Natur könnten innerhalb von Jahrzehnten einen Nettokohlenstofftransfair vom Boden oder den Meeren in die Atmosphäre verursachen, der groß genug wäre, um die Klimakrise beträchtlich zu verschärfen. Die beiden Topkandidaten sind hier das Auftauen der Permafrostböden und der Zusammenbruch der Unterwasserhydrate – die Destabilisierung gefrorenen Methans – in der Arktis. Der Permafrost ist ein Gemisch aus Boden, Sediment, altem Torf, Steinen, Eis und organischem Material, das über das ganze Jahr hinweg gefroren bleibt und sich sowohl an Land als auch unter Wasser befindet. [...] 60 Prozent der riesigen Landfläche der russischen Föderation bestehen aus Permafrost. [...] Die unzugängliche und wissenschaftlich nahezu unerforschte Küstenregion von der Größe Deutschlands, Polens, Großbritannien, Frankreich und Spanien zusammen genommen, birgt schätzungsweise 80 Prozent des unterirdischen Permafrost der Welt und etwa 75 Prozent der oberflächennahen Hydrate der Erde. [...] Selbst wenn wir die globale Klimaerwärmung auf 1,5 °C begrenzen können, erwarten Wissenschaftler, dass bis gegen Ende unseres Jahrhunderts zwischen einem Drittel und der Hälfte des Permafrostgebiets verloren gehen wird. [...] Während der Zusammenbruch des Permafrost sich in der Arktis in den letzten Jahrzehnten verdoppelt hat, berichten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heute, dass dieser Zusammenbruch samt der zugehörigen Freisetzung von Treibhausgasen im Hochland von Tibet zehnmal schneller zunimmt. [...] Dieser schlafende Riese beginnt aufzuwachen, doch in unseren Kohlenstoffbilanzen wird er bislang nicht berücksichtigt. [...]
Wir müssen unverzüglich aufhören, den Lagerstätten in der Arktis fossile Brennstoffe zu entnehmen, und wir müssen es vermeiden, die Atmosphäre weiterhin mit kurzlebigen Schadstoffen wie rußgeladenen Aerosolen zu verschmutzen. [...] ie Emission von Rußpartikeln lässt sich leicht verringern, indem man das Abfackeln von Gas in der arktischen Erdöl- und Erdgasindustrie minimiert und im borealen Gürtel Skandinaviens, Russlands und Kanadas die Verbrennung von Holz in offenen Feuerstellen einschränkt." (S. 127-130)
2.24 Was geschieht bei einer Erwärmung um 1,5 oder 2 oder 4°C? ,131
Tamsin Edwards: "[...] Extreme Wetterereignisse jeder Art werden sich noch weiter verschlimmern (Schaubild 2 [S.132]). Bei einer Erwärmung um 1,5 °C werden die früher einmal pro Jahrzehnt aufgetreten Hitzewellen bis zur Mitte des Jahrhunderts viermal wahrscheinlicher sein, wobei hunderte Millionen von Menschen zusätzlich lebensbedrohlicher Hitze ausgesetzt sein werden. Bei einer Erwärmung um 2 °C werden solche extremen Hitzewellen fast sechsmal so wahrscheinlich sein, und bei einer Erwärmung um 4 °C werden die bisher als extrem Ereignisse angesehenen Hitzewellen fast jedes Jahr auftreten. Extreme Regenfälle und Dürren werden gleichfalls häufiger auftreten und stärker sein.
Auch aus dem All wird unsere Erde zunehmend anders aussehen. Selbst bei einer Erwärmung um 1,5 °C wird das Meer als auf dem Nordpolarmeer bis 2050 zumindest gelegentlich im September vollständig verschwunden sein. [...] Die Ozeane werden wärmer werden, die Eisschilde werden schrumpfen, der Meeresspiegel wird ansteigen – und das für Hunderte oder Tausende Jahre. [...] Eine Welt, in der immer mehr fossile Brennstoffe verbrannt würden, dürfte sich bis 2100 um 4-5 °C erwärmen. Glücklicherweise haben wir eine Politik auf den Weg gebracht, die es inzwischen unwahrscheinlicher macht, dass uns diese Zukunft droht. [...] Wenn wir diese Politik erfolgreich umsetzen, dürfte die Erwärmung nach heutigen Voraussetzungen in diesem Jahrhundert unter 3° bleiben.[...]
Doch der Kampf um das Klima wird nicht einfach gewonnen oder verloren. Es handelt sich um eine Kurve, die wir in Richtung einer besseren Welt verschieben können. [...] Was als Nächstes geschieht, bestimmen wir selbst. Zukünftige Generationen werden sehen, wie wir uns dabei geschlagen haben." (S.133-135)
Die Folgen für uns
3.1 "Die Welt hat Fieber", 142
Thunberg: "[...] der Exekutivdirektor des Health Emergencies Programme der Weltgesundheitsorganisation erklärte im Februar 2021 in einer Rede:
"Wir schaffen die Bedingungen, in denen Epidemien gedeihen, wir zwingen und drängen Menschen, wegen Klimabelastungen ihre Heimat zu verlassen. Wir tun so viel, und wir tun es im Namen der Globalisierung und einem gewissen Gefühl, jenem wunderbaren Ding nachzujagen, das man Wirtschaftswachstum nennt. Nun ja, meiner Ansicht nach ist das ein bösartiger Tumor; kein Wachstum, denn was es bewirkt; ist, dass es unhaltbare Praktiken antreibt in Bezug darauf, wie wir Gemeinden verwalten, Entwicklung verwalten, Wohlstand verwalten; wir stellen Schecks aus, die wir als Zivilisation in der Zukunft nicht einlösen können, und sie werden platzen. Meine Sorge ist, dass unsere Kinder diesen Preis bezahlen werden. Eines Tages, wenn wir nicht mehr da sind, werden unsere Kinder in einer Welt mit einer Pandemie aufwachen, die eine wesentlich höhere fallbezogene Fatalitätsrate hat, und das könnte unsere Zivilisation in die Knie zwingen. Wir brauchen eine Welt, die nachhaltiger ist, in der Profit nicht vor Gemeinschaften geht. Wo das nicht der Kernpunkt ist, wo das sklavische Festhalten an Wirtschaftswachstum aus der Gleichung herausgenommen wird."
Menschen, die dieses Buch in einigen Jahren, vielleicht auch in Jahrzehnten lesen, könnten meinen, solche Äußerungen hätten eine gewisse Wirkung erzielt. [...] Aber lassen Sie mich versichern, im Grunde hat niemand darauf reagiert. Wenn es um unsere Gesundheit geht, 'bewerfen wir uns selbst mit Steinen', wie Ana Maria Vicedo-Cabrera sagt. Gegenwärtig sind 37 Prozent der Hitzetode durch den Klimawandel verursacht, alljährlich sterben etwa zehn Millionen Menschen aufgrund von Luftverschmutzung, und da die Erde sich weiter erwärmt, könnten bis zum Ende des Jahrhunderts Milliarden Menschen von Malaria und Denguefieber bedroht sein. Und all das wegen einer Krise, die sich wohl am besten als Preis für das Streben nach kurzsichtigem Wirtschaftswachstum oder schlicht als Ergebnis einer Welt bezeichnen lässt, in der Gier, Selbstsucht und Ungleichheit alles aus dem Gleichgewicht gebracht haben." (S.143)
3.2 Gesundheitliche Argumente für ein Handeln gegen den Klimawandel, 148
Tedros Adhanom Cebreyesus: "[...] Der Klimawandel selbst verursacht keine Krankheiten, aber er hat Einfluss auf deren Verbreitungsmöglichkeiten und untergräbt unsere Bemühungen, diese zu bekämpfen. Nehmen wir zum Beispiel die Malaria. Der Anstieg der Temperaturen, der Niederschläge und der Feuchtigkeit erlaubt es dem Überträgern der Malaria, der Anophelesmücke, sich zu vermehren und ihr Verbreitungsgebiet zu erweitern. [...] Eine Studie der [...] WHO gelangt zu der konservativen Schätzung, der Klimawandel könne von 2030-2050 für zusätzliche 60.000 Malaria Tote verantwortlich sein. [...]
Da die Ärmsten meist keine Krankenversicherung haben, treiben Krankheiten und gesundheitliche Belastungen alljährlich 100 Millionen Menschen in Armut [...] Der Wechsel zu einer nährstoffreicheren, pflanzlich basierten Ernährung könnte die weltweiten Emissionen beträchtlich verringern, ein widerstandsfähigeres Nahrungssystem schaffen und bis 2050 -jährlich nahezu 5,1 Millionen ernährungsbedingte Todesfälle verhindern. [...] Viele Entscheidungsprozesse auf den Gebieten des Klimas berücksichtigen solche positiven gesundheitlichen Nebeneffekte jedoch bislang noch nicht." (S.144-146)
3.3 Hitze und Krankheit, 148
Ana M. Vicedo-Cabrera: "[...] Wenn Menschen hohen Temperaturen ausgesetzt werden, verfügen Sie über mehrere Systeme, die ihre Körpertemperatur innerhalb eines (schmalen) sicheren Bereichs um etwa 37 °C zu halten vermögen. Bei manchen Menschen funktionieren diese Systeme jedoch nicht ausreichend oder versagen bei extremen Wetterbedingungen – meist Hitze gepaart mit Feuchtigkeit. Die Luft um uns herum muss kühl sein, damit sie unsere Körperwärme abführen kann. Wir leben jedoch in Umgebungen, in denen die Luft häufig wärmer ist als unser Körper. Deshalb muss auch die Luftfeuchtigkeit niedrig sein, damit wir uns durch Schwitzen abkühlen und weiterhin Wärme aus unserem Körper ableiten können. Wenn die relative Luftfeuchtigkeit 100 Prozent erreicht, verdunstet der Schweiß jedoch nicht hinreichend und vermag unserer Haut nicht mehr abzukühlen. Temperaturen, die von 100 Prozent Luftfeuchtigkeit begleitet sind, werden als 'Feuchtkugeltemperaturen' oder 'Kühlgrenztemperaturen' bezeichnet. Kühlgrenztemperaturen um etwa 35°C sind tödlich – verursachen aber jedoch auch schon unterhalb dieser Grenze erhebliche Probleme. [...] Todesfälle sind indessen nur die Spitze des Eisbergs. So hat man auch Zusammenhänge zwischen Hitze und zunehmenden Hospitalisiertrungsrisiken aufgrund von Herzkreislauf – und Atemwegserkrankungen wie auch aufgrund von Frühgeburten gefunden. [...]
Klimaanlagen sind schlichtweg keine realistische Lösung für sehr große Zahlen von Menschen. Als nützlich haben sich auch öffentliche Hitzewarnsysteme erwiesen. Doch auch hier sollten wir vorsichtig sein, denn es ist keineswegs sicher, dass Instrumente, die heute funktionieren, auch in Zukunft noch so effizient sein werden, wie wir hoffen.
Die wachsende Ungleichheit, die beschleunigte Urbanisierung und die Erschöpfung der Bodenschätze hängen sämtlich eng mit dem Klimawandel zusammen und haben auch direkte oder indirekte Auswirkung auf unsere Gesundheit." (S. 148-150)
3.4 Luftverschmutzung, 151
Drew Shindell: "Eines der wichtigsten Mittel zur Bekämpfung der Luftverschmutzung und der Klimakrise liegt, einfach ausgedrückt, in dem Bemühen, möglichst nichts mehr zu verbrennen. [...] Und wenn wir aufhören, landwirtschaftliche Pflanzenreste zu verbrennen, und sie stattdessen unterpflügen, verringerte sich die Luftverschmutzung und lebenswichtige Nährstoffe kehrten in den Boden zurück. [...]
