Küste und Meer/Neulandgewinnung

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Neues Land aus dem Meer – Neulandgewinnung an der deutschen Nordseeküste

LahnungSuedwesthoern.jpg
Fortgeschrittene Landgewinnung mit zwei Lahnungsfeldern, im Vordergrund sieht man die entstandenen Salzwiesen

Die Nordsee kann sowohl den Inseln als auch dem Festland immer wieder Land entreißen, sie kann dem Menschen aber auch helfen, neues Land zu gewinnen. Wie ist das möglich?

Das Meer bringt bei jeder Flut Schlamm- und Schlickteilchen, kleine Lebewesen und abgestorbene Pflanzenteilchen mit. Wenn der Zeitpunkt des Wechsels zwischen Ebbe und Flut erreicht ist, „steht“ das Wasser kurzzeitig still, die mitgebrachten Schwebeteilchen sinken in Buchten, am Deichfuß oder anderen ruhigen Stellen zu Boden. Der hier sich absetzende Schlick kann jährlich bis zu 4 cm wachsen. Diese Möglichkeit der Entstehung von Neuland macht sich der Mensch zunutze. Er schafft Zonen, in denen sich das Meer beruhigen kann und die Sinkstoffe sich absetzen können.

Dazu werden an der Seeseite des Deiches sog. Lahnungen gesetzt, doppelte Pfahlreihen, die mit Draht verbunden werden. Zwischen die Pfahlreihen packt man Reisig. Zwischen den Lahnungen beruhigt sich das Meer und der Schlick kann sich absetzen.

Hat der Schlick eine bestimmte Höhe erreicht, werden mit Baggern Gräben oder Grüppen ausgehoben, der Schlick wird auf die Lahnungsfelder verteilt. Da sich in diesen Grüppen sich immer wieder Schlick absetzt, müssen sie immer wieder ausgehoben werden. Die Schlickschicht auf den Lahnungsfeldern wird höher, so dass sich als erste Pionierpflanze der salzliebende Queller ansiedelt. Seine Wurzeln halten den Boden fest und in seinen verzweigten oberirdischen Pflanzenteilen bleibt neuer Schlick hängen.

Wenn bei Hochwasser die Lahnungsfelder nicht mehr überspült werden, wird der Queller von einer anderen Pflanze, dem Andelgras verdrängt. Es entstehen sog. Salzwiesen, aus denen Regen das Salz herauswäscht. Diese Wiesen können jetzt im Sommer, wenn sie trocken liegen, von Schafen beweidet werden. Sind die Lahnungsfelder so hoch aufgeschlickt, dass auch kein Hochwasser sie mehr überspülen kann, wird das neu gewonnene Land eingedeicht. Ein solches, dem Meer abgerungenes Land nennt man

  • in Schleswig – Holstein : Koog
  • in Niedersachsen: Groden
  • in den Niederlanden: Polder


Der alte Deich bleibt erhalten und bietet als „Schlafdeich“ einen zusätzlichen Schutz für das Hinterland. Heute gewinnt man an der Nordseeküste Neuland nicht mehr zur Verwendung als landwirtschaftliche Nutzfläche, denn:

Neulandgewinnung ist Küstenschutz


Neulandgewinnung in den Niederlanden

Die Niederländer haben schon immer im Kampf mit dem Meer gestanden, liegen doch große Teile ihres Landes unter dem Meeresspiegel. (Name: Niederlande = die Niederen Lande ). Sie haben in den letzten 70 Jahren zwei große Projekte zur Neulandgewinnung durchgeführt

Das Projekt Zuidersee

Satellitenbild des IJsselmeers

Während früherer großer Sturmfluten hat das Meer im Mündungsgebiet der Ijssel eine große Bucht entstehen lassen. Um dieses Gebiet dem Meer wieder abzuringen, hat man in den Jahren 1927-1932 einen großen Abschlussdamm zwischen Nordhol-land und Friesland errichtet. Dadurch verkürzte sich die Länge der Küste von 300km auf 30km. Aus der salzhaltigen Zuidersee wurde durch den laufenden Zufluss der Ijssel und auch, weil kein Salzwasser mehr einströmen konnte, ein Süßwassersee, das Ijsselmeer. Jetzt konnte man beginnen Polder zu bauen. Dabei ging man folgendermaßen vor:

