Marokko am See

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Marokko am See ist ein Jugendroman von Karlijn Stoffels, aus dem Niederländischen übersetzt von Mirjam Pressler - Beltz-Verlag 2006, 155 Seiten, ab 12 Jahre

Karlijn Stoffels

geboren 1947, lebt als freie Autorin in Amsterdam.

Worum geht's

Issa (Jesus) ist 12 Jahre alt und wohnt in einer Amsterdamer Siedlung, die, weil an einem See gelegen, das Seeviertel heißt, und wegen seiner vielen marokkanischen Immigranten auch „Marokko am See“ genannt wird. Issas Vater arbeitet Schicht, die Mutter ist Hausfrau, der große Bruder Mohammed ist ausgezogen, lebt mit seiner holländischen Freundin in einer eigenen Wohnung und ist gelernter Taxi-Fahrer. Der jüngere Bruder heißt Jamal und ist noch ein Krabbelkind. Die Familie stammt aus Tetuan in Marokko.

Kapitel 1-13:

1. Issa hat die Schule im Viertel mit schlechten Ergebnissen abgeschlossen und muss nun auf Anraten des Lehres in eine Förderschule gehen, in der man zum Gärtner und Tierpfleger ausgebildet wird. 2. Der erste Schultag: Er freundet sich sofort mit dem gleichaltrigen Holländer Dicky an, der erste „Käsekopf“ in seinem Leben. Die Klasse 1 besteht aus 12 Kindern aus vielen Ländern und mit Problemen aller Art. Bisher war Issa nur mit Seinesgleichen zusammen gewesen, nun erlebt er die ganze Bandbreite der Bevölkerung der Niederlande. 3. Issa besucht seinen großen Bruder Mohammed und dessen schwangere Freundin. Mohammed hat sich mit dem strenggläubigen Vater wegen seines Lebensstils überworfen. 4. Der Sportunterricht besteht aus Kampfsport, weil der Lehrer, ein älterer Herr, den Kindern Disziplin und Fairness beibringen will 5. Tierkunde heißt das Fach bei der Lehrerin Selma, die so gut riecht, dass Issa gern in ihrer Nähe weilt. 6. Ein Kapitel über Issas Familie, seinen besten Freund und den alten holländischen Nachbarn. 7. Über den aktuellen Sportunterricht und über den vergangenen Koran-Unterricht: Issa bekommt das alles in seinem Weltverständnis nicht mehr zusammen, diese vielen und gegensätzlichen Erfahrungen und Verhaltensweisen: „Wenn Issa zuhause war, hatte alles eine Bedeutung, und wenn er draußen oder in der Schule war, bedeutete das alles nichts.“ 8. Die Pflanzenkundelehrerin kann sich nicht durchsetzen, der Umgang verschiedener Kulturen mit Pflanzen, Blumen, Gemüse und Tieren prallt in diesem Fach aufeinander. 9. Ein halbes Jahr ist vergangen, Issa hat viel gelernt, sogar Niederländisch, allerdings bekommt er in diesen Stunden rasch Kopfweh. - Als Dicky ihn nach der Schule zu sich nach Hause einlädt, ist er zum ersten Mal in der Wohnung eines „Käsekopfes“. 10. Issa verbringt langweilige Weihnachtsferien zuhause: Er muss auf seinen kleinen Bruder aufpassen und bekommt nie Taschengeld, so wie andere Kinder. 11. Zum Glück fängt die Schule wieder an, aber nach einem Streit mit einer neuen Lehrerin wird ein Mitschüler der Schule verwiesen und die Klasse findet das ungerecht. 12. Issa gerät in eine Schlägerei von Jugendlichen aus zwei rivalisierenden Vierteln, dabei kommt er seiner Mitschülerin Farah zuhilfe und setzt erfolgreich seine Kampfkünste ein. 13. Daraufhin wacht er im Krankenhaus auf, hat viele blaue Flecken, ein gebrochenes Handgelenk und keine Erinnerungen.

14. - 20. ...


Meinung
"Ein anrührendes Buch, das einen sympathischen Helden hat und mit dessen Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung sehr behutsam und einfühlend umgeht. Insbesondere der religöse Aspekt wird so behandelt, dass die beiden Religionen, Islam und Christentum, von ihren Gemeinsamkeiten her erfahrbar gemacht werden. Die Geschichten, die Issa erzählt, sind solche aus dem so genannten Alten Testament und gehören zum Geschichtenbestand aller drei monotheistischen Religionen. Die Vielzahl der Lebensvorschriften, die das Leben der Moslems in der freizügigen Welt der Niederlande so schwer machen und zur bewussten Selbst-Ausgrenzung führen, werden deutlich gemacht, ohne allerdings aufdringliche Wertungen mitzuliefern.
Oft genug kann der Leser mit Issas fremdem Blick auf die westliche Konsumgesellschaft sympathisieren, z.B. wenn es um die Allgegenwart von wenig bekleideten Frauen als Werbeträger geht, um das Fernsehprogramm oder die unübersichtlichen Familienverhältnisse in niederländischen Familien. Auch wird nicht verschwiegen, dass Issa und seine Kameraden in ihrer unbeaufsichtigten Freizeit einigen Schaden anrichten und genau besehen ein kleinkriminell-vandalistisches Milieu bilden. Dennoch werden insbesondere die Jugendlichen aus Issas neuer Klasse nicht nur als Verlierer und Problemkinder dargestellt, sondern als ernst zu nehmende Persönlichkeiten. " -- Klaus Dautel

Unterrichtsmaterial

  • »Marokko am See« im Unterricht: Lehrerhandreichung zum Jugendroman von Karlijn Stoffels (Klassenstufe 5-8, mit Kopiervorlagen) von Daniela Sturm, Marc Böhmann, Regine Schäfer-Munro
  • LESEQUIZ.CH bietet eine Reihe von HotPotatoes-Übungen zur Überprüfung von Textlektüre und Romanverständnis - eine Fundgrube auch für andere Kinder- und Jugendromane

Stimmen

"Die Autorin Karlijn Stoffels lässt Issa den Beobachter einer Welt sein, die er erst verstehen lernen muss. Der Leser hat das Gefühl selbst am Rande der Geschehnisse zu stehen und sieht, wie es ist, Mitglied einer Randgruppe zu sein und zwischen zwei Leben hin und her schalten zu müssen. Das Buch enthält zahlreiche treffende Beobachtungen und ist mit viel Witz erzählt. Das fesselt den Leser und weckt sein Mitgefühl für den jungen Issa. Insgesamt eine bewegende Geschichte, anhand derer man auch als Erwachsener noch viel dazulernt. Ein multikulturelles Buch, das durch Sozialkritik gekennzeichnet ist ..." (nina-roethel, etzt.sueddeutsche.de 23.11.2006)
"Respektvoll, mit viel Fingerspitzengefühl und Sprachwitz greift die Jugendbuchautorin das Thema Integration auf, ohne durch wertende Kommentare den moralischen Zeigefinger zu erheben. Auch wenn die Lösung von Issas Problemen teilweise romantisiert wirkt und somit eher unrealistisch ist, gelingt es Stoffels, Verständnis und Sensibilität für gesellschaftliche Randgruppen zu wecken. Sie schafft einen wichtigen Beitrag zum aktuellen Thema Interkulturalität und somit eine geeignete Diskussionsgrundlage, gerade auch für Jugendliche." (Julia von Hoegen, Moana Schmid und Cornelia Schultheis, www.lesebar.uni-koeln.de 2006)

Siehe auch