Lark Rise to Candleford
Lark Rise to Candleford ist eine Zusammenstellung von drei autobiographischen Romanen von Flora Thompson, die in fiktionalisierter Form eine Sozialgeschichte der ländlichen Bevölkerung Oxfordshires am Ende des 19. Jahrhunderts darstellen.
Gegenstand und Charakter der Darstellung
Dabei schildert sie als einzige Autorin dieser Zeit sowohl das Leben in Weiler, Dorf und Kleinstadt und nicht nur das individuelle Leben, sondern auch das der Gruppen.[1] Das Besondere an Thompsons Darstellung ist, dass sie alle Personen und Verhältnisse mit Sympathie darstellt, ohne irgend etwas heimattümlich zu beschönigen.[2]
Die soziale Situation im Weiler zur Zeit ihrer Kindheit[3] kennzeichnet sie mit dem Bild einer von Not und Mangel belagerten Festung, die deren Ansturm nur mit Hilfe strenger Sitten und sozialer Kontrolle standhalten kann. Als kennzeichnendes Beispiel dafür berichtet sie von der kleinen ökonomischen Revolution im Weiler, als ein Bierhändler das Monopol des Pubs bricht, indem er den Haushalten ihre eigenen Bierfässer liefert. Das führt dazu, dass nicht nur die Männer täglich ein Bier[4] im Pub trinken, sondern in der emanzipierteren häuslichen Situation gelegentlich auch die Frauen (sonst war das nur zu hohen Festtagen vorgekommen) und dass die Männer gelegentlich auch mehr als ein Glas trinken. Binnen kurzem erweist sich, dass damit das Haushaltsbudget des Durchschnittshaushalts trotz des niedrigeren Bierpreises weit überfordert ist. Wegen der Zahlungsschwierigkeiten seiner Kunden gibt der Bierhändler daher seine Lieferungen auf. Das alte Vorrecht der Männer auf Alkohol und das Monopol des Pub kehren wieder zurück. So ist der Angriff des Fortschritts auf das prekäre finanzielle Gleichgewicht der landlosen Landarbeiterfamilien abgewehrt worden.
Andererseits erhält Thompsons Darstellung nicht die Form einer sozialen Anklage, vielmehr zeichnet sie im Bewusstsein, welche Kultur damals verloren ging, genau die aussterbenden Bräuche der agrarischen Welt auf. So berichtet sie, dass die Landarbeiter begeistert "God bless the people's William" sangen, weil Gladstone ihnen anders als die Konservativen ihre Sache zu vertreten schien, und dass ein Dreiundachtzigjähriger noch aus mündlicher Familienüberlieferung die 1776 erstmals schriftlich festgehaltene Volksballade "An outlandish knight"[5] vortrug, die man freilich nur aus Respekt vor seinem Alter anhörte. Diese Gesänge, die die Pubbesucher noch in einer Gemeinschaft vereinigten, sieht sie als Zeichen der "verlorengegangenen Kunst, mit Wenigem glücklich zu sein."[6]
Textauszüge
Oxford
Oxford war nur 19 Meilen entfernt. Die Kinder aus dem Endhaus wussten das, denn als sie klein waren, hatte ihre Mutter sie oft zu einem Spaziergang zur Landstraße mitgenommen, und sie gingen niemals an dem Meilenstein vorbei, ohne dass ihnen die Inschrift vorgelesen worden wäre: Oxford XIX Meilen.
Sie fragten sich oft, wie es in Oxford sei, und fragten auch andere danach. Eine Antwort war, es sei eine ganz große Stadt, wo ein Mann 25 Schilling in der Woche verdienen könne, aber da er beinahe die Hälfte davon für die Hausmiete zahlen müsse und nirgendwo ein Schwein halten und viel Gemüse anbauen könne, wäre er ein Narr, wenn er dorthin ginge.
Ein Mädchen, das wirklich einmal zu Besuch dort gewesen war, sagte, man könne dort eine große rosa-weiße Zuckerstange für einen Penny kaufen und einer der Mieter ihrer Tante habe ihr fürs Schuheputzen einen ganzen Schilling gegeben.
Ihre Mutter sagte den Kindern, Oxford werde City genannt, weil dort ein Bischof lebe, und dass dort jährlich ein großer Jahrmarkt gehalten werde, und das schien alles zu sein, was sie darüber wusste.