  1. Bau eines Ringdeiches
  2. Herauspumpen des Wassers
  3. Anlegen von Entwässerungsgräben
  4. Bearbeitung des ehemaligen Meeresbodens


Auf diese Art entstanden nach und nach folgende Polder:

  • Wieringer Meer (1930)
  • Nordostpolder (1942)
  • Ostflevoland (1957)
  • Südflevoland (1968)

Auf den Bau des bereits geplanten Polders Markerward verzichtete man aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen.. Bei der Bearbeitung und späteren Besiedlung dieser Polder musste man das Problem der dauernden Entwässerung lösen, denn diese Gebiete liegen bis zu 5m unter dem Meeresspiegel. Die Pumpwerke, anfangs wurden auch Windmühlen zur Entwässerung benutzt, müssen also immer laufen.

Das Deltaprojekt

Überflutete Flächen in den Provinzen Zeeland und Südholland 1953
Übersichtskarte der Deltawerke

Als ein zweites großes Projekt gilt der Deltaplan. Das Delta, das Rhein, Maas und Schelde bei ihrer Mündung in die Nordsee bilden, war bei Hochwasser besonders gefährdet. Drückte starker Nord-Westwind die Flut in die Flussmündungen zurück, so dass das Wasser der drei Flüsse nicht in die Nordsee konnte, kam es zu besonders großen Sturmfluten. So wurde nach der letzten großen Katastrophe im Jahre 1953, als 2000 Menschen ihr Leben verloren, beschlossen, den Deltaplan sofort umzusetzen.

Man plante einen Damm zu errichten, der die Mündungen der drei Flüsse vom Meer abriegeln sollte. Dabei wollte man folgendes erreichen:

  • Erhöhung der Sicherheit der Bevölkerung
  • Verringerung der Überschwemmungsgefahr
  • Schutz der landwirtschaftlich genutzten Flächen vor Versalzung
  • Schaffung von Süßwasserflächen
  • Verkürzung der Küstenlinie
  • Schaffung von neuem Lebensraum für die Menschen
  • Schaffung neuer Verkehrswege über Dämme und Brücken, um Inseln und Halbinseln besser mit dem Festland zu verbinden.

Das Deltaprojekt ist, wenn auch nicht so wie geplant, abgeschlossen. Man hat anstelle des geschlossenen Dammes in der Osterschelde ein dreiteiliges Schutz-wehr geschaffen.


Beide Großprojekte sind inzwischen abgeschlossen.


Interaktive Übungen

Vergleiche die Neulandgewinnung in Nordfriesland mit der in den Niederlanden (Beispiel Zuidersee). Stelle in einer Übersicht dar:

Nordfriesland Niederlande
 
 

Setze folgende Begriffe an der passenden Stelle in den Lückentext ein:

Zur Neulandgewinnung setzt man an der friesischen Küste Lahnungen. Diese bestehen aus einer doppelten Reihe von eingeschlagenen Pfählen. Im Zwischenraum hebt man Grüppen aus und packt Reisig hinein. Damit will man verhindern, dass die Lahnung unterspült wird. Auf das Stroh wird Reisig gepackt. Jetzt werden die auf Lücke gesetzten Pfosten mit Draht verschnürt. Nun kann das Wasser bei Flut in die Lahnungsfelder einströmen und bei Ebbe wieder zurück strömen. An den Holzpfosten kommt das Wasser allmählich zur Ruhe, so dass sich die Sinkstoffe absetzen können. Hat sich der Wattboden durch Schlickablagerungen erhöht, werden zur Entwässerung gräben ausgehoben. Werden diese Lahnungsfelder bei normalen Hochwasser nicht mehr überflutet, so deicht man sie ein. Auf der der See zugewandten Seite werden neue Lahnungsfelder angelegt.