Bühnentechnik

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Version vom 7. September 2019, 12:27 Uhr von Andrea Schellmann (Diskussion | Beiträge) (kein direkter Fachzusammenhang)

Gesangsabnahme

Das Hauptproblem bei mangelhaftem Gesangssound liegt häufig beim Sänger/bei den Sängern selbst. Dies ist ein Phänomen, welches besonders in Schulen immer wieder zu beobachten ist. Der Musiklehrer probt mit dem Chor und ist mit der Leistung sehr zufrieden. Die Generalprobe kommt, die Mikrofone stehen und es pfeift nur, der Sound ist schlecht, alle sind genervt etc., der Tontechniker bzw. die Technik an sich trägt laut Musiklehrer die Schuld daran ... ein oft erlebtes Szenario.

Hier wird immer wieder übersehen, dass Schüler keine Profis sind und mit dem Mikrofon nicht so unbedarft umgehen, wie man es sich als Lehrer vorstellt. Plötzlich werden aus Angst vor dem Mikrofon nur noch die Lippen bewegt und die Hälfte der Schüler (fast immer die in Mikronähe) singen nicht. Es wird dann heimlich der Platz mit Mitschülern getauscht, die dann meistens genau die sind, die man als Lehrer erst recht nicht vor dem Mikrofon stehen haben möchte. Hier ist einfach Aufklärungsarbeit und Training mit dem Mikrofon angesagt. Ein aus Angst vor dem Mikrofon ("Oh Gott, man hört mich hinterher noch raus!") zu leise singender Chor kann auch nicht gut über die Anlage übertragen werden. Ähnliches gilt für die Solisten. Der Umgang mit dem Mikrofon muss ebenso gelernt werden wie das richtige Singen selbst. Dazu gehört auch die richtige Handhaltung, das Anfassen des Mikrofons überhaupt, Spielen mit dem Mikrofonabstand zur Vermeidung von Plopp- oder Zischgeräuschen etc....

Die Mikrofonauswahl ist enorm wichtig. Alle Mikrofone besitzen für sie typische klangliche und technische Eigenschaften, die sich auf den Gesamtklang stark auswirken. Für die Chorabnahme ist die Richtcharakteristik enorm wichtig. Diese gibt an, aus welcher Richtung welche Frequenz wie stark aufgenommen wird. Typische Richtcharakteristiken sind z. B. Kugel, Niere, Superniere, Hyperniere, Acht. Für die Chormikrofonierung bieten sich dabei Niere und Kugel an, weil diese Charakteristiken auch seitlichen Schall noch gut übertragen und nicht ausblenden. Bei der Kugel ist allerdings Vorsicht geboten, weil auch rückwärtiger Schall (und damit der Schall aus der Beschallungsanlage) gut mit aufgenommen wird. Mikrofone mit Kugelcharakteristik kann man oft gut mitten im Chor positionieren. Die ersten Reihen nimmt man dann besser mit Mikrofonen mit Nierencharakteristik ab. Super- und Hyperniere sind nicht so gut geeignet, weil sie zu stark bündeln. Die Gefahr, dass dann ein einzelner Schüler aus dem Gesamtklang heraus sticht, ist einfach zu groß. Für die Chorabnahme haben sich Kondensatormikrofone bewährt, was aber nicht bedeutet, dass ein gutes dynamisches Mikrofon (solange es kein Shure SM58 ist!) nicht auch gute Dienste leisten kann. Wichtig ist hier, dass kein ausgeprägter Nahbesprechungseffekt vorhanden ist, sondern das Mikrofon auch bei größeren Abständen noch einen ausgeglichenen Frequenzgang sowie eine gute Empfindlichkeit aufweist. Hier sieht man dann öfter auch ein Sennheiser MD421 oder auch das MD441 (trotz seiner Supernierencharakteristik).

Die Mikrofonaufstellung entscheidet maßgeblich über den späteren Gesamtklang. Je weiter man vom Chor entfernt ist, desto homogener wird der Klang. Einzelstimmen treten zugunsten des Gesamtklanges zurück. Leider treten aber auch die Raumeigenschaften immer mehr in den Vordergrund und die Gefahr von Rückkopplungen steigt stark an. Aus diesem Grund muss man bei Beschallungen häufig auf eine Mikrofonierung im Nahbereich zurückgreifen. Um einen homogenen Chorsound hinzubekommen, muss bei einem großen Chor dann schon eine höhere Anzahl Mikrofone verwendet werden. Um Kammfiltereffekten vorzubeugen (das sind durch die Laufzeitunterschiede bedingte Auslöschungen und Anhebungen im Frequenzgang), gilt die 3:1 Regel. Das bedeutet: Der Abstand zwischen den Mikrofonen sollte mindestens dreimal so groß sein wie der Abstand der Sänger zu den Mikrofonen. Zudem müssen Mikrofone so aufgestellt werden, dass nicht ständig Sänger vor die Ständer stoßen und somit nicht nur unschöne Rumpelgeräusche erzeugen, sondern auch die Ständer ungewollt verstellen. Kabel sind sicher und ohne Schlaufenbildung zu führen und am Boden zu verkleben.