[...] So war Oxford für sie einige Zeit ein Schemen von Bischöfen (sie hatten ein Bild von einem Bischof, der mit weiten weißen Ärmeln auf einem Stuhl mit hoher Rückenlehne saß, gesehen), von Schaukeln, Schaubuden und Kokosraspel (denn, was ein Jahrmarkt war, wussten sie) und kleinen Mädchen, die rosa-weiße Zuckerstangen lutschten und Schuhe putzten. Aber sich einen Ort ohne Schweineställe und Gemüsegärten vorzustellen, war weit schwieriger. Ohne Speck und Kohl, was sollten die Leute dann essen? [...]
Obwohl es die Hauptstraße war, gab es dort kaum Verkehr, denn die Marktstadt lag in entgegengesetzter Richtung, das nächste Dorf lag in fünf Meilen Entfernung, und mit Oxford gab es aus so großer Entfernung in diesen Tagen der Pferdewagen keinen Verkehrsaustausch über die Straße [...]
Zu dieser Zeit war sie ganz verlassen. In drei Meilen Entfernung donnerten die Züge über eine Eisenbahnbücke, in denen die fuhren, die - hätten sie einige Jahre früher oder später gelebt - die Straße benutzt hätten. Die Leute sagten, es werde viel zu viel Geld für Straßenindstandhaltung ausgegeben, denn deren Zeit sei vorüber, sie würde nur noch für Leute gebraucht, die von einem Dorf zum anderen wollten.!"
F. Thompson:Lark Rise to Candleford. "A Hamlet Childhood"
Lesen lernen
Die Eltern wollen ihre Kinder nicht in die Dorfschule schicken und tragen sich mit Umzugsplänen.
Aber es passierte immer wieder etwas, was den Umzug verhinderte, und langsam entwickelte sich ein anderer Plan. Um Zeit zu gewinnen, würde der Vater die beiden ältesten Kinder in Lesen und Schreiben unterrichten, so dass, wenn das Schulamt anfragte, ihre Mutter sagen könnte, sie würden bald umziehen und in der Zwischenzeit zu Hause unterrichtet.
So brachte der Vater zwei Exemplare von Mavars Fibel mit und lehrte sie das Buchstabieren. Doch gerade als Laura mit den einsilbigen Wörtern anfing, musste er zu einer entfernteren Baustelle und kam nur am Wochenende nach Hause. Laura, die noch im Stadium von M-a-m-a r-u-f-t war, musste also mit dem Buch der Mutter bei der Hausarbeit hinterher laufen und sie fragen: "Mama, wie buchstabiert man 'schläft'? oder: Was bedeutet 'spazieren'? Wenn ihre Mutter zu beschäftig oder nicht in Stimmung war, ihr zu Diensten zu sein, saß sie dann oft und starrte auf die Seite, die genauso gut hebräisch hätte bedruckt sein können, denn alles, was sie tun konnte, war die Stirn runzeln und grübeln, als ob sie die Bedeutung der Wörter durch bloße Konzentration herausquetschen könnte.
Nach Wochen, wo es so lief, kam dann der Tag, wo sie auf einmal den Eindruck bekam, dass die gedruckten Wörter eine Bedeutung bekämen. Nun gab es selbst auf den ersten Seiten der Fibel immer noch einige Wörter, die sie nicht entziffern konnte, aber sie konnte die übergehen und doch das Ganze verstehen. "Ich kann lesen, ich kann lesen!" rief sie laut, "Edmund, Mama, ich kann lesen!"
F. Thompson:Lark Rise to Candleford. "A Hamlet Childhood"
Fragen:
- Oxford:
- Weshalb wissen die Kinder so wenig über Oxford?
- Weshalb versuchen sie nicht, sich anders zu informieren als dadurch, dass sie Leute befragen, die offenbar selbst kaum etwas darüber wissen?
- Weshalb wurden die Straßen nicht mehr benutzt?
- Weshalb wurden sie später wieder benutzt?
- Oxford war 19 Meilen entfernt. Was sagt das über den damaligen Berufsverkehr und über den Allgemeinverkehr in dieser Gegend?
- Auf welche Zeit bezieht sich der Text und wann wurde er frühestens geschrieben?
