Hexenverfolgung/Gerichtsprotokoll: Unterschied zwischen den Versionen
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In Bremen am 21. Dezember 1603 sind gegenüber dem Hopfenhause (so lautete zeitweise die volkstümliche Bezeichnung für das alte Rathaus, das zwischen 1483 und 1598 zur Lagerung von Hopfen diente), wo die Herren Bürgermeister zu sitzen pflegen, zwei Zauberinnen, nämlich Gretke Kramers tot auf einer Schinderkarre, wie sie der Büttel verreckt im Gefängnis angetroffen und dann Pellcke Stubben, lebendig, vor Gericht gebracht und ihr aus nachfolgendem Zettel etliche Punkte vorgelesen. Nachdem sie dieselben bekannt, ist Meister Hans (Beiname des Henkers) das Urteil befohlen. Er hat sie hinausgeführt und neben Gretke Kramers in einem Feuer zu Asche verbrannt. | In Bremen am 21. Dezember 1603 sind gegenüber dem Hopfenhause (''so lautete zeitweise die volkstümliche Bezeichnung für das alte Rathaus, das zwischen 1483 und 1598 zur Lagerung von Hopfen diente''), wo die Herren Bürgermeister zu sitzen pflegen, zwei Zauberinnen, nämlich Gretke Kramers tot auf einer Schinderkarre, wie sie der Büttel verreckt im Gefängnis angetroffen und dann Pellcke Stubben, lebendig, vor Gericht gebracht und ihr aus nachfolgendem Zettel etliche Punkte vorgelesen. Nachdem sie dieselben bekannt, ist Meister Hans (Beiname des Henkers) das Urteil befohlen. Er hat sie hinausgeführt und neben Gretke Kramers in einem Feuer zu Asche verbrannt. | ||
Hier ein gekürzter Auszug aus dem Verhör (nach vorangegangener Folter): | Hier ein gekürzter Auszug aus dem Verhör (''nach vorangegangener Folter''): | ||
{{Zitat|Richter: "Bist du Pellcke Stubben, die eheliche Tochter des seligen Enno Stubben und seiner Eheliebsten Bertha, einer geborenen Daubin?" | {{Zitat|Richter: "Bist du Pellcke Stubben, die eheliche Tochter des seligen Enno Stubben und seiner Eheliebsten Bertha, einer geborenen Daubin?" | ||
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Inquisitin: "Zuerst habe ich mich standhaft geweigert, aber der Teufel hat es mir allzu nahe gelegt. Wenn ich beten wollte, dann kam er und stieß mich. Erst als ich durch einen Eid Gott abschwur, war der Vertrag endgültig besiegelt. Dieses Bündnis machten wir auf dem Hastedter Felde und ich | Inquisitin: "Zuerst habe ich mich standhaft geweigert, aber der Teufel hat es mir allzu nahe gelegt. Wenn ich beten wollte, dann kam er und stieß mich. Erst als ich durch einen Eid Gott abschwur, war der Vertrag endgültig besiegelt. Dieses Bündnis machten wir auf dem Hastedter Felde und ich musste folgende Worte sagen: | ||
Ich verschwöre dich Gott und verschwöre dein Angesicht. Als ich die Worte Jesu Christi sagen wollte, hat der Teufel es mir verboten. So | Ich verschwöre dich Gott und verschwöre dein Angesicht. Als ich die Worte Jesu Christi sagen wollte, hat der Teufel es mir verboten. So musste ich auch, als ich den Eid leistete, nicht zwei Finger heben, sondern die ganze Hand. Damit habe ich mich dem Teufel für sieben Jahre verpflichtet." | ||
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Aktuelle Version vom 12. Juli 2022, 15:16 Uhr
Bremer Gerichtsprotokoll aus dem Jahre 1603
In Bremen am 21. Dezember 1603 sind gegenüber dem Hopfenhause (so lautete zeitweise die volkstümliche Bezeichnung für das alte Rathaus, das zwischen 1483 und 1598 zur Lagerung von Hopfen diente), wo die Herren Bürgermeister zu sitzen pflegen, zwei Zauberinnen, nämlich Gretke Kramers tot auf einer Schinderkarre, wie sie der Büttel verreckt im Gefängnis angetroffen und dann Pellcke Stubben, lebendig, vor Gericht gebracht und ihr aus nachfolgendem Zettel etliche Punkte vorgelesen. Nachdem sie dieselben bekannt, ist Meister Hans (Beiname des Henkers) das Urteil befohlen. Er hat sie hinausgeführt und neben Gretke Kramers in einem Feuer zu Asche verbrannt.
