Texterschließung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 21. Mai 2015, 22:21 Uhr
Vorlage:Kurzinfo Eine Texterschließung als Arbeitsform zielt im Unterschied zur Textwiedergabe nicht darauf ab, einen Text so klar und übersichtlich wie möglich vorzustellen, sondern aufzuzeigen, was man von einem vorliegenden schwierigen Text verstanden hat.
Das ist besonders interessant bei naturwissenschaftlichen Texten, kann im Deutschunterricht aber auch sinnvoll an überdurchschnittlich schwierigen Texten geübt und getestet werden.
Zur Texterschließung gehören die Schritte:
- Orientierung im Text
- Bildung von Verstehensinseln (Heraussuchen der Stellen, wo man etwas versteht)
- Verbindungen zwischen Verstehensinseln suchen
- den roten Faden suchen
- abschließend über das Verstandene reflektieren
Dies kann man an unterschiedlich schwierigen Texten üben. Für den Test empfiehlt sich ein etwas einfacherer Text, für den nur drei Schritte ausformuliert werden sollen: Thema (Worum geht es?), Textwiedergabe und roter Faden.
Beispiel eines Tests zur Texterschließung
Lessing in der Vorrede zu einem Entwurf einer Abhandlung über »Bibliolatrie« (Bibelverehrung) aus dem Jahre 1779:
Einordnung des Textes
In diesem Entwurf zu einem Vorwort versucht Lessing im Fragmentenstreit sein Plädoyer für ein aufgeklärtes Verhältnis zu Religionen als einen Versuch der Vermittlung zwischen orthodoxem Bibelverständnis und radikaler Religionskritik zu beschreiben. Insofern kann man den Text als eine rationale Rechtfertigung der Intention seines im selben Jahre erschienenen Theaterstücks Nathan der Weise verstehen.
Text
Aufgabenstellung
- Worüber schreibt Lessing im vorliegenden Text?
- Geben Sie den Text mit Ihren eigenen Worten wieder.
- Stellen Sie kurz den „roten Faden“ dar.
Beispiel für eine Lösung
Reflexion zur Aufgabenstellung
Es ist nicht ganz einfach zu erkennen, dass Lessing mit dieser Vorrede zu seiner geplanten Schrift über Bibelverehrung zu verstehen gibt, dass seiner Meinung nach die eifrigsten Verteidiger des Christentums dem Christentum den größten Schaden antun. Und das, obwohl er es in den letzten Sätzen ganz deutlich ausspricht.
Denn er hütet sich - wie auch in seiner Schrift "Über den Beweis des Geistes und der Kraft" - offen auszusprechen, dass er einen vernunftwidrigen Glauben an Wunder für ein Zeichen von Unverstand hält. Vielmehr verteilt er in dieser Vorrede die Kritik noch gleichmäßig auf Verteidiger und Kritiker des Christentums. Dass er als Aufklärer aber kein Befürworter von Bibelverehrung ohne vernünftige Kritik sein kann, das kann man sich denken, auch wenn er aus Rücksicht auf die orthodoxe buchstabengläubige Mehrheit es vermeidet, das ganz deutlich auszusprechen.
Er kündigt also keine Schrift für oder gegen das Christentum an, sondern eine Schrift über Bibelverehrung. Und dass diese kritisch ausfallen wird, rechtfertigt er in diesem Vorwort.