- Lesen lernen
- Weshalb übernimmt der Vater den Unterricht?
- Weshalb gerät der ins Stocken, als der Vater nicht mehr im Haus ist?
- Weshalb ist es gerade im Englischen so schwer, vom Buchstabieren zum Lesen zu kommen?
- Was für eine Rolle spielt das Lesen des Kindes für die Mutter, was für eine für das Kind selbst?
Die Männer auf den Feldern
Eineinhalb Meilen entfernt von der schmalen geraden Straße in der Gegenrichtung zu der, in der die große Straße lag, lag um eine Ecke herum, knapp außerhalb der sich vom Weiler aus, das Mutterdorf Fordlow. Sobald man die Biegung der Straße passiert hatte, veränderte sich die Landschaft. An die Stelle der großen offenen Felder traten Wiesen und Ulmen und kleine rieselnde Bächlein.
Das Dorf war ein kleiner verlorener, einsamer Ort, viel kleiner als der Weiler, ohne Laden, ohne Wirtshaus, ohne Postamt und sechs Meilen entfernt von der Bahnstation. Die kleine, gedrungene Kirche ohne Turm lag zurückgesetzt in einem kleinen Friedhof, der nach jahrhundertelangem Gebrauch viele Fuß über der Straße lag, und das Ganze war von hohen Ulmen um geben, in denen eine Kolonie von Krähen ständig krächzte. Daneben lag das Pfarrhaus, so eingehüllt von Obstbäumen und Büschen, dass man von der Straße nur die Schornsteine sah. Dann folgte das alte Gutshaus im Tudorstil, mit seinen durch Steinrippen getrennten Fenstern, wohinter wir einen Kerker vermuteten.
Diese, zusammen mit der Schule und etwa einem Dutzend Cottages, die von Schäfer, Fuhrmann, Schmied und ein paar anderen angeseheneren Landarbeitern bewohnt waren, machten das Dorf aus. Und selbst diese wenigen Häuser zogen sich so weit, versteckt in Gebüsch und Bäumen hin, dass da überhaupt kein Dorf zu sein schien.
In Lark Rise erzählte man sich gern, dass ein Fremder nach dem Weg nach Fordlow gefragt habe, als er gerade hindurch gegangen war. Im Weiler sah man die Leute vom Dorf als hochnäsig an, wärend das Dorf auf die "Zigeuner" vom Weiler herab sah.
Mit Ausnahme der zwei oder drei Männer, die oft abends in den Pub in Lark Rise kamen, suchten die Leute vom Dorf den Weiler, der für sie die Wildnis außerhalb der Zivilisation bedeutete, selten auf. Dagegen kannten die Leute vom Weiler dem Weg zum Dorf auswendig, denn die Kirche, die Schule und das Gutshaus, wohhin die Männer zur Arbeit gingen, lagen alle im Dorf. Der Weiler hatte nur den Pub.
Frühmorgens, den größten Teil des Jahres schon vor Tagesanbruch, standen die Männer auf, frühstückten ihr Brot mit Schmalz, schnappten sich die Essenkörbe, die am Vorabend für Sie bereit gemacht worden waren, und eilten über Felder und Zäune zum Gut. Die Jungen wach zu bekommen war schon schwieriger. Die Mütter mussten sie rufen, schütteln und an manchen Wintermorgen die elf-, zwölfjährigen Jungen regelrecht aus dem Bett ziehen. Dann mussten die Stiefel, die über Nacht am Kamin getrocknet hatten und dabei geschrumpft und hart wie Holz geworden waren, über die Frostbeulen gezogen werden. Wenn dann ein kleiner Junge deshalb weinte, mochte seine Mutter, um ihn zu ermuntern, daran erinnern, das ist ja nur die Stiefel waren und nicht wie früher Lederstrümpfe: "Ein Glück, dass du nicht in der Zeit lebst, als auch die Strümpfe aus Leder waren." Und ihm dann von dem Jungen von früher erzählen, dessen Lederstrümpfe so zusammengebacken waren, dass er eine Stunde brauchte, sie anzuziehen. Dessen Mutter hatte ihn daran erinnert, dass Hiob seine Klagen so geduldig ertragen habe, und der Junge hatte erwidert: "Hiob konnte gut geduldig sein. Der brauchte ja keine Lederstrümpfe zu tragen. "
In den 80er-Jahren gab es keine Lederstrümpfe mehr, sie kamen nur noch in dieser Geschichte vor. Der Fuhrmann, der Schäfer und ein paar alte Landarbeiter trugen noch den traditionellen Arbeitskittel mit dem schwarzen Filzhut, wie ihn früher die Geistlichen getragen hatten. Aber die waren schon recht altmodisch geworden. Die meisten Männer trugen Anzüge aus steifem, dunkelbraunem Cord oder im Sommer Manchesterhosen und eine ungebleichte Drillichjacke, die "Sloppy" genannt wurde.
