Benutzer Fontane44/Unser Haus steht längst in Flammen
Unser Haus steht längst in Flammen. Warum Afrikas Stimme in der Klimakrise gehört werden muss ist ein Bericht der Klimaaktivistin Vanessa Nakate aus dem Jahr 2021 über ihre Arbeit für den Klimaschutz.
Einführung, S.9 ff.
"[...] Im Frühling, Sommer und Herbst 2018 waren die Nachrichten und meine Social-Media-Feeds voll mit Berichten über massive Überflutungen, die in Ostafrika ganze Landstriche zerstörten – von Dschibuti und Somalia bis Burundi und Ruanda. Der Anblick weggespülter Häuser,die Berichte über Hunderte Tote und noch viel mehr Menschen, die obdachlos geworden waren und dringend Schutz, Lebensmittel und medizinische Hilfe brauchten, waren herzzerreißend. Tausende Hektar Ernte waren zerstört worden. In Kenia, das im Osten an Uganda grenzt, kamen Tausende Ziegen, Schafe und Kühe in den Fluten um.
Ich sah Bilder von kleinen Kindern, die durch rotbraunes Wasser wateten, gefärbt vom Mutterboden, der von den umliegenden Hügeln geschwemmt worden war. Die Vereinten Nationen bezeichneten die Flut in Somalia, wo eine halbe Million Menschen betroffen war, als schlimmste, die die Region jemals erlebt hatte.
Auch mein Land blieb nicht verschont. Im Mai wurden Kalerwe und Bwaise überflutet, zwei Slums in Kampala. Die Stadt liegt am Ufer des Victoriasees, Afrikas größtem Binnengewässer, ungefähr 70 Kilometer nördlich des Äquators. Im Oktober kam es in den Bergregionen von Bukalasi und Buwali im Distrikt Bududa im Osten des Landes bedingt durch drei Tage mit heftigem Dauerregen zu Erdrutschen. Einundfünfzig Menschen starben und zwölftausend verloren ihre Häuser. Viele Straßen und vier Brücken wurden weggeschwemmt. Im Dorf Maludu begrub ein Erdrutsch eine Grundschule unter Schlamm, viele Kinder verloren ihr Leben.
Gleichzeitig blieb der Regen in der wasserarmen Region Karamoja im Nordosten Ugandas an der Grenze zu Nordkenia und dem Südsudan das zweite Jahr in Folge aus. Diese Ereignisse brachten das ugandische Ministerium für Finanzen, Planung und Wirtschaftsentwicklung zu der Feststellung, dass Dürren, unzuverlässige Regenfälle und verheerende Fluten «signifikante Auswirkungen auf die Bereiche Landwirtschaft, Produktion von Strom aus Wasserkraft, Wasserressourcen, menschliche Siedlungen und die Infrastruktur» hatten. Es würde, so das Ministerium weiter, zu «langfristigen Auswirkungen auf lang anhaltende Armut und zunehmende Ernährungsunsicherheit kommen» [...]."
Wie ich meine Bestimmung fand
Vanessa Nakate, 22 J., war kurz vor dem Abschluss ihres BWL-Studium in Kampala, als sie nach langem Nachdenken darüber, weshalb der bedrohliche Klimawandel nicht ernstgenommen und nichts dagegen getan wurde, trotz vieler Selbstzweifel beschloss, einen Protestmarsch zu organisieren. Sie gewann dafür ihre Brüder 14 und 10 Jahre und Cousin 11 J. und zwei Cousinen 9 und 22 Jahre dazu, dabei mitzumachen:
"Jetzt setzten uns hin, um die Schilder herzustellen, die wir bei unserem Streik in die Luft halten würden.