Es gibt noch weitere wichtige Maßnahmen, die wir ergreifen sollten, um die Luft, die wir atmen, sicherer und sauberer zu machen, etwa die Reduzierung von Emissionen aus Mülldeponien und Dung. Dadurch verringerte sich das emittierte Methan, ein Vorläufer des Ozons, und auch die giftige lokale Verschmutzung der Luft. Außerdem müssen wir den Konsum von Nahrungsmitteln reduzieren, die auf Tierhaltung basieren, denn die riesigen Populationen dieser Tiere führen zu sehr großen Methanemissionen [...] Das ist wichtig, weil im Methanemissionen heute für etwa ein Drittel der klimaaufheizenden Wirkung aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sind und jährlich zu circa 500.000 ozonbedingten vorzeitigen Todesfällen führen.
Besonders bedeutsam an den Vorteilen sauberer Luft und des Klimaschutzes ist die Tatsache, dass sie sich wechselseitig extrem gut ergänzen. [...] Die Vorteile sauberer Luft machen sich rasch bemerkbar [...] die Vorteile des Klimaschutzes brauchen dagegen generell recht lange Zeit, da das Klimasystem langsam reagiert [...] Wenn die USA ihre Emissionen reduzierten, um die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten, so erreichten sie damit für das eigene Land schon im ersten Jahrzehnt Vorteile aus sauberer Luft, die höher wären als die Kosten der gesellschaftlichen Veränderung. [...]
Eine weitere Perspektive, die das Gesamtwohl der Gesellschaft statt nur die Auswirkungen des Klimawandels in den Blick nimmt, vermag zum Handeln motivieren, weil sie den Menschen vor Augen führt, dass sie neben der Verhinderung der langfristigem, für viele nur schwer vorstellbaren Klimakatastrophe auch kurzfristig lokale gesundheitliche Vorteile erzielen können." (S.151-153)
3.5 Vektorübertragene Krankheiten, 154
Felipe J. Colón-Gonzáles: "Vektorübertragene Krankheiten – die auf den Menschen und zwischen ihnen von diversen Lebewesen die Mücken, Sandfliegen und anderen Arthropoden übertragen werden – sind für mehr als 17 Prozent der Todesfälle, Krankheiten und Behinderungen in aller Welt verantwortlich [...] Mehr als 80 Prozent der Weltbevölkerung leben derzeit in Gebieten, in denen die Menschen von mindestens einer dieser Krankheiten bedroht sind,[...] diese Krankheiten [...] stehen in überproportionalem Maße in einem Zusammenhang mit Armut und Ungleichheit und bilden ein großes Hindernis für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung. [...]
Bei einem Anstieg der globalen Temperaturen breiten sich die vektorübertragenen Krankheiten nach und nach auch in Gebieten aus, in denen sie bislang nicht auftraten, und kehren in Regionen zurück, in denen sie schon vor Jahrzehnten ausgerottet wurden.[...] Ganz allgemein kann man sagen, dass wärmere Temperaturen besser für die Ausbreitung vektorübertragener Krankheiten sind. Die Übertragung erreicht ihre Höhepunkte bei mittleren Temperaturen von etwa 25 °C. Wird es zu heiß oder zu kalt, verringert sich das Übertragungsrisiko. [...] Auch die Niederschläge sind von großer Bedeutung, vor allem für Insekten wie die Mücken, deren Entwicklung teilweise im Wasser erfolgt. [...] Selbst Dürren könnten indirekt die Entstehung solcher Brutstätten begünstigen, da die Menschen dann für Dürreperioden Wasser sammeln und speichern.[...] Bislang ist die Übertragung [in Hochlandgebieten Afrikas, im östlichen Mittelmeerraum und in Südamerika noch relativ selten,] so dass die Menschen immunologisch vulnerabel sein dürfen, und die öffentlichen Gesundheitssystem sind auf solch einen Anstieg nicht vorbereitet. [...] Zur Vorbereitung auf diese Gefahren wird es notwendig sein, in diesen potentiellen Hotspots epidemiologische Überwachung –, Kontroll- und Frühwarnsysteme einzurichten." (S.154-157)
3.6 Antibiotikaresistenz, 158
J. Brownstei, D. MacFadden, S.Mc Gough uns M. Santillana: "Besorgniserregend ist die Tatsache, dass bei der Entwicklung der Antibiotikaresistenz offenbar auch ein Zusammenhang mit dem Klimawandel besteht, wobei in wärmeren Regionen ein rascherer Anstieg des Vorkommens der Antibiotikaresistenz zu verzeichnen ist. [...] Diese Befunde erscheinen plausibel – vor allem, wenn wir berücksichtigen, in welcher Weise die Temperatur den Lebenszyklus von Bakterien und ganz allgemein die Aktivitäten von Menschen und Tieren beeinflussen kann. [...] Danach nehmen Infektionen der Haut, der Harnwege und des Blutes sämtlich in wärmeren Monaten zu. [...] Die absehbaren Muster des Klimawandels lösen möglicherweise einen Dominoeffekt aus, der die Auswirkungen der Antibiotikaresistenz in den kommenden Jahrzehnten beträchtlich verschlimmern und zu einem beschleunigten Verlust unserer besten Waffe im Kampf gegen bakterielle Infektionen führen wird. (S.158/159)
3.7 Nahrung und Ernährung, 160
Samuel S. Myers: "[...] durch die ständige weitere Zufuhr von CO2 in die Atmosphäre verliert unsere Nahrung an Nährstoffgehalt. [...] Hinsichtlich des Eisens fanden wir heraus, dass in Ländern mit Anämieraten über 20 Prozent die vulnerabelsten Teile der Bevölkerung – 1,4 Milliarden Frauen sowie Kinder unter fünf Jahren – wegen des beschriebenen CO2 Effekts auf den Nährstoffgehalt des Getreides mindestens 4 Prozent des mit der Nahrung aufgenommenen Eisen verlieren werden. [...] Fischer nutzen gut 90 Prozent der weltweiten Fischbestände bis an die Grenzen der Nachhaltigkeit oder deutlich darüber hinaus, und in der Folge gehen die weltweiten Fangerträge seit 1996 ständig zurück. [...] Aus der Perspektive der menschlichen Ernährung sind diese Trends besorgniserregend weil die Versorgung von mehr als 1 Milliarde Menschen mit Omega– 3–Fettsäuren, Vitamin B 12f, Eisen und Zink vom Wildfischfang abhängt." (S.161/162)
3.8 "Wir sitzen nicht alle im selben Boot", 166
Thunberg: "Wir sollten unser rasch schwindendes Kohlenstoffbudget als genau das sehen, was es ist: eine begrenzte natürliche Ressource, die allen Lebewesen gleichermaßen gehört. Die Tatsache, dass 90 Prozent des verbliebenen Budgets, damit wir eine 67-prozentige Chance haben, die Erderwärmung unter 1,5° C zu halten, bereits überwiegend vom globalen Norden – verbraucht sind, ist gar nicht zu übersehen. Ebenso wenig die Tatsache, dass die reichen Länder - wie meines – den Rest dieses Budgets derzeit mit erheblich größerer Geschwindigkeit verbrauchen als diejenigen, die historisch von eben diesen Staaten ausgebeutet worden.
[...] Die Tatsache, dass drei Milliarden Menschen pro Kopf und Jahr weniger Energie verbrauchen als ein amerikanischer Standardkühlschrank, vermittelt eine Vorstellung davon, wie weit wir derzeit von globaler Gleichheit und Klimagerechtigkeit entfernt sind.
Die Klimakrise ist nichts, was wir hervorgebracht haben. [...] Die Menschen in den Teilen der Welt, die für diese Krise am meisten Verantwortung tragen, müssen sich klar machen, dass es auch andere Sichtweisen gibt und sie anfangen müssen, sich damit auseinanderzusetzen. [...] Sie mögen viele Kolonien sich selbst regieren lassen, aber stattdessen kolonialisieren sie nun die Atmosphäre [...]
Indem der globale Norden die Reste unseres Kohlenstoffbudgets verbraucht, stiehlt er nicht nur seinen eigenen Kindern die Gegenwart und die Zukunft, sondern vor allen den Menschen, die in den am schlimmsten betroffenen Teilen der Welt leben [...]." (S.166/67)
3.9 Leben bei 1,1° C
Saleemul Huq: "[...] Unser weltweites Bemühen, den Temperaturanstieg unter 1,5 °C zu halten ist eine langfristige Strategie – die ist für die Zukunft. Doch wir haben die Schwelle von 1,1 °C bereits überschritten, und diese 1,1 °C richten heute schon Schäden an. Deshalb ist die Frage, wie wir mit 1,1 °C Erwärmung umgehen, in meinen Augen weitaus wichtiger als die Frage, wie wir einen Anstieg um 1,5 °C verhindern, aber damit haben wir uns noch gar nicht befasst.
Die führenden Politiker die am im November 2021 zur 26. UN-Klimakonferenz in Glasgow (COP26) zusammenkamen, begriffen das einfach nicht. Sie verhielten sich so, als könnten wir die Folgen des Klimawandels noch verhindern. Aber sie lassen sich nicht mehr verhindern. Wir leben bereits in einem Zeitalter 'des Verlusts und der Schäden'. 'Verlust' meint hier etwas, das vollständig verloren ist wie beim Verlust eines Menschenlebens. Wenn es erst einmal verloren ist, kommt es niemals zurück. Ganz gleich, wieviel Geld sie haben, es ist verloren. Dasselbe gilt für den Arten Verlust oder den Verlust eines Ökosystems. [...] 'Schäden' bezieht sich dagegen auf Dinge, die repariert werden können, falls man über das nötige Geld oder die nötigen Ressourcen verfügt. [...]
'Verlust und Schäden' ist außerdem eine schön malerische diplomatische Umschreibung für das, über das wir nicht reden dürfen: 'Verantwortung und Schadensersatz'. Diese Worte sind tabu vor allem für Diplomaten aus den USA und anderen reichen Ländern. [...]
Wir müssen heute über die globale Ungerechtigkeit nachdenken. Über die eindeutige Ungerechtigkeit, dass Verschmutzer – weitgehend reiche Menschen in aller Welt, die für den größten Teil der Kohlenstoffemissionen und Umweltschäden verantwortlich sind – armen Menschen Schaden zufügen. [...]
Die Geschichte Bangladeschs ist jedoch nicht die Geschichte von Opfern, sondern von Helden, eine Geschichte von der Zukunft unseres Planeten. Der Rest des Planeten wird morgen mit dem konfrontiert sein, was wir heute erleben, und der Rest der Planeten wird zu uns kommen, um von uns zu lernen, wie man mit diesem Problem umgehen kann. [...] ich kann einige der Lektionen weitergeben, die wir gelernt haben die erste Lektion lautet, dass sie alles Geld und alle Technologie der Welt haben mögen, aber das wird ihn trotzdem nicht helfen. [...] Man kann zum Schutz einer Stadt ein Sperrwerk bauen wie in London, aber man kann solche Sperrwerke nicht für ein ganzes Land bauen. [...]