Die meisten jungen Männer und die in den besten Jahren waren untersetzt, hatten eine gute Größe und rote Gesichter und enorme Kräfte, und brüsteten sich mit dem Gewicht, das sie tragen konnten und dass sie im Leben noch nie Rückenschmerzen gehabt hätten.
Die Alten dagegen waren gebeugt, hatten geschwollene knorrige Hände und hatten Mühe beim Gehen, denn sie spürten die Folge eines Lebens, wo sie bei jedem Wetter im Freien hatten arbeiten müssen, und die meisten von ihnen hatten Rheumatismus. Diese Alten trugen einen breiten grauen Backenbart, der von Ohr zu Ohr reichte. Die Jungen dagegen waren stolz auf ihre walrossartigen Schnurrbärte. Ein oder zwei waren ihrer Zeit voraus rasiert. Aber da man nur am Sonntag zum Rasieren kam, waren sie am Ende der Woche von den anderen kaum noch zu unterscheiden.
Sie sprachen noch den Dialekt, in dem die Vokale nicht nur sehr breit gesprochen, sondern in manchen Wörtern sogar verdoppelt wurden. 'Boy' wurde 'boo-oy', 'coal' 'coo-al', 'pail' 'pay-ull' gesprochen usw..
Auf der anderen Seite wurden Silben ineinander verschliffen und Wörter gingen ineinander über wie 'brenbuer' für "bread and butter". Sie hatten Hunderte von Sprichwörtern und Redensarten, und ihre Rede war voll von Vergleichen. Nichts war einfach nur heiß, kalt oder farbig. Es war "heiß wie die Hölle", "kalt wie Eis", "grün wie Gras", "gelb wie eine Guinee" (eine 21-Shilling-Münze). Eine Flickwerkarbeit mit unzureichenden Materialien war "wie Dicks Hutband, das halb herumlief und dann angenäht war", jemanden zu überreden oder zu überzeugen, der nicht darauf reagierte, hieß "einem Umschlag um ein Holzbein machen". Nervös zu sein, war "sein wie eine Katze auf heißen Steinen", wütend zu sein hieß "wütend wie ein Stier". Oder man konnte "arm wie eine Ratte" sein, "krank wie ein Hund", "heiser wie eine Krähe", "hässlich wie die Sünde", "voll der Milch menschlicher Freundlichkeit" oder "stinken vor Stolz". Eine temperamentvolle Person wurde beschrieben als "entweder oben auf dem Dach oder tief unten im Brunnen". Den typischsten Dialekt konnte man von einigen Männern mittleren Alters hören, die volltönende Stimmen hatten, viel Verstand hatten und eine würdige Aussprache.
Mr. Frederick Grisewood von der BBC gab den alten Oxfordshire-Dialekt in einigen Rundfunksketches vor ein paar Jahren perfekt wieder. Die, die mit dem Dialekt aufgewachsen sind, können über solche Imitationen verrückt werden, aber für eine Zuhörerin ließ er die Vergangenheit wieder aufleben. Alle Männer verdienten auf den Penny genau gleich viel. Sie arbeiteten unter den gleichen Bedingungen, hatten dieselben Freuden und teilten allen die tägliche Landarbeit. Aber sie selbst unterschieden sich sehr wohl voneinander, so wie andere Menschen ihrer Zeit sich voneinander unterschieden, in Stadt und Land.
