Bodenhistorie/Theorien zur Beschaffenheit des Bodens und seiner Bearbeitung in der Neuzeit

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Antike Überlieferungen

Schon Hesiod besang den Pflugstier. Uralt ist die Tradition des Pflügens, die Erfahrung, dass Pflanzen in gelockertem Boden besser wachsen und gedeihen. Griechische und römische Ackerbauern stellten Überlegungen an, wie die physikalische Struktur des Bodens beschaffen sein müsste. Nach Vergil sollte ein Boden danach beurteilt werden, ob ein Grabloch wieder mit der gleichen Bodenmenge des Aushubs aufgefüllt werden konnte. Das erinnert an moderne Vorstellungen über Porenvolumen und Bodenverdichtung. Mit den Fingern, mit der Hand, mit dem Geschmacks- und Geruchssinn trafen die Bauern der Antike ihre Einschätzungen über den Bodenzustand. Sie teilten die Böden in "fruchtbar" und "nutzbar" und "unfruchtbar" und "nicht nutzbar" ein.

Was macht den Boden fruchtbar? Diese lebenswichtige Frage nach dem Geheimnis des Bodens bewegte den Verstand und die Phantasie der Bauern und Wissenschaftler über Jahrhunderte und reicht bis in die jüngste Gegenwart.

Für die Umwandlung einer Wiese in einen Acker gab der Hausvater Florin[1] einige Empfehlungen. Sie sollte seiner Meinung nach zuerst umgehackt werden, dann gepflügt werden und dann sofort mit Sand (dem Warmen) und Mist (dem Feuchten) bestreut werden. Alles sollte dann gemischt werden, "um die rechte Complexion des Temperaments zu erhalten, denn die Erde sey eigensinnig und launisch wie ein widerstrebend Kind." Sachlich ist gegen diese Vorgehensweise des Florini wenig einzuwenden. Sie beinhaltete jedoch einen interessanten Aspekt, weil der Ratschlag des Florini nicht aus eigener Idee stammte, sondern antiken Vorstellungen entlehnt war.

Nach Aristoteles bestand die ganze erkennbare Welt aus den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde. Dabei sollten seiner Meinung nach Verbindungen entstehen, indem sich die Elemente in verschiedenen Proportionen und entsprechend ihrer Qualitäten vereinigten. Ausgeschlossen war nur die Vereinigung von ausgesprochenen Gegensätzen, weil sich dabei die Eigenschaften einfach aufgehoben hätten. Daher glaubte man, daß sich Wasser (nass und kalt) mit dem Feuer (trocken und warm) unmöglich verbinden konnten, was sich anschaulich demonstrieren ließ, wenn Wasser ins Feuer geschüttet wurde.

Diese Grundvorstellung hatte Auswirkungen auf die Vorstellungen vom Boden und der Bodenbearbeitung im Altertum, in der Renaissance und in der neuesten Zeit. Es schien den Bauern ratsam, nicht bei Nordwind zu säen, "weil der Wind die Poren des Bodens zusammenziehen würde, so dass der Boden den Samen nicht aufnehmen konnte und die fruchtbaren Geister der Fermentation nicht wirken konnten." Oder die Vorstellung, dass "trockener Mist nur für feuchte Böden geeignet sei und heißer Mist für kalte Böden."

Kein Landwirt wird heute den Dung nach dessen Temperatur zuteilen. Aber die Begriffe warm und kalt haben sich durchaus gehalten. Der moderne Landwirt spricht von einem warmen und von einem kalten Boden, von leichten und schweren Böden, von trockenen und feuchten Böden. Dabei sind diese begrifflichen Zuordnungen z.T. falsch, denn ein sog. kalter Boden hat häufig die gleiche Temperatur wie ein sog. warmer Boden und ein schwerer Boden ist tatsächlich gewichtsmäßig der leichtere Boden. Es geht um etwas anderes. Den Bodenbegriffen werden seit altersher bestimmte Empfehlungen zugeordnet, z.B. sollen auf leichten (warmen) Böden Roggen, Hafer und Kartoffeln angesät bzw. angepflanzt werden. Auf schwere (kalte) Böden gehören Weizen, Raps, Bohnen oder Zuckerrüben. Diese Empfehlungen sind durchaus haltbar und beinhalten eine lange Erfahrung. Das heutige Wissen über den Boden hat, für die Mehrzahl der Landwirte sicherlich unbewusst, noch zu einem kleinen Teil antike Wurzeln.

Der Streit um die richtige Bodenbearbeitung

Dampfseilpflug-Lokomotive. Der Pflug wurde durch zwei gegenüberliegende Lokomobile am Feldrand mittels Seilzug bewegt.

