Quantenphysik: Unterschied zwischen den Versionen
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Schon 1888 formulierte der schwedische Physiker {{wpde|Rydberg|Janne Rydberg}} | Schon 1888 formulierte der schwedische Physiker {{wpde|Johannes Rydberg|Janne Rydberg}} eine Formel, aus der man die Linien ableiten kann. Aber damit war natürlich noch nicht erklärt, warum das Wasserstoffspektrum nicht kontinuierlich ist, sondern aus Linien besteht, die eine mathematisch ableitbare Regelmäßigkeit besitzen. | ||
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Version vom 22. März 2021, 09:06 Uhr
Einleitung
Aussagen über quantenphysikalische Objekte werden mithilfe sehr komplizierter mathematischer Modelle getroffen, die weit über den Schulunterricht hinausgehen. Aber das gilt auch für die "klassischen" Forschungsbereiche der Physik, z.B. die Hamiltonschen Bewegungsgleichungen oder die Navier-Stokes-Gleichungen, mit denen die Bewegungen von Gasen und Flüssigkeiten beschrieben werden. Im einen wie im anderen Fall kann man sich aber mit grafischen Darstellungen helfen, die von den Betrachtern intuitiv erfasst werden.
Die Quantenphysik überrascht mit Begriffen, die aus der Perspektive der klassischen Physik sehr fremdartig wirken, z.B. Verschränkung, Tunneln und Unschärferelation. Man liest, mit der Quantenphysik sei der Zufall in die Physik eingebrochen, und sehr bekannt ist Albert Einsteins Widerstand gegen die Quantenphysik und seine zumeist verkürzt zitierte Formulierung: Gott würfelt nicht.[1] Aber den Zufall kann auch die klassische Physik nicht vertreiben, denn in ihr sind physikalische Messwerte als reelle Zahlen definiert; das sind Zahlen mit unendlich vielen regellos auftretenden Stellen hinter dem Komma, die niemals wirklich genau erfasst werden können. Das hat zur Folge, dass Voraussagen - beispielsweise über das Wetter - immer nur für eine begrenzte Zukunft zuverlässig sein können, denn irgendwann werden die feinen Unterschiede, die man nicht hat messen können, für die weitere Entwicklung ausschlaggebend sein.[2]
Dieser Lernpfad zur Quantenphysik möchte zweierlei vermeiden:
- Es geht nicht darum, Mathematische Methoden zu vermitteln, die man sich mit der Schulmathematik nicht erarbeiten kann. Für Physikstudenten steht ja eine reiche Auswahl an Lehrbüchern bereit.[3]
- Es ist mir zu wenig, nur die Phänomene zu benennen ohne die logischen Konzepte, die ihrer mathematischen Beschreibung zugrundliegen. Wer diese nicht berechnen kann, kann doch wenigstens ihre grafische Veranschaulichung erfassen und so ein gewisses Verständnis erzielen. Dazu braucht man einen Einstieg, und den habe ich gewählt bei der Frage: Was ist eine Messung? Denn das unterscheidet seit Galileo Galileis Zeiten Physik von alltäglichem Hinschauen: Die zahlenmäßige Erfassung eines Ausschnittes der Wirklichkeit mit dem Ziel der Berechnung der Zusammenhänge.
Eine Messung
Vor einiger Zeit – ich bin nicht stolz darauf - bekam ich von der Stadt Grünberg einen Brief, aus dem ich einen Ausschnitt zeige:
Über die Messung, die in diesem Fall durchgeführt worden ist, stehen im Bescheid einige für unser Thema relevante Informationen:
- Es sind Laserstrahlen hergestellt worden, deren spezifische Eigenschaft, Kohärenz, nur mit Mitteln der Quantenphysik verstanden werden kann. Und das kann man verallgemeinern: Gleichgültig ob wir mit Hilfe von Licht etwas "sehen", mithilfe chemischer Prozesse etwas "schmecken" oder "riechen" oder ob wir mechanische Reizungen "fühlen" oder "hören" - immer ist die Quantenphysik im Spiel.
- Eine klassische Messgröße, die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs, konnte zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort mit so großer Genauigkeit festgestellt und der Person des Autofahrers zugeordnet werden, dass mir kein Gericht Recht geben wird, wenn ich meine Ordnungswidrigkeit leugnen wollte. Deshalb wird es am einfachsten und risikoärmsten sein, den Bußgeldbescheid zu bezahlen.
