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Weihnachtswissen/Politik/Vereinnahmung/1933-45: Unterschied zwischen den Versionen

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== '''Wie nutzten die Nationalsozialisten 1933-45 Weihnachten für ihre politischen Zwecke? (für Jhg. 10 und Oberstufe)''' ==
[[Datei:Frauenwarte 1943 screenshot.png|mini|450x450px|Titelbild im Dezember 1943: Die Nationalsozialisten versuchten, Weihnachten auf kitschige Art als den Zyklus von Geburt und Tod für ihre Politik zu inszenieren. Hatten Sie Erfolg damit?]]
'''''Einstieg:''''' Die Nationalsozialisten brauchten für ihre politischen Ziele ein möglichst starkes Bevölkerungswachstum. Zum einen brauchten sie viele Soldaten für die aktive Kriegsführung, zum anderen musste der Staat auch den Tod von vielen Menschen verkraften können, un zukunftsfähig zu bleiben. Die NSDAP hatte verschiedene Ideen, wie sie die Deutschen dazu motivieren wollten, möglichst viele Kinder zu bekommen. Welche?


Unter anderem verherrlichten die Nationalsozialisten die Mutterschaft, und zwar mit verschiedenen Maßnahmen: Neben dem Mutterkreuz war eine weitere Strategie der Versuch, Weihnachten umzudeuten: Die Mutterschaft auf eine völkische Art romantisiert und zu einer moralischen Pflicht am Volk erklärt werden.
== '''Wie wurde Weihnachten 1933-45 für die NS-Bevölkerungspolitik instrumentalisiert?''' ''(für Jhg. 10)'' ==
Die Nationalsozialisten brauchten für ihre politischen Ziele ein möglichst starkes Bevölkerungswachstum. Zum einen brauchten sie viele Soldaten für die aktive Kriegsführung, zum anderen musste der Staat auch den Tod von vielen Menschen verkraften können, um zukunftsfähig zu bleiben. Die NSDAP hatte verschiedene Ideen, wie sie die Deutschen dazu motivieren wollte, möglichst viele Kinder zu bekommen. Welche?


'''''Erarbeitung:''''' Die Schüler/innen beschreiben, analysieren und interpretieren Quellen:
Unter anderem verherrlichten die Nationalsozialisten die Mutterschaft, und zwar mit verschiedenen Maßnahmen. Neben dem Mutterkreuz war eine weitere Strategie, Weihnachten umzudeuten: Die Mutterschaft wurde auf eine völkische Art romantisiert und zu einer moralischen "Pflicht am Volk" erklärt.


===== Weihnachtslied''': "Hohe Nacht der klaren Sterne"''' =====
=== Historische Quellen ===
Im Folgenden findet sich eine Quellensammlung. Durch ihre die Analyse und Interpretation kann der nationalsozialistische Umdeutungsversuch von Weihnachten herausgearbeitet werden.
 
==== Weihnachtslied: "Hohe Nacht der klaren Sterne" von Hans Baumann ====
{{Box||
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Hohe Nacht der klaren Sterne,
Hohe Nacht der klaren Sterne,
die wie weite Brücken stehn,
die wie weite Brücken stehn,


über einer tiefen Ferne,
über einer tiefen Ferne,
drüber unsere Herzen gehn.
drüber unsere Herzen gehn.


Hohe Nacht mit großen Feuern,
Hohe Nacht mit großen Feuern,
die auf allen Bergen sind,
die auf allen Bergen sind,


heut‘ muss sich die Erd‘ erneuern,
heut‘ muss sich die Erd‘ erneuern,
wie ein junggeboren Kind.
wie ein junggeboren Kind.