Chormikrofone gehören nicht auf den Chor-Monitor! Chöre benötigen live in der Regel ein Akkordinstrument (meistens das Klavier) und eine rhythmische Orientierung (Bass Drum reicht meistens). Singen Solisten mit dem Chor zusammen, gehören auch diese auf den Monitor.

Eine Verteilung der Chormikrofone im Stereo-Panorama mag auf Aufnahmen und am Mischerplatz zwar schön klingen, ist aber bei Beschallungen ebenfalls fehl am Platz! Stereo gibt es bei Beschallungen nur an einem Ort und da genau steht in der Regel das Mischpult. Alle anderen Zuhörer sitzen abseits des Stereo-Feldes und man möchte doch den gesamten Chor hören und nicht nur den Teil, der gerade auf die entsprechende Seite "gepanned" ist, oder? Live-Veranstaltungen sollten deshalb besser mono gefahren werden. Eine Ausnahme kann es bei lauten Bühneninstrumenten geben. Steht auf der rechten Seite den Marshall-Turm des Gitarristen, werde ich diesen mehr auf die linke Seite legen, weil ja die rechte Seite zusätzlich mit dem Direktschall von der Bühne versorgt wird. Das ist aber - wie gesagt - die Ausnahmesituation und nicht auf Chormikrofone anzuwenden.

Das Einpegeln von Chormikrofonen macht nur dann Sinn, wenn der Chor auch mit Auftrittslautstärke singt. Es ist für den Soundcheck ein entsprechendes Lied zu wählen und der Chor dementsprechend zu motivieren.

Einen ausgeglichenen Chor erkennt man daran, dass die Mikrofonkanäle am Mischpult hinterher alle ungefähr dieselbe Fader-Position besitzen. Sind hier grobe Unterschiede, sollte man sich über die Choraufstellung und -zusammensetzung einige Gedanken machen! (oder auch die Einpegelung der Mikrofone nochmal überprüfen, denn die geschieht über den GAIN-Regler und NICHT über den KANAL FADER!).

Kondensator-Mikrofone klingen besser, wenn sie mit Phantomspeisung betrieben werden und nicht mit Batterien (diese Möglichkeit bieten zum Glück nur wenige Mikrofone!)

Ab einem gewissen Pegel sind Rückkopplungen unvermeidbar. Anstatt nun an irgendwelchen EQs zu schrauben, sollte die Bühnenlautstärke der möglicherweise vorhandenen Band oder Einzelinstrumente überprüft werden.

Ist die Sprachverständlichkeit trotz aller Maßnahmen schlecht, können im Chor an einige Sänger Handmikros verteilt werden (z. B. bei SATB jeweils ein Shure SM58). Diese werden dem Chorsound LEICHT beigemischt. Bei unsicheren Chören kann man diese Mikrofone auch gefahrlos auf den Chor Monitor legen, so dass der Chor durch diese Sänger eine Orientierung bekommt. Viele Chorleiter meiden diese Methode, weil sie keine Einzelpersonen hervor heben wollen. Verständlich, doch ist diese Methode wesentlich besser als der Griff zum EQ!

Gute und disziplinierte Musiker und einen guten Tontechniker erkennt man daran, dass der EQ am Mischpult in den meisten Kanälen ausgeschaltet oder nur minimal verwendet wurde und auf technische Tricksereien unterschiedlichster Art verzichtet werden konnte. Aufklärung über die Technik (auch bei den Musikern!) ist viel mehr wert als die Anschaffung neuer Geräte!

Zuletzt zur Mikrofonanschaffung: Spart gerade bei den Chormikros nicht am Mikrofon. Mikrofone sind wirklich mechanische Meisterleistungen und diese kosten nun einmal Geld. Zwar sind auch die hochwertigen Mikrofone in der jüngsten Zeit bedeutend billiger geworden, doch kostet ein Neumann Pärchen KM184 nach wie vor um die 1000 Euro - und das zurecht! Auch ein guter und rauscharmer Mikrofonvorverstärker bringt mehr als das Effektgerät XYZ im Siderack! Hier seien nochmals die MACKIE Mischpulte lobend erwähnt, die selbst in der unteren bis mittleren Preisklasse die besten Mikrofonvorverstärker am Markt bieten und deshalb bei Bühnenprofis und auch in Tonstudios gerne gesehen sind (man schaue sich mal die Sideracks von Keyboardern oder in Tonstudios an!).


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