Tagelied
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Basiswissen
Im Deutschen bezeichnet der Begriff Tagelied eine Untergattung des mittelhochdeutschen Minnesangs und gründet auf den mittelhochdeutschen Gattungsbezeichnungen tageliet oder tagewîse. Es beschreibt eine Grundsituation menschlicher Existenz: Den Abschied zweier Liebender nach einer heimlich verbrachten gemeinsamen Nacht aus Furcht, entdeckt zu werden. Inhaltliche Kennzeichen des mittelalterlichen Tagelieds sind, neben der frühmorgendlichen Abschiedssituation, relativ starre Vorgaben hinsichtlich der Figuren, des Orts und der Stimmung:
- Figuren: Die Liebenden weckt bei Tagesanbruch ein Wächter, der sie zur Trennung aufruft.
- Ort: nichtöffentlicher Raum (Schlafgemach der Dame oder Versteck).
- Stimmung: Trauer, Klage, Trennungsschmerz.
Die formale Struktur des mittelalterlichen Tagelieds folgt strengen, nach französisch-provencalischen Vorbildern ausgerichteten Regeln. Seine Poetik spiegelt die streng geordnete, hierarchische Gesellschaft des Mittelalters, die auf Traditionen gründet.
Beispiele
Als erstes überliefertes Tagelied gilt dieses von Dietmar von Aist (12. Jh):
- Siehe auch: Dietmar von Aist
- Anzuhören in: dû bist beslozzen in mînem herzen, verlorn ist daz slüzzelîn: Liebeslieder des Mittelalters - Eine Radiosendung für junge Hörer von Elisabeth Drayer. Ein Beitrag zum 16. Landeswettbewerb Deutsche Sprache und Literatur Baden-Württemberg 2006, Preisträgerarbeit. Kann als mp3 (22 MB) heruntergeladen und angehört werden.
Literaturhinweise
R. Krohn/W. Wunderlich: ’Die Nacht hat ihre Kerzen ausgebrannt…’, Unterrichtsvorschläge zum ‚Tagelied’ in der Sekundarstufe II.“ In: Der Deutschunterricht 36 (1984), S.95-108