Wirklich wichtig in Krisenzeiten ist der soziale Zusammenhalt – Menschen helfen einander [...] Als Gemeinschaft zusammenzustehen, wie wir es in Bangladesch tun, trägt zur Stärkung der Widerstandskraft und der Fähigkeit bei, mit Krisen fertig zu werden, wenn sie auftreten.
Die zweite Lektion, die wir zu bieten haben, lautet, dass es vor allem auf die jungen Menschen ankommt. Wenn sie organisiert werden, wenn sie Unterstützung und Anleitung erhalten, können Sie eine äußerst starke Kraft sein. Die Bewältigung der Klimakrise erfordert ein Umdenken, das älteren Menschen möglicherweise schwer fällt. Das ist einer der Gründe, weshalb unsere politischen Führer den notwendigen Paradigmenwechsel nicht verstehen. [...] Unsere Kinder und jungen Leute protestieren nicht nur jeden Freitag, sie gehen die ganze Woche hinaus, um anderen Menschen zu helfen, und bereiten unsere Gesellschaft auf die Auswirkungen des Klimawandels vor. [...]
Wir müssen erkennen dass wir Teil des Problem sind – wir alle sind aufgrund unserer Ernährung und Lebensweise Umweltverschmutzer.
Das heißt, wir können etwas an diesem Problem ändern und müssen unsere Emissionen verringern, wo immer das möglich ist. Es gibt jedoch Grenzen für die Möglichkeit eines einzelnen Menschen. [...] Sie müssen sich in solch einer großen Ordnung organisieren, dass Sie politisch tatsächlich etwas verändern können. Sie können Einfluss auf ihre Politiker nehmen, und ganz gleich, wie demokratisch Ihr Land ist oder welche Staatsform ihre Gesellschaft besitzt, es gibt immer Möglichkeiten, etwas zu bewirken und Druck auf politische Führer auszuüben. [...] Sie können auf globaler Ebene etwas bewirken. Beginnen Sie lokal, aber zielen sie auf das Globale!" (S.171-174)
3.10 Umweltrassismus
Jacqueline Patterson: "Anfang der 1990er Jahre arbeitete ich als Freiwillige des US–amerikanischen Peace Corps in Jamaika, dort kam mir erstmals die brutale Wirklichkeit der globalen Ungerechtigkeit voll zu Bewusstsein. Ich lebte in Habour View, einem Ort außerhalb der Hauptstadt, in dem große internationale Konzerne die Wasserversorgung verschmutzen, aber fast keine Entschädigung dafür gezahlt hatten. Als Freiwillige des Peace Corps arbeitete ich mit schwerhörigen Kleinkindern, die mit den Folgen eines Röttelnausbruchs zu kämpfen hatten, der durch eine Impfung hätte verhindert werden können. [...]
Jamaika teilt einige historische Grundlagen mit dem Land, in dem ich lebe und arbeite und das heute die Vereinigten Staaten von Amerika genannt wird. In den Gründungsmythen beider Länder spielen hygienisch gereinigten Phantasien eine entscheidende Rolle: [...] Diese Phantasien blenden jedoch die Realität des Mordens und Raubens, der Krankheiten und der Vertreibung aus. Kurz nach Ankunft in den geraubten Ländern überall in Amerika erklärten weiße Eroberer die ursprünglich indigene Bevölkerung für minderwertig und vogelfrei. Sie machten sich daran, die dort angetroffenen indigenen Gemeinschaften zu ermorden, zu versklaven und von ihrem Land zu vertreiben. Zugleich raubte man im südlich der Sahara gelegenen Afrika Menschen, verfrachtete sie als Ladung auf Schiffe und brachte sie in die westliche Hemisphäre, damit sie dort mit ihrer Sklavenarbeit die Infrastruktur aufbauten, das Land bestellten und so die Grundlage für die Industrielle Revolution und die moderne kapitalistische Ökonomie legten. Während diese Kolonisten die Herrschaft über Menschen festigten, institutionalisierten sie eine Beziehung zum Land und dessen Schätzen, die auf einer skrupellosen Ausbeutung der Bodenschätze basierte. [...] ganzen Land als frei verfügbar im Dienste wirtschaftlicher Interessen. Opferzonen – Gebiete mit hoher Umweltbelastung oder starker Verschmutzung – werden in der übergroßen Mehrzahl von Menschen mit geringem Einkommen und People of Color bewohnt. Solche gefährlichen Zonen haben sich in Crosset (Arkansas), East Chicago (Indiana), Wilmington (Delaware) und anderswo entwickelt. Eine dieser Opferzonen, Reserve in Louisiana, eine afroamerikanische Gemeinde, wird auch 'Cancer Town' (Krebsstadt) genannt. Da die Emissionen von Chloropren (einem bekannten Karzinogen) in diesem Gebiet 755-Mal über dem von der Environmental Protection Agency festgelegten Richtwert befindet, ist das Krebsrisiko da das höchste des ganzen Landes und entspricht dem Fünfzigfachen des nationalen Durchschnitts. Die für diese nahezu beispiellosem Vergiftung der Luft verantwortliche Chemiefabrik wurde auf dem Gelände einer ehemaligen Plantage errichtet, die einst auf Sklaven zurückgegriffen hatte. [...]
Die gute Nachricht lautet, dass einige der lebendigsten und anregendsten Alternativen zu diesem ausbeuterischen, rassistischen System in BIPoC–Gemeinden erprobt werden. Verbrennungsanlagen und Kohlekraftwerke werden geschlossen, , die Dakota Accesss und die Atlantic Coast Pipeline haben ihre Betriebserlaubnis verloren, während der Kampf um Linie drei (über die doppelt so viel Erdöl von den Alberta Tar Sands nach Nordwisconsin transportiert werden könnte) weiter tobt. Von Brooklyn in New York bis Boise in Idaho und Laredo in Texas setzen Aktionen von Menschen in besonders gefährdeten Gemeinden hoffnungsvolle Zeichen. [...]
Das Jenesse Center for the Domestic Violence Prevention and Intervention stellt seine Dienste vorwiegend afroamerikanischen Überlebenden häuslicher Gewalt zur Verfügung Jahrelang betrafen die größten Ausgaben des Zentrums die Kosten der Stromversorgung für Übergangswohnungen. Deshalb entschloss man sich zu einer Umstellung auf Solarenergie. Die sieben damaligen Bewohnerinnen der Übergangswohnungen wurden für die Installation von Solaranlagen ausgebildet und beteiligten sich am Einbau der neuen Solaranlage. Heute, drei Jahre später, haben diese früheren Bewohnerinnen einträgliche Jobs in der Solarindustrie und führen mit ihren Kindern ein unabhängiges Leben. [...]" (S.175-177)
3.11 Klimaflüchtlinge, 178
Abraham Lustgarten(English): "Als El Salvador plötzlich austrocknete, wusste Carlos Guevara dass er hier nicht einfach von einer Dürre sprechen konnte. Es war, als hätte die Welt sich verändert.
Im ersten Jahr wuchs der Mais, den er am Rio Lempre unweit von dessen Mündung in den Pazifik auf vier Morgen Land säte nur bis zur Hüfte heran, dann vertrocknete er in der Hitze. Die sonst übliche 40–Ballen–Ernte schrumpfte auf vier Ballen zusammen. Im folgenden Frühjahr – 2015 – wurde alles noch schlimmer. Während der Monate Mai, Juni, Juli und August fiel in dieser üppigen dschungelähnlichen Region überhaupt kein Regen. [...] 2016 warnte ihn die Bank, der er sein Land als Sicherheit für einen Saatgutkredit überlassen hatte, die nächste Anbauperiode werde erneut kaum Ertrag bringen. Seine Familie gab ihre Ersparnisse für den Kauf von Nahrungsmitteln aus, die sie früher selbst angebaut hatten. Unterdessen versuchten gewalttätige Banden, seine Kinder zu rekrutieren und verlangten 'Pacht' von der Familie. Guevaras Frau Maria mietete ein Verkaufsfenster in einem an der Straße gelegenen Laden und begann Papusas (eine Art Tortilla) zu verkaufen, um wenigstens etwas Geld für die Milch zur Ernährung ihres Sohnes zu haben. [...]
In den letzten 6000 Jahren lebten die Menschen in einem relativ schmalen Bereich ökologische Bedingungen und suchten sich einen milden Mix aus Niederschlägen und Wärme, der in etwa dem Klima in Jakarta und Singapur an einem Ende der Skala und dem in London und New York am anderen entsprach. Gegenwärtig gilt nur 1 Prozent der Erde als zu heiß und zu trocken für die Zivilisation. Doch 2070 könnten nach Ansicht von Forschern 19 Prozent der Erde unbewohnbar sein – ein Gebiet, in dem heute 3 Milliarden Menschen leben. Das lässt den Schluss zu, dass ich dort die schnellste und verheerendste Veränderung der bekannten Geschichte anbahnt, mit Hunderten Millionen Vertriebenen und weiteren Milliarden Menschen, die leiden.
Eine Massenmigration dieser Größenordnung wird eine weltweite Destabilisierung zur Folge haben. Migration kann zwar auch ihr Gutes haben – schließlich sind die USA das Ergebnis großer Einwanderungswellen. Doch der gewaltige Umfang der kommenden Migration dürfte eher Konkurrenz und Konflikte schüren, da immer mehr Menschen um immer knappe Ressourcen kämpfen, während die geopolitischen Großmächte Mauern, Zäune und Grenzanlagen errichten, um Migranten fernzuhalten. Die führenden Sicherheits– und Verteidigungsinstitutionen der Welt warnen bereits, die Klimamigration könnte zum Zusammenbruch ganzer Staaten führen und das Gleichgewicht der Macht wie auch der Vorteile in Richtung anderer Länder verschieben, nämlich Russland und China, die bereit sein werden, diese Macht einzusetzen.
Die Brennpunkte des Wandels befinden sich genau dort wo man sie erwarten darf: in den Gebieten um den Äquator, die ohnehin die wärmsten sind und auch die größten – zugleich auch am schnellsten wachsenden – Bevölkerungen besitzen. In Afrika südlich der Hall Sahara lebt 1 Milliarde Menschen und diese Zahl könnte sich in den kommenden Jahrzehnten verdoppeln. [...]
Um zukünftige Migrationsbewegungen zu verstehen, konstruierte ich [...] eine Computersimulation wie die von der Weltbank verwendete. Bei unserem Modellierung erhöhten wir die Komplexität der Dürrerisiken und berücktigten auch grenzüberschreitende Migration. Nach diesen Modellen werden bis Mitte des Jahrhunderts gut 30 Millionen Mittel Amerikaner an die Südgrenze der USA abwandern, und zwar zumindest teilweise unter dem Einfluss klimatischer Faktoren.
Das Modell zeigt in dessen auch, dass unterschiedliche politische An setze hinsichtlich des Klimawandels und der Migration zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würden. Die heute von der Politik getroffenen Entscheidungen hätten also durchaus Einfluss auf die zu künftige Entwicklung.[...]