Einige waren intelligent, andere schwer von Begriff, einige waren freundlich und hilfsbereit, andere selbstsüchtig, einige lebhaft, andere schweigsam. Wenn ein Fremder den typischen Vertreter der Männer von Oxfordshire gesucht hätte, hätte er ihn nicht gefunden. Freilich hätte er auch den trockenen Humor schottischer Bauern nicht gefunden oder den urwüchsigen Witz und die Weisheit der Bewohner von Thomas Hardys Wessex. Diese Männer waren von schwerblütigerer Art und bewegten sich langsamer. Und doch gab es durchaus hin und wieder einen eindrucksvollen Geistesblitz. Ein Mann sagte, als Edmund weinte, weil seine Elster von ihren tätlichen Übungsflug nicht zurückkehrte: "Nimm's nicht zu schwer, junger Mann, gehe und frag Mrs. Andrews (die Klatschbase des Ortes) und du wirst hören, wo überall die Elster gewesen ist, und sei es, dass sie bis Stratton geflogen ist.
Ihre größte Tugend war Tapferkeit. Schmerzen und Mühlen nicht zu scheuen war ihr Ideal. So konnten sie sagen: "Er sagte, sagte er, das Haferfeld muss noch heute eingebracht werden, denn heut Nacht gibt es Regen. " Wir haben nicht geklagt, wir nicht. Die letzte Fuhre war erst um Mitternacht in der Scheune. Wir wären fast nicht mehr nach Hause gekommen, so kaputt waren wir. Aber wir haben nicht aufgegeben. Wir haben's geschafft! " oder "Der Bulle auf mich los, um mich auf die Hörner zu nehmen. Aber ich hatte keine Angst. Ich riss mir ein loses Stück vom Geländer ab und bin ihm entgegen. Da hat er gekniffen. Er war's. Er!"
Oder eine Frau konnte sagten "Ich habe sechs Nächte hintereinander bei meiner kranken Mutter gesessen, bin nie aus den Kleidern gekommen. Aber ich habe es durchgehalten, ich hab sie durchgezogen, denn sie hat auch nicht aufgegeben." Oder eine junge Frau nach der ersten Geburt zu der Hebamme: "Ich habe es ausgehalten, hab ich etwa geschrieen? Ich hoffe doch, ich habe mich gut geschlagen."
Das Gut war groß. Es erstreckte sich weit über die Gemeindegrenzen hinaus, denn es bestand genau genommen aus mehreren Höfen, die früher verschiedenen Besitzern gehört hatten, aber jetzt zu einem zusammengefasst worden und im Besitz des reichen alten Mannes waren, der in dem Tudor-Gutshof wohnte. Die Wiesen ums Haus reichten für das Grasen der Zugpferde, das Hausvieh und zwei Milchkühe, die die Gutsfamilie und einige unmittelbare Nachbarn mit Butter und Milch versorgten. Dann gab es ein paar Wiesen, auf denen Heu gemacht wurde. Süßklee und Roggen wurden angebaut und schon grün als Viehfutter geerntet. Der Rest war Ackerland und erbrachte allerlei Getreide und Wurzelgemüse, aber hauptsächlich Weizen.
Um das Herrenhaus waren die Wirtschaftsgebäude gruppiert. Ställe für die großen stampfenden zottigen Kaltblüter-Zugpferde. Scheunen mit Toren, die so breit und hoch waren, dass ein beladener Heuwagen hindurch fahren konnte.
Schuppen für die gelb-blau bemalten Wagen des Gutes, Getreidesilos mit Außentreppen und Schuppen zur Lagerung von Ölkuchen, Kunstdünger und anderen landwirtschaftlichen Notwendigkeiten.
Auf dem Hof standen große, spitze, sorgfältig mit Ried gedeckte Heuschober auf Steinfundamenten. Die Molkerei im Haus war zwar klein, aber vorbildlich, sie war mit allem versorgt, was für gute Landwirtschaft notwendig oder wünschenswert war.
Arbeit wurde großzügig eingesetzt. Jungen, die die Schule verließen, wurden selbstverständlich vom Gutshof eingestellt und keinem Soldat, dessen Dienstzeit abgelaufen war oder der sich wegen einer Heirat niederlassen wollte, wurde ich je eine Anstellung verweigert. Wie der Gutsherr sagte, er konnte immer weitere Arbeiter einsetzen, denn Arbeit war billig und das Land wurde bis aufs letzte Fleckchen bearbeitet.