- Benenne ein anderes Beispiel einer Messung
- Beschreibe möglichst exakt, was derjenige tut, der die Messung durchführt.
- Versuche, die quantenphysikalischen Objekte zu benennen, die in dem Messvorgang beteiligt sind (z.B. Licht, Chemie)
- Gib an, welche Konsequenzen die Messung hat, wie genau sie dazu sein muss und welche Folgen Fehler haben können.
Wir machen uns klar, was bei der Geschwindigkeitsmessung mit einem Lasergerät passiert:
- Das Messgerät beschießt das fahrende Auto mit Lichtteilchen, von denen einige so reflektiert werden, dass sie zum Messgerät zurückkehren, welches automatisch die Geschwindigkeit bestimmt.
- Das Auto wird fotografiert und anhand des Nummernschildes identifiziert, sodass der Strafzettel den richtigen Autobesitzer erreicht, und das Foto ermöglicht die Identifikation des Fahrers.
- Weil masselose Lichtteilchen, verglichen mit einem tonnenschweren Auto, sehr wenig Energie transportieren, kann man im Falle einer Verkehrskontrolle davon ausgehen, dass die Messmethode die gemessene Geschwindigkeit nicht beeinflusst und weder das Nummerschild noch das Portraitfoto manipuliert.
Was ändert sich, wenn das Beobachtungsobjekt kein tonnenschweres Auto ist, sondern eines des leichtesten, kleinsten, flüchtigsten Teilchen der Natur?
Das Atom
Empedokles aus Agrigent (495-435 v.C.) hatte den Philosophenstreit, ob alle Dinge nun aus dem Wasser, dem Feuer oder dem Hauch entstanden seien, dadurch beendet, dass er alle vier Elemente - Erde, Wasser, Feuer und Luft (heute sprechen wir von Aggregatzuständen) - zu Grundbestandteilen allen Daseins erklärt hatte.
Demokrit von Abdera (460-370) baute auf diesen Überlegungen auf und postulierte, die vier Elemente müssten aus unteilbaren Teilchen bestehen, die er atomoi nannte, zu deutsch: Unteilbare <Teilchen>. Er stellte sich diese Atome als winzig kleine geometrisch sehr regelmäßige "Bauklötzchen" vor: Kugeln, Würfel, Zylinder, Kegel, die sich im vollkommen leeren Raum bewegen. Später hat man die fünf regelmäßigen platonischen Körper den Elementen zugeordnet: der Erde den Würfel, dem Wasser den Ikosaeder, der Luft den Oktaeder und dem Feuer die Pyramide. Der Dodekaeder sollte die Himmelsmaterie bilden, die fünfte essentia, von deren Natur wir nichts wissen.
Schon Aristoteles aus Stagira (399-322) kritisierte die Atomtheorie, weil er Bewegung in einem vollkommen leeren Raum für unmöglich hielt. Auch konnte sich niemand vorstellen, wie die Atome Kontakt miteinander aufnehmen und sich zu größeren Körpern verbinden sollten. Sie können ja keine "Ärmchen" haben, mit denen sich sich "unterhaken".
Denke darüber nach,
- warum die Atomtheorie des Demokrit so verführerisch ist,
- und warum es nicht stimmen kann, dass die Welt aus lauter "Bauklötzchen" besteht, die wir wegen ihrer Kleinheit nie zu sehen bekommen und warum das auch unbefriedigend wäre.
Stell Dir vor, du gehörst zu einer Riesenwelt. Für die Riesen sind Objekte von der Größenordnung von Autos das Kleinste, was sie wahrnehmen können.
- Was können die Riesen tun, um etwas über Autos herauszufinden?
- Was werden sie nie herausbekommen können?
Die Riesen könnten eine aus ihrer Perspektive winzige Kanone herstellen und die Autos damit beschießen. Aus unserer Zwergenperspektive wird nach der Kollision nichts mehr sein, wie es war:
- Kugel und Auto werden sich zu Trümmerteilen verformen.
- Ihre Geschwindigkeiten und Bewegungsrichtungen werden sich stark verändern.
Die Riesen sehen nur punktförmige Objekte, die sich z.B. auf einem Fotosensor bemerkbar machen. Wenn sie das Experiment mit verschiedenen Parametern durchführen, können sie sicher etwas über die Masse und die Geschwindigkeit der beteiligten Objekte sagen und den Ort der Kollision bestimmen.