Unmittelbar nach seiner Ankunft in den USA wurde Carlos Guevara aufgegriffen und nach Hause geschickt. Er war per Anhalter durch die Wüste gefahren, doch der Fahrer wurde wegen zu schnellen Fahrens von der Polizei zum Anhalten gezwungen. Als Guevara zu Hause ankam, stellte er fest, dass sein Dorf sich verändert hatte. Auch andere Dorfbewohner waren vor der Dürre geflohen und in die USA oder in die Städte der näheren Umgebung abgewandert, so dass sein Dorf nun leer erschien. Zu dieser Zeit kam jedoch ein Projekt des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) [...] und bot landwirtschaftliche Hilfe, Bewässerungsmöglichkeiten und die Hoffnung an, dass es für Guevara und andere möglich sei, ihre Aussichten auf ein Überleben dramatisch zu verbessern. [Es wurden Gewächshäuser gebaut, in denen hohe Erträge erzielt werden konnten, und Guevara profitierte davon.] Guevara hatte die einnahmen aus der ersten Ernte bereits wieder investiert, um seine Farm zu vergrößern und eine Milchkuh zu kaufen. Seiner Familie ging es besser als in den ganzen letzten fünf Jahren.
Seine Zukunft bleibt indessen gefährdet. Das Schicksal des WFP–Projekts hängt von der Bereitschaft ausländischer Spender ab, weitere Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Und Guevara weiß, dass sich das Klima in den kommenden fünf Jahren noch weiter verschlechtern wird. Das Gewächshaus gibt ihm einen Grund, nicht noch einmal den Trip nach Norden zu wagen – für den Augenblick. Er weiß jedoch, dass er nicht sicher sein kann, was die Zukunft bringt.
'Die Hoffnung verliert man als letztes', sagt er. 'Solange der Klimawandel anhält, werden wir niemals sicher sein, ob wir uns ernähren können.'
Nahrungsunsicherheit ist dabei, gravierendsten menschlichen Bedrohung der Erde zu werden und die Welt an den Abgrund einer gewaltigen Klimamigration zu bringen.
3.12 Der Anstieg des Meeresspiegels und kleine Inseln, 183
Michael Taylor: "Wenn die Emissionen auf dem gegenwärtigen Niveau bleiben, wird der Meeresspiegel nach den aktuellen Prognosen bis zum Ende des Jahrhunderts um einen Meter oder mehr ansteigen. [...] Jeder Bewohner einer kleinen Insel kennt eine Stelle im Meer, die früher einmal Land war. Der steigende Meeresspiegel sorgt für eine Erosion der Strände und Küstenlinien, von denen das Leben auf den Inseln ganz direkt oder auch indirekt abhängt. Ein Großteil des Tourismus in der Karibik steht in in dem Zusammenhang mit den Stränden. Dieser Wirtschaftszweig ist für 7 bis 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukt und im Durchschnitt direkt oder indirekt für 30 Prozent der Beschäftigung verantwortlich. [...]
Für kleine Inseln in der Karibik ist das Bild des steigenden Meeresspiegel nicht nur vom zukünftigen verschwinden ganze Inseln geprägt, sondern verweist auch auf das Verschwinden von Stränden, Lebensgrundlagen in der Gegenwart. [...]
Mit wenigen Ausnahmen leisten kleine Insel den geringsten Beitrag zum Klimawandel. Aber sie tragen die Hauptlast der Folgen. (S.183-185)
3.13 Regen in der Sahelzone, 186
Hindou Oumarou Ibrahim: "In der Sahelzone bedeutet Regen alles. [...] Seit langer Zeit schon kümmern wir uns um die Natur nicht allein um unserer selbst willen, sondern auch für die kommenden sieben Generationen. [...] Die Artenvielfalt ist unser bester Partner. denn wir halten die Natur nicht für ein bloßes Werkzeug, das man besitzt, benutzt und zerstört. Die Natur ist unser Supermarkt, unsere Apotheke, unser Krankenhaus, unsere Schule. [...] Vor jeder wichtigen Entscheidung sollte man sich fragen, was die sieben letzten Generationen in dieser Situation getan hätten und welche Auswirkungen die Entscheidung auf die nächsten sieben Generationen haben wird." (Seite 186 bis 188)
3.14 Winter in Sápmi, 189
Alien Anna Labba: [...] Sápmi erstreckt sich über vier Länder, den nördlichen Teil Schwedens, Norwegens, Finnlands und der Halbinsel Kola in Russland. Die Samen, Europas einziges indigene Volk, haben eine lange Tradition in der Rentierhaltung und in der Tierpflege. [...] Selbst kleine Kinder lernen zu heilen. Aber vor allem lernen sie, für den Wald und die Berge zu kämpfen, als wären sie die letzten, denn genau das lehrt sie das Leben, wenn sie sich neben dem sterbenden Kalb niederkauern. Für alles kämpfen, als wäre es das letzte – und das ist es ja auch. Als Kinder der Sonne müssen die Menschen das Land schützen, denn sonst wären wir nicht hier.
In Ländern, die ihre eigene Geschichte noch nicht aufgearbeitet haben, sehen die Menschen nicht, dass sie sich wiederholt und dass der Kolonialismus seine Gestalt ändert und neue Argumente, neue Formen findet. (S.189-191)
3.15 Kampf für den Wald, 192
Sônja Guajajara: "Ich bin eine Indigene aus dem Amazonasgebiet. [...] Unser Weg war immer schon die Verteidigung des Lebens. Seit die ersten Invasoren ihren Fuß auf dieses Land setzten, das damals nicht Brasilien genannt wurde, leben wir in einem Zustand der Wachsamkeit gegenüber ständigen und wiederkehrenden Angriffen. Das Kolonisierungsprojekt usurpierte unsere Territorien, brachte Krankheiten und Tod für den Körper, Feuer und Zerstörung für unsere Biome. Wir haben nur deshalb bis heute überlebt, weil wir unermüdliche Kämpferinnen sind und weil wir uns auf die Stärke unserer Vorfahren stützen, um Mutter Erde zu verteidigen. [...]
Das heißt, die Menschen, die sich am meisten um unseren Planeten, unsere Wälder, unsere Trinkwasserquellen kümmern, sind jene die am stärksten von deren Zerstörung betroffen sind. Das ist eine unbestreitbare, von zahlreichen wissenschaftlichen Institutionen bestätigte Tatsache: Die wahren Hüter der Wälder und des Planeten sind die indigenen Völker. Die indigenen Völker machen etwa 5 Prozent der Weltbevölkerung aus und leben auf 28 Prozent der weltweiten Flächen. Aber sie sind verantwortlich für die Bewahrung und Erhaltung von 80 Prozent der Artenvielfalt, die sich neben uns Menschen auf der Erde befindet. [...]" (S.192-193)
3.16 "Es warten enorme Herausforderungen", 196
Thunberg: "Bei den gegenwärtigen Trends der Erderwärmung könnten bis 2050 insgesamt 1,2 Milliarden Menschen zur Migration gezwungen sein schreibt Taikan Oki in seinem Beitrag zu diesem Buch. [...] Allerdings glaube ich nicht, dass viele, die wir als Klimaflüchtlinge einstufen, sich selbst so bezeichnen würden. Es mag eine Überschwemmung, eine Dürre, ein bewaffneter Konflikt oder eine klimabedingte Hungersnot sein, die sie endgültig vertreiben, aber es dürfte auch eine Kombination anderer Faktoren mitspielen wie Armut, Krankheit, Gewalt, Terror oder Unterdrückung. Alles ist miteinander verknüpft [...]
Auf Dauer werden keine Mauer und kein Stacheldraht für Sicherheit sorgen. Unsere Häfen zu schließen und Menschen im Mittelmeer oder im Ärmelkanal ertrinken zu lassen, wird diese Probleme nicht aus der Welt schaffen. Sie werden die Menschheit verfolgen, bis wir anfangen, uns um die Überwindung unserer Spaltung zu bemühen und unsere Ressourcen vernünftig und nachhaltig zu teilen.
Demokratie ist das wertvollste Instrument, dass wir haben, und es steht außer Zweifel, dass wir ohne sie keine Chance haben, die vor uns liegenden Probleme zu bewältigen. [...] Wenn wir all die tief greifenden Probleme nicht angehen, die letztlich diese um uns herum entstehende Nachhaltigkeitskrise ausmachen, wird es ohne Zweifel die Demokratie weiter aushöhlen. Schon jetzt erleben wir das auf der ganzen Welt. Und statt etwas zu unternehmen, um unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffe zu überwinden, verstärken wir sie. Damit finanzieren wir geopolitische Mächte, die eindeutig gegen Menschenrechte arbeiten. [... Kurz gesagt: Wir brauchen starke demokratische Bewegungen, die niemanden zurücklassen]
Wir brauchen Milliarden Klimaaktivistinnen und -aktivisten. Gewaltlose friedliche Demonstrationen und zivilen Ungehorsam, der die Sicherheit anderer nicht gefährdet; Streiks, Boykotts Protestmärsche und sofort. Der Menschheit ist es schon viele Male gelungen, unsere Gesellschaften zu verändern, und das können wir definitiv erneut schaffen [...] Die Nachhaltigkeitskrise, die Krise der Ungleichheit, der Demokratie – sie lassen sich nicht von einzelnen Menschen oder einzelnen Staaten bewältigen. Wir alle müssen zusammenarbeiten und müssen dies solidarisch tun." (S.196-198)
3.17 Klimawandel und Ungleichheit
3.18 Wasserknappheit
Taikan Oki: "Auf der Stockholmer Weltwasserwoche im August 2019 fragte ich Johan Rockström, ob Stockholm eine eine zivilisierte Stadt bleiben könnte, wenn sich die Durchschnittstemperatur innerhalb eines Jahrhunderts von 7 auf 15 °C und die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge von 500 auf 1500 Millimeter erhöhte. Er antwortete, wie ich es erwartet hatte, dass dies unmöglich wäre.
[...] Tokio ist nicht weit entfernt von 15 °C Jahres Durchschnittstemperatur und 1500 mm durchschnittlichem jährlichen Niederschlag. Aber die Menschen in Tokio führen ein modernes, sicheres komfortables Leben [...] Anders ausgedrückt, es geht nicht um absolute Temperaturen, nicht um die Frage, mit welchen Temperaturen oder Niederschlagsmengen unsere Gesellschaften fertig werden könnten. Vielmehr geht es darum, wie stark der Klimawandel ausfällt und wie viel Zeit wir haben, um uns daran anzupassen. [...Oki hat vor Jahren geschrieben, er Klimawandel dürfte die Wasserkreisläufe beschleunigen. Daraus könnte man schließen, dass es mehr Trinkwasserreserven geben werde....] Unsere Forschungen machten jedoch auch deutlich, dass die Veränderung der saisonalen Niederschlagsmuster und die wachsende Wahrscheinlichkeit von Extremereignissen diesen Effekt konterkarieren könnten, und zwar dort, wo die Niederschläge eine größere Unregelmäßigkeit zeigten. Wie warnten damals: 'Wenn die Gesellschaft nicht auf diese Veränderungen im Wasserkreislauf vorbereitet ist und ihn nicht sorgfältig beobachtet, laufen zahlreiche Menschen Gefahr, unter Wassermangel zu leiden und zu erleben, dass ihre Lebensgrundlagen durch Bedrohungen wie Überschwemmungen zerstört werden.' [...]
