Theodizee: Unterschied zwischen den Versionen
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<small>Philosophisches Wörterbuch, hrg. von G. Schischkoff, Kröner 1991 S. 719/20</small> | <small>Philosophisches Wörterbuch, hrg. von G. Schischkoff, Kröner 1991 S. 719/20</small> | ||
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:„Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. Wenn er nun will und nicht kann, so ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er kann und nicht will, dann ist er mißgünstig, was ebenfalls Gott fremd ist. Wenn er nicht will und nicht kann, dann ist er sowohl mißgünstig wie auch schwach und dann auch nicht Gott. Wenn er aber will und kann, was allein sich für Gott geziemt, woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht weg?" (aus Fragmente: Über Götter 59 ff) | :„Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. Wenn er nun will und nicht kann, so ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er kann und nicht will, dann ist er mißgünstig, was ebenfalls Gott fremd ist. Wenn er nicht will und nicht kann, dann ist er sowohl mißgünstig wie auch schwach und dann auch nicht Gott. Wenn er aber will und kann, was allein sich für Gott geziemt, woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht weg?" (aus Fragmente: Über Götter 59 ff) | ||
Dieser Text wird (wohl zu Unrecht) dem griechischen Philosophen Epikur zugeschrieben (siehe dazu [https://de.wikipedia.org/wiki/Theodizee Wikipedia-Artikel]). | :<small>Dieser Text wird (wohl zu Unrecht) dem griechischen Philosophen Epikur zugeschrieben (siehe dazu [https://de.wikipedia.org/wiki/Theodizee den Wikipedia-Artikel: Theodizee]).</small> | ||
'''J.W.Goethe: Es trifft Gerechte wie Ungerechte''' | |||
J.W. Goethe schildert in seinen Memoiren | |||
J.W. Goethe schildert in seinen Memoiren „Dichtung und Wahrheit" sein (kindliches?) Unvermögen, die [[Erdbeben von Lissabon|Katastrophe von Lissabon 1755]] mit seinem Gottesbild in Einklang zu bringen: | |||
:„Der Knabe, der alles dieses wiederholt vernehmen mußte, war nicht wenig betroffen. Gott, der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, den ihm die Erklärung des ersten Glaubensartikels so weise und gnädig vorstellte, hatte sich, indem er die Gerechten mit den Ungerechten gleichem Verderben preisgab, keineswegs väterlich bewiesen. Vergebens suchte das junge Gemüt sich gegen diese Eindrücke herzustellen, welches überhaupt um so weniger möglich war, als die Weisen und Schriftgelehrten selbst sich über die Art, wie man ein solches Phänomen anzusehen habe, nicht vereinigen konnten." | :„Der Knabe, der alles dieses wiederholt vernehmen mußte, war nicht wenig betroffen. Gott, der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, den ihm die Erklärung des ersten Glaubensartikels so weise und gnädig vorstellte, hatte sich, indem er die Gerechten mit den Ungerechten gleichem Verderben preisgab, keineswegs väterlich bewiesen. Vergebens suchte das junge Gemüt sich gegen diese Eindrücke herzustellen, welches überhaupt um so weniger möglich war, als die Weisen und Schriftgelehrten selbst sich über die Art, wie man ein solches Phänomen anzusehen habe, nicht vereinigen konnten." | ||
:<small>Johann Wolfgang Goethe: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. (Zitiert nach Hamburger Ausgabe Bd. IX S.30f)</small> | |||
'''Georg Büchner: Der Riss in der Schöpfung''' | |||
In Georg Büchners Drama | |||
In Georg Büchners Drama „Dantons Tod" (1835) philosophieren die dem Tod geweihten Gefangenen der Französischen Revolution über Gott und die Welt: | |||