Mütter, euch sind alle Feuer,
Mütter, euch sind alle Feuer,
alle Sterne aufgestellt;
alle Sterne aufgestellt;


Mütter, tief in euren Herzen
Mütter, tief in euren Herzen
Schlägt das Herz der weiten Welt.
Schlägt das Herz der weiten Welt.
:|Quelle
:|Quelle
}}Dieses Lied von dem HJ-Hauspoeten Hans Baumann (1914-1988) war das bekannteste NS-Weihnachtslied. Es wurde in die Richtlinie für die Hitlerjugend, den NS-Lehererbund, die SA udn SS aufgenommen. Hans Baumann schrieb viele Lieder im Sinne des NS-Regimes. Weitere Informationen finden sich auf der Seite des "NW-Dokumentationszentrum der Stadt Köln u. a.: Jugend! Deutschland 1918-1945". https://jugend1918-1945.de/portal/jugend/thema.aspx?root=26636&id=4922
}}Dieses Lied des  "HJ-Hauspoeten" Hans Baumann (1914-1988) war das bekannteste NS-Weihnachtslied. Es wurde in die Richtlinie für die Hitlerjugend, den NS-Lehrerbund, die SA und SS aufgenommen. Hans Baumann schrieb viele Lieder im Sinne des NS-Regimes. Weitere Informationen finden sich auf der Seite des "NW-Dokumentationszentrum der Stadt Köln u. a.: Jugend! Deutschland 1918-1945". https://jugend1918-1945.de/portal/jugend/thema.aspx?root=26636&id=4922


===== Weihnachtsgedicht: '''"Mütterweihnacht"''' =====
==== Weihnachtsgedicht: "Mütterweihnacht" von Thilo Scheller ====
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Wie aus dem Schoß der Nacht zur Weihnachtszeit
Wie aus dem Schoß der Nacht zur Weihnachtszeit
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}}Das Gedicht ist von dem nationalsozialistischen Dichter Thilo Scheller und erschien 1943 in einem nationalsozialistischen Weihnachtsratgeber: Karl-Heinz Bolay (Hrsg.): Deutsche Weihnachten - Ein Wegweiser für Gemeinschaft und Familie. 1943, S. 129.
}}Das Gedicht ist von dem nationalsozialistischen Dichter Thilo Scheller und erschien 1943 in einem nationalsozialistischen Weihnachtsratgeber: Karl-Heinz Bolay (Hrsg.): Deutsche Weihnachten - Ein Wegweiser für Gemeinschaft und Familie. 1943, S. 129.


===== Weihnachtskanon: '''"Weihnacht"''' =====
==== Weihnachtskanon: "Weihnacht" ====
{{Box||
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Warm und heimlich blühn die Lichter,  
Warm und heimlich blühn die Lichter,  
die der Seele Ahnen sind.
die der Seele Ahnen sind.


Ruhig schwingt das Rad des Lebens:
Ruhig schwingt das Rad des Lebens:  
Jede Mutter hält ihr Kind.
Jede Mutter hält ihr Kind.
|}}Text: Otto Schmidt, Musik: Gerhard Nowottny. Auch hier wird Weihnachten zum Fest der Mutterschaft umgedeutet.  
|}}Text: Otto Schmidt, Musik: Gerhard Nowottny. Auch hier wird Weihnachten zum Fest der Mutterschaft umgedeutet.  


Aus einem NS-Ratgeber: Karl-Heinz Bolay (Hrsg.): Deutsche Weihnachten - Ein Wegweiser für Gemeinschaft und Familie. 1943, S. 78.
Aus einem NS-Ratgeber: Karl-Heinz Bolay (Hrsg.): Deutsche Weihnachten - Ein Wegweiser für Gemeinschaft und Familie. 1943, S. 78.
[[Datei:Frauenwarte Heft 6 Feb. 1944 12. Jhg..png|mini|Titelbild Februar 1944: "In ihrem Schoße ruht des Reiches Ewigkeit"]]