Die Zahl der Dürren hat sich in den ersten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts gegenüber den beiden letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts auf das 1,29-fache erhöht, die der Stürme auf das 1,4–fache, die der Überschwemmungen auf das 2,34–fache und die der Hitzewellen auf das 3,32–fache. Man erwartet, dass diese Auswirkungen sich mit dem weiteren Fortgang des Klimawandels noch beträchtlich verstärken und dadurch nicht nur vulnerable Gemeinschaften in Schwierigkeiten geraten werden. [...] In der Migrationskrise von 2015 erlebte Europa einen Zustrom von Migranten, der lediglich 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung Europas entsprach, aber dennoch zu politischen Spannungen und sozialen Unruhen führte. Bei den gegenwärtigen Trends der Erderwärmung könnten bis 2050 insgesamt 1,2 Milliarden Menschen zur Migration gezwungen sein. Nach Schätzungen des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen werden etwa 20 Prozent dieser Menschen ihr Land oder ihre Region vollkommen verlassen. [...]
Wenn mehr Menschen versucht hätten, das Klima durch eine Änderung ihres Verhaltens stabil zu halten, statt es durch Beharren auf diesem [Verhalten] zu verändern, wären entschiedene Maßnahmen für einen gerechten Übergang schon sehr viel früher getroffen worden. [...] Das heißt, obwohl die Trinkwasserressourcen sich in den kommenden Jahren in einigen Teilen der Welt vergrößern dürften, werden viele von uns unter den Folgen von Dürren und Überschwemmungen zu leiden haben, und besonders bedroht sind davon die 733 Millionen Menschen, die heute in Ländern mit hohem und kritischem Wassermangel Leben." (S.203-204)
3.19 Klimakonflikte
Marshall Burke: "Der Klimawandel ist zwar niemals die einzige Ursache eines Konflikts, kann jedoch [...] die Bereitschaft [...] verstärken, einander zu bekämpfen. [...] Doch das Klima ist kein Schicksal. Die menschlichen Gesellschaften können selbst entscheiden, wie viel Erwärmung sie tolerieren, und auch, wie sie mit der bereits erfolgten Erwärmung umgehen wollen. [...] Investitionen in die Fähigkeit vulnerabler Gemeinschaften, neuen klimatischen Bedingungen standzuhalten und auch unter diesen Bedingungen zu florieren, werden den Schlüssel für die Vermeidung der schlimmsten Folgen des Klimawandels bilden."[2]
3.20 Die wahren Kosten des Klimawandels
"Nach Berechnungen des Versicherungsriesen AON erlitt die Welt im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends wetterbedingte Schäden in Höhe von 1,8 Millionen US-Dollar. Im zweiten Jahrzehnt stieg diese Zahl auf 3 Billionen. Die jüngsten Waldbrände im Westen der USA wie auch die Überschwemmungen und -stürme an der Ostküste geben der Welt einen Vorgeschmack darauf, wie eine klimabedingte Finanzkrise sich selbst in einem reichen Land entwickeln könnte.
Und zwar so: Wenn die Zahl der Überschwemmungen und Waldbrände zunimmt, immer häufiger immer stärkere Stürme auftreten und die Temperaturen ansteigen, dann steigen auch die Prämien der Versicherungen gegen Naturkatastrophen für Hausbesitzer und Unternehmen. Wenn sie können, werden die Versicherer sich aus den am stärksten gefährdeten Gebieten zurückziehen. Ohne eine solche Versicherung erhalten Hausbesitzer jedoch keine Hypothekendarlehen und in den besonders brand- oder überschwemmungsgefährdeten Gebieten werden viele Hausbesitzer versuchen, ihre Immobilie zu verkaufen. Aber an wen? Und wer soll den Kauf finanzieren? Damit wären die Voraussetzungen für eine Verkaufspanik und einen Zusammenbruch des Immobilienmarktes geschaffen, die weitaus gravierender wären als die Krise von 2008, weil es sich nicht um ein einmaliges Ereignis handelte. Wie wir 2008 gesehen haben, kann eine Immobilienkrise sich rasch zu einer systemischen Finanzkrise ausweiten, weil die Banken den größten Teil der Immobilienwerte besitzen und damit auch die Risiken im Immobiliensektor tragen. [...]
Die Botschaft, die in der Politik wie in der Öffentlichkeit ankommen sollte, lautet, dass wir den Klimawandel um jeden Preis verhindern müssen, weil seine Kosten letztlich unvorstellbar und unkalkulierbar sind. " (S.210)
Was wir dagegen unternommen haben
4.1 "Wie können wir unser Versagen ungeschehen machen, wenn wir nicht einmal zugeben können, dass wir versagt haben?", 218
4.2 Das neue Leugnen S.222
Wo ist die Sorge um vulnerable Gemeinschaften, die heute schon unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden? Wo ist die Sorge um die Zukunft unserer Kinder?
4.3 Die Wahrheit über staatliche Klimaziele
Das 'Netto' in 'Nettonull bis 2045' erlaubte es, dass auch nach 2045 jährlich noch 10 Millionen Tonnen Treibhausgase emittiert würden.
4.4 "Wir gehen nicht in die richtige Richtung", 236
Thunberg zu dem Gedanken, man könne mit neuen Technologien wichtige Erfolge erzielen: "weltweit sind bislang nur etwa 20 Anlagen zur Kohlenstoffabscheidung und –speicherung in Betrieb, von denen einige nachweislich mehr CO2 freisetzen, als sie abscheiden.
Wir können uns den Ausweg aus der Klima– und Ökologiekrise nicht einfach mit Geld, Investitionen und Anlagenbau erkaufen. Dennoch steht Geld stark im Zentrum des Problems. Investitionen sind überaus wichtig. [...] Das häufig vorgebrachte Argument: 'Wir haben nicht genug Geld', wurde schon oft widerlegt. Laut dem Internationalen Währungsfond wurde die Produktion und Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas allein 2020 mit 5,9 Billionen US-Dollar subventioniert. Das sind in jeder Minute über 11 Millionen Dollar für die Zerstörung unseres Planeten. [...] Im Juni 2021 kam die internationale Energieagentur zu dem Schluss, dass von dem historischen globalen Rettungsplan gerade einmal triste 2 Prozent in grüne Energie investiert wurden – was immer 'grün' in diesem Fall heißen mag so konnten die 2 % in der EU durchaus für den Kauf von Erdgas aus Putins Russland oder für die Verbrennung von Biomasse aus Waldrodungen [!] ausgegeben werden, da diese – und viele andere – Aktivitäten nach der neuen EU-Taxonomie im Augenblick als grün gelten.
Unsere Regierenden haben also nicht nur 'etwas falsch gemacht' – sie haben völlig versagt. Und das tun sie auch weiterhin; [...]" (S.237)
4.5 Die Hartnäckigkeit der fossilen Brennstoffe, 239
Bill McKibben: "Energie bildet den rot glühenden Kern der Klimakrise. [...] Bis zum 18. Jahrhundert verbrannten die Menschen nur geringe Menden fossiler Brennstoffe. Damals stand Holz im Zentrum unserer Energiewirtschaft. [...] Wir haben genügend fossile Brennstoffe verbrannt um die CO2-Konzentration in unserer Atmosphäre auf 275 ppm (parts per million) vor der industriellen Revolution auf etwa 420 ppm heute zu erhöhen – und d.h., dass wir damit jeden Tag das Wärmeäquivalent von 500.000 Atombomben des über Hiroshima abgeworfenen Typs einfangen. Da sollte es uns nicht überraschen, dass die Eisschilde abschmelzen, der Meeresspiegel ansteigt und die Wirbelstürme an Stärke gewinnen.
Wenn wir den Klimawandel verlangsamen oder stoppen wollen, müssen wir aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen, doch aus drei Gründen ist das gar nicht so einfach.
Ein Grund liegt in der Tatsache, dass fossile Brennstoffe ein wunderbares Zeug sind. Letztlich sind sie konzentrierter Sonnenschein. [...] Ein einziges Barrel Erdöl (159 l) vermag eben so viel Arbeit zu leisten wie ein Mensch in 25 000 Arbeitsstunden. [...]
Zum Glück fanden Wissenschaftler und Ingenieurinnen zur rechten Zeit Ersatz. [...] Die ersten Modelle waren unglaublich teuer [...] mit der Zeit sanken die Preise jedoch stetig, und im letzten Jahrzehnt stürzten die Preise für Solarkraft geradezu. Dasselbe geschah bei der Windkraft [...] Dieselbe Abwärtsspirale erleben wir inzwischen auch bei den Kosten für Batterien zur Speicherung der Energie [...]
Ökonomen sagen, mit jeder Verdopplung der Solarkraft auf der Erde würden die Kosten allein schon wegen der erhöhten Effizienz um weitere 30 Prozent sinken. Für fossile Brennstoffe gilt das Gegenteil [...] Inzwischen sind erneuerbare Energien fast überall auf der Erde die billigste Energiequelle – und das selbst dann, wenn man die gewaltigen ökonomischen Kosten der Überhitzung des Planeten unberücksichtigt lässt. [...]
[Warum stellen wir dann nicht rasch auf erneuerbare Energien um?]
Schuld daran ist zum Teil schlichte Trägheit – und das ist der zweite Grund, weshalb wir nicht so schnell vorankommen, wie es eigentlich nötig wäre [...] Die Trägheit ist indessen nicht das größte Problem. Das größere sind die Kapitalinteressen – der dritte Grund, weshalb wir nicht schnell genug vorankommen. Die erneuerbaren Energien sind ganz offensichtlich sinnvoller als die fossilen Brennstoffe: Sie sind billiger, sie sind sauberer, und sie sind überall verfügbar. Doch für eine Gruppe von Leuten zählen diese Argumente nicht, nämlich für die Besitzer von Ölquellen oder Kohlebergwerken.[...] Bis vor kurzem war Exxon das größte Unternehmen der Welt. Ganze Staaten – wie etwa Russland oder Saudi-Arabien – sind letztlich Petrostaaten, die den größten Teil ihrer Einnahmen und Energie aus Kohlenwasserstoffen beziehen. Die größten politischen Geldgeber in der US-amerikanischen Geschichte, die Brüder Koch waren zugleich auch die größten Erdöl- und Erdgasbarone des Landes. Der US-Senator Joe Manchin, der mehr politische Spenden von der Öl-, Kohle- und Erdgasindustrie als irgendjemand sonst in Washington erhalten und selbst Millionen in Kohle investiert hat, war als Einzelner in der Lage, 2021 die Klimagesetzgebung umzuschreiben. In reichen Ländern mit hohem Bildungsgrad wie Kanada oder Australien gibt es politisch einflussreiche Bundesstaaten wie Alberta und Queensland, die vollständig von Kohle- und Ölgesellschaften beherrscht werden.
Diese Industrie setzt ihre Macht entschlossen ein, um Klimaschutzmaßnahmen zu verzögern. [...]
[...] Wenn wir sehen, woher unsere Energie kommt, könnte uns das auch dazu ermahnen, nicht so verschwenderisch damit umzugehen. Elektroautos sind in gewissen Sinne eine Übergangslösung, bis wir ein ordentliches (elektrisch angetriebenes) öffentliches Verkehrssystem aufgebaut haben. Denn wenn wir billige erneuerbare Energie nutzen, um immer größere Häuser zu bauen und sie mit immer mehr Krempel zu füllen, werden wir auch weiterhin die Ackerflächen und Wälder der Welt verbrauchen und die dort lebenden Tiere töten. Eine Energiewende mag unsere dringlichste Krise darstellen, aber sie markiert keineswegs die einzige Gefahr, die uns droht. [...] Wir haben den Punkt erreicht, wo wir aufhören müssen, Dinge an der Erdoberfläche zu verbrennen. Wir sollten nicht weiterhin Kohle [...]. Stattdessen sollten wir uns auf die brennende Gaskugel in 150 Millionen km Entfernung von unserer Erde verlassen. Auf Energie vom Himmel statt aus der Hölle." (S.239-243)
4.6 Der Aufstieg der Erneuerbaren, 244
Glen Peters: [...] Ein rasches Wachstum bei der Solar- und Windenergie reicht nicht aus, um die steigende Nachfrage zu befriedigen, weshalb der Verbrauch fossiler Energie und die CO2-Emissionen weiterhin zunehmen. Die Länder mit mittlerem oder niedrigem Einkommen tun durchaus viel, um ihre Emissionen zu stabilisieren und schließlich zu reduzieren. Vielfach sind sie sogar weltweit führend in der Nutzung sauberer Technologien. [...]