Die Riesen könnten das Verhalten von Autos auch an fest montierten Objekten studieren und feststellen, dass die Objekte vor dem Objekt stehen bleiben oder es mit reduzierter Geschwindigkeit passieren. Welchen Reim werden sie sich darauf machen?
Diese Riesen werden niemals Bußgeldbescheide verschicken.
- Da für sie Autos unteilbar sind, können sie in und an ihnen weder Fahrer noch Nummernschild sehen und das einzelne Auto nicht identifizieren und nachverfolgen.
- Wem sollten sie Bußgeldbescheid schicken, denn das Auto ist nach der Kollision kaputt, und der Fahrer wird nicht mehr in der Lage sein, Strafe zu zahlen.
Wasserstoff
Die "Kanonenkugeln" der Quantenphysiker sind Photonen, übersetzt etwa Lichtteilchen. Photon übermitteln nicht nur das Licht, sondern auch Wärme und Radiosignale, Röntgen- und Gammastrahlen. Zwei unserer fünf Sinne, Tastsinn und Gehör, verarbeiten mechanische Signale. Damit eine Wahrnehmung zustandekommt, müssen die Schallwellen und Texturen zuerst in chemische und elektrische Signale verwandelt werden, und dabei spielen wieder die Photonen eine Rolle. Der Gesichtssinn wandelt Photonen durch die Netzhaut direkt in Signale um, die das Nervensystem verarbeiten kann; Geruch und Geschmack verarbeiten chemische Eigenschaften der Stoffe, die von der Nasenschleimhaut oder der Zunge durch Photonenaustausch erfasst werden.
Aber wir sehen und riechen mithilfe der Photonen. Wir nehmen die Lichtteilchen selbst nicht wahr, und wir reden über die wahrgenommenen Objekte, ohne uns Rechenschaft abzulegen, auf welchem Weg die Objektkenntnis zu uns gekommen ist. Wir sagen: Die Rose ist rot oder Die Suppe ist zu salzig, ohne uns Gedanken darüber zu machen, auf wie komplizierten Wegen die Information über die Objekte zu uns gekommen ist.
Diese Ignoranz können sich Atomforscher nicht leisten. Sie benötigen also eine Theorie des Lichtes, um ermitteln zu können, was sie mithilfe des Lichtes in der atomaren Welt „sehen“.
Zwei Elemente der Licht-Theorie werden unten vorausgesetzt:
- Jedes Lichtteilchen transportiert Energie.
- Die Energie ist proportional zu seiner Frequenz und umgekehrt proportional zur Wellenlänge.
Das „Haustier“ der Quantenphysiker ist der Wasserstoff. Antoine Laurent de Lavoisier (1743-1794) hat dem Gas seinen Namen gegeben. Dmitri Iwanowitsch Mendelejew (1834-1907) wies ihm einen Platz in seinem Periodensystem zu: Ein reaktionsfreudiges Element mit dem leichtesten Atomgewicht von allen und der Ordnungszahl 1, weil nur ein Proton seinen Atomkern bildet.
Da man das Wasserstoffatom ionisieren kann, muss es aus einem positiv geladenen Teil – Proton genannt – und aus einem negativ geladenen – dem Elektron – „bestehen“. Solche Wörter aus der Alltagssprache gehören in der Quantenphysik in Anführungszeichen, denn wenn ein Objekt unserer Alltagswelt aus mehreren kleineren "besteht", dann sind wir daran gewöhnt, das Objekt mit Schere, Messer, Schrauber oder Stemmeisen "zerlegen" zu können. Auch das Wasserstoffatom kann "zerlegt" werden, aber nicht, indem man ein Instrument "zwischen" Elektron und Proton bringt, sondern nur, indem man das Elektron "lockt".
Wie sich Proton und Elektron im Wasserstoffatom verhalten, konnte die Quantenphysik aufklären, und das gehört zu ihren brillantesten Leistungen. Im Folgenden werden einige Aspekte der Theorie qualitativ dargestellt. Die mathematischen Rechenvorschriften der Theorie können im Bild veranschaulicht werden. Aus solchen Abbildungen geht zwar nicht hervor, wie die Physiker darauf gekommen sind, aber man kann damit schon erläutern, was sie meinen.