===== NS-Titelbild: '''"In ihrem Schoße ruht des Reiches Ewigkeit"''' =====
==== NS-Frauenzeitschrifttitelbild: "In ihrem Schoße ruht des Reiches Ewigkeit" ====
{{Box||Titelbild der NS-Frauenzeitschrift Frauen-Warte vom Februar 1944 - ''Das Bild kann mit dem Link geöffnet werden!''|
{{Box||Titelbild der NS-Frauenzeitschrift Frauen-Warte vom Februar 1944 - ''Das Bild kann mit dem Link geöffnet werden!''|
}}NS-Frauen-Warte Februar 1944. Veröffentlicht von der digitale Bibliothek Universität Heidelberg. Link: [https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0089 https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0089(zuletzt 11.02.2025)]
}}NS-Frauen-Warte Februar 1944. Veröffentlicht in der digitalen Bibliothek Universität Heidelberg. Link: https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0089


===== NS-Titelbild: '''"Wintersonnenwende 1943"''' =====
==== NS-Frauenzeitschrifttitelbild: "Wintersonnenwende 1943" ====
{{Box||Titelbild der NS-Frauenzeitschrift Frauen-Warte vom Dezember 1943 - ''Das Bild kann mit dem Link geöffnet werden!''|
{{Box||Titelbild der NS-Frauenzeitschrift Frauen-Warte vom Dezember 1943 - ''Das Bild kann mit dem Link geöffnet werden!''|
}}NS-Frauenwarte Dezember 1943. Veröffentlicht von der digitalen Bibliothek Universität Heidelberg. Link: https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0053
}}NS-Frauen-Warte Dezember 1943. Veröffentlicht in der digitalen Bibliothek Universität Heidelberg. Link: https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0053
 
==== Weihnachtsgedicht: "Mutternacht" von Thilo Scheller ====
{{Box||In dieser Weihnacht, da aus dem Schoß des alten Jahres
 
Das neue Jahr mit Brache, Saat und Ernte quillt,
 
Erschauen wir in dunkler Winternacht ein klares,
 
Jahrtausendaltes, hold vertrautes Bild.
 


===== '''Hatten die Nationalsozialisten Erfolg mit ihren Maßnahmen?''' =====
Es faltet eine Mutter schlicht im Schoß die Hände,
Stieg die Geburtenrate? Das kannst du in dieser Statistik nachschauen:  
 
In jenem Schoß, der schmerzensreich ein Kind gebar.
 
Und in der tiefsten Dunkelheit der Winterwende
 
Fällt ihr ein Stern vom hohen Himmel in das Haar.
 
 
Aus Volkes Tiefen klingt dazu ein altes Wiegenlied,
 
Es greift das Kind frohlockend nach dem goldenen Sterne.
 
Die Mutter aber lächelt leis beglückt und sieht –
 
wie Mütter manchmal tun – in eine weite, weite Ferne.
 
 
Sie sieht zurück und Ahnen kommen hergegangen
 
Sie sieht voraus – auf ihrem Schoß das Kindlein lacht.
 
Das ist das Bild, das Maler malten, Dichter sangen –
 
Das Hohelied der heiligen deutschen Mutternacht.|
}}Das Gedicht von Thilo Scheller, einem nationalsozialistischen Dichter, wurde im Dezember 1943 in der Zeitschrift Frauen-Warte veröffentlicht. (Die Rechtschreibung wurde der aktuell gültigen Norm angepasst; S. H.) Die NS-Zeitschrift wurde von der Digitalen Bibliothek Universität Heidelberg digitalisiert: https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0054
 
=== Hatten die Nationalsozialisten Erfolg mit ihren Maßnahmen? ===
Stieg die Geburtenrate? Das kann in dieser Statistik nachgeschaut werden:  


Eheschließungen und Geburten, 1900, 1905, 1910 und 1913-41, veröffentlicht in: German History in Documents and Images. Link: https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5206
Eheschließungen und Geburten, 1900, 1905, 1910 und 1913-41, veröffentlicht in: German History in Documents and Images. Link: https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5206


===== '''Weitere Quellen und Infos zum Thema NS-Bevölkerungspolitik''' =====
Mit der Umdeutung der Weihnacht ging die Mehrheit der deutschen Gesellschaft nicht mit, zu tief war das traditionelle Verständnis von Weihnachten verankert.
* Hitlers geheime Überlegungen, wie nach dem Krieg das Bevölkerungswachstum angekurbelt werden kann: Martin Bormanns Vermerk über die „Sicherung der Zukunft des deutschen Volkes“ (29. Januar 1944), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-1562


* Die Nationalsozialisten verboten deutschen Frauen die Abtreibung: „Eine Schwangerschaft darf nicht unterbrochen werden!“ (1933), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2048
== Weiterarbeit und Bezug zur Gegenwart ==
Wie sieht es heute mit Bevölkerungspolitik aus? Gibt es Maßnahmen? Welche Staaten unternehmen welche Maßnahmen?