'Was sollen wir schreiben?' wollte Varak wissen. Ich legte Wert darauf, unsere Botschaften positiv zu formulieren. Außerdem war es mir wichtig, dass die Jüngeren nur Plakate zeigten, die sie auch selbst verstanden. Wir beschlossen, Sprüche zu nehmen, die nicht zu bedrohlich klangen, und suchten uns ein paar verschiedene aus. Auf Englisch schrieben wir Bäume sind wichtig für uns - Natur ist leben – Wer einen Baum pflanzt, pflanzt einen Wald – Danke für die Erderwärmung (das allerdings war Ironie) außerdem noch Klimastreik jetzt. Dann malten wir noch ein paar Bäume neben die Schriftzüge ,während wir im Wohnzimmer vor uns hin bastelten. [...]" (S.26)
"Wir machten uns auf den Weg zu unserer ersten Station auf dem Kititale-Markt und reckten unsere Schilder in die Luft: ein richtiger kleiner Klimamarsch. Mein Bruder Paul Christian machte Fotos, damit ich später in meinen Social-Media-Kanälen Bilder posten konnte. Während wir auf dem Gehsteig unterwegs waren, starten die Leute uns an. Die Frage, was wir da trieben, stand Ihnen ins Gesicht geschrieben. Eine Frau blieb vor uns stehen und sagte uns, wir sollten zu einer Baustelle in der Nähe gehen wo Bäume gefällt wurden, um Platz für eine Schule zu schaffen. 'Die müssen verstehen, dass sie das nicht tun dürfen', sagte sie. 'Man kann die Bäume stehen lassen und trotzdem eine Schule bauen.' "(S.27/28)
"Nachmittags postete ich, wie geplant, ein paar Fotos und ein Video, das mein Bruder von uns gemacht hatte, für meine etwa 500 Follower*innen in den sozialen Medien. Als ich das nächste Mal auf mein Handy sah, stellte ich erfreut fest, dass meine Posts bereits ein paar Likes bekommen hatten, es gab sogar ein paar positive Kommentare. Vor dem Schlafengehen schaute ich noch einmal nach. Ich hatte meine Postings mit Hashtags versehen und unseren Klimastreik auch mit #FridaysForFuture verlinkt. Überrascht sah ich, dass Greta Thunberg meine Fotos geteilt hatte. Mein Originalpost hatte plötzlich über tausend Likes. Das war völlig neu für mich. Bis jetzt hatten höchstens zehn Leute auf meine Posts reagiert. Wie war das möglich?
Bis zum nächsten Morgen waren noch viel mehr positive Reaktionen eingetroffen, und sie kamen aus aller Welt. Ich fing sofort an, für den kommenden Freitag meinen nächsten Streik zu planen." (S.31)
Auf die Plätze fertig, streiken! S.33 ff.
Sie beschließt, zum Parlamentsgebäude zu gehen und gewinnt einen Freund dazu, mit ihr zu kommen. Der fand das sehr mutig, aber kam mit. Als sie merkten, dass viel Betrieb war, und auch andere Veranstaltungen liefen, beschloss sie, die Polizisten, die dort aufpassten anzusprechen und ihr Unternehmen zu erläutern. Den Polizisten war vor allem wichtig, dass sie nicht für eine Oppositionspartei demonstrieren wollten und auch nicht von einer Partei geschickt worden waren.
Vanessa berichtet weiter:
"Im Nachhinein wurde mir bewusst, dass ich bei meinem Gespräch mit den Beamten zwar nervös, zugleich jedoch seltsam ruhig gewesen war. Ich hatte mir meine Angst nicht anmerken lassen, um Elton nicht noch weiter zu verunsichern. Ich fühlte die Verpflichtung, ihn zu beschützen. Er war drei Jahre jünger als ich und hat er mich begleitet, weil ich ihn darum gebeten hatte." (S.39)
Weil in Uganda Demonstrationen sehr leicht verboten werden können und weil Schüler dort nur unter Gefahr der Entlassung von der Schule fern bleiben könnten und weil außerdem viele in ländlichen Internaten wohnen und deshalb kaum zu zentralen Demonstrationen kommen könnten, beschloss Vanessa Nakate, ihrerseits "die Klimastreiks in die Schule zu bringen, anstatt die Schüler*innen aufzurufen, den Unterricht zu schwänzen – der Klimawandel als Teil des Lehrplans, wie ich mir das für mich als junges Mädchen gewünscht hätte.
Im März 2019 besuchte ich die Refverend John Foundation Primary School in Kampala und erzählte der Direktorin von meinem Plan, bei den Schüler*innen das Bewusstsein für die Klimathematik zu wecken und unsere Politiker*innen zum Handeln aufzufordern. Sie erlaubte mir, mit den Schüler*innen zu sprechen, und sogar, mit ihnen einen Streik zu organisieren. Ich war begeistert von der Offenheit und Kooperationsbereitschaft dieser Schule. Als ich in der folgenden Woche wieder kam, hatten die Lehrer*innen sich mit etwa einhundert Schüler*innen auf dem Schulgelände versammelt. ich erklärte den Kindern, dass ich für den Schutz der Bäume und unseres ganzen Planeten kämpfte; gegen Wegwerfprodukte aus Plastik protestierte, die aus fossilen Brennstoffe hergestellt sind; und auch, dass ich versuchte zu verhindern, dass immer mehr Menschen aus ihren überfluteten oder von Erdrutschen verschütteten Dörfern fliehen mussten. Ich versuchte, mich möglichst verständlich auszudrücken, und auch, auf Fachbegriffe zu verzichten. Am Ende brachte ich den Kindern noch einen der internationalen FFF-Protestrufen bei: 'What do we want? Climate Justice. When do we want it? Now.'
Die Lehrer*innen hatten offenbar keine Bedenken, dass das, was ich von mir gab, zu radikal oder staatsfeindlich war. Sie ermutigen die Kinder sogar, lauter zu rufen. Diese erste Veranstaltung wurde zum Modell für die vielen Klimabewusstwerdungsstreiks, die ich seither an unseren Schulen organisieren durfte." S. 46/47)
Wir sind alle Afrika S. 90 ff.
Vanessa Nakate machte im Januar 2020, als sie beim Weltwirtschaftsforum in Davos bei einer Pressekonferenz mit Klimaaktivist*innen sprach, die Erfahrung, dass sie als einzige Schwarze aus dem von Associated Press veröffentlichten Foto herausgeschnitten worden war. Dann wurde sie darauf aufmerksam, dass sie in keiner Weise ein Sonderfall war. Vielmehr weiß man in Afrika über viele Vorgänge, die in den USA und Europa vorgehen, mehr als über die Entwicklungen in Gesamtafrika. Das liegt an der Berichterstattung der großen Nachrichtenagenturen. So ist dort immer wieder über den Regenwald im Bereich des Amazonasbeckens die Rede. Die großen Regenwälder in Äquatorialguinea, in Gabun, im Kongobecken und in Zentralafrika kommen aber viel seltener vor.
Vanessa Nakate reagierte, als sie sich über den afrikanischen Regenwald mit dem Kongobecken im Zentrum informiert hatte, mit der Gründung einer Organisation zum Schutz dieses Regenwaldes.
"Ein Mann aus dem Publikum äußerte seine Verwirrung darüber, dass die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes weltweit verurteilt wurde – auch hier in Afrika –, dass aber niemand über die Zerstörung des Kongo-Regenwaldes redete." (S. 90)
"Das Kongobecken ist nach dem Amazonas-Regenwald das größte zusammenhängende Regenwaldgebiet der Welt, auch bekannt als 'zweite Lunge' der Welt und besitzt genau wie der Amazonas eine reiche Biodiversität." (S.91)
"84 Prozent der Abholzung sind auf traditionelle Methoden wie Brandrodung zurückzuführen. Zwischen 2002 1014 wurde im Kongobecken eine Waldfläche größer als Bangladesch gerodet. Fatalerweise nahm die Abholzung im Jahr 2020 weltweit um 12 Prozent zu, auch in vielen Ländern der Kongobecken-Region und das, obwohl sich während der Corona– Pandemie die meisten Wirtschaften im Lockdown befanden. In der DRK, in Kamerun und der zentralafrikanischen Republik überstieg der Waldschwund im Jahr 2020 das Ausmaß von 2019. [...] Die Daten zeigen, dass sich zu viele Länder in die falsche Richtung bewegen." (S. 92)
"Ich hatte die Gelegenheit, meinen Kongo-Streik mit auf den Weltklimagipfel nach Madrid [2019] zu nehmen. [...] Nachdem ich mit ein paar anderen Aktivistinnen vergeblich den ugandischen Pavillon gesucht hatte, entdeckten wir den Pavillon der Demokratischen Republik Kongo. Ich unterhielt mich mit den Leuten, die dort Dienst hatten, über meine Streiks für den Kongo-Regenwald.
Ich stieß auf wenig Begeisterung. Sie bemühten sich, mir klarzumachen, dass ich, da ich schließlich weder in ihrem Land gewesen sei noch jemals den Regenwald besucht hatte, keinen Begriff von den Bedürfnissen der dortigen Bewohnerinnen hätte, geschweige denn von der Bedeutung der Weiterentwicklung für die Region Kongo. Die Kongolesen bräuchten ordentlich gebaute Häuser, sagte ein Mann, was ich dahingehend deutete, dass das Holz für die Errichtung dieser Häuser aus dem Regenwald kommen sollte. [...]
Es stimmt, ich bin nie im Kongo gewesen, und womöglich durchdringe ich die Entwicklungsbedürfnisse der Menschen im Kongobecken auch nicht vollständig. Trotzdem kann es nicht sinnvoll sein, die 'zweite Lunge' der Welt zu zerstören, um Möbel, Palmöl, Baustoffe, Mineralien oder fossile Brennstoffe zu gewinnen. [...]
Auch ich bin der Meinung, dass es absurd ist, ein Individuum könnte als Sprecher*in eines ganzen Kontinents auftreten oder auch nur dafür gehalten werden. Trotzdem wurde ich nach der AP-Entscheidung, mich von dem Davos-Bild zu eliminieren, von so gut wie jeder und jedem Interviewpartner*in nicht nur nach den Auswirkungen des Klimawandels auf Uganda gefragt, sondern immer auch auf die Konsequenzen für andere Teile Afrikas angesprochen. [...]
Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass wir den Mund aufmachen müssen – 'um das Schweigen zu brechen' [...]. Ich sehe meine Rolle im Klimaschutz darin, Gespräche über Themen anzustoßen, über die viele Menschen noch nie gesprochen haben, und auf die zerstörerischen Strategien und Investitionen von Banken, Hedgefonds, multinationalen Konzernen und Regierungen aufmerksam zu machen, denen es allen am liebsten wäre, wir anderen hätten keine Ahnung, was sie im Schilde führen. [...]
Kein Land, ganz egal wo, ist einfach nur ein Land. Was im Regenwald des Kongobeckens passiert, betrifft nicht nur die Menschen in Zentralafrika, sondern beeinflusst das Wettergeschehen weltweit. Die Klimakrise hält sich weder an geopolitische Grenzen noch ein politische Blöcke oder regionale Handelsverbände. Deshalb ist das, was im Kongo passiert, nicht nur Angelegenheit der Kongolesen oder ihre Nachbarn. Es geht uns alle an.
Und schließlich bin ich absolut der Meinung, dass wir auf unseren Plattformen mehr Diversität brauchen und mehr junge Aktivist*innen die Möglichkeit haben müssen, über Herausforderungen zu sprechen, mit denen ihre Heimatländer oder Regionen zu kämpfen haben. Jeder Aktivist*in hat eine Geschichte zu erzählen. Jede Geschichte birgt eine Lösung in sich. Und jede Lösung kann ein Leben verändern." (S.102-104)
Eine Stimme für Mädchen und Frauen
In jeder Mannschaftssport wäre es schwer zu gewinnen, wenn einem Team nur die Hälfte seiner Spielerinnen zur Verfügung stünde. Die Welt Bevölkerung ist zu über 50 % weiblich. Wenn wir die Klimakrise erfolgreich meistern wollen, müssen wir mit dem ganzen Team auflaufen. [...]
"Laut Schätzungen von Project Drawdown könnten Maßnahmen zur Förderung der weltweiten Bildung sowie Investitionen in Familienplanung in Ländern mit niedrigen bis mittleren Einkommen eine massive Reduzierung von Klimagasen in einem Umfang von 85,42 Giga Tonnen (in CO2-Äquivalenten) zwischen 2020 und 2050 zur Folge haben. Das liegt knapp unter dem Zehnjahresausstoß der Volksrepublik China. Langzeitstudien haben ergeben, dass Mädchen mit einem Oberschulabschluss gesünder sind, mehr wirtschaftliche Möglichkeiten haben und – ein wesentlicher Faktor in den Berechnungen von Project Drawdown – weniger Kinder zur Welt bringen. Darüber hinaus kümmern sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit darum, dass auch ihre Kinder, die Töchter eingeschlossen, eine Schulbildung erhalten [...] Laut Schätzungen der UN sind 80 Prozent der durch Klimaereignisse Heimatvertriebenen weiblich. Auch in der Klimakrise wird wie so oft, das Leiden der Frauen durch die strukturelle Ungleichheit der Geschlechter, die ihr Leben bestimmt, weiter verstärkt. [...] Um ihren Müttern zur Hand zu gehen, müssen Mädchen oft vorzeitig die Schule verlassen. Wenn auch das nicht genügt, um das Überleben der Familie zu sichern, sind Mütter oft zu herzzerreißenden Entscheidungen gezwungen, zum Beispiel ihre Kinder zum Betteln in die Stadt zu schicken, [...] oder ihre Töchter zu verheiraten, oftmals mit sehr viel älteren Männern." (S.133)
"Im Gegenzug erhalten die Familien für das Mädchen den traditionellen Brautpreis. Er wird üblicherweise in Form von Geschenken oder Geld entrichtet, manchmal ist auch beides der Fall. Für ein armes Mädchen mag der Brautpreis ein paar Zentner Mais betragen. Für eine Familie mit hungernden Kindern oder einer von Überschwemmungen zerstörten Ernte kann das einen entscheidenden Unterschied bedeuten. Ein verstörender Gedanke, dass der Verzicht eines Mädchens auf Bildung ein paar Säcke Mais wert sein soll.
