Bodenhistorie/Der Umgang mit dem Boden im 18. Jahrhundert

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Einige Ansichten des Professsor Wallerius über den Boden

Einige Ansichten des Chemikers Wallerius (18.Jahrhundert) sind für uns "fortschrittliche Menschen" des beginnenden 21.Jahrhunders einerseits altertümlich amüsant, zugleich aber auch aktuell. Dabei sind einige Erfahrungsgrundsätze bis in die heutige Zeit hinein gültig, was sich auch an einigen Redewendungen demonstrieren lässt. Wallerius [1]Ausführungen sind ein Beispiel, für frühe Versuche eines Wissenschaftlers, den Boden zu erforschen. Zwischen den traditionellen Ansichten, orientiert an antiken Vorbildern, und den neuen naturwissenschaftlichen Ansätzen nehmen die Betrachtungen des schwedischen Professors eine Mittelstellung ein.


Literatur/


Wallerius beginnt sein Buch mit Anmerkungen im traditonellen Stil seiner Zeit, indem er Cicero und Cato zitiert:


Zitat
Walleriue:“Daß der Ackerbau eine Kunst sey, welche mit dem Acker dergestalt umzugehen lehret, daß selbiger Korn und Wucher hervorbringe, ist eine allgemein bekannte Sache. Man weiß auch zur Genüge, daß derselbe von Gott befohlene, auch an und vor sich selbst eine höchst nothwendige Kunst sey, und als die Mutter der übrigen Künste angesehen werden müsse, indem die übrigen Künste ohne das Brod nur sehr schwach getrieben werden können...“

Wissenschaftlichkeit zeichnet sich durch die Reproduzierbarkeit von Versuchsergebnissen aus. Professor Wallerius war vom Sinn und Nutzen von Versuchsanstellungen noch nicht so ganz überzeugt. Er meinte:

Zitat
Wallerius “Man hat viele, welche ihre Gedanken von dem Ackerbau und desselben Verbesserung bekannt gemacht haben. Sie sind insgesamt der Meinung, daß sich der Ackerbau auf lauter Versuchen gründen müsse, und durch selbige einzig und allein befördert werden könne. Ich halte dagegen, auch wenn Hippocrates es nicht gesagt hätte, daß eine jede Erfahrung trüge, und daß ohne gehörige Vernunftschlüsse angestellte Versuche nicht von dem geringsten Nutzen seyn, gleich auch ohne Erfahrung von keinem besonderlichen Werth sind.... Meines Erachtens muß der Ackerbau auf beiderlei Art, sowohl durch Vernunftschlüsse, als auch durch Versuche behandelt werden.“

Wir würden heute sagen, nur durch Theorie und Praxis können neue Erkenntnisse gewonnen werden. Das war zu Wallerius Zeit im 19. Jahrhundert noch keineswegs selbstverständlich, weil die Wissenschaftler recht häufig Thesen aufstellten, ohne ihre Behauptungen durch Beobachtungen oder Versuche abzusichern. Wallerius beschäftigte sich dann mit der in seiner Zeit aktuellen Erdtheorie, nach der vermutet wurde, daß die Pflanze den Boden direkt als Nahrung aufnehmen sollte. Seine Meinung:

Zitat
Wallerius: “Daß keine mineralische Erde in die Gewächse mitübergeht, erhellet sich meines Erachtens zur Genüge aus der verschiedenen Natur der Gewächse und der Erde. Weil jede mineralische Erde gar sehr unterschiedlich ist und weil die Erde in Wasser unauflöslich ist, ohne welche Auflösung doch die Erde weder in Bewegung gebracht werden kann, noch weniger in die einzelnen Gefäße ein treten kann.“

Er lehnte die Theorie von der Erdnahrung ab, worin er durch den Übersetzer und Fachmann für Ackerbau D. Krunitz unterstützt wurde, der diese Theorie ebenfalls als überholt ablehnte.

Zitat
Krunitz: Referenzfehler: Ungültige Verwendung von <ref>: Der Parameter „ref“ ohne Namen muss einen Inhalt haben.“Hierdurch (durch die Ausführungen des Professors) fällt der erste und vornehmste Lehrsatz des Jethro Tull, in gleichem des Duhamel Monceau[2] und anderer über den Haufen, welche dafür halten, daß die Erde die vornehmste Nahrung der Gewächse sey. Der Wahrheit gemäßer dagegen wird die Meynung des Baco Verulaminis befunden, der nämlich behauptet, daß die Erde der Pflanze bloß zur Stütze diene und vor Hitze und Frost beschütze. Es weis anjetzt ein jeder, daß die Gewächse sowohl durch die Blätter, zu deren Gefäße doch keine Erde gelangen kann, als auch durch die Wurzeln ihre Nahrung erhalten.“

Die Erfindung des Mikroskops war die Voraussetzung dafür, die Pflanzen in ihrem Aufbau näher unter die Lupe zu nehmen. Wallerius war nicht nur Theoretiker, sondern er wandte sich direkt an die Landwirte mit guten Ratschlägen, um “Ungemächlichkeiten“ vom Boden abzuwenden. Ein Auszug:

Zitat
Wallerius :“Die vornehmsten Ungemächlichkeiten, welche die Nahrung und das Vachsthum der Pflanzen aufhalten oder zu schwächen pflegen und welche durch menschlichen Fleiß abgewendet werden können, sind Wald, Wasser, Schnee, große und kleine Steine auf dem Acker oder auch l‘hiere. Bäume hindern durch ihren Schatten die Sonnenstrahlen in das Erdreich hinein zu dringen; hiernächst halten sie auch Winde und damit zugleich die Luftfettigkeit ab. Darüberhinaus pflegen Wälder den Schnee und den Frost über die gewöhnliche Zeit in sich zu halten, und es wird in waldigen Gegenden allemal eine größere Kälte bemerkt. Auch ist daselbst eine größere Menge Ausdünstungen anzutreffen. Deshalb müssen demnach notwenigerweise die Äcker, soviel als möglich, von den Wäldern entfernt liegen und die Wälder neben den Äckern ausgerottet werden. Der Schnee ist schädlich, indem er auf nicht gefrorenen Acker fällt, die Kälte von den Wurzeln und der Erde abhält und nachher, wenn er schmilzt, die Wurzel ausreißt. Er ist schädlich, indem er im Frühjahr zerschmilzt und die Menge des Wassers auf dem Äcker vermehrt. Hieraus erhellet, daß im Winter der Schnee von dem Acker hinweggebracht werden müsse, welches durch den sog. Schneepflug geschehen kann ...“
  1. Johann Gottschalk Wallerius
    Chemische Grundsätze des Ackerbaues
    aus dem Lateinischen übersetzt und mit Anmerkungen erläutert von D.Jo.G. Krunitz, Berlin
    Verlegt von Arnold Werner, 1764

    Als Besitzer eines Landgutes bei Alsike, in der heutigen Gemeinde Knivsta, beschäftigte er sich intensiv mit Landwirtschaft. Sein statistisches Werk Observationer vid åkerbruket gjorda i 30 år ("Beobachtungen bei der Landwirtschaft durchgeführt über 30 Jahre", 1747-1777) mit Tabellen zur Aussaatzeit, Erntezeit und Ertrag erklärte seine Erfolge, obwohl einige Höfe der Umgebung gleichzeitig Missernten verzeichneten.

  2. Henri Louis Duhamel du Monceau (* 20. Juli 1700 in Pithiviers[1]; † 22. August 1782 ebenda) war ein französischer Botaniker und Ingenieur. Er gilt als Begründer der Forstbotanik, der Forstbenutzung und der biologischen Holzforschung