Statistiken1
Infografiken lesen und verstehen
Einleitung
Kompetenz im Umgang mit Information und Daten ist nötig, um am gesellschaftlichen und politischen Dialog aktiv teilnehmen zu können. Auch in Unternehmen sind Informations- und Datenkompetenz unabdingbar. Dazu gehört die Fähigkeit, grafische Darstellungen von Daten (Infografiken) lesen und verstehen zu können.
Infografiken im Alltag
Grafische Darstellungen von Wetterdaten sind wohl die bekanntesten Beispiele von Infografiken im Alltag.
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Die Berichterstattung in den Medien bedient sich ebenfalls häufig grafischer Darstellungen von Daten, um wichtige Aussagen leichter verständlich zu machen.
Statistische Ämter publizieren laufend Infografiken zuhanden der Bevölkerung, um die Ergebnisse von Erhebungen und Analysen anschaulich darzustellen.
Auch in der Wissenschaftskommunikation spielen Infografiken eine Rolle, um komplexe wissenschaftliche Zusammenhänge durch Visualisierungen und grafische Aufarbeitung verständlich zu machen.
Symbole, Datenwerte und Legenden
Die in den gängigen grafischen Darstellungen von Wetterdaten (Grafik 1) verwendeten Symbole sind uns vertraut: Sonne, Wolken, Regenschirm, usw. Auch Symbole wie die Balken in Grafik 2 verstehen wir ohne Weiteres. Detailliertere Wetterkarten, die MeteorologInnen einen raschen Überblick über die allgemeine Wetterlage vermitteln (Grafik 3), sind für uns Laien allerdings nicht so leicht verständlich. Wir benötigen eine Legende, um uns mit den entsprechenden Symbolen vertraut zu machen (Legende zur Grafik 3).
Aussagen und Interpretationen
Was die Grafik 1 über das Wetter aussagt, ist für uns sofort ersichtlich: Am Donnerstag ist es stärker bewölkt als am Dienstag und deutlich kälter, ausserdem muss mit Regenschauern gerechnet werden. Wir sind uns auch bewusst, dass sich das Wetter am Donnerstag nicht unbedingt an die Prognose halten wird ;-). Deshalb schauen wir noch selbst zum Himmel und entscheiden dann, ob wir den Regenschutz in den Rucksack stecken oder auf die geplante Wanderung ganz verzichten.
Welche Aussage(n) finden wir in der Grafik 5? Eine erste Antwort liefert der Titel: "Die Verfallsdaten der Waffen der Schweizer Armee". Aller Waffen? Nein, der Untertitel präzisiert: "... der wichtigsten Waffensysteme der Luftwaffe und des Heeres". Die Grafik veranschaulicht den Sachverhalt. Eigentlich ist dieser Sachverhalt banal. Die aufwändige Grafik wäre gar nicht nötig, eine Tabelle würde genügen.
Waffe | im Einsatz seit | Anzahl | Ausmusterung |
---|---|---|---|
Kampfjet F5 Tiger | 1978 | 53 | 2020 / Q1 |
Flab-Lenkwaffe Rapier | 1984 | 40 | 2020 / Q3 |
Fliegerradar Taflir | 1987 | 5 | 2021 / Q3 |
35mm-Flab-Kanone | 1963 | 24 | 2025 / Q1 |
usw. |
Ausserdem zeigt die Grafik nicht, wann und durch welche neue Waffen die ausgemusterten ersetzt werden sollen. Warum? Will die Grafik uns etwas einreden? Wir müssen unbedingt den zugehörigen Zeitungsartikel studieren: Der Bund: "Nicht nur Jets – die Schweiz muss fast alle Waffensysteme ersetzen". Der Artikel schafft Klarheit: Es geht um die Rüstungsbedürfnisse der Schweizer Militärs (2017). Den hohen Ansprüchen des Militärs steht die Ablehnung armeekritischer Gruppierungen gegenüber. Der Artikel ist ausgewogen, er lässt beide Seiten zu Wort kommen, und er setzt der einseitigen Infografik eine Karikatur entgegen.
Vertrauenswürdigkeit und Korrektheit
Die folgenden Merkmale helfen uns, die Vertrauenswürdigkeit einer Infografik zu beurteilen:
- Nennung der verwendeten Datenquelle(n), idealerweise mit Link auf die betreffenden Daten
- Nennung der Urheberschaft der Grafik und Angabe des Erstellungsjahres
In der Grafik 5 ist beispielsweise das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) als Quelle für die Daten genannt. Es fehlt allerdings ein Verweis (ein Link) auf die Daten selbst. Urheber der Grafik sind (vielleicht!) Markus Häfliger und Klaudia Meisterhans von der TA Grafik (Tagesanzeiger; die Abkürzungen der Namen der Urheber sind auf der Grafik kaum lesbar, die AutorInnen des Textes sind im Zeitungsartikel aufgeführt). Es fehlt die Angabe des Erstellungsjahres (das Datum des Zeitungsartikels ist November 2017). Die Angaben genügen aber, um die Grafik 5 als vertrauenswürdig einzustufen.
Die Korrektheit einer Grafik kann man natürlich nicht so einfach beurteilen. Inkorrektheiten sind hingegen oft rasch erkennbar. Hinweise auf Inkorrektheiten liefern u.a. die folgenden Aspekte:
- Der Titel passt nicht zur Grafik
- Die Beschriftung der Symbole in der Grafik bzw. die Legende sind unvollständig oder fehlen
- Die Einheiten der dargestellten Datenwerte sind nicht deutlich erkennbar (z.B. Kosten in Tausend oder Millionen Franken?)
- Fehlende Datenwerte
Beispielsweise ist die Grafik 8 inkorrekt, obwohl sie als vertrauenswürdig eingestuft werden kann: Der Titel ("Entwicklung der Kosten ...") passt nicht zur Grafik. Der Titel spricht von "Kosten", also absoluten Werten (Franken), in der Grafik sind aber relative Werte (Prozentwerte) dargestellt.
Eine alternative Grafik zur Kostenbremse-Initiative, in der Kosten in Franken und nicht Prozentwerte dargestellt sind, hat die Schweizerische Ärztezeitung veröffentlicht (Grafik 9). Grafik 9 vermittelt einen ganz anderen Eindruck als Grafik 8, obwohl die zu Grunde liegenden Daten dieselben sind (nicht ganz: in Grafik 8 ist die Entwicklung der Nominallöhne dargestellt, in Grafik 9 hingegen die Entwicklung des Bruttoeinkommens; die Kurven sind aber mehr oder weniger identisch).
Ist die Grafik 9 im Gegensatz zur Grafik 8 korrekt? Ja, eigentlich schon, aber ...
Das zentrale Problem bei beiden Grafiken ist die Gegenüberstellung der Kosten der obligatorischen Krankenversicherung, die für alle Personen etwa gleich hoch sind, mit einem mittleren Lohn, obwohl der tatsächliche Lohn pro Person sehr unterschiedlich hoch sein kann (vergleiche Grafik 6). Das kann man als inhaltlich inkorrekt bezeichnen.