Die einfache Mathematik des Klimasystems aus der Sicht des 'Kohlenstoffbudgets' sagt, dass wir die fossilen Brennstoffe nur noch wenige Jahrzehnte benutzen können, nämlich etwa bis 2050, sofern keine Technologien entwickelt werden, die eine Emission des bei der Nutzung fossiler Brennstoffe entstehenden Kohlendioxid vermeiden (CO2-Abscheidung und Speicherung) oder Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre entfernen können (Negativmissionstechnologien) [...] Da mit fossilen Brennstoffe betriebene Kraftwerke oder Industrieanlagen Lebensspanne von 50 Jahren und mehr haben können, folgt daraus, dass eine derartige auf fossile Energie basierende Infrastruktur, die heute in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen gebaut wird (oder kürzlich gebaut wurde), abgeschaltet werden müsste, bevor sie das Ende ihrer Lebensspanne erreicht hätte. [...] selbst alternative Energiequellen haben ihre Kosten im Bereich der Umwelt und der Emissionen. [...] In allererster Linie gilt es, die Belastung des Systems zu verringern, und das heißt letztlich, zu einer Lebensweise überzugehen, die weniger auf materiellen Konsum ausgerichtet ist. [...] In der Praxis muss jedes Land die Politik durchführen oder die Anreize setzen, die dort Wirkung zeigen, auch wenn sie längst nicht perfekt sein mögen. [...] das Klimasystem lässt uns [...] keine Zeit um nach der perfekten, für alle akzeptable Lösung zu suchen.
Die Energiewende wird auch für manche Menschen schmerzhaft, für andere dagegen vorteilhaft sein. Das ist unvermeidlich, doch die Welt ist voller Beispiele ähnlicher Übergänge: vom Pferd zum Auto, von der Schreibmaschine zum Computer, von netzgebundenen zu mobilen Telefonen, vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb [...] Die treibenden Kräfte hinter solchen Übergängen sind vielfach nicht politische Vorstellungen, sondern Technik und Gesellschaft. [...] Es ist Aufgabe des Staates, denen zu helfen und Schutz zu bieten, die man als Kollateralschäden der Energiewende bezeichnen könnte, zum Beispiel den Bergleuten in den Kohlegruben, nicht aber jenen, die sie zu verhindern suchen wie manche mächtigen Konzerne.
[Technologie, Verhaltensänderungen und Politik werden das Problem nicht je alleine lösen können ...]. Der Fortschritt liegt im Schnittbereich der Einflussfaktoren. Mit einer sich wechselseitig ergänzenden Mischung aus Technologie, Verhaltensänderungen und politischen Wandel werden wir einen gesellschaftlichen Wandel herbeiführen, durch den wir die größten Gefahren der Klimakrise abwenden können. Die fortschreitende Klimakrise erlaubt es uns nicht, dem langsamen Übergang weg von fossilen Brennstoffen zuzuschauen. (S.245-248)
Nichtfossile Energiequellen, S.249
Solarenergie: "Die Solarenergie hat ein gewaltiges Potenzial. Sie lässt sich billig produzieren und schnell installieren, und Anlagen können durch aus ebenso viel Strom erzeugen wie herkömmliche Kraftwerke. [...] Um ihre volle Effizienz zu entfalten, muss die Solarenergie [...] durch elektrische Speichervorrichtungen [...] ergänzt werden. [...]
Eine weitere Herausforderung ist die Tatsache, dass Großanlagen sehr viel Fläche benötigen [...]
Eine Lösung ist hier die Installation von Solaranlagen auf den Dächern vorhandener Gebäude [...] Wo immer sich ein Dach oder ein Parkplatz befindet, da gibt es auch Möglichkeiten für die Installation einer Solaranlage.
Windkraft: Die häufigster Kritik an der Windkraft lautet, dass der Wind nicht immer bläst. Das ist richtig, allerdings nur für kleine Stromnetze. Für nationale oder regionale Stromnetze bläst der Wind mehr oder weniger immer. Das eigentliche Problem einer verstärkten Nutzung der Windkraft liegt in der Gefahr einer Störung der örtlichen Fauna und in den Auswirkungen auf in den auf die in der Nähe lebenden Menschen. Wie bei der Solarenergie kommt hier alles auf den Standort an. So kann man Windparks in der Nähe von Autobahnen errichten oder an Orten, an denen nur wenige Menschen davon betroffen sind und die Folgen für die Tierwelt sich in Grenzen halten, zum Beispiel in küstennahen Meeresgebieten. Die Technik eröffnet auch zunehmend die Möglichkeit, mobile Offshore-Kraftwerke einzusetzen, bei denen Klagen seitens der Anwohner seltener zu erwarten sind.
Grüner Wasserstoff: Nach Angaben des New Scientist werden gegenwärtig 96 % des Wasserstoffs aus fossilen Brennstoffe hergestellt, weshalb er heute noch längst nicht als eine erneuerbare oder nichtfossile Energielösung gelten kann. Er lässt sich jedoch auch als Wasser gewinnen und zwar unter Verwendung erneuerbarer Energien wie Windkraft oder Solarenergie. [...].
Grüner Wasserstoff ist jedoch auf einen Überfluss an billiger erneuerbarer Energie angewiesen, und das dürfte in der nächsten Zukunft kaum der Fall sein.
Kernkraft: Die Kernkraft hat [...] wegen der komplizierten Technik zahlreiche Nachteile. Die Kraftwerke sind teuer, und ihre Bauzeit ist sehr lang. [bis zu 16 Jahre]
Im Blick auf die Sicherheit besitzen Kernkraftwerke alarmierende Nachteile, die Katastrophen in Fukushima 2011 und in Tschernobyl 1986 sind Beispiele dafür. Auch im Blick auf die Sicherheitspolitik sind sie problematisch, da sie bei kriegerischen Auseinandersetzungen oder als Ziele von Terroranschlägen ausgesprochen verwundbar sind. [...]
Dann ist da noch die Frage einer sicheren Endlagerung der radioaktiven Abfälle, die selbst nach mehr als 70 Jahren weltweit immer noch auf eine Lösung wartet. [...]
Energie aus Biomasse: Bei der Stromerzeugung aus Biomasse verbrennt man Holz und anderes pflanzliches oder tierisches Material wie Ernteabfälle, Torf, Seetang oder tierische Abfallprodukte. Sie gilt als erneuerbare Energie, doch dieser Status hängt von der Existenz einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft ab, und die gibt es heute noch nicht in ausreichendem Maße.
Außerdem ist sie nur über sehr große Zeiträume hinweg nachteilig. Ein Baum braucht mehr als 100 Jahre, bis er ausgewachsen ist, und ein Wald benötigt nach einem Kahlschlag mehrere Jahrhunderte [...] Die Einstufung von Energie als aus Biomasse als erneuerbare Energiequelle hat zu großflächigen Verwertungsaktivitäten geführt, die Entwaldung und Biodiversitätsverluste beschleunigen. [...]
Bei der Verbrennung von Holz wird mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre entlassen als bei der Verbrennung von Kohle.
Die Tatsache, dass diese Emissionen in unseren nationalen Statistiken unberücksichtigt bleiben – und diese Form der Energieerzeugung als nachhaltig eingestuft wird – hat ein potentiell verheerendes Schlupfloch eröffnet." (S.249-251)
4.7 Wie können Wälder uns helfen?
4.8 Was ist mit Geoengineering?
4.9 Entnahmetechnologien
4.10 "Eine ganz neue Art zu denken", 263
" 'Der American way of life ist nicht verhandelbar. Punkt.'
Das sagte US-Präsident George H. W. Busch 1992 vor dem UN-Erdgipfel in Rio de Janeiro. Rückblickend stellt sich heraus, dass er im Namen des gesamten globalen Norden sprach. Und bis heute ist das unsere Position. [...] Was wir tun müssen, ist, die Emission von Treibhausgasen einzustellen, was theoretisch ziemlich einfach ist oder zumindest früher einfach gewesen wäre – wenn wir das Problem nicht hätten außer Kontrolle geraten lassen. [...]
Seit Präsident George H. W. Busch diese Äußerung tat, sind unsere CO2-Emotionen um über 60 Prozent gestiegen und haben das, was damals eine 'große Herausforderung' war, in eine existenzielle Notlage verwandelt. [...] Dennoch hat uns das Wirtschaftswachstum seit dem Erdgipfel in Rio 19 92 zumindest einen großen Vorteil gebracht – es hat zweifelsfrei bewiesen, dass wir nie den Ehrgeiz hatten, das Klima zu retten, sondern dass es uns immer nur darum ging, unsere Lebensweise zu retten. Und das gilt immer noch
[...] Wenn wir eine Chance haben sollen, die weiteren irreparablen Schäden möglichst gering zu halten, müssen wir uns jetzt entscheiden. Entweder wir retten die Lebensbedingungen für alle zukünftigen Generationen oder wir lassen einige wenige Reiche ihr ständiges destruktives Streben nach unmittelbarer Profitmaximierung fortsetzen. Wenn wir uns für die erste Möglichkeiten entscheiden und beschließen, als Zivilisation fortzubestehen, müssen wir anfangen Prioritäten zu setzen. [...]
Jenseits der einfachsten Grundlagen muss unsere Priorität sein, unsere verbliebenen Kohlenstoffbudgets gerecht und ganzheitlich in der Welt zu verteilen, um unsere enormen historischen Schulden zu begleichen. [...]
Wir Klima Aktivistinnen und -aktivisten werden immer wieder gefragt, was wir tun sollten, um das Klima zu retten. Aber vielleicht ist diese Frage an sich schon falsch. Vielleicht sollten wir stattdessen anfangen zu fragen, was wir nicht mehr tun sollten? [...] Ich bin der festen Überzeugung, wenn wir es schaffen, es richtig anzugehen, wird unser Leben mehr Sinn bekommen. [...] Auf keinen Fall sollte das als Rückschritt in unserer Entwicklung gelten. Im Gegenteil wäre es menschliche Evolution – menschliche Revolution."
4.11 Unser Abdruck auf dem Land
4.12 Die Nahrungsmittelfrage
Nahrungssysteme dürften die größte einzelne Triebkraft hinter dem Klimawandel darstellen.
4.13 Die Gestaltung neuer Nahrungssysteme
4.14 Die Kartierung von Emissionen in einer industrialisierten Welt
4.15 Das Problem der Technik
Wir brauchen nicht jedes Jahr ein neues Smartphone.
4.16 Umweltproblem Verkehr
4.17 Ist die Zukunft elektrisch?
Man erwartet, dass der Verkehr sich bis 2050 im Vergleich zu 2015 weltweit verdoppelt.