:"Schafft das Unvollkommne weg, dann allein könnt ihr Gott demonstrieren [...] Man kann das Böse leugnen, aber nicht den Schmerz; nur der Verstand kann Gott beweisen, das Gefühl empört sich dagegen. Merke dir es, ...: '''warum leide ich? Das ist der Fels des Atheismus'''. Das leiseste Zucken des Schmerzes, und rege es sich nur in einem Atom, macht einen Riß in der Schöpfung von oben bis unten." | :"Schafft das Unvollkommne weg, dann allein könnt ihr Gott demonstrieren [...] Man kann das Böse leugnen, aber nicht den Schmerz; nur der Verstand kann Gott beweisen, das Gefühl empört sich dagegen. Merke dir es, ...: '''warum leide ich? Das ist der Fels des Atheismus'''. Das leiseste Zucken des Schmerzes, und rege es sich nur in einem Atom, macht einen Riß in der Schöpfung von oben bis unten." | ||
:<small>aus G. Büchner: Dantons Tod. III,1 - zitiert nach [http://gutenberg.spiegel.de/buch/dantons-tod-417/5 Projekt Gutenberg DE]</small> | |||
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Version vom 8. Dezember 2018, 11:57 Uhr
Basiswissen
„... die von Theologen oder von theologisierenden Philosophen (den Stoikern im Altertum, ... Leibniz in der Neuzeit) versuchte Rechtfertigung Gottes hinsichtlich des von ihm zugelassenen Übels in der Welt. Man leugnet entweder die Übel oder betrachtet sie als Prüfung, die Gott schickt. Zu den Versuchen einer T. hat zuerst Epikur kritisch Stellung genommen."
Philosophisches Wörterbuch, hrg. von G. Schischkoff, Kröner 1991 S. 719/20
Epikur: Über Götter
- „Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht, oder er kann es nicht und will es nicht, oder er kann es und will es. Wenn er nun will und nicht kann, so ist er schwach, was auf Gott nicht zutrifft. Wenn er kann und nicht will, dann ist er mißgünstig, was ebenfalls Gott fremd ist. Wenn er nicht will und nicht kann, dann ist er sowohl mißgünstig wie auch schwach und dann auch nicht Gott. Wenn er aber will und kann, was allein sich für Gott geziemt, woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht weg?" (aus Fragmente: Über Götter 59 ff)
- Dieser Text wird (wohl zu Unrecht) dem griechischen Philosophen Epikur zugeschrieben (siehe dazu den Wikipedia-Artikel: Theodizee).
J.W.Goethe: Es trifft Gerechte wie Ungerechte
J.W. Goethe schildert in seinen Memoiren „Dichtung und Wahrheit" sein (kindliches?) Unvermögen, die Katastrophe von Lissabon 1755 mit seinem Gottesbild in Einklang zu bringen:
- „Der Knabe, der alles dieses wiederholt vernehmen mußte, war nicht wenig betroffen. Gott, der Schöpfer und Erhalter Himmels und der Erden, den ihm die Erklärung des ersten Glaubensartikels so weise und gnädig vorstellte, hatte sich, indem er die Gerechten mit den Ungerechten gleichem Verderben preisgab, keineswegs väterlich bewiesen. Vergebens suchte das junge Gemüt sich gegen diese Eindrücke herzustellen, welches überhaupt um so weniger möglich war, als die Weisen und Schriftgelehrten selbst sich über die Art, wie man ein solches Phänomen anzusehen habe, nicht vereinigen konnten."
- Johann Wolfgang Goethe: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. (Zitiert nach Hamburger Ausgabe Bd. IX S.30f)
Georg Büchner: Der Riss in der Schöpfung
In Georg Büchners Drama „Dantons Tod" (1835) philosophieren die dem Tod geweihten Gefangenen der Französischen Revolution über Gott und die Welt:
- "Schafft das Unvollkommne weg, dann allein könnt ihr Gott demonstrieren [...] Man kann das Böse leugnen, aber nicht den Schmerz; nur der Verstand kann Gott beweisen, das Gefühl empört sich dagegen. Merke dir es, ...: warum leide ich? Das ist der Fels des Atheismus. Das leiseste Zucken des Schmerzes, und rege es sich nur in einem Atom, macht einen Riß in der Schöpfung von oben bis unten."