Wenn die Männer und Jungen des Weilers am Morgen beim Gutshof eintrafen, waren der Fuhrmann und seine Helfer schon eine Stunde lang bei der Arbeit beim Füttern und der Vorbereitung der Pferde. Und nachdem sie etwa noch ausstehende Arbeit getan hatten, schirrten die Männer und Jungen an und zogen in langer Reihe in den einzelnen Arbeitsgruppen zu den Feldern, wo ihr Tagewerk anstand.
Wenn es regnete, schnitten sie Säcke auf und zogen sie sich als Kopfschutz und Mantel über. Wenn es frostig war, hauchten sie auf Ihre Finger und schlugen sich auf die Brust, um sich zu wärmen. Wenn Sie nach Ihrem Schmalzbrotfrühstück noch hungrig waren, machten sie sich einen Rübenschnitz und mampften den oder sie nahmen sich ein oder zwei Bissen von dem dunkelbraunen Ölkuchen, der für das Vieh vorbereitet war. Manche der Jungen probierten auch die Talgkerzen der Stalllaternen. Doch das geschah mehr aus Schabernack, denn aus Hunger, denn, so knapp sie auch dran waren, die Mütter achteten immer darauf, daß ihr Tom oder Dick zwischen den Mahlzeiten irgendetwas zu beißen hatte, einen halben Pfannkuchen oder den Rest Rollkuchen vom Vortag.
Mit "Hüh!" und "Hott!" zogen die Teams los. Die Jungen saßen auf dem Rücken der großen Zugpferde, und die Männer, die nebenher gingen, füllten ihre Tonpfeifen mit Krüllschnitt und machten ihre kostbaren ersten Züge des Tages, wenn es dann mit Peitschenknallen, klappernden Hufen und rasselndem Geschirr über die matschigen Feldwege ging.
Die Flurnamen erzählten die Geschichte der Felder. In der Nähe des Gutshofs erzählten die Namen "Torf", "Fischteich", "Taumhaus" (Taubenhaus), "Hundezwinger " und "Kaninchenbau " von einer Zeit, bevor das Tudor-Gutshaus die Stelle eines anderen, älteren Baus eingenommen hatte. Weiter: "Lerchenhügel ", "Kuckucksklumpen", " Kopfweide " oder "Teichstück " waren nach natürlichen Gegebenheiten benannt, während “Gibbartsfeld und das “Schmiedsche” wahrscheinlich an sonst längst vergessene Besitzer erinnerten. Die größeren neuen Felder um den Weiler herum waren zu spät vermessen worden, um noch Eigennamen zu erhalten und hießen "Hundertacker" und "Sechzigacker" und so weiter, je nach ihrer Größe. Ein oder zwei von den Alten bestanden darauf, sie " die Heide " oder " Rennpferd " zu nennen.
Für die meisten Männern war ein Name so gut wie der andere. Für sie waren es nur Namen und sie bedeuteten ihnen nichts. Was für sie an den Feldern wichtig war, auf denen sie arbeiteten, war, ob der Weg der vom Gutshof zu ihnen führte, gut oder schlecht war oder ob es eine relativ geschützt der Lage hatte oder ob es eines der offenen Felder war, über die der Wind nur so pfiff und den Regen durch die Kleider dringen ließ, dass man nass wurde bis auf die Haut, und ob der Boden leicht zu bearbeiten war oder so schwer war, dass er einem die Knochen brach oder ob er so zusammengepappt war, dass eine Pflugschar kaum durchdringen konnte.
Üblicherweise gab es pro Feld drei oder vier Pflüge, die von einem Team von drei Pferden gezogen wurden, mit einem Jungen vorneweg und dem Pflüger am Griff. So pflügten sie dann den ganzen Tag hin und zurück und durchpflügten das Stoppelfeld mit den dunklen Furchen, die im Laufe des Tages breiter wurden und näher aneinander rückten, bis am Schluss das ganze Feld eine kräftige samtbraune Farbe annahm.