4.18 "Ständig sagen sie das eine und tun das andere", 308
4.19 Die Kosten des Konsumdenkens
4.20 Wie sollten wir (nicht) kaufen?
4.21 Der Müll in aller Welt
4.22 Der Recyclingmythos
4.23 "Hier ziehen wir die Grenze", 331
"Das ist die Seite 331. Markiert sie euch. [...] Dieses Buch enthält manche krasse Botschaft, die ein bisschen schwer zu begreifen sein mag. Wann immer ihr Zweifel habt oder diese Fakten und Ideen infrage stellt, schlagt diese Seite auf und lest sie noch einmal. [...] Es geht nicht um eine Meinung oder einen beliebigen Bericht. Es geht um das, worauf die derzeit besten verfügbaren wissenschaftlichen Ergebnisse mehr oder weniger hinauslaufen. Und wie man wahrscheinlich beim Lesen dieses Buches festgestellt hat, entspricht es dem Wesen der Wissenschaft, alles andere als aller mystisch oder übertrieben vorzugehen. Sie ist vorsichtig und sorgfältig.
Die Medien und unsere politischen Führungskräfte haben die Chance, drastische, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, aber sie entscheiden sich, es nicht zu tun. [...] Vielleicht sind sie sich der Lage nicht bewusst. Vielleicht haben Sie vor den Lösungen mehr Angst als vor dem Problem. Vielleicht befürchten Sie, soziale Unruhen auszulösen. [...]
Im heutigen Wirtschaftssystem können wir nicht nachhaltig leben. Aber man sagt uns ständig, wir könnten genau das tun. [...] Wie soll das möglich sein, wenn wir noch keine technischen Lösungen haben, die diese Krise allein bewältigen können, und die Option, bestimmte Dinge nicht mehr zu tun, von unserem gegenwärtigen wirtschaftlichen Standpunkt aus inakzeptabel ist? Was werden wir tun? Nun ja, die Antwort ist dieselbe wie immer: Wir betrügen. Wir nutzen sämtliche Schlupflöcher und die Mittel kreativer Buchführung [...] Wir verbrennen Bäume, Wälder und Biomasse, da sie aus den offiziellen Statistiken entfernt worden. Wir speichern Jahrzehnte an Emissionen in der Infrastruktur für fossiles Gas und nenne es grünes Gas. [...]
Bei unserem gegenwärtigen Kurs wird die Welt am Ende dieses Jahrhunderts um 3,2 °C wärmer sein – und das gilt, wenn die Länder sämtliche beschlossenen Maßnahmen umsetzen, Maßnahmen die häufig auf mangelhaften und lückenhaften Zahlen basieren. In vielen fällen tun Sie das aber noch nicht einmal annähernd. [...] Hinzukommt unsere bisherige Bilanz des Versagens, wenn es um die Einhaltung all der unverbindlichen Zusagen und Versprechungen geht." (Seite 331-333)
Fontane44: Bei der Behandlung im Unterricht ist hier der Punkt, wo es von Vorteil ist, dass das Buch bisher nur unvollständig referiert worden ist. Hier kann eine selbständige Bearbeitung einiger der folgenden Abschnitte einsetzen, indem die Lerngruppe festzulegen versucht, was aus ihrer Kenntnis in diese Abschnitte eingesetzt werden müsste.
4.24 Emissionen und Wachstum
4.25 Gerechtigkeit
4.26 Wachstumsrücknahme
Nicht der Mensch als solcher hat das Problem verursacht, sondern ein bestimmtes Wirtschaftssystem, der Kapitalismus, der auf einem beständigen Wirtschaftssystem basiert und darauf angewiesen ist.
4.27 Die Wahrnehmungslücke
Was wir jetzt tun müssen S.356 ff.
Fontane44: Bei der Behandlung im Unterricht ist hier ein zweiter Punkt, wo es von Vorteil ist, dass das Buch bisher nur unvollständig referiert worden ist. Hier kann eine selbständige Bearbeitung einiger der folgenden Abschnitte einsetzen, indem die Lerngruppe festzulegen versucht, was aus ihrer Kenntnis in diese Abschnitte eingesetzt werden müsste.
5.1 "Der effektivste Weg aus dieser verfahrenen Lage ist, uns weiterzubilden, 356
5.2 Individuelles Handeln, gesellschaftliche Transformation
Eine Möglichkeit für klimarelevantes Handeln besteht darin, anderen Menschen Hinweise zu geben und ein Vorbild zu sein.
5.3 Der Weg zu 1,5° C-Lebensstilen
5.4 Die Klimaapathie überwinden
5.5 Eine andere Ernährung
Die wirkungsvollste Ernährungsumstellung wäre ohne Zweifel nahezu konkurrenzlos der Verzicht auf Rindfleisch.
5.6 Zum Gedenken an den Ozean
5.7 Renaturierung
Es gibt eine Möglichkeit, wie wir beginnen können, den lebendigen Planeten und unsere Beziehung zu ihm zu reparieren. Eine bestimmte Form des Umweltschutzes bietet die Hoffnung auf eine Erholung, auf eine erneute Verzauberung durch eine Welt, die so oft die oft so niederschmetternd und trostlos erscheint. Es handelt sich um die 'Renaturierung'.
5.8 "Wir müssen jetzt das scheinbar Unmögliche tun", 390
Gesellschaftliche Normen lassen sich ohne weiteres ändern.
5.9 Praktische Utopien - Practical Utopias
5.10 Die Macht des Volkes
5.11 Das Medien-Narrativ verändern
5.12 Dem neuen Leugnen entgegenwirken
====5.13 Eine echte Notfallreaktion==== Wie sollen wir nach so vielen Jahren 'Blabla' wissen, wann eine Regierung die Klimakrise wirklich begreift und in den Notfallmodus wechselt?
5.14 Lehren aus der Pandemie
5.15 "Ehrlichkeit, Solidarität, Integrität und Klimagerechtigkeit", 426
5.16 Ein gerechter Wandel
Naomi Klein: "[...] Wenn wir unsere Wirtschaften und Gesellschaften verändern, um von fossilen Brennstoffe wegzukommen, haben wir eine Verantwortung und eine historische Chance, viele Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten wieder gutzumachen, die gegenwärtig ein Makel unserer Welt sind. Die große Stärke eines Rahmens für gerechten Wandel liegt darin, dass er gewichtige gesellschaftliche Bildbewegungen nicht gegeneinander ausspielt und von Menschen, die im Hier und Jetzt und der Ungerechtigkeit leiden, nicht verlangt, dass sie warten, bis sie an die Reihe kommen. Stattdessen bietet er integrierte und sich überschneidende Lösungen, die in einer klaren, überzeugenden Vision für unsere Zukunft verankert sind - , einer Zukunft, die ökologisch sicher, ökonomisch fair und sozial gerecht ist."
5.17 Was bedeutet dir Gleichheit?
Mizzi Jonelle Tan(English): "Ich hatte das Privileg, dass ich mir aussuchen konnte, ob ich Aktivistin werde, aber an den Frontlinien gibt es Menschen wie die Lumad, deren Existenz sie zum Widerstand treibt. Allerdings sind wir an einem Punkt, an dem er recht hat: Keiner von uns hat mehr eine andere Wahl, als zu kämpfen."
5.18 Frauen und die Klimakrise
Wenn Frauen Land besitzen sowie Saatgut und Gerätschaften, um es zu bestellen, haben sie auch die Handlungsmacht, sich an den Klimawandel anzupassen.
5.19 Dekarbonisierung erfordert Umverteilung
5.20 Klima-Reparationen, 450
5.21 Unser Verhältnis zur Erde in Ordnung bringen, 455
Robin Wall Kimmerer: "[...] 2020 wurden schätzungsweise 30 Millionen Menschen durch Düren, Überschwemmungen Waldbrände und Hitzewellen vertrieben, die aufgrund des Klimawandels an Häufigkeit und Intensität zunehmen. Was ist mit den Vogelpopulationen und den Waldtieren? Was ist mit ihrer Vertreibung und ihrem ungezählten Leid?
Meine Pirole fliegen zwischen dem nördlichen Bundesstaat New York und Mittelamerika hin und her. Hier bei mir sind sie sicher, aber auf dem Weg in ihre Winterquartiere überqueren Sie zerstörte Landschaften. In meiner Lebenszeit sind sechzig Prozent aller Singvögel verloren gegangen. [...]
Oft werde ich gefragt, woher ich in diesen finsteren Zeiten die Hoffnung nehme. [...] Mit Hoffnung kenne ich mich nicht aus, wohl aber mit Liebe. Ich glaube, wir befinden uns in einem gefährlichen Moment, weil wir die Erde nicht genug geliebt haben, und Liebe ist das, was uns in Sicherheit bringen wird. [...]"(S.455-460)
5.22 "Hoffnung muss man sich verdienen", S. 462 ff.
Thunberg: "[...] Für mich ist Hoffnung nichts, was einem geschenkt wird, sie ist etwas, was man sich verdienen, was man schaffen muss. Sie ist nicht passiv zu bekommen, in dem man dasteht und darauf wartet, dass jemand anderes etwas unternimmt. Hoffnung heißt, etwas zu tun.[3] Es heißt, aus seiner Komfortzone herauszutreten. [...] Wir leben derzeit auf einem Planeten, auf dem Technologie es möglich gemacht hat, dass wir fast alle miteinander in Verbindung stehen. In manchen Ländern lässt das politische Regime dies nicht zu. Wenn irgendwo auf dem Globus etwas ausreichend wichtiges passiert, werden es trotzdem nahezu alle sofort erfahren. [...] Ich bin überzeugt, dass es gesellschaftliche Kipppunkte gibt, die sich zu unseren Gunsten auswirken, sobald genügend von uns sich entschließen, etwas zu unternehmen. Daraus erwachsen unendliche Möglichkeiten. Die Zerstörung der Biosphäre, die Destabilisierung des Klimas und die Vernichtung unserer gemeinsamen zukünftigen Lebensbedingungen sind keineswegs vorherbestimmt und unausweichlich. Sie liegen auch nicht in der Natur des Menschen – wir sind nicht das Problem. Das alles passiert, weil man uns, dem Volk, unsere Lage und die Konsequenzen dessen, was gerade geschieht, noch nicht völlig bewusst gemacht hat. Wir wurden belogen. [...] Wenn wir erst einmal die ganze Geschichte kennen – und nicht nur etwas, was wieder einmal zum Nutzen bestimmter kurzfristiger Wirtschaftsinteressen erfunden wurde –, werden wir wissen, was zu tun ist." (S.462-463)
Was nun? S.465
"Wir brauchen Leuten nicht ständig zu sagen, sie sollten ihre Glühlampen austauschen, zur Wahl gehen oder aufhören, Lebensmittel weg zu werfen. Nicht etwa, weil solche Dinge nicht wichtig wären – das sind sie –, sondern weil wir sicher annehmen dürfen, dass die Leute, die über die Klimakrise Bücher lesen, Fernsehdokumentationen ansehen oder Seminare besuchen, sich der Bedeutung des demokratischen Prozesses und der Tatsache schon bewusst sind, dass Menschen im globalen Norden weniger Ressourcen verbrauchen sollten.