Hier ein gekürzter Auszug aus dem Verhör (nach vorangegangener Folter):
Richter: "Bist du Pellcke Stubben, die eheliche Tochter des seligen Enno Stubben und seiner Eheliebsten Bertha, einer geborenen Daubin?"
Inquisitin: ,,Ja Herr, die bin ich."
Richter: "Von wem erlerntest du das Zaubern?"
Inquisitin "Von meiner Tante Gretke Kramers bei der ich seit acht Jahren lebte. Vorher hat sie mir alle dreiviertel Jahre die Salbe zugerichtet und in des Teufels Namen eingehändigt. Auch hat sie mich allezeit durch ihre Kinder nach Hastedt holen lassen."
Richter: "Womit verdienst du dir dein Geld?"
Inquisitin: "Mit Wasch-und Scherdiensten, wobei mir noch verschiedene Männer schuldig sind. Weiterhin kenne ich mich mit Kräutern aus."
Richter: "Von wem lernte deine Tante das Zaubern?"
Inquisitin: "Von der Cathrine Stadtlander, die in der Glockenstraße beim Wall wohnte."
Richter: "Wie kam es zu der Buhlschaft mit dem Satan?"
Inquisitin: "Meine Tante freite mir einen Teufel zu. Er hieß Lucifer, war sehr groß, trug grüne Kleider und einen schwarzen Hut mit einer Feder. Mein Buhle Lucifer hat bei mir im Hause meiner Tante geschlafen."
Richter: "Und wie kam der Vertrag mit dem Buhlen zustande?"
Inquisitin: "Zuerst habe ich mich standhaft geweigert, aber der Teufel hat es mir allzu nahe gelegt. Wenn ich beten wollte, dann kam er und stieß mich. Erst als ich durch einen Eid Gott abschwur, war der Vertrag endgültig besiegelt. Dieses Bündnis machten wir auf dem Hastedter Felde und ich musste folgende Worte sagen:Ich verschwöre dich Gott und verschwöre dein Angesicht. Als ich die Worte Jesu Christi sagen wollte, hat der Teufel es mir verboten. So musste ich auch, als ich den Eid leistete, nicht zwei Finger heben, sondern die ganze Hand. Damit habe ich mich dem Teufel für sieben Jahre verpflichtet."
Richter: "Weshalb hast du es aus heiterem Himmel blitzen lassen und das schreckliche Unwetter über das Marschgebiet gebracht?"
Inquisitin: "Ich bin keine Wettermacherin."
Richter: "Lüge nicht. Wie war das dann mit der Teilnahme am Hexensabbat?"
Inquisitin: "Jeden Donnerstag gab es den Nachttanz auf der Domsheide. Ich weiß aber nicht, wie ich dort hinkam."
Richter: "Welche anderen Weiber waren beim Hexensabbat?"
Inquisitin: "Sucht sie euch! Ich kenne keine."
Richter: "Nach der Tortur noch so verstockt! Kaum zu glauben. Wie war das mit dem Gebrauch der Hexensalbe?"
Inquisitin: "Im vorigen Sommer ermahnte mich meine Tante nochmals, dass ich endlich die Salbe in des Teufels Namen gebrauchen sollte. Als ich später diese Salbe an einem Pferd ausprobierte, da wurde das braun und starb dann. Weiterhin beschmierte ich Heu von Ditrich von Lubbeken damit, so dass seine Tiere sich bunt färbten und starben."
Richter: "Wieviele Knaben hast du verführt und dann getötet?"
Inquisitin: "Getötet habe ich keine. Ich habe sie lediglich in einige Künste eingeweiht wie das Mischen von Kräutern. Wer behauptet das?""
Richter: "Der Sohn eines unserer angesehensten Bürger. Und dies ist Beweis genug. Also sprich."
Inquisitin: "Der Teufel verlangte von mir, dass ich junge Knaben verführen sollte. Getötet habe ich jedoch keinen."
Richter: "Zum Abschluss unserer Befragung offenbare uns noch dein unchristliches Glaubensbekenntnis." (die Inquisitin wird blass und schweigt) Los, rede schon. Oder müssen wir deutlicher werden?"
Inquisitin (mit monotoner Stimme): "Ich glaube an den Fürsten der Welt, den allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erden und an den Teufel, seinen Sohn, unseren Herrn, der empfangen wurde durch den bösen Geist, geboren aus der Jungfrau Maria, geladen unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, niedergestiegen zur Hölle, am dritten Tage wieder aufgestanden vom Tode, aufgefahren zum Himmel. Die folgenden Worte ließ ich meistens aus: Ich glaube an den bösen Geist, eine allgemeine böse Kirche, die Gemeinschaft der Bösen."