Mit Gedichten arbeiten: Autor-Interview

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Wozu?

Ein fiktives Interview mit dem Autor/der Autorin eines Gedichtes zu führen

kann als Zwischenschritt auf dem Weg zum Interpretationsaufsatz dienen

Es ist aber auch ohne dies eine produktive Methode, sich mit einem Gedicht auseinanderzusetzen:

  1. Es gilt zunächst, die Fragen zu entwickeln, auf die man (selbst) eine aufschlussreiche Antwort geben kann.
  2. Dazu muss das Gedicht schon einmal recht genau gelesen und eine Deutungshypothese entwickelt worden sein.
  3. Und schließlich könnte auch ein Interesse für Arbeits- und Lebensumstände der AutorInnen geweckt werden.

Wie?

Führt ein (natürlich fiktives) Interview mit dem Dichter durch, in welchem ihr ihn über sein vorliegendes Gedicht befragt. Hier sind einige Anregungen. Fragen können umgestellt, weggelassen oder ergänzt werden.

Sehr geehrter Herr Soundso, ...

Wir haben Ihr Gedicht ... aufmerksam gelesen und dabei den Eindruck gewonnen / das Gefühl gehabt, dass...

Es haben sich uns auch einige Fragen gestellt, die ...

  • Was bedeutet für Sie Natur/Heimat/Liebe?
  • Wie drückt sich das in Ihrem Gedicht aus?
  • Warum haben Sie das Gedicht „...“ überschrieben?
  • Was hat Sie dabei besonders inspiriert?
  • Warum verwenden Sie (k)einen Reim?
  • In Ihrem Gedicht gibt es eine für uns besonders gelungene/ etwas rätselhafte Formulierung / Metapher / Wortschöpfung: „…“. Was hat Sie zu dieser Formulierung geführt?
  • Gibt es sprachliche Mittel, eine poetische Technik, welche Sie bevorzugen?
  • Wollten Sie dem Leser etwas vermitteln, ein Gefühl, eine Erfahrung, eine Hilfe?
  • In welcher Lebenslage / Stimmung befanden Sie sich, als sie das Gedicht schrieben?

Herr Soundso, wir danken Ihnen für das Gespräch und ...

Nehmen wir z.B. dieses Gedicht von Hermann Hesse (1877-1962), in dem der Wald ein Ort sehnsuchtsvoller Erinnerung an die Kindheit ist.

SCHWARZWALD

 Seltsam schöne Hügelfluchten,
 Dunkle Berge, helle Matten,
 Rote Felsen, braune Schluchten,
 überflort von Tannenschatten!
 
 Wenn darüber eines Turmes
 Frommes Läuten mit dem Rauschen
 Sich vermischt des Tannensturmes,
 Kann ich lange Stunden lauschen.
 
 Dann ergreift wie eine Sage,
 Nächtlich am Kamin gelesen,
 Das Gedächtnis mich der Tage
 Da ich hier zu Haus gewesen.
 Da die Fernen edler, weicher,
 Da die tannenforstbekränzten
 Berge seliger und reicher
 Mir im Knabenauge glänzten.

Ein Beispiel für die Umsetzung durch eine Schülergruppe:


Oder mit J.W.Goethe zu seinem Gedicht

Auf dem See

Und frische Nahrung, neues Blut
Saug ich aus freier Welt;
Wie ist Natur so hold und gut,
Die mich am Busen hält!
Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,
Und Berge, wolkig himmelan,
Begegnen unserm Lauf.

Aug, mein Aug, was sinkst du nieder?
Goldne Träume, kommt ihr wieder?
Weg, du Traum! so gold du bist;
Hier auch Lieb und Leben ist.

Auf der Welle blinken
Tausend schwebende Sterne,
Weiche Nebel trinken
Rings die türmende Ferne;
Morgenwind umflügelt
Die beschattete Bucht,
Und im See bespiegelt
Sich die reifende Frucht.