Um Wasserstoff besser kennen zu lernen, wird etwas Gas isoliert, in ein Röhrchen eingeschlossen und von beiden Seiten unter Strom gesetzt.
Was, glaubst Du, wird geschehen?
Wenn Druck und Spannung stimmen, wird das Gas blau-violett leuchten. Warum?
Wasserstoff besteht aus Ladungsträgern, positiv geladenen Protonen und negativ geladenen Elektronen. Wenn der Strom fließt, werden geladene Partikel vom gegensätzlich geladenen Pol angezogen und sich dahin auf den Weg machen. Es wird zu Rempeleien mit den Wasserstoffatomen kommen, die Elektronen werden entweder ganz aus dem Atom geschlagen oder auf eine andere Bahn um das Proton geworfen. Da bewegte geladene Partikel elektromagnetische Strahlung aussenden, erklärt sich so das Licht.
"Licht" nennen wir den Teil elektromagnetischer Strahlung, den wir sehen können. Denn die Lichtteilchen, die die elektromagnetische Strahlung transportieren, unterscheiden sich darin, wieviel Energie sie mitbringen, die - wir erinnern uns - mit der Frequenz und der Wellenlänge zusammenhängt.
Das Licht, das wir sehen können, hat eine Frequenz von höchstens 780 Terahertz; das entspricht einer Wellenlänge von 380 Nanometern und der Farbe blauviolett links, und es hat eine Frequenz von mindestens 785 Terahertz und eine Wellenlänge von 780 Nanometern; das ist das purpurrote Licht rechts. Dazwischen liegen alle anderen Farben in einer bestimmten Reihenfolge: Man spricht vom Farbenspektrum.
Licht ändert beim Übergang von Luft in Glas oder Wasser seine Richtung ein wenig; man sagt, es wird gebrochen. Lässt man Licht durch ein Prisma fallen, werden nicht alle Farben (mitdenken: Frequenzen, Wellenlängen) um den gleichen Winkel umgelenkt, sondern das Licht spaltet sich auf in seine Spektralfarben. Das sieht dann so aus wie das Bild oben, das uns als Himmelserscheinung vertraut ist: der Regenbogen, zerlegt das Sonnenlicht in seine Spektralfarben.
Kommen wir zurück zu unserer Wasserstoff-Entladungslampe.
Wenn wir das Licht der Wasserstofflampe aufspalten, wie wird das aussehen?
Wenn wir an die Rempelei zwischen den verschiedenen Ladungsträgern in dem Gas zurückdenken, dann müssten die erzeugten Photonen alle möglichen Energiebeträge mitnehmen: Manche Atome werden mittig getroffen; da knallts heftig, andere werden nur in einem mehr oder weniger flachen Winkel gestreift; da entsteht wenig Lichtenergie. Wir erwarten also ein kontinuierliches Farbenspektrum, vielleicht in dem Wellenlängenbereich ein wenig schmäler als das weiße Sonnenlicht; so könnte man die Farbigkeit der Wasserstofflampe erklären.
Was tatsächlich passiert ist etwas völlig anderes: Das Spektrum des Wasserstoffes besteht aus scharfen Linien und die dazwischenliegenden Farben kommen nicht vor.
Schon 1888 formulierte der schwedische Physiker Janne Rydberg eine Formel, aus der man die Linien ableiten kann. Aber damit war natürlich noch nicht erklärt, warum das Wasserstoffspektrum nicht kontinuierlich ist, sondern aus Linien besteht, die eine mathematisch ableitbare Regelmäßigkeit besitzen.
Quantenphysikalische Zustände
- ↑ Albert Einstein schrieb 1926 in einem Brief an Max Born: Die Quantenmechanik ist sehr achtunggebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, daß das noch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, daß der nicht würfelt. Näheres siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Gott_w%C3%BCrfelt_nicht
- ↑ Siehe dazu Ilya Prigogine, Isabelle Stengers: Dialog mit der Natur München (Piper) deutsch 6. Aufl. 1990; sieselben: Das Paradox der Zeit deutsch München (Piper) 1993.
- ↑ Meine Lehrbücher waren: Gerhard Gerlich: Eine neue Einführung in die statistischen und mathematischen Methoden des Quantentheorie, Braunschweig (vieweg) 1977 Das Vorlesungsskript von Heinrich Mitter Quantentheorie Mannheim (BI Hochschultaschenbücher) 1969, das heute Online zur Verfügung steht.