* Das NS–Regime machte sich Gedanken darüber, dass die anstrengende Arbeit der Frauen auf dem Land deren Fruchtbarkeit negativ beeinflusst: Die überlastete Landfrau (1934), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5118
Beispiele:


* Informationen zur Frauenzeitschrift NS–Frauen-Warte der NSDAP, aus der einige der hier eingestellten Bilder und Texte stammen: NS-Frauen-Warte: Die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift (April 1940), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2039
* Lisa Mahnke berichtet am 14.12.2024 in der Frankfurter Rundschau von verschiedenen Maßnahmen, die in Russland diskutiert werden.
* Tim Kanning schrieb am 08.03.2025 in der FAZ unter der Überschrift "12.000 Euro für ein Mitarbeiter-Baby", dass einige japanische Unternehmen die Elternschaft mit hohen Zulagen belohnen.
* Im April 2025 lässt die türkische Regierung den gewünschten Kaiserschnitt in Privatkliniken verbieten, weil Frauen nach einer vaginalen Geburt schneller wieder schwanger werden können. (DLF: Verbot von Kaiserschitten in Privatkliniken - nur noch in Notfällen; am 21.04.2025) https://www.deutschlandfunk.de/verbot-von-kaiserschnitten-in-privatkliniken-nur-noch-in-notfaellen-102.html


* Artikel der Frauenwarte vermittete den Frauen, dass der Krieg nur sinnvoll gewesen sein wird, wenn sie bereit sind, Kinder zu gebären. NS–Frauen-Warte Heft 6, Februar 1944; S. 72 „Ein Lebenskampf, den die Frauen entscheiden“ und Gedicht „Vaterland“, S. 73 Gedicht „Eine Mutter“. file:///C:/Users/sansi/Downloads/frauenwarte1943__p0089-0104.pdf
== Weitere Quellen und Infos zum Thema NS-Bevölkerungspolitik ==
'''Quellen und Infos zum Thema Mutterkreuz:'''
 
==== Hitlers geheime Überlegungen, wie nach dem Krieg das Bevölkerungswachstum angekurbelt werden kann ====
Martin Bormanns Vermerk über die „Sicherung der Zukunft des deutschen Volkes“ (29. Januar 1944), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-1562
 
==== Die Nationalsozialisten verboten deutschen Frauen die Abtreibung ====
„Eine Schwangerschaft darf nicht unterbrochen werden!“ (1933); veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2048
 
==== Das NS–Regime machte sich Gedanken darüber, dass die anstrengende Arbeit der Landfrauen deren Fruchtbarkeit beeinträchtigt ====
Die überlastete Landfrau (1934); veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5118
 
==== Die ''Frauen-Warte'' vermittelten den Frauen, dass der Krieg nur sinnvoll gewesen sein wird, wenn sie bereit sind, Kinder zu gebären ====
NS–Frauen-Warte Heft 6, Februar 1944; S. 72 „Ein Lebenskampf, den die Frauen entscheiden“. Interessant ebenfalls: Das Gedicht „Vaterland“ auf S. 72 sowie auf S. 73 das Gedicht „Eine Mutter“. https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0089
 
Informationen zur Frauenzeitschrift NS–Frauen-Warte der NSDAP, aus der einige der hier eingestellten Bilder und Texte stammen: NS-Frauen-Warte: Die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift (April 1940), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2039
 
==== Quellen und Infos zum Thema "Mutterkreuz" ====
* Stiftung Deutsche Historisches Museum und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Das Mutterkreuz. https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/innenpolitik/mutterkreuz
* Stiftung Deutsche Historisches Museum und Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Das Mutterkreuz. https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/innenpolitik/mutterkreuz
* „Das Ehrenkreuz der deutschen Mutter“: Dreistufiges Ehrenzeichen für Mütter mit vier und mehr Kindern (1938), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2044
* „Das Ehrenkreuz der deutschen Mutter“: Dreistufiges Ehrenzeichen für Mütter mit vier und mehr Kindern (1938), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2044
* Die Vorzeigemutter: Magda Goebbels zu Hause mit ihren Kindern (1938), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2260
* Die Vorzeigemutter: Magda Goebbels zu Hause mit ihren Kindern (1938), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2260
== Literatur ==
* Sabine Häcker: Wem gehört Weihnachten? - Brauchtum, Glaube und Politik. (Nov. 2025) -> ''Das Buch beschreibt und analysiert, wie Weihnachten in der NS-Zeit instrumentalisiert wurde.''
''Hinweis zum Anliegen der geschlechtergerechten Sprache: Es wird die generische Variante in ihrer genderneutralen Definition verwendet. Das grammatikalische Geschlecht von Sprache ist dabei keinesfalls mit dem biologischen oder sozialen Geschlecht von Menschen gleichzusetzen!''

Aktuelle Version vom 25. September 2025, 07:13 Uhr

Titelbild im Dezember 1943: Die Nationalsozialisten versuchten, Weihnachten auf kitschige Art als den Zyklus von Geburt und Tod für ihre Politik zu inszenieren. Hatten Sie Erfolg damit?

Wie wurde Weihnachten 1933-45 für die NS-Bevölkerungspolitik instrumentalisiert? (für Jhg. 10)

Die Nationalsozialisten brauchten für ihre politischen Ziele ein möglichst starkes Bevölkerungswachstum. Zum einen brauchten sie viele Soldaten für die aktive Kriegsführung, zum anderen musste der Staat auch den Tod von vielen Menschen verkraften können, um zukunftsfähig zu bleiben. Die NSDAP hatte verschiedene Ideen, wie sie die Deutschen dazu motivieren wollte, möglichst viele Kinder zu bekommen. Welche?

Unter anderem verherrlichten die Nationalsozialisten die Mutterschaft, und zwar mit verschiedenen Maßnahmen. Neben dem Mutterkreuz war eine weitere Strategie, Weihnachten umzudeuten: Die Mutterschaft wurde auf eine völkische Art romantisiert und zu einer moralischen "Pflicht am Volk" erklärt.

Historische Quellen

Im Folgenden findet sich eine Quellensammlung. Durch ihre die Analyse und Interpretation kann der nationalsozialistische Umdeutungsversuch von Weihnachten herausgearbeitet werden.

Weihnachtslied: "Hohe Nacht der klaren Sterne" von Hans Baumann

Hohe Nacht der klaren Sterne,

die wie weite Brücken stehn,

über einer tiefen Ferne,

drüber unsere Herzen gehn.


Hohe Nacht mit großen Feuern,

die auf allen Bergen sind,

heut‘ muss sich die Erd‘ erneuern,

wie ein junggeboren Kind.


Mütter, euch sind alle Feuer,

alle Sterne aufgestellt;

Mütter, tief in euren Herzen

Schlägt das Herz der weiten Welt.

Dieses Lied des "HJ-Hauspoeten" Hans Baumann (1914-1988) war das bekannteste NS-Weihnachtslied. Es wurde in die Richtlinie für die Hitlerjugend, den NS-Lehrerbund, die SA und SS aufgenommen. Hans Baumann schrieb viele Lieder im Sinne des NS-Regimes. Weitere Informationen finden sich auf der Seite des "NW-Dokumentationszentrum der Stadt Köln u. a.: Jugend! Deutschland 1918-1945". https://jugend1918-1945.de/portal/jugend/thema.aspx?root=26636&id=4922

Weihnachtsgedicht: "Mütterweihnacht" von Thilo Scheller

Wie aus dem Schoß der Nacht zur Weihnachtszeit

Die junge Sonne hell in einen neuen Morgen steigt,

Wie aus dem alten Jahr, das müde sich zur Erde neigt,

Ein junges Jahr entsteht im Strom der Ewigkeit,

So steigt aus jeder Mutter dunklem Schoß

In ihrem Kind das neue Volk ans Licht.

Noch liegt es klein in seiner Wiege, klein und schlicht,

doch einmal wird in ihm das Schicksal wach und groß.

So sehen wir in der Weihenacht auf Erden

Die Mütter hell im Glanz der Sterne und der Kerzen stehn,

Sie mussten still durch Nacht und Not und Schmerzen gehen,

auf dass dem Volk von Morgen Mütter und Soldaten werden.

Das Gedicht ist von dem nationalsozialistischen Dichter Thilo Scheller und erschien 1943 in einem nationalsozialistischen Weihnachtsratgeber: Karl-Heinz Bolay (Hrsg.): Deutsche Weihnachten - Ein Wegweiser für Gemeinschaft und Familie. 1943, S. 129.

Weihnachtskanon: "Weihnacht"

Warm und heimlich blühn die Lichter, die der Seele Ahnen sind.

Ruhig schwingt das Rad des Lebens: Jede Mutter hält ihr Kind.

Text: Otto Schmidt, Musik: Gerhard Nowottny. Auch hier wird Weihnachten zum Fest der Mutterschaft umgedeutet.

Aus einem NS-Ratgeber: Karl-Heinz Bolay (Hrsg.): Deutsche Weihnachten - Ein Wegweiser für Gemeinschaft und Familie. 1943, S. 78.

Titelbild Februar 1944: "In ihrem Schoße ruht des Reiches Ewigkeit"

NS-Frauenzeitschrifttitelbild: "In ihrem Schoße ruht des Reiches Ewigkeit"

Titelbild der NS-Frauenzeitschrift Frauen-Warte vom Februar 1944 - Das Bild kann mit dem Link geöffnet werden!

NS-Frauen-Warte Februar 1944. Veröffentlicht in der digitalen Bibliothek Universität Heidelberg. Link: https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0089

NS-Frauenzeitschrifttitelbild: "Wintersonnenwende 1943"

Titelbild der NS-Frauenzeitschrift Frauen-Warte vom Dezember 1943 - Das Bild kann mit dem Link geöffnet werden!

NS-Frauen-Warte Dezember 1943. Veröffentlicht in der digitalen Bibliothek Universität Heidelberg. Link: https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0053

Weihnachtsgedicht: "Mutternacht" von Thilo Scheller

In dieser Weihnacht, da aus dem Schoß des alten Jahres

Das neue Jahr mit Brache, Saat und Ernte quillt,

Erschauen wir in dunkler Winternacht ein klares,

Jahrtausendaltes, hold vertrautes Bild.


Es faltet eine Mutter schlicht im Schoß die Hände,

In jenem Schoß, der schmerzensreich ein Kind gebar.

Und in der tiefsten Dunkelheit der Winterwende

Fällt ihr ein Stern vom hohen Himmel in das Haar.


Aus Volkes Tiefen klingt dazu ein altes Wiegenlied,

Es greift das Kind frohlockend nach dem goldenen Sterne.

Die Mutter aber lächelt leis beglückt und sieht –

wie Mütter manchmal tun – in eine weite, weite Ferne.


Sie sieht zurück und Ahnen kommen hergegangen

Sie sieht voraus – auf ihrem Schoß das Kindlein lacht.

Das ist das Bild, das Maler malten, Dichter sangen –

Das Hohelied der heiligen deutschen Mutternacht.

Das Gedicht von Thilo Scheller, einem nationalsozialistischen Dichter, wurde im Dezember 1943 in der Zeitschrift Frauen-Warte veröffentlicht. (Die Rechtschreibung wurde der aktuell gültigen Norm angepasst; S. H.) Die NS-Zeitschrift wurde von der Digitalen Bibliothek Universität Heidelberg digitalisiert: https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0054

Hatten die Nationalsozialisten Erfolg mit ihren Maßnahmen?

Stieg die Geburtenrate? Das kann in dieser Statistik nachgeschaut werden:

Eheschließungen und Geburten, 1900, 1905, 1910 und 1913-41, veröffentlicht in: German History in Documents and Images. Link: https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5206

Mit der Umdeutung der Weihnacht ging die Mehrheit der deutschen Gesellschaft nicht mit, zu tief war das traditionelle Verständnis von Weihnachten verankert.

Weiterarbeit und Bezug zur Gegenwart

Wie sieht es heute mit Bevölkerungspolitik aus? Gibt es Maßnahmen? Welche Staaten unternehmen welche Maßnahmen?

Beispiele:

  • Lisa Mahnke berichtet am 14.12.2024 in der Frankfurter Rundschau von verschiedenen Maßnahmen, die in Russland diskutiert werden.
  • Tim Kanning schrieb am 08.03.2025 in der FAZ unter der Überschrift "12.000 Euro für ein Mitarbeiter-Baby", dass einige japanische Unternehmen die Elternschaft mit hohen Zulagen belohnen.
  • Im April 2025 lässt die türkische Regierung den gewünschten Kaiserschnitt in Privatkliniken verbieten, weil Frauen nach einer vaginalen Geburt schneller wieder schwanger werden können. (DLF: Verbot von Kaiserschitten in Privatkliniken - nur noch in Notfällen; am 21.04.2025) https://www.deutschlandfunk.de/verbot-von-kaiserschnitten-in-privatkliniken-nur-noch-in-notfaellen-102.html

Weitere Quellen und Infos zum Thema NS-Bevölkerungspolitik

Hitlers geheime Überlegungen, wie nach dem Krieg das Bevölkerungswachstum angekurbelt werden kann

Martin Bormanns Vermerk über die „Sicherung der Zukunft des deutschen Volkes“ (29. Januar 1944), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-1562

Die Nationalsozialisten verboten deutschen Frauen die Abtreibung

„Eine Schwangerschaft darf nicht unterbrochen werden!“ (1933); veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2048

Das NS–Regime machte sich Gedanken darüber, dass die anstrengende Arbeit der Landfrauen deren Fruchtbarkeit beeinträchtigt

Die überlastete Landfrau (1934); veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:document-5118

Die Frauen-Warte vermittelten den Frauen, dass der Krieg nur sinnvoll gewesen sein wird, wenn sie bereit sind, Kinder zu gebären

NS–Frauen-Warte Heft 6, Februar 1944; S. 72 „Ein Lebenskampf, den die Frauen entscheiden“. Interessant ebenfalls: Das Gedicht „Vaterland“ auf S. 72 sowie auf S. 73 das Gedicht „Eine Mutter“. https://doi.org/10.11588/diglit.2780#0089

Informationen zur Frauenzeitschrift NS–Frauen-Warte der NSDAP, aus der einige der hier eingestellten Bilder und Texte stammen: NS-Frauen-Warte: Die einzige parteiamtliche Frauenzeitschrift (April 1940), veröffentlicht in: German History in Documents and Images. https://germanhistorydocs.org/de/deutschland-nationalsozialismus-1933-1945/ghdi:image-2039

Quellen und Infos zum Thema "Mutterkreuz"

Literatur

  • Sabine Häcker: Wem gehört Weihnachten? - Brauchtum, Glaube und Politik. (Nov. 2025) -> Das Buch beschreibt und analysiert, wie Weihnachten in der NS-Zeit instrumentalisiert wurde.

Hinweis zum Anliegen der geschlechtergerechten Sprache: Es wird die generische Variante in ihrer genderneutralen Definition verwendet. Das grammatikalische Geschlecht von Sprache ist dabei keinesfalls mit dem biologischen oder sozialen Geschlecht von Menschen gleichzusetzen!