Der Streit ist uralt, ob ein Boden flach oder tief gepflügt werden sollte. In der heutigen Zeit wird der Streit um die Variante erweitert, ob Pflügen überhaupt sinnvoll ist. Probst Lüders[2] empfahl den Bauern, nur 1 1/2 bis 2 Zoll tief zu pflügen, damit der Dünger möglichst dicht an den Samen platziert werden konnte. Mit seiner Empfehlung für eine flache Furche lag der Probst jedoch nicht im Trend seiner Zeit. Der preußische Kammerrat Peter Kretschmer war wohl der erste, der 1748 eine neue Bodenbearbeitungsmethode ausprobierte, und zwar das sog. "rajolen"[3]. Weil der Unterboden angeblich fruchtbarer war als die Bodenkrume, sollte dieser nach oben hin zur Pflanze verlagert werden. Seine Vorstellungen setzten sich durch, weil der technische Fortschritt es möglich machte. Am tiefsten wurden in Deutschland die Ackerflächen im ausgehenden 19. Jahrhundert gepflügt.

Anmerkungen

  1. Florini, Oeconomus prudens et legalis. Allgemeiner kluger und rechtsverständiger Hausvatter 1.3. S. 564/ 1705
  2. Probst Lüders war Projektant einer Ackerbauakademie in Flensburg (1765)
  3. Vorlage:Zitat float


Alchemie und Bodendüngung

Was düngt den Boden und was macht ihn fruchtbar? Diese Fragestellung durchzieht die ganze Geschichte der Bodenkultur bis in die heutige Zeit. Dass Fäkalien, Gips und Asche düngend wirken, war schon im Altertum bekannt. Es waren praktische Erfahrungen, die von Bauerngeneration zu Bauerngeneration weitergegeben wurden. Weil die Erfahrung mit dem Hunger schier endlos war, bewegten derartige Fragen die Phantasie der Menschen, Wie schön, wie herrlich müsste es sein, mit einem Stoff oder mit einem Trick Hunger und Elend zu besiegen. Was dabei herauskam war eine bunte Mischung aus Aberglauben, Erfahrungen und aus Vorstellungen.

Alchemistenküche um 1660


Der Alchemist Joachim Becker wolle durch die Destillation eines bläulichen Letten (Letten=Stein), der an Grunde von Quellen und Brunnenwassern zu finden war, einen Universaldünger gewinnen. Ein Tröpflein sollte besser düngen als ein ganzes Fuder Mist. Etwas realistischere Chancen hatten da schon die Entdeckungen und Experimente des Johann Rudolph Glauber (geboren 1604). Der Trunk aus einer salpeterhaltigen Quelle soll ihn einmal von einer bösen Krankheit kuriert haben und ihn zu seiner Dünqerphilosophie inspiriert haben. Mit seinem Namen ist die Glaubersalzgewinnungverbunden. [1]

[2]   Für ein Jahrhundert wurde der Salpeter der Universaldünger der Bauern und Gärtner und das wohl mit einigem Erfolg.


  1. Zitat
    Natriumsulfat wurde 1625 von dem Chemiker und Apotheker Johann Rudolph Glauber hergestellt und beschrieben und wird daher auch als Glaubersalz bezeichnet. Er selbst nannte das von ihm entdeckte Salz auch Sal mirabilis und Mirabili.
    Wikipedia
  2. Zitat
    Glaubersalz, wiss. Bezeichnung Natriumsulfat (Na2SO4),veraltete Bezeichnung Schwefelsaures Natron) ist ein Natriumsalz der Schwefelsäure und setzt sich aus zwei Natriumkationen (Na+) und dem Sulfatanion (SO42-) zusammen. Das Dekahydrat (Na2SO4· 10 H2O) wird nach dem Chemiker Johann Rudolph Glauber auch Glaubersalz genannt. Auch Karlsbader Salz, das durch Eindampfen von Karlsbader Mineralwasser gewonnen wird, besteht hauptsächlich aus Natriumsulfat-Dekahydrat und wird wie Glaubersalz als Abführmittel eingesetzt.
    Wikipedia



Der Engländer Home <ref>Francis Home war Doktor der hielt Luft, Erde, Wasser und Salz für die Nahrung der Pflanzen. Seiner Meinung nach sollte sich in der Luft ein saures Salz finden bzw. ein salpetrige Säure. Daraus folgerte er, daß Dilnger di Salpeterbildung gebildet wird. Weil seiner Meinung nach Salpeter in Hitze verdunstete, sollte man nur im Frühling und im Winter düngen. Je Acker sollte “gleichsam in eine Salpetergrube umgewandelt werden, zusl lich angereichert mit organischer Substanz, mit Asche, Kalk und Nerg~ Soweit kam es dann aber doch nicht Über die Wirkungsweise der stickstoffhaltigen Dünger gab es nur r vage Vorstellungen. Hose: