Jahrgangsstufentest/Deutschtest Klasse 6 2011
Das Bildnis
In einer Stadt lebte ein reicher Kaufmann, dem hatte sein Geldbeutel mit der Zeit auch Zutritt in die Häuser der vornehmsten Standespersonen verschafft, obwohl er wegen seines Geizes überall verschrien war. Dort sah er in den Ehrenzimmern die Bildnisse ihrer Eltern und Voreltern hängen, auch von anderen Männern ihres Namens, die sich im Kriege ritterlich gehalten oder hohe Ämter innegehabt hatten.
Das brachte ihn auf den Gedanken, auch sich selber bei der Nachwelt ein solches Andenken zu verschaffen. Er begab sich darum zu dem berühmtesten Maler in der Stadt und erklärte ihm seine Meinung: Dass er vorhabe, seinen Nachkommen ein Porrät seiner Person, das solle heißen, ein getreues Bildnis seiner selbst zu hinterlassen, aus welchem Grunde ihn der Maler in vollständiger Natur und Lebensgröße darstellen sollte. Der Maler war einverstanden, und sie vereinbarten einen stattlichen Preis in reichstalern.
Der Maler machte sich auch alsbald an die Arbeit, mit großem Fleiß und seiner besten Kunst. Nachdem er in seiner Werkstatt noch einmal die eltzte Hand angeleg hatte, brachte er dem Kaufmann das fertige Bildnis in sein Haus, um zugleich die vereinbarten Reichstaler in Empfang zu nehmen. Aber den Kaufmann hatte sein Geiz inzwischen längst bereuen lassen, so viel Geld für eine Malerei auszugeben, darum machte er allerlei Einwände. Zuletzt erklärte er dem Maler: „Ich bin auf dem Bild überhaupt nicht getroffen. Ihr selber mögt ein weißes Gesicht haben, aber ich, beispielsweise, bin braun. Auch habt Ihr mir nzur kleine Augen gemalt, aber meine sind groß, und dass Ihr meine Nase verfehlt habt, sieht ein Kind auf den ersten Blick. Kurzum, die Person auf dem Bilde da möge sein, wer sie wolle, aber ich bin es auf keinen Fall, und somit muss ich Euch ersuchen, Euer Gemälde wieder mitzunehmen.“
Der Maler merkte wohl, was die Glocke geschlagen hatte, und nahm das Bild auch wieder mit. Zu Hause aber malte er dem Kaufmann statt seines Hutes eine Narrenkappe und zog ihm den bunten Kittel eines Zahnbrechers an, wie sie auf den Jahrmärkten herumschreien. Dann stellt er das Bild vor seiner Werkstatt zum Verkauf aus.
Das aber konnte der Kaufmann nicht dulden, und da der Maler sich hartnäckig weigerte, das Bild ein zweites Mal zu ändern und in seinen alten Zustand zurückzuversetzten, so blieb ihm am Ende nichts übrig, als nunmehr die doppelte Summe in Reichstalern für sein Bildnis zu bezahlen, damit die Sache nur aus der Welt komme.
Anmerkung
ISB-Bayern, Jahrgangsstufentest Gymnasium Klasse 6 2011, Quelle: ISB-Bayern
Aufgabe 1
Jeweils einer der folgenden Vorschläge erfasst den K e r n g e d a n k e n des jeweiligen Abschnitts am genauesten. Setze j e w e i l s e i n Kreuz!
Abschnitt 2 (Z. 5-16):
(!Die erste Hängebrücke von Manhattan nach Brooklyn) (!Eisschollen und starke Winde auf dem East River) (!Die Leistung des Architekten Johann August Röbling) (Röblings Plan, eine Brücke über den East River zu bauen)
Abschnitt 3 (Z. 17-23):
(!Stahlseile: teurer als Hanfseile) (!Stahlseile: Belastbarkeit und Eleganz) (Stahlseile: neue Möglichkeiten beim Brückenbau) (!Stahlseile: Dehnbarkeit durch sieben Einzelstränge)
Abschnitt 4 (Z. 24-31):
(!Der erste Spatenstich nach neun Jahren) (!Die zögerlichen Stadträte und die mutigen Bürger Brooklyns) (Durchsetzung des Vorhabens und Baubeginn) (!Hohe Baukosten in Manhattan)
Abschnitt 5 (Z. 32-39):
(!Röblings tragischer Tod als Grund für die Bauverzögerung) (Eine Fehleinschätzung Röblings mit tödlicher Folge) (!Ein tödlicher Unfall am Landungssteg) (!Eine vermeidbare Verletzung mit tödlicher Folge)
Abschnitt 6 (Z. 40-46):
(!Vierzehn Jahre Bauzeit) (!Barnums Elefanten in Manhattan) (!Zirkusshow bei der Eröffnung) (Spektakuläre Belastungsprobe)
Aufgabe 2
Kreuze an, welche Aussagen zutreffen! Setze pro Teilaufgabe j e w e i l s z w e i Kreuze!
Abschnitt 3 (Z. 17-23)
(gibt ein Beispiel für eine Aussage aus Abschnitt 2.) (!sagt dasselbe wie Abschnitt 2.) (enthält die Vorgeschichte für die anderen Abschnitte.) (!fasst die Abschnitte 1 und 2 zusammen.)
Abschnitt 4 (Z. 24-31)
(liefert einen Hinweis, mit dem die Frage in Abschnitt 1 beantwortet werden könnte.) (führt die Abschnitte 2 und 3 zu einem vorläufigen Ende.) (!widerlegt die Aussagen aus Abschnitt 3.) (!stellt Abschnitt 1 infrage.)
Abschnitt 6 (Z. 40-46)
(!erklärt Abschnitt 5.) (bringt das bisher Dargestellte zum Abschluss.) (bezieht sich auf Gedanken aus Abschnitt 2.) (!leitet aus den vorangegangenen Abschnitten eine Lehre ab.)
Aufgabe 3
Kreuze an, welche Bedeutung die folgenden unterstrichenen Formulierungen im Text haben! Setze j e w e i l s e i n Kreuz!
a. Unter Röblings Federführung entstanden viele Brücken. (vgl. Z. 23)
(Röbling hatte die Verantwortung für diese Brückenbauten.) (!Röbling kam auf die Idee, abfedernde Dämpfungselemente in diese Brücken einzubauen.) (!Röbling unterstützte seine Mitarbeiter beim Zeichnen der Brückenbaupläne.) (!Röbling führte seine Mitarbeiter behutsam, mit leichter Hand.)
b. Für Röbling war das ein wichtiger Etappensieg. (vgl. Z. 31)
(!Das bedeutete für Röbling den letzten Schritt zum Erfolg.) (!Röbling war sein Sieg wichtig, letztlich scheiterte er aber.) (!Röbling konnte schwierige technische Probleme beim Brückenbau lösen.) (Durch diesen bedeutsamen Erfolg konnte man das Brückenprojekt weiterführen.)
c. Noch vor der Krönung seiner Laufbahn starb Röbling. (vgl. Z. 33f.)
(!Er erlebte seine Auszeichnung durch die New Yorker Stadtväter nicht mehr.) (!Er erlebte nicht mehr, wie begeisterte Touristen seine Brücke fotografierten.) (Er starb vor dem Gipfelpunkt seines Arbeitslebens.) (!Er starb, bevor er von allen Brückenbauern als der bedeutendste angesehen wurde.)
d. Er beging einen fatalen Fehler. (vgl. Z. 35f.)
(!Ein derartiger Fehler führte zu einer Körperverletzung.) (Sein Fehler war verhängnisvoll.) (!Ein solcher Fehler ist typisch für Genies.) (!Der Fehler war auf sein fortgeschrittenes Alter zurückzuführen.)