In manchen Gegenden sind Frühehen erschreckend weit verbreitet. In den Subsaharastaaten werden 35 Prozent der Mädchen verheiratet, ehe sie 18 Jahre alt sind. In Uganda sind es eher 40 Prozent, und laut der lokalen NGO Uganda for her sind 10 Prozent der Mädchen in meiner Heimat sogar schon mit 15 verheiratet. [...]
Das ist kein rein afrikanisches Problem. Laut einem Bericht von UNICEF sind in Südasien beinahe 30 Prozent der Mädchen bereits verheiratet, wenn sie 18 werden. [...] Die gesellschaftlichen Normen in Uganda erlegen die Verantwortung, als ledige Frau auf keinen Fall schwanger zu werden, allein den Frauen auf und ächten sie, wenn es doch passiert. Die Schule zu verlassen, kann Teil des Preises sein, den sie dann zahlen müssen, während die Väter ihrer Kinder ihre Ausbildung ungehindert fortsetzen können. In dem Internat, das ich besuchte, wurden wir alle sechs Wochen einem Schwangerschaftstest unterzogen, was auch eine körperliche Untersuchung beinhaltete. Weshalb wird diese Doppelmoral von uns akzeptiert und ständig weiter verstärkt?" (S.133-35)
"Unser Schulsystem bereitet uns nicht auf die Zukunft vor. Viel zu viel Zeit wird darauf verwendet, uns zu pflichtbewussten Ehefrauen zu erziehen, zu passiven Konsumentinnen, gehorsamen Angestellten, anstatt aktive Bürgerinnen aus uns zu machen. [...] Die Schule sollte uns das nötige Rüstzeug und die notwendigen Informationen an die Hand geben, um eigenständige Entscheidungen über unsere Zukunft zu treffen. (S.137)
Zitat aus einem Text von Evelin Achim:
"Die Jugend über das Klima aufzuklären, ist etwas anderes, als ältere Menschen über das Thema zu informieren, Weil junge Menschen voller Energie, Offenheit und Wissensdurst sind. Wenn es uns gelingt, sie umfassend über den Klimawandel zu unterrichten, können Sie diese Informationen in sich aufgehen lassen und mit dem Wissen aufwachsen, dass Klimaschutz wichtig ist. Die Schülerinnen, die heute in die erste Klasse kommen, werden in neun Jahren Teenagerrinnen sein. Und diese Teenager*innen können großen Einfluss als Aktivistinnen und Ratgeberinnen haben, weil sie in der Schule so viel zu dem Thema gelernt haben." (S.137/38)
"Dennoch lautet die beklagenswerte Tatsache, dass ausgerechnet die Länder im globalen Süden, wo die Klimakrise am deutlichsten zu spüren ist, gleichzeitig die Länder sind, in denen die wenigsten Mädchen ihre schulische Ausbildung beenden." (S.139)
"So gibt es Kommunen in Teilen Afrikas, wo es Frauen verboten ist, auf Bäume zu klettern; aber wo aber sollen sie sonst hin, wenn alles überflutet ist." (S.140)
'Studien, unter anderem von Amnesty international, belegen, dass Frauen, und vor allem Women of Color, in den sozialen Medien ungleich häufiger Schikanen und verbalen Übergriffen ausgesetzt sind als weiße Frauen. Zwischenraum Laut dieser Studie sind schwarze Frauen um 84 Prozent wahrscheinlicher mit 'beleidigenden oder problematischen' Kommentaren konfrontiert als weiße Frauen.
Dabei erschüttert mich am meisten, dass die negativen Kommentare in meinem Fall von Landsleuten oder anderen Afrikaner*innen stammen." (S. 141)
"Ich versuche, mich auf die vielen positiven Botschaften zu konzentrieren, die Hassposts zu ignorieren und meine mentale Gesundheit vor allem vor allen jenen zu beschützen, die nichts Positives beizusteuern haben.
Einfach ist es nie, aber es wurde noch schwerer, als im März 2020 die Pandemie zuschlug und seitdem der Großteil meiner Aktionen online stattfinden muss. [...] Aber die ausbleibenden Möglichkeiten, vor Ort Präsenz zu zeigen, hatten Konsequenzen: Zum Beispiel wurden Investitionen in Höhe von Multimilliarden von Dollar in fossile Brennstoffe durchgewunken, ohne dass Aktivisten Regierungs- oder Konzernsitze hätten stürmen können." (S. 143)