Jedem Pflug folgten Krähen, die die Schollen sorgfältig auf Würmer, Larven und Raupen untersuchten. Und die kleinen Heckenvögel flitzten hin und her, immer bedacht, sich ihren eigenen kleinen Anteil zu sichern. Schafe in den Hürden des benachbarten Feldes blökten klagend und überall das Krächzen und Zwitschern erhoben sich die unvergesslichen Rufe der Landarbeiter “Hüh! Hott! Voran mit dem Schlitten! Mach es, Leichtfuß! Junge, willst du nicht oder bist du taub? Halt dich ran!”
Wenn der Pflug seine Arbeit getan hatte, wurden die Schollen mit der von Pferden gezogenen Walze nieder- gebrochen. Dann wurde die Ecke durchgezogen, um Unkraut und Gras, die diese Felder bewuchsen, heraus zu kämmen und in ordentlichen Haufen zu sammeln, um sie später zu verbrennen und die Luft mit diesem hellblauen Dunst und Geruch zu füllen, den man sein Leben lang nicht vergisst. Dann wurde gesät, die kleinen Pflanzen wurden verzogen und gehackt und zu ihrer Zeit gemäht. Und dann begann das Ganze wieder von vorne.
Maschinen für die Landwirtschaft waren erst dabei aufzukommen. Jeden Herbst kamen zwei große Zugmaschinen, die an beiden Seiten des Feldes aufgestellt einen Pflug mit einem Drahtseil hin und zurück zogen. Sie wurden gemietet und fuhren in dem Bezirk mit ihrem eigenen Dampf zu den verschiedenen Farmen. Dazu gehörte immer ein kleiner Wohnwagen, der " Kasten " genannt, in dem die beiden Fahrer wohnten und schliefen. In den 90er-Jahren, als sie beschlossen hatten, auszuwandern, wollten Lauras beide Brüder nach einander alles über landwirtschaftliche Arbeit lernen und zogen eine Zeitlang mit dem Dampfflug und erschreckten damit die anderen Bewohner des Weilers, die solche Nomaden als Asoziale ansahen. Ihrer Vorstellungskraft reichte noch nicht aus, sich Mechaniker als eine eigene Klasse vorzustellen, und sie rechneten sie zu den Schornsteinfegern, Kesselflickern und anderen, deren Arbeit Gesichter und Kleidung schwarz machten. Doch wurde auch auf Büroangestellte, Kaufleute jeder Art, deren saubere Kleidung und Arbeit ihnen besonderen Respekt hätte einbringen können, als "Schreibtischhengste" herabgesehen. Die Welt, die die Landleute kannten, bestand aus Landbesitzern, Bauern, Gaststättenbesitzern und Landarbeitern mit Fleischer, Bäcker, Müller und Kolonialwarenhändler als Hilfspersonal.
Maschinen, die die Bauern besaßen, wurden von Pferden gezogen und wurden nicht überall eingesetzt.
Auf manchen Feldern wurde eine Sämaschine eingesetzt, auf anderen ging der Sämann mit dem Saatkorb, den er über den Nacken trug, und warf die Körner mit beiden Händen in breiten Würfen. Zur Erntezeit waren zwar Erntemaschinen ein üblicher Anblick, aber sie taten nur einen kleinen Teil der Arbeit. Die Männer mähten immer noch mit Sensen und einige Frauen arbeiteten noch mit der Sichel. Eine Dreschmaschine fuhr von Farm zu Farm und wurden üblicherweise eingesetzt, aber die Ernte ihrer eigenen Felder und der Ährenlese ihrer Frauen droschen die Männer noch mit dem Dreschflegel und worfelten das Korn, indem sie es im Wind von Sieb zu Sieb schütteten.
Die Arbeiter arbeiteten hart und gut, wenn sie meinten, dass die Situation es nötig mache und arbeiteten auch sonst gut durch. Natürlich waren manche bessere Arbeiter als andere, aber die Mehrheit war stolz auf ihre Arbeit und sie erklärten Außenstehenden gern, dass Feldarbeit kein Job für Dummköpfe sei, wie manche Leute von der Stadt es glaubten. Die Dinge mussten ganz exakt gemacht werden und zum richtigen Zeitpunkt, sagten sie. Da gab es so viel zu beachten, dass man sein Leben daran zu lernen hatte.
Ein paar von den weniger kräftig Gebauten pflegten zu sagen: "Wir bekommen zehn Schilling in der Woche und verdienen jeden Penny davon. Aber wir machen auch nicht mehr, darauf achten wir schon genau." Aber bei Arbeiten in Teams mussten auch die Nachlässigeren mit den anderen Schritt halten, und wenn vielleicht auch mal langsamer gearbeitet wurde, so mussten doch alle dran bleiben.