- aus G. Büchner: Dantons Tod. III,1 - zitiert nach Projekt Gutenberg DE
Unterricht
Schritt 1: Ein Song zur Einstimmung
- If GOD had a name what would it be and
- would you call it to his face if you were faced with him
- in all his glory
- what would you ask
- if you had
- just one question
Quelle: Aus dem Song "one of us" von Joan Osborne (1995) auf Youtube nur Ton und Standbild oder mit Video und Werbung.
Schritt 2: Die Fragestellung
- Macht euch - jeder für sich - darüber Gedanken, wie die EINE Frage lauten könnte/sollte.
- Schreibt sie groß und leserlich auf ein Din A4-Blatt (Stifte sind vorhanden).
- Heftet euer Blatt an die Wandtafel, wenn das Zeichen dazu gegeben wird.
Schritt 3: Was ist die wichtigste Frage?
Jetzt gilt es gemeinsam mit dem Kurs / der Klasse die Beiträge zu betrachten, zu ordnen und zu reflektieren. Am besten im Halbkreis vor der Präsentationswand. Die Schüler*innen können gegebenenfalls ihr Frage-Plakat noch einmal erläutern. Im Gespräch sollte sich die Frage nach dem Übel, dem Bösen und dem Leiden, also die Theodizee-Frage, recht organisch herausarbeiten lassen, wenn sie nicht sowieso schon deutlich formuliert wurde. Notfalls kann auch ein Zitat, z.B. das aus Georg Büchners "Danton" eingebracht werden.
Schritt 4: Recherchen: Wie antworten die großen Religionen darauf?
- Das Leid und die Theodizeefrage - evangelischer Glaube.de: Die Online-Dogmatik (eine private Website!)
- G.W.Leibniz und seine Philosophie von der besten aller möglichen Welten
- Das Problem der Theodizee aus muslimischer Perspektive betrachtet - Islampress , eine private Website von Salim E. Spohr, Zypern
- Leid und Leidbewältigung in Christentum und Islam - "Ist die Schicksalsergebenheit eine typisch islamische Eigenschaft? Ist allein die christliche Theologie der Frage nach der Gerechtigkeit Gottes nachgegangen? Diese Fragen wurden jetzt gemeinsam von islamischen und christlichen Theologen erörtert. Claudia Mende stellt die Ergebnisse vor."(de.qantara.de). - Information zu dieser Webseite:" Das arabische Wort "qantara" bedeutet Brücke. Qantara.de ist ein Projekt der Deutschen Welle, an dem auch das Goethe-Institut, das Institut für Auslandsbeziehungen und die Bundeszentrale für politische Bildung als beratende Mitglieder im Projektbeirat beteiligt sind."
- Jüdische, christliche, muslimische Aussagen zur Theodizeefrage (lehrerfortbildung-bw.de). Ein umfangreiches PDF steht hier zum Download bereit.
- Buddhismus: Leidensthematik, aber kein Theodizee-Problem (www.Alfred-Weil.de)
Schritt 5: Präsentation der Recherche-Ergebnisse und Abschlussgespräch mit einem Blitzlicht
Zur Diskussion gestellt
„Nach Auschwitz können wir mit größerer Entschiedenheit als je zuvor behaupten, daß eine allmächtige Gottheit entweder nicht allgütig oder (in ihrem Weltregiment, worin allein wir sie erfassen können) total unverständlich wäre. Wenn aber Gott auf gewisse Weise und in gewissem Grade verstehbar sein soll (und hieran müssen wir festhalten), dann muß sein Gutsein vereinbar sein mit der Existenz des Übels, und das ist es nur, wenn er nicht all-mächtig ist. (...) Aus Gründen, die entscheidend von der zeitgenössischen Erfahrung eingegeben sind, proponiere ich die Idee eines Gottes, der für eine Zeit - die Zeit des fortgehenden Weltprozesses - sich jeder Macht der Einmischung in den physischen Verlauf der Weltdinge begeben hat ...“
Hans Jonas: Der Gottesbegriff nach Auschwitz, Frankfurt 1984, S. 39/42
Weblink
- Eine Übersicht zum Themenkomplex Leid und Theodizee beim Hamburger Bildungsserver Unterrichtsmaterial, Linklisten, Prüfungsvorbereitung.