Fremd in Franken/Landjudentum in Franken

Aus ZUM-Unterrichten

Seit 1800 Jahren gibt es jüdisches Leben in Deutschland. In Franken hatte das Landjudentum einige Schwerpunkte und seine Blütezeit im 18. Jahrhundert.


Aufgabe
  1. Recherchiere im Internet, woher die fränkischen Juden kamen.
  2. Aufnahme in Franken
    1. Lies den Antrag auf Schutz und Aufnahme. Nenne die Gründe, warum er um Schutz bittet.
    2. Lies den Schutzbrief weiter unten.
      1. Nenne, was der Freiherr von Seckendorff für die Aufnahme erhält.
      2. Finde die Textstelle, die beschreibt, wie lang dieser Schutzbrief gilt.
      3. Beschreibe, an welche Bedingungen dies geknüpft wird.
        ("redliche und ehrbare Handelschafft und Gewerbe"; siehe ausgedruckten Artikel)
  3. Recherchiere, was nach dem Judenedikt 1813 mit den jüdischen Landgemeinden passierte.
    1. Mögliche Suchbegriffe sind "Levi Strauss", https://www.hagalil.com/2017/05/schnaittach/

Antrag auf Schutz und Aufnahme

Zitat
„Reichsfrei Hochwohlgebohrener FreiHerr, Gnädig Hochgebietender Herr!


Es ist mir im vorigen Monat von dem wohl löblichen äußeren Schloßes Amt dahier, der Herrschaftl. Gnädige Befehl, auf meine — bei Euer Hoch freiherrl. Exzellenz wegen Schuz Aufnahme überreichte Supplik[1] zu meiner größten Betrübnis publicirt worden, daß da dermahlen der hiesige Ort mit der Judenschaft zu starck besetzt seie, ich mit meinem Gesuch abgewiesen werden sollte.
Da ich aber durch die Vermehrung meines Haußhaltens weder Gnädiger Herrschaft, noch dem hiesigen Ort lästig fallen werde, indeme ich meine Handelschaft von wollenen Tüchern, ... und linnenen gestreiften Zeuchens mehrentheils in die benachbarten Orte verkauffe, und deswegen einen guten Anfang hierzu habe, wird Inhalts des anbei anliegenden auf Teutsch übersezten Heirathsberichts nicht nur meine Braut 500 fl. ... bekomt, sondern auch ich 300 fl. fränckisch im Vermögen habe.
So wage ich hierdurch nochmalen Euer Hochfreiherrl. Exzellenz fußfälligst zu bitten, mir den Schuzz allhier in Gnaden angedeihen, und den SchuzzBrief gegen Bezahlung gewohnlichen Kosten clementest ausfertigen zu laßen.
Bin ich hier gebobren und erzogen worden, maßen mein Vatter 40. Jahre unter denn Hoch herrschaftl äußeren Schloßes Schuzz gestanden, und daher ist es fast ohnmöglich unter einer fremden Herrschaft den Schuzz zu erhalten, und zu deme, wenn ich ja das seltene Glück hätte anderwärts angenomen zu werden, würde es mir — bis ich mich bekannt mache — anfangs in meiner Nahrung einen großen Schaden thun, hingegen hier, ich mich wegen meiner in der ganzen Gegend herum gemachten Kundschaft wohl zu ernähren getraue. So sind dermalen nicht mehr als nur Sieben Juden welche unter des Hochfreiherrl äußeres Schloßes Schuzz dahier stehen, und davon ist einer schon im 70ten Jahren.
An Euer Hochfreiherrl. Exzellenz hohen und gnädigen Willfahr, bei so benanndten Umständen zweifele ich nicht und ersterbe in tiefster Verehrung
Euer Hochfreiherrl. Exzellenz demüthiger Knecht


Götz Simon, Jud
aus: Jüdische Landgemeinden im 18./19. Jahrhundert von Hartmut Heller [2]


Dieses Gesuch — 1792 gerichtet an den Freiherrn Friedrich Carl v. Seckendorf zu Markt Sugenheim — ist in vielen Punkten symptomatisch für die Lage der ländlichen Judenschaft in Franken im 18./19. Jahrhundert. Es zeigt den Israeliten in der Rolle des ewigen Bittstellers, der nicht fordern, sondern nur argumentieren und hoffen konnte. Auf der anderen Seite steht der Landesherr» der das Niederlassungs- und Wohnrecht als eine Gnade je nach Gusto gewähren oder verweigern konnte.