Solche Narrative könnten sogar die Gefahr bergen, mehr zu schaden als zu nützen, da sie die Botschaft vermitteln, wir könnten diese Probleme im Rahmen unserer bestehenden Systeme lösen – aber das können wir nicht mehr. Wählen ist die wichtigste Pflicht aller demokratischen Bürgerinnen und Bürger. Aber wen sollen sie wählen, wenn die notwendige Politik nirgendwo in Sicht ist? Und was tun wir als demokratische Bürgerinnen und Bürger, wenn nicht einmal der universelle Kompromiss, die beste verfügbare Kandidatin zu wählen, uns einer Lösung für unsere größten Probleme näherbringt?
Im Jahr 2021 lief das Containerschiff Ever Given im Suezkanal auf Grund, ein Fest für Ersteller von Social Media–Memes. Da steckte ein gigantisches dunkelgrünes Schiff in der Wüste fest, auf dem Rumpf in großen weißen Lettern das Wort 'Evergreen', während ein einsamer Bagger am ausgedehnten Ufer vor sich hin baggerte. Es war das perfekte Bild für unsere moderne Welt: das 400 Meter lange Schiff, aus Steuergründen in Panama registriert und von einer taiwanesischen Reederei geleast, brachte ganz allein die globalen Lieferketten und weite Teile des Welthandels eine Woche zum Stillstand. Die Ever Given war auf dem Weg von China und Malaysia in die Niederlande und transportierte gut 18 000 Container voller Waren, die eben in Containern verschifft werden [...]. Heutzutage sind über 5000 solcher Schiffe auf den Meeren unterwegs. Viele werden mit Bunkeröl betrieben, einem extrem schmutzigen Restprodukt der Ölraffinerierung, das extrem billig ist. So billig, dass nur wenige Reedereien es sich leisten können, es nicht zu verwenden. [...] Die Vorstellung, dass diese gigantischen Containerschiffe all unseren wiederverwertbaren Kunststoffmüll transportieren, ist, gelinde gesagt, brisant und provozierend. Aber vielleicht nicht so bestürzend wie die Tatsache, dass diese gigantischen Schiffe häufig leer um die halbe Welt zurück fahren, um erneut mit unserem Müll beladen zu werden. Und so geht der Konsum Kreislauf immer weiter.
Jedes Jahr werden schätzungsweise 8 Millionen t Plastikmüll ins Meer gekippt.
Jeden Tag verbrauchen wir etwa 100 Millionen Barrel (15,9 Milliarden Liter) Öl.
Jede Minute subventionieren wir die Produktion und Verbrennung von Kohle, Öl und Gas mit 11 Millionen US-Dollar.
Jede Sekunde wird eine Waldfläche von der Größe eines Fußballfeldes abgeholzt.
Auch noch so viele individuelle Verhaltensänderungen können das nicht wett machen. [...] Außerdem gibt es Kipppunkte. [...] Ich sage niemandem, was zu tun ist, aber aufgrund der Informationen, die Wissenschaftler:innen und Expert:innen in diesem Buch geben, ist im Folgenden eine Liste von Maßnahmen zusammengestellt, die manche von uns ergreifen können, wenn Sie wollen.
Die Klimakrise lässt sich nicht im Rahmen der heutigen Systeme bewältigen. Das darf uns aber nicht daran hindern, Jetzt alles zu tun was wir können." (S.465-469)
Was zu tun ist S.470
Anfangen, die Krise als Krise zu behandeln [...]
Sich der Notlage stellen [...]
Scheitern zugeben [...]
Alle Zahlen einbeziehen [...]
Die Punkte verbinden [...]
Für Gerechtigkeit und historische Reparationen eintreten [...]
Was können wir als Gesellschaft tun? S.471
Uns weiterbilden [...]
Niemanden zurücklassen [...]
Verbindliche Verpflichtungen schaffen [...]
Die Natur sich selbst überlassen [...]
Renaturierung [...]
Bäume pflanzen [...]
alle möglichen Kohlenstoff senken maximieren [...]
[...] [...]
Falsche Ausgewogenheit (both-sideism) vermeiden
Falsche Ausgewogenheit bedeutet, dass man beide Seiten eines Problems als gleich wichtig behandelt. In den vergangenen Jahrzehnten war dieses Phänomen insofern zu beobachten, als die Medien Leugnern des Klimawandels und Verzögerern von Maßnahmen ebenso viel Aufmerksamkeit widmeten wie Klimaschützern, um unparteiisch zu wirken,[...]. Das hat dazu beigetragen, eine Existenzkrise zu schüren und an massenhaftes Artensterben einzuleiten. Nun haben sich die Medien darauf verlegt, Wirtschaftsinteressen – bestenfalls – den gleichen Stellenwert einzuräumen wie den ökologischen Interessen wie etwa in der Aussage: 'Ja dieses Bergwerk wird das Trinkwasser und die Luft der gesamten Region kontaminierten, es schafft aber auch 250 Arbeitsplätze.' Überleben ist keine Geschichte, die zwei Seiten hätte. Ein Aussterben ist nichts, was zur Debatte stehen sollte. [...] (S.473/74)
[...] [...]
Was kannst du als Individuum tun? S.475
Dich weiterbilden [...]
Aktiv werden [...]
Demokratie verteidigen[...]
Politisch aktiv werden [...]
Darüber sprechen [...]
Die Stimmen der Menschen an den Frontlinien verstärken
Die am stärksten Betroffenen in den am stärksten betroffenen Regionen [...] stehen an der Front der Klimakrise. Aber sie stehen nicht auf den Titelseiten unserer Zeitungen. Ihre Stimmen müssen gehört werden, und dabei können wir alle helfen. Verbreitete ihre Geschichten und ihren Namen.[4]
Kulturkämpfe vermeiden [...]
Zu einem pflanzenbasierten Ernährung übergehen [...]
Skeptisch sein [...]
Am Boden bleiben [...]
Weniger kaufen und weniger verbrauchen [...]
Manche von uns können mehr tun als andere S.477
Politikerinnen und Politiker [...]
Medien und Fernsehproduzenten [...]
Journalistinnen und Journalisten [...]
Prominente und Influencer [...]
Die am stärksten betroffenen Menschen in den am stärksten betroffenen Regionen
[...] Die Wahrheit ist auf Seiten derjenigen von euch, die von dieser Krise am stärksten betroffen sind. Die Moral ist auf eurer Seite. Die Gerechtigkeit ist auf eurer Seite. Ich fordere euch auf, eure Stimme zu erheben und zu fordern, was euch zusteht.[5]
Abbildungsnachweis S.480 [...] Register S.484 [...]
Über das Buch
Verlagsmitteilung
Das Klima-Buch von Greta Thunberg S. Fischer Verlage 2022
»Hört auf die Wissenschaft, bevor es zu spät ist!«
Greta Thunberg hat die Welt aufgerüttelt und tief bewegt. Mit dem Klima-Buch schafft sie nun ein unverzichtbares Werkzeug – für alle, die sich für die Rettung unseres Planeten einsetzen wollen.
Die Aufgabe scheint geradezu unmöglich: eine Zukunft für das Leben auf unserem Planeten zu sichern. So schnell und umfassend zu handeln wie noch nie zuvor. Und sich dabei gegen scheinbar übermächtige Gegner durchzusetzen – nicht nur gegen Ölmultis und Regierungen, sondern auch gegen das im Wandel befindliche Klimasystem selbst. Unsere Chancen stehen nicht besonders gut, und die Zeit läuft uns davon – aber es könnte alles auch ganz anders kommen.
Weltweit haben Expertinnen und Experten aus Geophysik, Mathematik, Ozeanographie, Meteorologie, Ökonomie, Psychologie und Philosophie ihr Fachwissen eingesetzt, um ein tieferes Verständnis der Krisen zu entwickeln, mit denen wir konfrontiert sind. Greta Thunberg hat ihr Klima-Buch in Zusammenarbeit mit über hundert Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammengestellt. Außerdem erzählt sie von ihren eigenen Erfahrungen, die sie sammeln konnte. Davon, wie sie das weltweit praktizierte Greenwashing aufgedeckt und somit gezeigt hat, wie sehr wir alle hinters Licht geführt wurden. Dies ist eines der größten Probleme unserer Zeit, aber – wie Greta sagt – zugleich auch unsere größte Hoffnung. Erst wenn wir alle das Gesamtbild kennen, werden wir auch handeln können. Wenn ein einzelnes streikendes Schulkind einen weltweiten Protest lostreten kann, was könnten wir dann gemeinsam alles erreichen?
In der heutigen Zeit zu leben – der entscheidendsten Zeit der Menschheitsgeschichte –, bedeutet, eine große Verantwortung zu tragen. Das Klima-Buch zeigt, dass wir gemeinsam das scheinbar Unmögliche schaffen können. Aber wir müssen es tun – und zwar jetzt!
Rezensionen
Perlentaucher:Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.10.2022: Rezensent Joachim Müller-Jung ist fast ein bisschen überrascht, wie zahm Greta Thunberg in diesem Buch daherkommt - auch vor dem Hintergrund der weit medienwirksameren "Verzweiflungstaten" anderer Aktivisten zurzeit. Weniger "How dare you", dafür mehr "Aufklärungsprosa" begegnet dem Kritiker auf den rund 500 Seiten, von denen ca. 50 von Thunberg selbst, der Rest von Expert*innen verfasst wurde. Schlecht findet Müller-Jung den ruhigen Tonfall aber nicht: Gerade den internationalen Verhandlungen fehle es oftmals an der sprachlichen "Klarheit und Direktheit", die Thunberg und ihre Mitautor*innen hier beweisen, unterstützt auch durch ein gutes Lektorat, lobt der Kritiker. Auch bleibe der jungen Aktivistin so immerhin der übliche Shitstorm erspart, überlegt er. Ein informatives Krisenhandbuch vor dem siebenundzwanzigsten Weltklimagipfel, das wieder einmal "entschlossenes" Handeln fordert, dabei aber leider nicht allzu viel mediale Aufmerksamkeit erlangt, so Müller-Jung.
Anmerkungen
- ↑ Das Klima-Buch. Aus dem Englischen übersetzt von Ulrike und Michael Bischoff. S. Fischer, Frankfurt am Main 2022
- ↑ Eine Position, wonach der Klimawandel unvermeidbar eine weit wichtigere Rolle für Konflikte spielen werde, vertritt Harald Welzer: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird, S. Fischer, Frankfurt/M. 2008, ISBN 3-10-089433-2. Dazu:
- Gefühlte Probleme, Rezension von Uwe Justus Wenzel, Neue Zürcher Zeitung, 12. April 2008
- Gewalt als Lösung, Rezension von Herfried Münkler, Süddeutsche Zeitung, 14. April 2008
- Ist das schon Häresie?, Rezension von Adam Olschweski, Frankfurter Rundschau, 8. Mai 2008
- Nichts für Optimisten, Rezension von Jörg Plath, die tageszeitung, 17. Mai 2008
- Die Dimensionen des Klimawandels, Rezension von Britta Fecke, Deutschlandfunk, 2. Juni 2008
- ↑ Ganz in diesem Sinne betont die Klimaaktivistin Lisa Neubauer, dass es Possibilismus braucht, die Fähigkeit, auf etwas hinzuarbeiten, was erst über diese Arbeit möglich gemacht werden kann, sieh ihr Gespräch vom 23.10.2022 mit Richard David Precht
- ↑ Vanessa Nakate: Unser Haus steht längst in Flammen. Warum Afrikas Stimme in der Klimakrise gehört werden muss. 2021
- ↑ Vanessa Nakate: Unser Haus steht längst in Flammen. Warum Afrikas Stimme in der Klimakrise gehört werden muss. 2021