F. Thompson:Lark Rise to Candleford. "A Hamlet Childhood"
Bearbeitungen
Keith Dewhurst hat nach diesen Romanen die Theaterstücke Lark Rise und Candleford geschrieben, die 1978/79 am National Theatre London aufgeführt wurden. 2008 wurde eine Fernsehserie von 10 Folgen nach diesem Roman ausgestrahlt.[7] Insgesamt wurden bis 2011 vier Staffeln der Serie ausgestrahlt, die 2013 auch auf Deutsch als DVD verkauft wurden.
Übersetzungen
- 2008 erschien eine japanische Übersetzung von Lark Rise von Hideko Isheda[8]
- Die ersten drei Kapitel in einer deutschen Übersetzung sind 2017 (leicht gekürzt) auf der Internetseite Flora Thomson: Lark Rise von Walter Böhme veröffentlicht.
Fußnoten
- ↑ "none of these authors singly achieved the triple revelation of the hamlet, the village, and the market town" H.J. Massingham 1944 in der Einleitung zu Lark Rise to Candleford, Penguin Books Oxford 1981, S.8)
- ↑ „She is the recorder of hamlet, village and country town who was of them but retached from them, and whose observation of their inmates by intimacy by no means clouded precision of insight and objective capacity” H.J. Massingham 1944 in der Einleitung, S.8
- ↑ In den vorhergehenden Generationen war es noch anders gewesen: "Von den Häusern der älteren Leute zu denen der belagerten Generation zu gehen, bedeutete einen Schritt in ein anderes Kapitel der Geschichte des Weilers. [...] Alle Schönheiten und einfachen Annehmlichkeiten des älteren Lebensstils waren verschwunden. Es waren Arme-Leute-Häuser, reich nur an Kindern, starken und gesunden Kindern, die in wenigen Jahren ihrerseits ihren Anteil an der Arbeit der Welt aufnehmen würden und gutes, gesundes Blut für die Regeneration der Stadtbevölkerung liefern würden." (F. Thompson: Lark Rise to Candleford, Penguin Books Oxford 1981, S.97/8)
- ↑ half pint
- ↑ Diese Ballade verbindet das Blaubartmotiv mit dem Judithmotiv des Tyrannenmordes (http://www.contemplator.com/child/outland.html)
- ↑ "Die Sänger waren roh und ungebildet und so arm, wie man es sich heute gar nicht mehr vorstellen kann, aber sie verdienen, dass man sich ihrer erinnert, denn sie verstanden sich auf die heute verlorengegangene Kunst, mit Wenigem glücklich zu sein." F. Thompson: Lark Rise to Candleford, Penguin Books Oxford 1981, S.75
- ↑ Diese ist jetzt auch als DVD erhältlich: http://www.thenewpink.co.uk/2008/04/09/lark-rise-to-candleford-on-dvd/
- ↑ Dazu schreibt John Owen Smith: "to be followed up in due course by similar translations of 'Candleford Green' and 'Over to Candleford'. The translation is an interpretation of the content and style of the book with, for example, English country idioms being replaced with the nearest appropriate Japanese idiom. It is well recognised that there are close similarities between English and Japanese social history, particularly in respect of rural life and the countryside in general, albeit at slightly different time periods. Japanese visitors are often to be found during the summer months walking the lanes and byways of what has now become known as 'Flora Country'." (John Owen Smith auf seiner Internetseite Flora Thompson.)
Linkliste
- Lark Rise to Candleford
- Textausschnitt der originalen englischen Version zu Weihnachten
- Deutsche Übersetzung der Kapitel 1 - 3
- Zum Inhalt des 5. Kapitels
- Lark Rise to Candleford (Fernsehserie)
- Lark Rise Visited Der Soundtrack der Fernsehserie
- Great War Fiction Unterschiede zwischen dem heutigen Juniper Hill und dem fiktiven Weiler Lark Rise von einem ehemals Ortsansässigen
- Webseite mit Informationen zu Führungen in Juniper Hill (Lark Rise) und Cottisford (Fordlow)