Um kein falsches Bild entstehen zu lassen, sollte freilich vorausgeschickt werden, dass die Masse der Bevölkerung ähnlichen Einschränkungen der Freizügigkeit unterlag. Seitdem die Menschenverluste des 30jährigen Krieges ausgeglichen waren, kam in vielen Territorien die Angst vor drohender Übervölkerung hoch:

Zitat
„So gewiß eine Klasse Menschen seyn muß, die blos als Dienstleute oder Taglohner dem Hof oder Güterbesitzer an die Hand arbeitet, so schädlich wird diese Klasse, wenn sie übersetzt... ist. Betteln, Streunen, Stehlen und was immer noch Wirkun­gen des Mangels und der Noth sind, ist hievon die natürlichste Folge",
Benignus PFEUFER im selben Jahr 1792, ebenda[3]

Schutzbrief

Zitat
Schuz-Brieff vor den neu aufgenommenen dißherrschaftl. Schuz Juden Moyses Seeligmann


Ich Friedrich Carl Freyherr von Seckendorff, Herr zu Mt. Sugenheim. Ezelheim, Hürfeld, Rüdern, Deutenheim, Wohnfurth, Rheinhardswinden, auf Unterleinleiter Obern- und Unternzenn dann Weingartsgreuth, des Kayserlichen St. Josephs Ordens und des Chur Pfälzischen Löwens-Ordens Ritter, Ihro König). Kayserl. Mayestät würklicher Rath, und Sr. Hochfürstl. Durchlaucht zu Brandenburg würklicher Ministre und Geheimder Rath, dann dirigirender Ministre und Cammer Pracsideni, wie auch Landschafts Director in denen Hochfürstl. Bayreuthisch. Landen, Einer Reichsfreyen Ritterschaft zu Franken löblichen Orths am Steigerwald erbettener Ritter Rath

Thue hierdurch so vor mich als meine Herren Gebrüdere .. kund mit diesem Brief, dass Wir Moyses Seeligmann, wey!. Seeligmann Simons, geweßenen Hochfürstl. Bayreuthisch, in das Amt Mt. Dachsbach gehörig geweßenen Schuz-Judens zu Ühlfeld hinterlaßenen 3.ten Sohn, nachdem sich dieser mit des hießig Hochfreyherrl. Innern Schloß Schuz Judens Beerlein Kallmanns zu Sugenheim noch leedigen jüngsten Tochter, nahmens Rößel zu verheurathen und … zu … Sugenheim häußlich niederzulaßen und anzurichten gedencket, mit deßen künftigen Weib, Kindern und ohn verdächtigen Gesind, also in Unßern Schuz und Verspruch aufgenommen haben, dass Er alldorten wohnen dürffe, und gleich denen übrigen Unterthanen zu recht geschüzet werden solle. Er Moyses Seeligmann Jud und die Seinigen aber keinen unerlaubten Gewinn und Wucher bey Vermeidung der in denen ReichsGesezen dictirten Strafe, von denen Unterthanen nehmen oder nehmen laßen, sondern sich jedesmal mit denen Seinigen eines ehrlich und ehrbaren Lebenswandels befleißigen und denen vorhandenen Herrschaft. Ver­ordnungen in allen Stücken gemäß sich bezeigen solle.

Sonsten aber mag derselbe auch in Unßcrer Herrschafft allerley redliche und ehrbare Handelschafft und Gewerbe treiben, dagegen Er vor sich und die Seinigen das gewöhnliche jährl. Herrschaftl. Schuz und Neujahr Geld a Sechs Gulden 36 kr. fränkisch und andere Gefälle wie ein dißeithiger Schuz-Jud von dem Tag deßen anfangendem Domicilio zu Sugenheim behörig praestiren ingleichen so lange es Uns gefällig, Ihne in Unßern Schuz zu behalten, an der schuldigen Treu und Gehorsam gegen die Herrschafft niemaln etwas ermangeln laßen solle, da sodann ihme und denen Seinigen gegen Abführung gedachter praestandorum und deßen gebührendes Wohlverhalten alle Sicherheit hierdurch zugesagt wird.

Urkundlich habe Ich diesen SchuzBrief eigenhändig unterschrieben, und mit meinem Freyherrl. Innsiegel bekräftiget.

So geschehen Bayreuth den 22. Febr. 1780.

In meinem und meiner Herren Brüdere Nahmen

Friedrich Carl Frh. von Seckendorf
[4]
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Fremd in Franken

  1. Die Exulanten
    1. Exulanten im Nürnberger Land
  2. Die Hugenotten
  3. Beutetürken
  4. Landjudentum in Franken

Weblinks

  1. SupplikWikipedia-logo.png = Bitte
  2. Staatsarchiv Nürnberg, Herschaft Sugenheim[, Akten 123 und 127
    Jüdische Landgemeinden im 18./19. Jahrhundert von Hartmut Heller (franconia.frankenland.uni-weuerzburg.de)
  3. Benignus PFEUFER im selben Jahr 1792, ebenda
  4. Staatsarchiv Bamberg: Handelsmatrikel K 3-H, Nr. 560 Staatsarchiv Nürnberg: Herrschaft Sugenheim. Akten Nr. 123 u. 127